Als Stuhltransplantation wird die Übertragung von Stuhl oder den in Stuhl enthaltenen Bakterien eines gesunden Spenders in den Darm eines Patienten bezeichnet. Die Stuhltransplantation verfolgt dabei das Ziel, die irreparabel geschädigte Darmflora des Patienten wiederherzustellen und somit ein physiologisches, also gesundes Mikrobiom zu erzeugen oder zumindest zu fördern.

Stuhltransplantation

Was ist eine Stuhltransplantation?

Als Stuhltransplantation wird die Übertragung von Stuhl oder den in Stuhl enthaltenen Bakterien eines gesunden Spenders in den Darm eines Patienten bezeichnet. Die Stuhltransplantation verfolgt dabei das Ziel, die irreparabel geschädigte Darmflora des Patienten wiederherzustellen und somit ein physiologisches, also gesundes Mikrobiom zu erzeugen oder zumindest zu fördern.

Das bisher nur unter strenger Indikationsstellung angewandte Verfahren fällt somit unter den Überbegriff des Mikrobiomtransfers. Als solches werden alle Verfahren der Übertragung bakterienhaltigen Materials von einem Individuum auf ein anderes bezeichnet. Gebräuchliche Synonyme für die Stuhltransplantation sind "Stuhltransfusion" und auch "Fäkale Mikrobiota-Transplantation" (FMT).

Für wen sind Stuhltransplantationen geeignet?

Stuhltransplantationen sind bis dato nicht offiziell als Therapieform zugelassen, sondern gelten bei entsprechend gestellter Indikation als "Individueller Heilversuch".
Die einzige gebräuchliche Anwendung findet dabei bei einer symptomatischen Darminfektion durch das Bakterium Clostridium difficile dar. Diese Darmentzündung wird auch als pseudomembranöse Kolitis bezeichnet. Diese tritt vor allem infolge einer langwierigen Antibiotikatherapie auf Station auf, durch welche die natürliche, gesunde Darmflora geschädigt wurde. Clostridien, welche gegen viele häufig genutzte Antibiotika resistent sind, erhalten dadurch einen künstlich erzeugten Selektionsvorteil und können sich ungestört vermehren.

Eine weitere Voraussetzung für eine Stuhltransplantation stellt daneben ein Fehlschlagen aller anderen üblichen Therapieversuche dar. In diesem Fall kann die Indikation einer "therapierefraktären CDAD" (Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhoe) gestellt werden. Abgesehen hiervon werden derzeit eine Reihe weiterer möglicher Indikationen untersucht. So gibt es dezente Hinweise darauf, dass eine Stuhltransplantation auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder gar einem Reizdarmsyndrom hilfreich sein kann.

Stuhltransplantation bei Reizdarm

Nachdem sich die Behandlung von Clostridien-Infektion des Dünn- und Dickdarms mittels einer Stuhltransplantation mehr und mehr etabliert, interessiert sich die Forschung zunehmend auch für die Behandlung anderer (Darm-)Erkrankungen durch das Verfahren. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Aber auch im Falle des Reizdarmsyndroms gibt es Hoffnung darauf, den Patienten durch das Einbringen gesunden Spenderstuhls in den Darm helfen zu können. Da die Ursache des Reizdarmsyndroms bis heute weitgehend ungeklärt ist und der Begriff Reizdarm tatsächlich eher ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen zu sein scheint, bedarf es noch sehr viel Forschung zu dem Thema. Nennenswerte Studien, Fallsammlungen oder Erfahrungen zur Behandlung des Reizdarmsyndroms mittels einer Stuhltransplantation existieren quasi nicht.

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Stuhltransplantation bei Colitis ulcerosa

Aktuelle Erfolge bei der Behandlung von chronischen Clostridium difficile Infektionen nähren nicht nur bei Reizdarmsyndrom-Patienten die Hoffnung auf Heilung oder zumindest einer Linderung der Symptome. Auch was die Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mittels einer Stuhltransplantation betrifft, werden derzeit Forschungen betrieben.
Die meisten bisher durchgeführten kontrollierten Studien erbrachten dennoch überwiegend enttäuschende Ergebnisse. Einzig bei Kindern zeigte eine Studie an einer kleinen Patientengruppe ein deutliches klinisches Ansprechen. Um hierzu genauere Aussagen treffen zu können, werden nichtsdestotrotz einige weitere Jahre und Studien vergehen müssen.

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Stuhltransplantation bei Morbus Crohn

Während eine Stuhltransplantation zunächst nur bei Patienten mit einem nicht-therapierbarem Durchfall durch eine bakterielle Infektion mit Clostridium difficile (CDAD) durchgeführt wurde, gibt es mittlerweile einzelne Studien, die die Wirksamkeit der Stuhltransplantation bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (unter anderem Morbus Crohn) untersuchen.

