Impfung gegen das Rotavirus

Definition

Das Rotavirus ist weltweit verbreitet und der häufigste Erreger von Entzündungen des Magen- Darm-Traktes bei Kindern. Durch die hohe Ansteckungspotenz und die lange Überlebensdauer der Viren, zum Beispiel auf Spielsachen oder Türgriffen, erkranken fast alle Kinder bis zum 5. Lebensjahr.
So ist das Rotavirus die Hauptursache für die hohe Säuglingssterblichkeit in Entwicklungsländern.
In westlichen Ländern ist die Sterblichkeit durch das Rotavirus extrem gering, jedoch geht eine Infektion mit starken Symptomen wie Fieber, schwallartigem Erbrechen und starken Durchfällen einher.

Das Virus wird über sogenannte Schmierinfektionen übertragen, das heißt, dass es über den Stuhl und über die Hände des Infizierten übertragen wird, wobei geringste Mengen an Viruspartikeln (ca. 15) reichen, um eine Infektion auszulösen (Zum Vergleich ist die Infektionsdosis bei dem bekannten Virus Salmonella enteritidis zwischen 100.000 und 100.000.000 Viruspartikeln). 
Seit 2013 ist die Rotavirus- Schluckimpfung in der Impfempfehlung der STIKO (Ständigen Impfkommission) enthalten.

Soll ich mein Kind Impfen lassen?

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Fakten

Etwa 2000 von 100.000 Kleinkindern unter 2 Jahren erkranken jährlich an einer Rotavirusinfektion.
Circa die Hälfte von ihnen muss im Rahmen dieser Erkrankung stationär im Krankenhaus aufgenommen werden, von denen etwa 50 Kinder auf der Intensivstation behandelt werden müssen.
Jährlich stirbt ein Kind in Deutschland an einer Infektion mit Rotaviren.
Ende des 20. Jahrhunderts gab es schon einmal einen Rotavirus-Impfung. Dieser Impfstoff wurde jedoch aufgrund des erhöhten Vorkommens von Darminvaginationen, bei dem sich ein Darmanteil über den anderen stülpt, wieder vom Markt genommen.
Bei dem heute zugelassenen Impfstoff wurde nach der Zulassungsstudie an über 130.000 Kindern keine erhöhte Invaginationsgefahr festgestellt, später wurde bei Studien in den USA und in Australien ein leicht erhöhtes Risiko (ca. 1-2 Invaginationen auf 100.000 Kinder) festgestellt.

Vorteile

In Deutschland liegt das Risiko für ein ungeimpftes Kleinkind an einer Darmeinstülpung zu erkranken bei 0,06%, bei geimpften Kindern liegt es laut der aktuellen Studienlage bei 0,061%, das heißt, dass durch die Impfung 1 von 100.000 (=0,001%) Kindern mehr an Invaginationen erkrankt als ohne die Impfung.
Die Abwägung des gering erhöhten Risikos der Darmeinstülpung durch die Impfung (0,001%) mit dem dagegen relativ hohen Risiko der intensivmedizinischen Behandlung bei Infektion (50 von 100.000 Kindern (=0,05%)) ließ die STIKO und auch den Großteil der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zu dem Schluss kommen, dass die Impfung auch in der westlichen Welt sinnvoll ist.
Zudem gibt es in Deutschland bisher keinen dokumentierten Todesfall nach einer mit der Impfung in Zusammenhang gebrachten Darmeinstülpung.
Da der Erreger ca. 14 Tage über den Stuhl des Infizierten ausgeschieden wird und nur wenige Keimpartikel für eine Infektion nötig sind, schützt eine Impfung nicht nur das eigene Kind, sondern, wie bei eigentlich allen Impfungen, auch die Kinder im Umfeld ihres Kindes.
Da es viele verschiedene Virusstämme gibt, das heißt mehrere Untergruppen desselben Erregers, schützt die einmalige Erkrankung an einer Rotavirusinfektion nicht vor weiteren Infektionen mit anderen Stämmen.

