Arthrofibrose im Knie

Die Arthrofibrose ist eine gefürchtete, in ihrer Ätiologie weitgehend unaufgeklärte Gelenkerkrankung nach operativen Eingriffen oder Verletzungen, aus der eine mehr oder minder starke, teils schmerzhafte Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit resultiert. Es wird eine primäre Arthrofibrose von einer sekundären Arthrofibrose unterschieden.

Arthrofibrose im Knie

Synonyme im weiteren Sinne

  • Gelenkvernarbung
  • intraartikuläre Narbenbildung
  • „schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Knie“
  • Zyklopssyndrom
  • infrapatellares Kontraktursyndrom / Patella baja
  • generalisierte inflammatorische Gelenkreaktion

Definition

Die Arthrofibrose ist eine gefürchtete, in ihrer Ätiologie weitgehend unaufgeklärte Gelenkerkrankung nach operativen Eingriffen oder Verletzungen, aus der eine mehr oder minder starke, teils schmerzhafte Einschränkung der Gelenkbeweglichkeit resultiert.

Unterschieden werden die:

  1. Primäre Arthrofibrose, welche durch eine generalisierte Narbenbildung im Gelenk gekennzeichnet ist.
  2. Sekundäre Arthrofibrose, bei der lokale mechanische Irritatoren für eine Bewegungseinschränkung ursächlich sind.

Die meisten Studien in der Literatur beschäftigten sich mit der Ausbildung einer Arthrofibrose des Kniegelenkes nach Verletzungen und Kreuzbandplastik.

Unter klinischen Gesichtspunkten wird eine Arthrofibrose des Kniegelenkes durch eine dauerhafte Bewegungseinschränkung von > 10° für die Streckung und <125° für die Beugung definiert.

Symptome

Charakteristisch für die Arthrofibrose ist die Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes.

Ist ein lokales mechanisches Problem Ursache der Bewegungseinschränkung treten Beschwerden zum Teil als Einklemmsymptomatik (Narbenimpingement) mit einschießenden Schmerzen auf.
Insgesamt jedoch kann kein einheitliches Schmerzbild für die Arthrofibrose beschrieben werden. Bis auf eine obligatorische Bewegungseinschränkung kann das Gelenk auch völlig beschwerdefrei sein.
Bei primärer Arthrofibrose werden Berschwerden meistens dann geäußert, wenn versucht wird die narbig fixierte Endstellung des Gelenkes zu überwinden. Seltener klagen die Patienten auch über Ruheschmerzen des Gelenkes als Hinweis auf einen ablaufenden Entzündungsprozesses des Gelenkes.

Insgesamt ist das klinische Bild (Symptome und Beschwerden) der Arthrofibrose also sehr heterogen (vielfältig).

Schmerzen bei einer Arthrofibrose

Schmerzen treten meistens im Zusammenhang einer Arthrofibrose des Kniegelenks auf. Meistens kann der Patient die Schmerzen auch genau dem Kniegelenk zuordnen und nach gezielteren Untersuchungen noch genauer angeben in welchem Bereich die Schmerzen auftreten.
Manchmal strahlen Schmerzen allerdings auch aus. Ebenso können durch eine Schonhaltung oder Fehlbelastung Schmerzen in der Hüfte auftreten und man muss gezielter nach der Ursache im Kniegelenk und nicht in der Hüfte suchen.

Die Schmerzen sind oft bewegungsabhängig, das bedeutet, dass die Schmerzen eher auftreten, wenn das Knie belastet wird wie zum Beispiel beim Stehen oder Gehen. In entspannten Haltungen beim Sitzen oder Liegen, wenn das Knie nicht bewegt wird, treten die Schmerzen dann im Vergleich nicht oder weniger auf.

Oft sprechen die Schmerzen gut auf die Einnahme von Schmerzmitteln an, sodass mit entsprechenden Medikamenten das Schmerzempfinden erleichtert werden kann.

Therapie

Die Therapie der sekundären Arthrofibrose ist chirurgisch. Einzelne Narbenstränge können arthroskopisch leicht entfernt werden, wodurch das mechanische Hindernis beseitigt wird. In der Kreuzbandchirurgie kann dem fehlplatzierten Transplantat Platz verschafft werden, indem das Kniedach erweitert wird (Notschplastik) und dadurch ein weiteres Anschlagen des Transplantates verhindert wird.