Erste Studienergebnisse zeigen hierbei eine Wirksamkeit der Stuhltransplantation bei Crohn-Patienten. Bisher liegen jedoch noch keine ausreichenden Daten über die Wirkung und die möglichen Nebenwirkungen vor. Es sind weitere Studien erforderlich, bevor die Stuhltransplantation auch zur Behandlung des Morbus Crohn zugelassen werden kann.

Stuhltransplantation bei multipler Sklerose

Einzelne Studien haben gezeigt, dass durch eine veränderte Darmflora ein erhöhtes Risiko für eine Sonderform der multiplen Sklerose (MS) besteht. Gleichzeitig zeigt sich bei MS-Patienten eine erhöhte Konzentration spezifischer Bakterien im Darm. Aus diesem Grund wird eine Stuhltransplantation als eine mögliche Therapie-Option zur Behandlung der multiplen Sklerose betrachtet. Dazu wurden einzelne Studien in die Wege geleitet, wobei erste Ergebnisse noch ausstehen und eine Wirksamkeit der Stuhltransplantation bei multipler Sklerose noch nicht nachgewiesen werden konnte.

Ist eine Stuhltransplantation zum Abnehmen bei Übergewicht sinnvoll?

Studien an Mausmodellen haben einen Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und der Darmflora gezeigt. So wurden normalgewichtige Mäuse, die den Stuhl von adipösen Mäusen transplantiert bekommen haben, ebenfalls übergewichtig.

Durch diese Entdeckung wurden einzelne Studien in die Wege geleitet, die die Stuhltransplantation als eine Therapie-Option zur Behandlung von Adipositas untersuchen sollen. Erste Ergebnisse zur Wirksamkeit einer Stuhltransplantation bei Adipositas stehen noch aus. Daher stellt die Stuhltransplantation aktuell noch keine Therapie-Option zum Abnehmen dar. Zahlreiche weitere Untersuchungen und Studien sind zur Behandlung der Adipositas mittels Stuhltransplantation erforderlich.

Durchführung

Die Durchführung einer Stuhltransplantation beginnt mit der Aufbereitung des Stuhls eines gesunden Spenders. Hierfür wird der Spenderstuhl mit einer physiologischen Kochsalzlösung verdünnt und anschließend gefiltert, wodurch er von überflüssigen Bestandteilen wie den unverdaulichen Ballaststoffen und abgestorbenen Bakterien gereinigt wird.
Die so hergestellte Suspension wird dann in den meisten Fällen über eine zuvor mittels Endoskopie (Spiegelung) gelegte Sonde in den Zwölffingerdarm des Patienten eingebracht.
Eine weitere Möglichkeit stellt das Einbringen der Bakterien in den Dickdarm mittels Koloskopie (Darmspiegelung) dar.

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Um bestmögliche Bedingungen für eine Besiedlung des Darm durch die neuen Bakterien zu schaffen, findet im Vornherein üblicherweise eine Behandlung der Clostridien-Infektion durch das Antibiotikum Vancomycin statt.

Daneben laufen derzeit Untersuchungen zur Herstellung und Anwendung von Bakterien-haltigen säurefesten Kapseln und deren standardisierter Produktion. Diese wären in der Lage, die Magensäure zu überstehen und würden das Legen einer Darmsonde unnötig machen.

Die Auswahl der für eine Stuhltransplantation geeigneten Spender, stellt dabei einen wichtigen Teil der Prozedur dar. Der Stuhlspender muss in erster Linie stuhl-, aber auch anderweitig gesund sein. Weiterhin werden Spender bevorzugt, welche mit dem Empfänger zusammen leben. Der Grund hierfür liegt zum einen darin, dass der "Ekelfaktor" hierbei für den Empfänger geringer ist, sowie darin, dass sich die Mikrobiome durch das gemeinsame Wohnen bereits recht ähnlich und Infektionen durch den Spenderstuhl dadurch deutlich unwahrscheinlicher sind.

Stuhltransplantation mittels Kapseln

An einer Stuhltransplantation mittels säurefester Kapseln wird schon seit einigen Jahren geforscht. Diese Therapieform, welche das Legen einer Sonde in den Zwölffingerdarm unter Narkose ersetzen würde, stellt dabei nicht nur einen geringeren Aufwand in Aussicht. Gleichzeitig könnten Stuhltransplantationen durch das Anlegen von Stuhlbanken, wie dies in den USA 2012 geschehen ist, zur Marktreife gebracht und somit einer größeren Patientengruppe angeboten werden.