Mit einer Impfung deckt man jedoch unter anderem die Virusstämme ab, die für 80% der Infektionen verantwortlich sind (Serotypen G1,2,3 und 4).So wird durch die Immunisierung eine Infektion zu über 90% verhindert.Weil die Erkrankung, gegen die geimpft wird, nicht tödlich ist, sind die Anforderungen an den Impfstoff in Bezug auf Nebenwirkungen und Verträglichkeit enorm.So wurde anfangs Durchfall, Erbrechen, Fieber und das seltene Kawasaki Syndrom mit der Impfung in Zusammenhang gebracht, das diese Symptome im Vergleich mit ungeimpften Gleichaltrigen vermehrt auftreten konnten Studien jedoch nicht bestätigen.Ein weiterer Vorteil der Impfung ist die Art der Verabreichung. So handelt es sich bei der Rotavirus-Impfung um eine Schluckimpfung, bei der das Kind nicht mit Nadeln konfrontiert werden muss.

Nachteile

Es handelt sich um eine Lebendimpfung, das heißt der Erreger wird modifiziert, sodass er die Erkrankung im Körper des Kindes nicht auslösen kann, und dann lebendig mit dem Immunsystem des Kindes in Kontakt gebracht. Bei anderen Impfungen, wie zum Beispiel der Meningokokkenimpfung oder der Tollwutimpfung, werden nur Virusbestandteile verabreicht, dies nennt sich dann Todimpfung.
Lebendimpfstoffe werden mit einer stärkeren Immunantwort (z.B. Fieber) in Verbindung gebracht.
Zudem sind zwei Arztbesuche nötig, um die Impfung zu erhalten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der ökonomische Schaden, der durch die Impfung entsteht. So wurden bisher jährlich 50 Millionen Euro in die Behandlung von Rotavirusinfektionen investiert, die jährlichen Kosten für die Impfung belaufen sich auf 100 Millionen Euro jährlich. 

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Wie läuft die Impfung ab und kann man sich danach trotzdem infizieren?

Die Immunisierung durch die Impfung sollte in der 6. Woche begonnen und bis zur 24. bzw. 32. Lebenswoche, je nachdem welchen der beiden in Deutschland erhältlichen Impfstoffe man gewählt hat, abgeschlossen sein.
Es werden dem Kind zwei Einzeldosen oral (über den Mund) verabreicht. Diese Einzeldosen sollten im Abstand von zwei Wochen verabreicht werden und können mit anderen Impfstoffen zusammen gegeben werden.

Bei der Impfung werden die modifizierten Viren über die Magen-Darmschleimhaut aufgenommen und das Immunsystem bildet Antikörper gegen das Virus.Die Zellen (B-Lymphozyten), welche auf diese Viren „geprägt“ werden (das heißt welche speziell auf diese Viren abgestimmte Antikörper bilden) können vom Körper im Anschluss immer wieder reaktiviert werden, wenn das Kind mit dem Virus in Kontakt kommt.Bei Kontakt werden die Viren dann an Ort und Stelle eliminiert, ohne die Erkrankung auslösen zu können.Da es viele Subtypen des Rotavirus' gibt, ist es auch nach der Impfung möglich, sich mit einem Rotavirusstamm, der nicht in der Impfung enthalten ist, zu infizieren. Die Wahrscheinlichkeit für geimpfte Kinder, an einer Durchfallerkrankung zu erkranken, sinkt im ersten Jahr nach der Impfung um 41%. Dies gilt sowohl für Rotavirusinfektionen als auch für Durchfallerkrankungen von anderen Erregern. Die Wahrscheinlichkeit, sich mit einem Rotavirus zu infizieren, sinkt im ersten Jahr nach der Impfung um 90%.

 

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Was für ein Impfstoff wird verwendet und wie teuer ist dieser?

In Deutschland werden seit 2006 zwei Impfstoffe verwendet, auf der einen Seite RotaTeq® (Sanofi) auf der anderen Seite Rotarix® (GlaxoSmithKline).

