Therapie des Muskelfaserrisses

Therapeutische Maßnahmen bei einem Muskelfaserriss

Ab dem ersten Tag nach Eintreten der Verletzung des Muskelfaserriss bis zum dritten Tag kann die Elektrotherapie eingesetzt werden. Es wird in diesem Bereich unterschieden zwischen:

  • Galvanisation
    Zurückgehend auf Luigi Galvani (1737 – 198), wird hierbei mit konstant fließendem Gleichstrom behandelt. Dieser Gleichstrom steigert die Reaktions- und Funktionsfähigkeit motorischer Nerven.
  • Iontophorese
    Hierbei werden gezielt Wirkstoffe mittels galvanischen Stroms durch die intakte Haut eingeschleust. Da hierbei der Wirkstoff nur relativ unzuverlässig dosiert werden kann, wird sie nur recht selten angewendet.
  • Funktionelle (z.B. Tapeverbände) und abschwellend wirkende Salbenverbände können zusätzlich als konservative Therapieform bei einem Muskelfaserriss ihren Einsatz finden. Die Gabe entzündungshemmender Medikamente und Muskel entspannender Medikamente kann vom behandelnden Arzt unter Prüfung des Gesamtstatus (z.B.: Magenanamnese) zusätzlich in Erwägung gezogen werden. Bei Muskelfaserrissen kommt es – wie bereits oben erwähnt – zu Einblutungen, wodurch die zusätzliche Einnahme von Medikamenten, die das geronnene Blut im Bluterguss verflüssigen (Fibrinolytika) zum Einsatz kommen kann.

Ab dem 4. Tag ist eine Behandlung des Muskelfaserriss mit Interferenzstrom (Mittelstrom, 1000 Hz – 1000 kHz) möglich. Auch die Ultraschalltherapie (über 1000 kHz) kann (zusätzlich) eingesetzt werden. Durch die Schallwellen kommt es zu einem Druckwechsel im Gewebe, wodurch eine mechanische Vibrationswirkung ausgelöst wird. Ein Teil der Schallenergie wird zusätzlich in Wärme umgewandelt, wodurch eine thermische Wirkung entsteht. Durch die Wirkung des Ultraschall und dessen Reflexion am Knochen entsteht im Weichteilgewebe eine so genannte „Mikromassage“. Diese Therapieform ermöglicht ein Eindringen der Schallwellen bis in eine Tiefe von etwa 8 cm, löst Verklebungen auf und ermöglicht ein Auflockern der Muskulatur und regt somit in besonderer Weise die Regeneration an.

Die Belastung kann nach einem Muskelfaserriss wieder vorgenommen werden, allerdings nur dann, wenn sie schmerzfrei ist. Die Belastung sollte beispielsweise in Form von Krankengymnastik vorgenommen werden. Aus dem Bereich der Krankengymnastik sind verschiedene Behandlungsformen denkbar:

  • Muskeltonisierung
  • Isometrie (Ganzkörperspannung)
  • PNF (= Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation)
  • Stimulation und Kräftigung der Muskulatur um das Zusammenspiel zwischen Nerven und Muskulatur zu stimulieren mit dem Ziel der Normalisierung des Muskeltonus, der Muskeldehnung und –kräftigung, sowie dem Abbau der pathologischen Bewegungsmuster, wie beispielsweise der Schonhaltung nach eingetretener Verletzung.
  • Auf eine passive Dehnung oder Massage der verletzten Muskulaturbereiche sollte aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit des Skelettmuskels bei einer Zerrung in den ersten zwei bis drei Wochen komplett verzichtet werden. Bei einem Muskelfaserriss sollte dies sogar erst ab der 6. Woche und bei einem Muskelriss erst zwischen 8. und 12. Woche versucht werden. Es besteht in besonderer Weise die Gefahr einer verkalkenden Heilung (= Myositis ossificans) beim Muskelfaserriss oder aber im schlimmsten Fall die Gefahr des Nachblutens. Aktive Dehnungen sind in der Regel früher möglich, sollten aber nur dann durchgeführt werden, wenn sie schmerzfrei sind.
  • Kinesiotapes unterstützen die betroffene Muskulatur bei Bewegungen

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie hier: Tapen eines Muskelfaserrisses

Bei der körpereigenen Regeneration der Muskelverletzung kommt es zur Regeneration der Muskelfasern, zum anderen aber auch zur Bildung von Narbengewebe. Narbengewebe ist generell weniger dehnbar als die Muskelfasern. Hinzu kommt, dass die neuen Muskelfasern kürzer sind und weniger Bindegewebe enthalten. Durch die Kombination dieser beiden Fakten ist der Muskel als solches von einem Funktionsverlust betroffen und muss neu aufgebaut werden (REHA). Da sich im Muskel nun verschiedene Anteile mit unterschiedlichen Dehnungseigenschaften befinden, muss spezielle Vorsorge und Vorsicht geboten sein, sodass die Entstehung neuer Faserrisse verhindert wird.

