Übungen gegen Lagerungsschwindel

Einleitung

Beim benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel handelt es sich um eine sehr häufige Form des Schwindels, die besonders bei Drehbewegungen und Lagewechsel (im Liegen auf die andere Seite drehen, aufsetzen, etc.) auftritt. Ursache sind kleine Kristalle, die sich in den Gehörgängen des Menschen festsetzen und so den Fluss der dort befindlichen Endolymphe stören und zu Missempfindungen führen. Diese Missempfindungen nehmen wir als Schwindel wahr.

Mehr zu diesem Thema finden Sie unter Schwindel durch das Innenohr

Übungen

Es gibt mehrere sehr einfache Übungen mit hoher Erfolgsquote, mit denen der sehr unangenehme Schwindel effizient und schnell behandelt werden kann. Sicherlich hat Sie ihr Hausarzt oder Neurologe schon einmal über eine dieser Übungen informiert. Da diese aber nach einem exakt vorgegebenen Muster durchgeführt werden müssen um Erfolg zu bringen, werden sie hier noch einmal genau beschrieben. Zu den zwei bekanntesten zählen die sogenannten „Befreiungsmanöver“ nach Epley und Semont. Es ist darauf hinzuweisen, dass bei diesen Übungen plötzliche Übelkeit auftreten kann, entsprechende Vorkehrungen sollten also getroffen werden.

Mehr zu diesem Thema finden sie unter Schwindel Therapie

Epley-Manöver

Der Patient sitzt aufrecht auf der Liege. Nun dreht er den Kopf um 45 Grad, sodass der vor ihm stehende Untersucher auf das gesunde Ohr blickt. Aus Gründen der Verständlichkeit wird in diesen, und den folgenden Beispielen davon ausgegangen, dass das rechte Ohr das betroffene ist. Der Patient würde nun also nach rechts schauen, sodass das linke, gesunde Ohr zum Untersucher zeigt. Nun legt sich der Patient flach auf den Rücken, und lässt den Kopf hinten über die Liege, oder, wenn man zu Hause ist, über die Couch leicht überstreckt überhängen. Der Patient verweilt nun in dieser Position, stets mit dem Kopf zur „kranken“ Seite gedreht, bis der Lagerungsschwindel und Augenzittern verschwunden sind.
Nun wird der Kopf um 90 Grad aus seiner 45 Grad - Rechtslage in eine 45 Grad - Linkslage gedreht. Es wird wieder mindestens eine Minute gewartet, bis der Schwindel abgeklungen ist. Nun folgt der komplette Körper dem Kopf, sodass der Patient seitlich links auf der Liege oder Couch liegt. Der Kopf wird noch etwas weiter in Richtung Boden gedreht. In dieser Position muss der Patient wiederum eine Minute verweilen.
Haben Schwindel und Augenzittern nachgelassen, setzt sich der Patient abrupt auf, wie wenn er „normal“ auf der Couch sitzen würde. Eventuell kann dabei starke Übelkeit entstehen, deshalb sollten bei diesem letzten Schritt die Augen geschlossen werden. Das Epley-Manöver ist damit abgeschlossen, der Schwindel sollte abgeklungen sein. Sollte dieses Manöver nicht zum Erfolg geführt haben, kann es noch zwei bis drei Mal wiederholt werden. Bleibt eine Besserung der Symptome weiter aus, ist die Ursache eventuell eine andere, oder die Übung nicht geeignet.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden sie unter Lagerungsschwindel Selbstbehandlung

Semont-Manöver

Der Patient sitzt aufrecht auf einer Couch oder Liege und schaut in Richtung des Untersuchers. Nun dreht der Patient den Kopf um 45 Grad zur gesunden Seite, sodass die betroffene Seite zum Untersucher zeigt. Der Untersucher verlagert den Patienten nun sehr schnell in die Seitwärtslage, und zwar so, dass der Patient nach oben schaut und sein Hinterkopf auf der Liege liegt. In dieser Position verweilt der Patient 2-3 Minuten.
Nun wird er abrupt um 180 Grad auf die andere Seite der Liege gedreht, sodass nun der Kopf auf der Fußseite der Liege zu liegen kommt und das Gesicht in Richtung der Liege zeigt. Dabei ist darauf zu achten, dass der Kopf des Patienten nicht gedreht wird.
Zuletzt wird der Patient wieder langsam in die Sitzposition zurückgebracht, und dort 2-3 Minuten belassen. Der Lagerungsschwindel sollte nun verschwunden sein.
Das Manöver kann mit etwas Übung auch alleine durchgeführt werden, da es relativ unkompliziert ist. Hierzu eignen sich statt einer Liege am besten eine Couch, oder ein Bett. Das Manöver kann zwei bis dreimal durchgeführt werden. Weitere Wiederholungen versprechen keine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf Besserung.