In Deutschland steht diese Form des Mikrobiomtransfers jedoch noch ganz am Anfang. Die erste Verwendung einer bakterienhaltigen Kapsel in Deutschland erfolgte 2015 erfolgreich in Köln. Die Entwicklung gefrorener und dadurch sehr lang haltbarer Kapseln wird seitdem auch hier mit großem Interesse verfolgt.

Wie finde ich eine Klinik, die eine Stuhltransplantation durchführt?

Bisher wird eine Stuhltransplantation nur in ausgewählten Zentren in Deutschland und Österreich durchgeführt. Dabei bietet ein großer Teil der deutschen Universitätskliniken eine Stuhltransplantation an.
Zur Auswahl einer geeigneten Klinik sollte man zuvor eine Internetrecherche durchführen. Die Kliniken werben auf ihren Internetseiten häufig mit dem Angebot einer Stuhltransplantation bei bestimmten Erkrankungen. Man sollte bei der Suche nach einer geeigneten Klinik jedoch darauf achten, dass einzelne Kliniken die Stuhltransplantation nur bei spezifischen Indikationen anbieten (z.B. bei einem therapierefraktären Clostridium-difficile-assoziierten Durchfall).

Kann man eine Stuhltransplantation selbst durchführen?

Da in Deutschland bis heute nur recht wenige klinische Zentren existieren, welche eine Stuhltransplantation anbieten und selbst hier in der Regel nur die chronische Clostridien-Infektion behandelt wird, greifen inzwischen viele von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und Reizdarmsyndrom Betroffene zur Selbsttherapie. Hierfür wird üblicherweise ein Einlauf mit dem Stuhl eines Verwandten verwendet. Ob und in welchem Ausmaß diese Methode tatsächlich erfolgversprechend ist, kann jedoch als fragwürdig betrachtet werden.

Dies liegt schon allein daran, dass ein Großteil der in unserem Darm beheimateten Bakterien anaerob, also unter sauerstoffarmen Bedingungen, leben. Während der Vorbereitung des Einlaufs besteht daher die Gefahr, dass diese Bakterien unter dem fast unvermeidbaren Kontakt mit Sauerstoff absterben. Zudem besteht ohne ein vorheriges Screening des Spenderstuhls die Gefahr einer weiteren Infektion des vorgeschädigten Darms des Empfängers.

Studien hierzu existieren so gut wie nicht und wenn dann nur mit sehr kleinen und daher nicht aussagekräftigen Patientengruppen. Erfahrungsberichte einschlägiger Internetportale fallen zudem sehr gemischt aus. Eine Empfehlung zum Selbstdurchführen einer Stuhltransplantationen kann daher nicht gegeben werden.

Kosten einer Stuhltransplantation

Die Kosten einer Stuhltransplantation werden derzeit weder von privaten, noch gesetzlichen Krankenkassen übernommen, da sich das Verfahren noch immer im Anfangsstadium befindet und Untersuchungen zu Indikation und Erfolgsrate nicht abgeschlossen bzw. sehr unvollständig sind. Aus diesem Grund müssen die Kosten für das Verfahren vom Patienten selbst getragen werden.
Diese errechnen sich einerseits aus dem materiellen Kostenaufwand der Stuhlaufbereitung, welcher zwischen 100 und 200€ liegt, sowie den Kosten für die vorab notwendigen Screening-Untersuchungen des Spenders, welche den größten Teil des Aufwandes ausmachen und zusätzlich zwischen 500 und 800€ betragen können.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Die Stuhltransplantation stellt ein noch nicht vollständig verstandenes Verfahren dar.
Mögliche Nebenwirkungen und Risiken sind bisher noch nicht bekannt und können zum Teil noch nicht eingeschätzt werden. Bisher durchgeführte Stuhltransplantationen bei nicht-therapierbarem Durchfall durch eine bakterielle Infektion mit Clostridium difficile (CDAD) haben eine gute Verträglichkeit der Stuhltransplantation gezeigt. Dabei kam es neben unspezifischen Nebenwirkungen wie Fieber, Bauchkrämpfen, Durchfall und Übelkeit nur sehr selten zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Blutungen, Darmentzündungen oder schwere Durchfälle.
Häufig berichteten die Patienten von einem vorübergehenden Durchfall (bei ca. 70% der Patienten) sowie von Bauchkrämpfen (10% der Patienten) und Übelkeit (5% der Patienten) innerhalb der ersten 24h nach der Transplantation. Im weiteren Verlauf traten bei einigen Patienten Verstopfungen und Blähungen auf.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.10.2016 - Letzte Änderung: 18.09.2024