Die 1:5 Abwehr

Einleitung

In der Trainingspraxis ist häufig zu beobachten, dass Kinder und Jugendliche das Handballspiel durch die defensive Abwehr einer 6:0 Formation erlernen. Die Spieler stehen dann alle in Kreisnähe und wehren in einer sehr defensiven und unattraktiven Art und Weise den Angriff der gegenerischen Mannnschaft ab. Es kommt lediglich zu einem Block und Wurfabwehr, die wichtige 1:1 Situation, die auch zusätzliche Vorteile im Angriff bietet, bleibt auf der Strecke. Besser wäre: Die Kinder erlernen zunächst in der E- Jugend und D- Jugend die gegnerorientierte Manndeckung. Im Übergang von D- Jugend zur C- Jugend wird dann die raumgebundene Abwehr (1:5 Abwehr, 6:0 Abwehr) eingeführt.

Schwerpunkte der Abwehrschulung sollte zunächst Fähigkeiten in der individuellen Abwehrschulung sein.

Nach dem Wechsel der Manndeckung sollte zunächst eine offensiv gehalten Abwehrformation den Angriff abwehren. Der Angriff versucht mittels Täuschungen in die Lücken der Abwehr zu stoßen, die Abwehr versucht durch effektive Beinarbeit die Lücken schnell zu schließen und eine Überzahlsituation am Ballort zu erzwingen. Aus methodischer Sicht ist eine offensive Abwehr in Anschluss an die Manndeckung sehr sinnvoll, da die Elemente ineinander übergehen. Ein rein defensives Verhalten am Kreis wäre eine völlig neue Situation. Eine passive 6:0 Abwehr verhindert kaum das Passen der Angreifer und im Jugendbereich kommt es immer wieder zum Abschluss des Torwurfes durch ein und denselben Spieler. Eine offensive Abwehr verhindert bereits das Passspiel des Angriffs im Spielaufbau und provoziert Fehlpässe und leitet somit schnelle Konterbewegungen ein. Körperlich unterlegen Mannschaften können den Angriff besonders gut durch offensive Abwehr unterbinden.

Die aktive und offene Abwehr ist die Prämisse im Grundlagentraining (siehe DHB- Rahmenkonzeption). Kinder und Jugendliche haben dabei die Möglichkeit aktiv in das Spielgeschehen einzugreifen und ermöglichen somit ein attraktives und spannendes Spiel.

Das Abwehrspiel und das Angriffsspiel bedingen sich gegenseitig. Die unterschiedliche Entwicklung der Jugendlichen führt oftmals dazu, dass ein einziger Spieler ein Spiel entscheidet. Dies rächt sich bereits in der B- und A- Jugend, bei der dieser Spieler seine körperlichen Vorteile nicht mehr ausspielen kann. Trainer sollten daher nicht erfolgsorientiert ausbilden, sondern darauf achten, dass nicht immer der gleiche Spieler den Torwurf erzielt, sondern die gesamte Mannschaft. Ziel ist es einen kompakten Allroundspieler zu entwickeln, der jedoch auch ein gewisses individuelles Spielerprofil aufweist.

Kurz: das Abwehrspiel im Kindes und Jugendalter sollte offensiv und aktiv sein, damit

  • Der Spielaufbau der Gegner früh gestört wird
  • Kontermöglichkeiten erspielt werden
  • Der Aktionsradius verkleinert wird
  • Handball attraktiver wird.

Grundlagen der 1:5 Abwehr

Das Abwehrspiel ist nur durch eine gute Kommunikation und dem Verständnis der Verteidiger untereinander möglich (Abspracheregeln).

Nach der Manndeckung muss der Spieler nun eine leicht verständliche Abwehrformation in Form der Raumdeckung erlernen. Eine Überforderung in Sachen Taktik darf auf keinen Fall erfolgen. Als Übergang von der Manndeckung bietet sich daher die 1:5 Abwehr an. Die Abwehrspieler agieren dabei in Reihenform entlang der Freiwurflinie, ein Spieler (HM) deckt den gegnerischen Kreisläufer. Im Vergleich zur 6:0 Abwehr liegt der gedeckte Bereich wesentlich weiter in das Feld, somit sind Fernwürfe der angreifenden Mannschaft deutlich schwieriger. Um die 1:5 Abwehr möglichst schnell und effektiv erlernt werden kann, sind folgende Prinzipien zu beachten:

1. Prinzip:

Jeder Abwehrspieler deckt einen bestimmten Raum, und keinen bestimmten Gegenspieler. Jeder Abwehrspieler agiert in diesem Raum gegen einen Angreifer. Diese Situation ist er bereits aus der Manndeckung gewohnt. Zentrale Schulungsschwerpunkte sind manndeckungsorientiert die richtige Stellung zum Gegner und die aktive Ballbekämpfung. Erst wenn diese beherrscht werden, kann ballorientiert gedeckt werden. Das heißt, zur Ballseite verschieben bzw. verdichten. Der Hinten Mitte (HM) deckt den Kreisläufer immer rückwärtig ab. Je nachdem bei welchem Angreifer sich der Ball befindet wird offensiv in Frontalstellung zum Gegenspieler agiert. Die benachbarte Abwehrposition erfolgt mittels einer Schrittstellung um aktiv und schnell ins Spielgeschehen eingreifen zu können.

2. Prinzip:

Aktive Deckung, d.h. frühzeitig bekämpfen. Besonders der Vorne Mitte, die Außenverteidiger und Halbverteidiger müssen früh den Gegner decken und versuchen zu bekämpfen. Der VM- Verteidiger hat die Möglichkeit das gesamte Angriffsspiel der Angreifer in Richtung Spielfeldmitte zu verschieben.

3. Prinzip:

Wenn ein Angreifer prellt, Pressdeckung spielen. Ziel der Abwehr in einer 1:5 Formation ist es, den Gegner in jeder nur denkbaren Situation zu stören. Die möglichen Anspielstationen sichern durch engen Kontakt. Dadurch werden unter anderen auch gezielt Fehler des Angriffs provoziert.

4. Prinzip:

Pass und Kombinationsspiel stören und lange Pässe provozieren. Besonders der (VM) sollte durch aktives auf den Mann gehen das Anspiel dessen verhindern, und somit einen Langen passen zwischen den Rückraumspielern verhindern. Das Heraustreten des Abwehrspielers nur sporadisch einsetzen, damit sich der Angriff nicht auf diese Situation einstellen kann.

5. Prinzip:

Angreifer in der Nahwurfzone immer begleiten. Jeder Abwehrspieler ist für seinen Gegenspieler verantwortlich.

6. Prinzip:

Angreifer die vor der Abwehr einlaufen, werden übergeben. Dieses Prinzip erfordert ein gruppentaktisches Zusammenspiel der Abwehr. Der Abwehrspieler sollte immer bemüht sein, zwischen Gegner und Tor zu agieren. Wechseln die Angreifer im Bereich der Fernwurfzone vor den Abwehrspielern, werden diese in der Regel übergeben.

7. Prinzip:

Dem Mitspieler helfen, wenn er überlaufen wird. Bei offensiven Abwehrverhalten agiert der Angriff meist in einer 1 gegen 1 Situation. Wird ein Abwehrspieler bsp. Durch eine Täuschung überlaufen, müssen ihm seine Mitspieler aushelfen. Besonders der HM fungiert als „Libero“ und hilft dabei aus.

Der Methodische Weg zur 1:5 Abwehr.

Die 1:5 Abwehr sollte zumeist in vereinfachten Spielnahen Situationen erlernt werden.

Hilfen sind:

  • Verkleinerung des Abwehrraumes
  • Eingeschränktes Angriffsverhalten
  • 1 gegen 1 gezielt und separat trainieren
  • Beinarbeit schulen

1. Spiel: 3 gegen 3

  • Ohne Torwurf
  • Mit Torwurf
  • Mit Positionswechsel
  • Im freien Spiel

2. Spiel: 4 gegen 4 (Kreisspieler hinzufügen)

3. Spiel: 5 gegen 5 (ohne Kreisspieler)

4. Spiel: 6 gegen 6

Tipps für den Wettkampf

  • Wurfstarke Spieler einen kleinen schnellen Spieler gegenüberstellen. HM muss immer auf Aushilfsfunktion achten.
  • Wurfstarke Spieler frühzeitig und sehr offensiv bekämpfen.
  • Den Passweg zum wurfstarken Spieler häufig stören, um die Mannschaft zu verunsichern.
  • Die Manndeckung ist Voraussetzung für 1:5 Abwehr.
  • Position in der Entwicklung häufig wechseln.
Autor: Tobias Kasprak Veröffentlicht: 07.04.2009 - Letzte Änderung: 22.10.2021