Mehr zu diesem Thema finden sie unter Lagerungsschwindel Selbstbehandlung

Brandt-Daroff-Manöver

Das Brandt-Daroff-Manöver ist zwar einfach auszuführen, ist aber oft weniger wirksam als die anderen beiden Techniken. Der Patient setzt sich seitlich auf eine Liege und schaut gerade zum Behandler. Nun dreht er den Kopf um 45 Grad zur gesunden Seite, dann kippt er sich schnell auf die vom Schwindel betroffene Seite. Es wird nun abgewartet, bis der aufgetretene Schwindel wieder nachlässt.
Dann wird wieder in die Ausgangsposition zurückgekehrt, was wieder zu Schwindel führen kann. Erst wenn dieser abgeklungen ist, wird fortgefahren. Das Mänöver wird nun spiegelverkehrt zur anderen Seite hin ausgeführt. In dieser Position wird abgewartet, bis etwaig aufgetretener Schwindel abgeklungen ist. Ist dies geschehen, so wird wieder die Ausgangslage eingenommen. Die Übung ist damit beendet.
Dieses Manöver kann ebenfalls mehrmals am Tag wiederholt werden.

Wie oft sollten die Übungen ausgeführt werden?

Viele Patienten fragen sich, wie oft sie die beschriebenen Übungen ausführen sollten. Dazu ist zu sagen, dass im Regelfall bereits nach der ersten Durchführung eine Erfolgschance von nahezu 100% eintritt. Nur in Einzelfällen ist eine Wiederholung notwendig. Sollte also, die korrekte Ausführung vorausgesetzt, auch nach dem zweiten und dritten Versuch der Schwindel weiterhin fortbestehen, so sollte ein Neurologe aufgesucht werden, da auch eine andere Ursache für den Lagerungsschwindel in Betracht gezogen werden muss. Das alte Sprichwort „viel hilft viel“ trifft wie so oft auch in diesem Fall nicht unbedingt zu. Es kommt nicht darauf an, wie oft die Übung ausgeführt wurde, sondern viel mehr, dass sie einmal korrekt ausgeführt wurde.
Eine prophylaktische Ausführung der Übungen macht insofern keinen Sinn, als dass es im Moment der Schwindelfreiheit keine Kristalle in den Gehörgängen gibt, die man verschieben müsste. Viel mehr besteht die Gefahr, dass durch unnötig schnelle Bewegungen eben ein Lagerungsschwindel ausgelöst wird. Ein Befreiungsmanöver sollte also nur im Akutfall durchgeführt werden. Ist der Schwindel bereits aufgetreten, kann durch eine falsche oder unvollständige Durchführung der Übungen kein zusätzlicher Schaden entstehen. Das Resultat einer falschen Durchführung ist lediglich, dass der Schwindel weiter bestehen bleibt, und die während der Übung provozierte Übelkeit mehr oder weniger „umsonst“ war. Abgesehen davon kommt es jedoch zu keinen anatomischen Schäden.

Lesen Sie hierzu auch unseren allgemeinen Artikel Schwindeltraining.

Was tun, wenn diese Übungen nicht helfen?

Sollte die Diagnose Lagerungsschwindel von einem Arzt gesichert sein, stellen die Befreiungsmanöver derzeit die einzige Behandlungsmöglichkeit dar, die allerdings eine Erfolgsquote von knapp 100% aufweisen. In sehr schweren Fällen, kann auch eine Operation notwendig sein, die allerdings sehr kompliziert und riskant ist. Eine medikamentöse Therapie gibt es zur Zeit (Stand 2016) nicht. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass der Lagerungsschwindel bei gesichert korrekter Ausführung obiger Übungen nicht verschwindet.
Sollte dies dennoch der Fall sein, muss eventuell weitere Diagnostik erfolgen, um die Möglichkeit einer Fehldiagnose auszuschließen. In jedem Fall sollte dies durch einen Neurologen, einschließlich bildgebender Verfahren, erfolgen. Zur korrekten Ausführung der Übungen empfiehlt es sich zumindest bei den ersten Ausführungen in Eigenregie, einen Partner zur Unterstützung an der Seite zu haben.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Lagerungsschwindel Übungen finden sie unter:

Weitere Informationen zu allgemeinen Themen finden sie unter:

Eine Übersicht aller Themen der Neurologie finden sie unter Neurologie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.06.2016 - Letzte Änderung: 06.11.2021