Warum haben Männer Brustwarzen?

Einleitung

Wie bei fast allen Fragen der menschlichen Anatomie nach dem „Warum“ liegt die Antwort auf die Frage "Warum haben Männer Brustwarzen?" in der Embryologie, also der Biologie, die sich mit der Entwicklung der – übersetzt – ungeborenen Leibesfrucht auseinandersetzt. Also mit dem Leben, das noch nicht geboren wurde.

Erklärung

Der Grund für das Vorhandensein der Brustwarzen bei der Frau ist relativ simpel: Die Mamille, wie sie auch genannt wird, ist die Bezeichnung für die Mündung der Milchdrüsen, zumindest bei höheren Säugetieren. Zudem entspricht sie bei allen anderen Säugetieren den sogenannten Zitzen.

Männer haben auch Brustwarzen, obwohl diese streng genommen keine Funktion erfüllen, denn Männer können keine Kinder stillen. Die Antwort auf die Frage warum sie denn dann trotzdem vorhanden sind, liegt zu einem großen Teil in unserem Chromosomensatz. Dies ist die Bezeichnung für die Gesamtheit aller Chromosomen einer Zelle. Chromosomen bestehen aus DNA, also dem genetischen Grundbauplan, der alle genetischen Informationen über unsere spätere Entwicklung und unser Leben enthält.

Diese Chromosomen werden an die nächste Generation in Form der mütterlichen Eizellen und väterlichen Spermien weitergegeben. Diese Verschmelzung geschieht jedoch nicht von dem einen auf den anderen Tag, sondern die Natur ist in diesem Fall komplexer als es auf den ersten Blick erscheint. Bis der neue Chromosomensatz des ungeborenen Kindes vollständig entwickelt ist, dauert es ungefähr 10 Wochen. Bis dahin entwickelt sich ein Embryo, der faktisch gesehen noch nicht die körperlichen Anzeichen eines Geschlechtes aufweist. Es gibt also ganz zu Beginn der Entwicklung noch keinen sichtbaren Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Embryonen.

Die Information des Geschlechtes sind in den sogenannten Gonosomen, den Geschlechtschromosomen, verankert. Die Chromosomen des Mannes sehen aus wie ein Y und werden deshalb Y-Chromosom genannt, wohingegen die Chromosomen der Frau aussehen wie ein X und deshalb entsprechend X-Chromosomen genannt werden. Aufgrund des Vorhandenseins eines Y-Chromosoms wird der Körper des Embryos zu einem männlichen Körper, der unter anderem Testosteron produziert, was unter anderem dazu führt, dass die Stimme tief wird, die Hoden und weitere Sexualmerkmale ausgebildet werden. Hinzukommend verhindert dieses Hormon später die Bildung von einer Milch-produzierenden (laktierenden) Brustdrüse.

Eine Brustanlage ist embryologisch aber dennoch vorhanden, auch wenn sie nicht funktionsfähig im Sinne einer Milchproduktion ist.
Die Ursachen dafür, dass eine Brustanlage beim Mann vorhanden ist, sind noch nicht abschließend geklärt, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass es wahrscheinlich für den menschlichen Körper sinnvoller ist erst einmal alle Merkmale beider Geschlechter beim Embryo anzulegen, bevor eine hormonelle Differenzierung mit den Sexualhormonen beginnt. Zudem erleidet der Mann keinerlei Einschränkungen durch das Vorhandensein von Brustwarzen; weder aus gesundheitlicher, noch aus anderer Sicht. Deshalb ist zu vermuten, dass die Brustwarzen beim Mann auch weiterhin beim Embryo angelegt werden.

Brustwarze beim Mann und bei der Frau

Dass die Anlagen für Brustwarzen bei Männern und Frauen prinzipiell gleich sind, heißt nicht, dass nicht trotzdem Unterschiede zwischen Männern und Frauen vorhanden sein können. Erst durch die hormonelle Veränderungen in der Pubertät einer heranwachsenden Frau, beginnt die Entwicklung der Brustdrüse und damit verbunden auch die Entwicklung der Anlage für das spätere Stillen eines Kindes. Verantwortlich für diese Veränderung sind mehrere Hormone, unter anderem Oxytocin und Prolaktin. Prolaktin ist bei der Frau vor allem für den Milcheinschuss und das Brustdrüsenwachstum verantwortlich und wird vermehrt ab der 8.Schwangerschaftswoche gebildet. Oxytocin ist unter anderem beteiligt an der Kontraktion der Muskelzellen in der Brustdrüse und regt ebenfalls die Milchproduktion an.

Durch hormonelle Störungen des Mannes oder Missbrauch von Dopingmitteln wie anabole Steroide, vor allem im Kraftsport, kann es nach dem Absetzen dazu kommen, dass die körpereigenen Männlichkeitshormone nicht mehr ausreichend produziert werden und auch beim Mann die Brust anfängt zu wachsen, man spricht dann von einer Gynäkomastie. Diese kann häufig nur durch aufwändige und kostenintensive Operationen wieder entfernt werden und psychische Probleme aufgrund des äußerlichen Erscheinungsbildes verursachen.