Der Einsatz der operativen Therapie erfolgt in der Regel bei Muskelrissen und auch nur dann, wenn der Riss länger ist als 2/3 des Querschnitts, wenn eine erhebliche Unterbrechung durch den Riss entstanden ist oder ein stark ausgedehntes Hämatom aufgetreten ist. Da es unter Umständen zu einem erheblichen Funktionsverlust kommen kann, wird die operative Therapie des Muskelfaserriss bei Leistungssportlern und ambitionierten Hobby – Sportlern nur sehr selten angewendet.
Im Rahmen der Operation wird das Hämatom ausgeräumt und die gerissenen Enden mit resorbierenden Nähten adaptiert (= genäht). Die Nachbehandlung der Muskelfaserriss - Operation besteht in der Regel aus einer Ruhigstellung für den Zeitraum von etwa 4 Wochen, einer Teilbelastung bis hin zur Körpergewichtsbelastung bis etwa zur 12. Woche, sowie aus einer Krankengymnastik, die direkt nach der Operation einsetzen kann und ähnlich der Behandlung bei Muskelzerrung und Muskelriss gehandhabt werden sollte.

Abbildung Muskelfaser und Muskelbündelriss

  1. Muskelfaser
    eines Skelettmuskels
    Muscle fibra
  2. Muskelfaserbündel -
    Fasciculus muscularis
  3. Epimysium (hellblau) -
    Bindegewebehüllen um Gruppen
    von Muskelfaserbündeln
  4. Perimysium (gelb) -
    Bindegewebehüllen
    um Muskelfaserbündeln
  5. Endomysium (grün) -
    Bindegewebe zw. Muskelfasern
  6. Myofibrille (= Muskelfibrille)
  7. Sarkomer (Myofibrillensegment)
  8. Myosinfäden
  9. Aktinfäden
  10. Arterie
  11. Vene
  12. Muskelfaszie
    (=Muskelhaut) - Faszia
  13. Übergang der Muskelfasern
    in Sehnenfasern -
    Junctio myotendinea
  14. Skelettmuskel
  15. Sehnenfasern -
    Fibrae tendineae

Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen

  1. Muskelfaser
    eines Skelettmuskels
    Muscle fibra
  2. Muskelfaserbündel -
    Fasciculus muscularis
  3. Sehnenfasern -
    Fibrae tendineae
  4. Übergang der Muskelfasern
    in Sehnenfasern -
    Junctio myotendinea
  5. Muskelfaszie
    (=Muskelhaut) -
    Faszia
  6. Skelettmuskel -
    Maecenas musculus osseus

Eine Übersicht aller Abbildungen von Dr-Gumpert finden Sie unter: medizinische Abbildungen

Dauer eines Muskelfaserrisses

Ein Muskelfaserriss kann bei den verschiedenen Patienten recht unterschiedlich verlaufen. Aus diesem Grund kann auch die Dauer bis zum vollständigen Ausheilen des Muskelfaserrisses stark variieren.

Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass die Anzahl der beeinträchtigten Muskelfasern für die Bestimmung der Dauer bis zur Heilung maßgeblich sind. Je mehr Muskelfasern gerissen sind, desto länger ist in der Regel die Dauer der Heilungszeit. Darüber hinaus spielen auch der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns und die Wahl der am besten geeigneten Therapiemaßnahmen eine entscheidende Rolle. Patienten die an einem Muskelfaserriss leiden, sollten unbedingt unmittelbar nach dem Einsetzen der typischen Beschwerden jegliche Belastung der betroffenen Muskelpartie einstellen.

Zudem kann das sofortige umsichtige Kühlen und das Anlegen eines Kompressionsverbandes dabei helfen, die Dauer bis zur vollständige Heilung zu verkürzen. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die Prognose bei Vorliegen von einem Muskelfaserriss sehr gut ist. In den meisten Fällen heilt der Muskelfaserriss unter einer adäquaten ärztlichen Therapie ohne Komplikationen ab. Die betroffenen Patienten verspüren nach dem vollständigen Zusammenwachsen der einzelnen Muskelfasern in der Regel keinerlei Einschränkungen im Bezug auf die Funktionalität und Belastbarkeit des Muskels.

