Aktives Behandlungskonzept bei chronischen Nackenschmerzen

Ziel: Aktiv statt Passiv

Statt passiver Behandlung des schmerzhaften Gewebes ( Gelenke, Muskulatur, Bindegewebe) sollte der Weg zur aktiven Aufkräftigung, Mobilisierung und Koordinationsschulung der Muskulatur, sowie Verbesserung der allgemeinen körperlichen Fitness gehen. Bei starken Schmerzen und Angst vor Bewegung ist es sinnvoll, die Aufnahme von Aktivität durch passive physiotherapeutische Behandlung und Medikation zu ermöglichen und im weiteren Verlauf nach und nach auszuschleichen.

Voruntersuchungen

Bevor die aktive Krankengymnastik in der Gruppe begonnen wird, sollte differentialdiagnostisch abgeklärt werden, dass es sich wirklich um einen chronischen Nackenschmerz ohne zusätzliche, anderweitig behandelbare Schmerzursachen handelt.
In der Praxis sieht es aber leider so aus, dass viele Patienten mit Nackenschmerzen von vornherein ohne gezielte Diagnostik und Behandlung aus Kostengründen in die Gruppenbehandlung geschickt werden. Dabei werden häufig akute funktionelle oder strukturelle Schmerzursachen nicht behandelt, die den Behandlungserfolg senken oder sogar zur Schmerzverstärkung bei Aktivität führen, worauf die Betroffenen wiederum mit vermehrter Angst vor Bewegung reagieren.

Diese könnten sein:

  • akute Funktionsstörungen der Halswirbelgelenke
  • akute Funktionsstörungen der Brustwirbelsäule oder der Schultergelenke
  • „Hochspannung“ in der Nacken - und Schultermuskulatur
  • Zustand nach Schleudertrauma
  • Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder Bandscheibenvorfall (Nucleus pulposus Prolaps)
  • Arthrotische Veränderungen der Halswirbelsäulen (Osteochondrose)
  • Verengungen im Rückenmarkskanal (Spinalkanalstenose der HWS) oder an den Nervenaustrittslöchern
  • entzündliche Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken (Facettensyndrom)

Einzeltherapie versus Gruppentherapie

In Studien wurde die Wirksamkeit von physiotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen bei chronischen Nackenschmerzen überprüft. Dazu wurde die passive Behandlung des chronischen Nackenschmerzes mit Massage, Manueller Therapie und Krankengymnastik in der Einzeltherapie mit der konsequenten Durchführung eines festgelegten Übungsprogramms in einer geschlossenen Gruppe mit 6-8 Teilnehmern über einen bestimmten Zeitraum verglichen. Die Teilnehmer wurden nach Beendigung der jeweiligen Behandlungsmaßnahme zu Ihrem Empfinden bzgl. der Beeinträchtigung durch ihre Schmerzen, zu der Häufigkeit von Arbeitsausfällen durch ihre Beschwerden und zu der Zufriedenheit mit der erfolgten Behandlungsmaßnahme gefragt. Das Ergebnis war erstaunlich. Die aktive Gruppentherapie, insbesondere das Krafttraining /Muskelaufbau war erfolgreicher und nachhaltiger als die Einzelbehandlung.

Nackenschule

Physiotherapiepraxen bieten unter fachlicher Anleitung so genannte Nackenschulen an, in denen auf die besonderen Probleme des chronischen Nacken- und Kopfschmerzes eingegangen wird. Sinnvoll ist ein geschlossenes Gruppenkonzept mit 6-10 Teilnehmern über einen Zeitraum von ca. 10 Wochen. Falls ein entsprechendes Gruppenangebot nicht verfügbar sein sollte, können Information und Übungsvermittlung auch in einer Einzeltherapie (kostenintensiver) stattfinden.
Die Gruppe hat den Vorteil, dass man sich mit anderen Betroffenen austauschen kann und sieht, dass man mit seinen Schmerzen nicht alleine dasteht. Außerdem ist der nicht zu verkennende „Spaß- und Motivationsfaktor“ in der Gruppe sicherlich höher. Spaß und Freude an Bewegung unterstützen den Heilungsprozess und das „Überwinden des Schweinehundes“ bei der häuslichen Weiterführung des Programms.

Es empfiehlt sich auch, praeventiv (vorbeugend) an einer Nackenschule in der Gruppe teilzunehmen, wenn noch keine oder nur latente Beschwerden vorhanden sind. Die meisten Krankenkassen übernehmen ca. 80% der Kosten im Rahmen ihrer Praeventionsangebote. Eine andere Möglichkeit ist die Teilnahme an 50 Einheiten Rehabilitationsport, die ärztlich verordnet werden können.

Weitere Informationen hierzu finden Sie unter unserem Thema Nackenschule.

Weitere Informationen

Weitere Informationen finden Sie auf folgenden Seiten:

Autor: Carla Hötten-Schumacher Veröffentlicht: 06.06.2010 - Letzte Änderung: 30.03.2024