In älterer medizinischer Literatur wird zudem davon berichtet, dass auch Männer existierten, die einen Milcheinschuss hatten (Berichte von Alexander von Humboldt), in der modernen Medizin ist jedoch keiner dieser Fälle der Öffentlichkeit bekannt.

Funktion der Brustwarze

In der Brustwarze der Frau befinden sich die Ausführungsgänge der Brustdrüsen, die umgeben sind von glatter Muskulatur und sensiblen Nervenendigungen und sie dient bei der Frau der Versorgung des Säuglings mit Muttermilch.

Sowohl beim Mann, als auch bei der Frau hat die Brustwarze außerdem die Funktion einer sogenannten erogenen Zone. Die starke Reizbarkeit und Reaktion auf Druck und Temperatur dient zu einem dem Säugling zum besseren Auffinden und zur Orientierung, weiterhin führt eine Stimulation der Brustwarzen zur Ausschüttung von bestimmten Hormonen. Die Ursache für die Kälteemempfindlichkeit der Brustwarzen liegt in der Kontraktion der glatten Muskulatur begründet. Beim Mann und der Frau ist hinsichtlich der sexuellen Funktion und der Reizbarkeit kein nennenswerter Unterschied festzustellen und hormonell wird auch bei beiden Geschlechtern die Reizbarkeit unter anderem durch das Hormon Oxytocin vermittelt.

Zusätzlich gewinnt die Brustwarze zunehmend an erotischem Stellenwert, welches sich gerade bei der Etablierung von Brustwarzenpiercings innerhalb der letzten Jahre manifestiert.

Schmerzen an den Brustwarzen beim Mann

Schmerzen an den Brustwarzen können sowohl beim Mann, als auch bei der Frau auftreten. Häufige Ursachen sind scheuernde Textilien, allergische Reaktionen auf Textilien oder andere Stoffe, eine generelle Übererregbarkeit oder hormonelle Störungen, die die gesamte Brust betreffen.

Beim Mann spielt hier die oben genannte Gynäkomastie eine große Rolle. Diese Vergrößerung der Brustdrüse kann sowohl natürlich, als auch krankhaft vorkommen. Grundsätzlich ist das Hormon Östrogen, welches das Brustwachstum beeinflussen kann, auch im männlichen Körper vorhanden, und erfüllt wichtige Aufgaben, wie zum Beispiel das Stärken des Knochengewebes. Nachteilig daran hingegen ist ein durch Östrogene verursachtes Brustdrüsenwachstum, und auch Schmerzen in der Brust beim Mann verursachen kann. Diese Schmerzen können sowohl psychischer Natur sein und sollten in diesem Zusammenhang nicht unterschätzt werden, da ein männliches Individuum sehr unter der Ausbildung einer weiblichen Brust leiden kann, als auch physischer Natur. Bei physischen Probleme beschreiben betroffene häufig eine „Knubbelbildung“, also eine tastbare Verdickung des Gewebes, die sehr schmerzhaft bei einer Berührung ist. Häufig tritt diese Veränderung bei Männern in der Pubertät auf und ist auf ein zu stark arbeitendes Enzym zurückzuführen: die sogenannte Aromatase. Dieses Enzym sorgt für die Umwandlung von Androgenen, also männlichen Sexualhormonen, in Östradiol, also weibliche Sexualhormone. Ein Arzt kann nach sorgfältiger Untersuchung sogenannte Aromatase-Hemmer verschreiben, die diese Umwandlung unterbinden. Bereits gebildete Knubbel, können nach einiger Zeit verschwinden werden jedoch auch häufig operiert um wieder die ursprüngliche, schmerzfreie männliche Brust wiederherzustellen.

Lesen Sie hierzu auch unser Thema Knoten in der Brust beim Mann

Bei Männern im fortgeschrittenen Alter kann ein ähnliches Phänomen aufgrund von Hormonmangel stattfinden, welches ebenfalls mit einem Schmerz verbunden ist. Selten ist jedoch bei dieser Art von hormonellen Problemen alleine die Brust betroffen, denn betroffene klagen über Antriebslosigkeit, Muskelschwäche, Konzentrationsstörungen und Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat. Bei jeglichen Schmerzen im Brustbereich ist ein Arzt aufzusuchen, der Ihnen bei dieser Problematik Abhilfe verschaffen kann, bevor diese sich schleichend verschlimmert. Bei einer sogenannten Pseudo-Gynäkomastie, kann es ebenfalls so aussehen als seien Männern Brüste gewachsen, dies liegt jedoch sehr oft an Fettleibigkeit. Nach einer erfolgreichen Diät und Sport sollte sich dieses Problem verringern.

Eine sehr seltene Ursache für Schmerzen an der Brustwarze kann auch beim Mann Brustkrebs sein. Hier empfiehlt sich bei einem Verdacht ein Gang zum Arzt, der dann weitere nötige Untersuchungen durchführen kann.

Lesen Sie hierzu auch unser Thema Wie erkennt man Brustkrebs beim Mann?

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.11.2016 - Letzte Änderung: 25.07.2023