RotaTeq® enthält die Stämme G1,2,3,4 und 9 und wird gebrauchsfertig in einer 2ml Dosis verkauft.Die Impfung sollte in der 6. Woche begonnen und im Alter von 32 Wochen abgeschlossen worden sein. Rotarix® deckt die Sämme G1 (100% Immunität) G2,3 und 9 (75% Immunität) ab und wird als Pulver verkauft, dass dann mit einer Flüssigkeit vermischt und oral eingenommen wird.Die Impfung sollte wie bei RotaTeq in der 6. Woche begonnen, in diesem Fall aber bis zur 24. Lebenswoche beendet werden.Beide Impfungen kosten um die 135 Euro und werden von ihrer gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Bei Privatversicherten kommt es auf den von gewählten Tarif an.

Was ist nach der Impfung zu beachten? Darf ich mein Kind stillen?

Spätestens am Tag der ersten Dosis der Impfung ihres Kindes sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt den Termin für die zweite Dosis vereinbart haben.
Außerdem ist es trotz der Seltenheit der Komplikation ratsam, sich der Frühzeichen einer Darmeinstülpungen bewusst zu sein.
Diese bestehen aus starken, plötzlich einsetzenden Bauchschmerzen, bei denen das Kind klassischerweise schrill schreit und die Beine in einer Schutzhaltung angezogen hält. Weitere Symptome sind blutige Durchfälle, wiederkehrendes Erbrechen und in sehr schweren Fällen Austrocknungszeichen.
Die Symptome müssen nicht in der genannten Form auftreten und bei Unklarheit ist es ratsam ihren Kinderarzt zu kontaktieren.
Dass ihr Kind mit Zeichen einer Immunreaktion wie zum Beispiel leichtem Fieber, Durchfall oder Erbrechen reagiert kann jedoch auch im normalen Rahmen der Impfung auftreten und ist ein Zeichen dafür, dass die Impfung gewirkt hat.
Viele Eltern stellen sich die Frage, ob sie ihr Kind während der Phase der Impfungen stillen können.
Studien haben gezeigt, dass Immunstoffe wie zum Beispiel Laktoferrin in der Muttermilch die Impfung schwächen können, wenn in kurzem zeitlichen Verhältnis zur Dosisverabreichung gestillt wird.
Aus diesem Grund wird empfohlen etwa eine Stunde vor und nach der Impfung nicht zu stillen.
Außerhalb dieses Zeitraums können sie ihr Kind stillen, ohne die Impfreaktion zu vermindern.

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Nebenwirkungen der Impfung

Häufige Nebenwirkungen der Impfung sind Appetitverlust, Erbrechen, Fieber und Durchfall.

Diese Nebenwirkungen treten bei 1 von 200 geimpften Kindern auf.
Gelegentlich treten Bauchschmerzen, Blähungen und Erkältungssymptome auf.
Seltene Nebenwirkungen sind Hautausschläge und Blutbeimengungen im Stuhl.
Vor allem bei Kindern mit Neigung zu Darmeinstülpungen kann es zu sogennannten Invaginationen kommen, in Deutschland erhöht die Impfung laut STIKO die Wahrscheinlichkeit für eine Invagination um 0,001%.

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Durchfall ist eines der Nebenwirkungen der Impfungen beim Baby. Lesen Sie hierfür auch unseren Haupartikel: Durchfall nach einer Impfung beim Baby - Ist dies gefährlich?

Sollte ich mich als Erwachsener impfen lassen?

Eine Impfung im Erwachsenenalter ist nicht nötig, da die Wahrscheinlichkeit, dass man sich schon mehrere Male mit den häufigsten Erregerstämmen infiziert hat und eine eigene Immunität aufgebaut hat, nahezu 100% ist.
Dazu kommt noch, dass die Infektion mit Rotaviren bei Erwachsenen nicht so gravierende Verläufe nimmt, wie bei Kleinkindern.
Die Zulassung in Deutschland beschränkt sich also von der 6. bis zur 24./32. Lebenswoche.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 24.05.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021