Um einen bestmöglichen Heilungsverlauf zu gewährleisten, empfiehlt es sich, unmittelbar nach dem Auftreten eines Muskelfaserrisses für eine Dauer von ungefähr fünf bis sechs Tagen eine absolute Ruhepause einzulegen. Während dieses Zeitraumes sollte der betroffene Muskel möglichst geschont und hochgelagert werden. Auf diese Weise können starke Schwellungen vermieden und das Abklingen der Beschwerden beschleunigt werden. Nach welcher Dauer die beeinträchtigte Körperregion wieder voll belastet werden kann, hängt vom Ausmaß der Verletzung ab. Die betroffenen Patienten sollten den Muskel im Anschluss an die Ruhepause langsam und schrittweise wieder an die Belastung gewöhnen. Die Beanspruchung der beeinträchtigten Körperregion sollte zu Beginn einen Zeitraum von ungefähr 15 bis 30 Minuten nicht überschreiten. Kommt es während des Trainings zu Schmerzen, muss die Belastungsphase umgehend abgebrochen werden. Andernfalls kann es zur Entstehung schwerwiegender Komplikationen kommen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Dauer eines Muskelfaserrisses

Muskelfaserriss der Wade

Obwohl ein Muskelfaserriss prinzipiell an jedem Muskel auftreten kann, zeigen sich bestimmte Körperteile als besonders gefährdet. In den meisten Fällen lässt sich die Entstehung eines Muskelfaserrisses im Bereich des Oberschenkels beobachten. Dennoch tritt auch oftmals ein Muskelfaserriss im Unterschenkel auf. Grund dafür ist die Tatsache, dass gerade die Muskulatur der Wade besonders hohen Belastungen ausgesetzt ist. Bereits während des einfachen Gehens ist die Wade dafür verantwortlich, dass der Fuß über die Zehen und den Vorfuß abgerollt werden kann. Demzufolge wird die Muskulatur der Wade auch bei eher unsportlichen Menschen besonders häufig beansprucht. Diese Belastung wird vor allem dann gesteigert, wenn eine plötzliche Beschleunigungsbewegung durchgeführt werden soll. Aus diesem Grund betrifft der Muskelfaserriss an der Wade vor allem Kurz- und Langstreckenläufer. Unmittelbar nach dem Auftreten starker Schmerzen im Bereich der Wade kann davon ausgegangen werden, dass eine Zerrung oder ein Muskelfaserriss vorliegt. Die betroffenen Patienten sollten aus diesem Grund eine frühzeitige Therapie einleiten. Jedwede sportliche Aktivität ist nach dem Einsetzen der Beschwerden umgehend einzustellen. Andernfalls können an der ohnehin beeinträchtigten Muskulatur bleibende Schäden hervorgerufen werden. Eine weitere Erste-Hilfe-Maßnahme in der Therapie des Muskelfaserrisses an der Wade ist das umsichtige Kühlen. Schwellungen die typischerweise mit dieser Sportverletzung einhergehen können durch das Anlegen eines Kompressionsverbandes reduziert werden. Zudem sollte die Therapie von einem Muskelfaserriss an der Wade die gezielte Hochlagerung des betroffenen Beines beinhalten.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Muskelfaserriss der Wade

Muskelfaserriss im Oberschenkel

Der Oberschenkel stellt die häufigste Lokalisation für die Entstehung eines Muskelfaserrisses dar. Grund dafür ist die Tatsache, dass der Oberschenkel enormen Belastungen ausgesetzt ist. Gerade für sportliche Menschen besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Muskelfaserrisses am Oberschenkel. Die betroffenen berichten in den meisten Fällen davon, während des Trainings einen plötzlich einschießenden Schmerz gespürt zu haben. In vielen Fällen sei das Laufen nach dem Einsetzen der Beschwerden nahezu unmöglich gewesen. Da der Oberschenkel schon während des normalen Gehens hohen Belastungen standhalten muss empfiehlt es sich bei einem Muskelfaserriss frühzeitig eine geeignete Therapie einzuleiten. Das Therapieschema und die am besten geeigneten Erste-Hilfe-Maßnahmen sind bei jeder Form des Muskelfaserrisses gleich. Die betroffenen Patienten sollten unmittelbar nach dem Einsetzten der typischen Schmerzen jedwede Belastung einstellen. Darüber hinaus kann der Oberschenkel mit einem Kühlkissen oder speziellen Salben gekühlt werden. Diese Maßnahme ist in der Therapie des Muskelfaserrisses am Oberschenkel vor allem während der ersten 30 Minuten sinnvoll. Sowohl die Entstehung übermäßiger Schwellungen, als auch die Bildung von Blutergüssen können durch das Anlegen eines Kompressionsverbandes und die Hochlagerung des betroffenen Beines verhindert werden. Die weitere Therapie richtet sich bei einem Muskelfaserriss am Oberschenkel nach dem jeweiligen Ausmaß der Verletzung.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Muskelfaserriss des Oberschenkels

Muskelfaserriss in der Schulter

Ein Muskelfaserriss an der Schulter gehört zu den typischen Verletzungen die im Zuge von Sportarten wie beispielsweise Tennis oder Squash entstehen. Bei den betroffenen Patienten kommt es zum Einreißen einzelner Muskelfasern oder ganzer Muskelfasergruppen. Gleichzeitig lassen sich oftmals entzündliche Prozesse im Bereich der Schultermuskulatur beobachten. Der Entstehung eines Muskelfaserrisses an der Schulter liegt fast immer eine Überbelastung des Muskelgewebes zugrunde, ohne dass eine direkte Krafteinwirkung auf das Gelenk vorliegt. Die Hauptzahl der betroffenen Patienten berichten davon, unmittelbar nach einem schnellen Richtungswechsel der ausgeführten Bewegung plötzlich einschießende, starke Schmerzen verspürt zu haben. In der Regel wird der durch den Muskelfaserriss in der Schulter verursachte Schmerz als nadel- oder messerstichartig beschrieben. Zudem kann es bei einem Muskelfaserriss an der Schulter zu Verletzungen der Blutgefäße kommen. Aus diesem Grund gehören auch Blutergüsse (Hämatome) und Schwellungen zu den typischen Symptomen dieser Sportverletzung. Die Therapie bei Vorliegen eines Muskelfaserrisses an der Schulter richtet sich in erster Linie nach dem Ausmaß der Erkrankung (also danach wie viele Muskelfasern beeinträchtigt sind). Um die spätere ärztliche Therapie so effektiv wie möglich gestallten zu können, sollten unmittelbar nach dem Auftreten der Beschwerden Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet werden. Diese Erste Hilfe Maßnahmen richten sich nach dem sogenannten „PECH-Schema“. Nach dem Einsetzen der typischen Symptome eines Muskelfaserrisses an der Schulter können folgende Maßnahmen durchgeführt werden: Pause: Die sportliche Betätigung muss umgehend eingestellt werden. Eis: Sofortiges Kühlen kann dabei helfen den Heilungsverlauf positiv zu beeinflussen und die Symptome zu lindern. Compression (Kompression): Übermäßige Schwellungen können durch das Anlegen eines elastischen Kompressionsverbandes verhindert werden. Hochlagerung: Auch die Hochlagerung der von einem Muskelfaserriss betroffenen Schulter kann dabei helfen die Beschwerden zu lindern.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Muskelfaserriss in der Schulter

Muskelfaserriss im Oberarm

Am Oberarm tritt ein Muskelfaserriss vergleichsweise selten auf. Vor allem für Personen die häufig Tennis, Tischtennis, Volleyball oder Squash spielen besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Muskelfaserrisses am Oberarm. Unabhängig von der exakten Lokalisation der Verletzung richtet sich die Therapie auch beim Muskelfaserriss am Oberarm nach dem Schweregrad. Sind nur wenige Fasern eines Muskels gerissen, so muss in der Regel keine ärztliche Therapie eingeleitet werden. In diesen Fällen genügt es zumeist sich mit einfachen Erste-Hilfe-Maßnahmen Abhilfe zu schaffen. Weißt der beeinträchtigte Muskel jedoch eine Vielzahl von gerissenen Muskelfasern auf, muss dringend eine weiterführende Therapie veranlasst werden. Auch beim Muskelfaserriss am Oberarm muss unmittelbar nach dem Einsetzten der typischen Schmerzen eine Belastungspause eingelegt werden. Betroffene Patienten können die durch den Muskelfaserriss am Oberarm entstehenden Beschwerden durch das sofortige Kühlen des Armes lindern. Darüber hinaus kann ein Kompressionsverband dabei helfen die Entstehung von Schwellungen und Blutergüssen zu reduzieren.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter: Muskelfaserriss im Oberarm, Muskelfaserriss des Unterarms

Hinweis: Sportkarenz

Geben Sie Ihrer Muskelzerrung oder Muskelfaserriss genügend Zeit zum Ausheilen und üben sie sich in Geduld!

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.11.2011 - Letzte Änderung: 30.03.2024