Die Therapie der primären Arthrofibrose ist weitaus schwieriger und weniger erfolgreich.

Im Gegensatz zur sekundären Arthrofibrose lässt sie sich arthroskopisch häufig nicht sanieren. Insbesondere mehrfache arthroskopische Operationen können im schlimmsten Fall zu einer weiteren Aktivierung des chronisch ablaufenden Entzündungsprozesse führen.

Zum Einsatz bei einer symptomatischen konservativen Therapie gehören:

Welche Ursachen führen zu einer Arthrofibrose

Während für die sekundäre Arthrofibrose meist handwerkliche Operationsfehler ursächlich sind, ist die Ursache der primären Arthrofibrose noch immer nicht vollständig geklärt. Unterschiedliche Forschungsergebnisse stehen einander gegenüber. Es scheint jedoch sicher, dass mehrere Faktoren für die Auslösung und Unterhaltung der primären Arthrofibrose verantwortlich sind.

Bei der sekundären Arthrofibrose nach Kreuzbandersatzplastiken sind handwerkliche Operationsfehler entscheidend für eine persistierende Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes.

So kann es durch eine fehlerhafte Transplantatplatzierung, zu einer Einklemmsymptomatik (Impingement) des Transplantates am Dach des Kniegelenkes bei der Kniestreckung kommen. Verursacht wird diese recht häufig zu beobachtende Problematik durch einen zu weit vorne platzierten Schienenbein (tibialen) Bohrkanal. Durch wiederholte Einklemmungen bei der Kniestreckung wird das Transplantat kontinuierlich geschädigt, was letztendlich zu einer kugelförmigen Narbenbildung auf dem Transplantat führen kann (Zyklopssyndrom). Die Streckfähigkeit des Kniegelenkes wird eingeschränkt.

Im Bereich der Sprunggelenke kommt es gelegentlich durch eine Kapsel- / Bänderriss im Rahmen eines Umknicktraumas (Unfallereignisses) zur intraartikulären (im Gelenk) Narbenbildung im Bereich der verletzten Struktur oder aber auch generalisiert. Insofern kann der Übergang der sekundären Arthrofibrose zur primären Arthrofibrose fließend sein.

Kennzeichnend für die primäre Arthrofibrose ist eine das ganze Gelenk einbeziehende Narbenbildung (Bindegewebsvermehrung).
Zu dieser quantitativen Komponente gesellt sich die Tatsache, dass das gebildete Bindegewebe auch in seiner Zusammensetzung verändert ist. Bindegewebsfasern werden untereinander regelrecht vernetzt, wodurch die Gelenkbeweglichkeit weiter reduziert wird.

Folgende Ursachen der exzessiven Narbenbildung werden diskutiert:

Aktivierung und Vermehrung von Fibroblasten (Bindegewebszellen) im Rahmen eines initialen Entzündungsprozesses.

    • Chronische Entzündungsreaktion im Rahmen eines immunreaktiven Prozesses.
    • Dysbalancen zwischen pro- und kontrainflammatorischen Zytokinen (Entzündungsbotenstoffen).
    • Hypoxie - Reperfusionsschaden - Theorie
      (Durchblutungsstörung)
    • Genetische Faktoren

Bis heute ist nicht geklärt durch welche Reize und bei welchen Patienten eine primäre Arthrofibrose auftritt. Retrospektive Beobachtungen nach Kreuzbanderarzplastiken konnten allerdings Risikofaktoren ausmachen, die zu konkreten Empfehlungen zur der Prophylaxe der Arthrofibrose führten.

Arthrofibrose nach einer Knie – TEP

Eine Arthrofibrose im Kniegelenk ist eine relativ häufige Folge nach operativen Eingriffen am Kniegelenk (arthroskopischen Eingriffen). Zu solchen Eingriffen zählt auch die Knie - TEP (Totale Endoprothese des Kniegelenks).

Bei einer Knie – TEP wird das Kniegelenk durch ein künstliches Kniegelenk ersetzt. Hierbei kann als Operationsfolge eine Arthrofibrose entstehen. Das bedeutet, dass sich vermehrtes Narbengewebe bildet, was die Funktion des Kniegelenkes einschränkt. Dabei kommt es einige Tage bis Wochen nach der Operation zu einer Versteifung des Kniegelenkes, vermehrt Schmerzen und Belastungsschwierigkeiten beziehungsweise einer unzureichenden Beweglichkeit im Kniegelenk.

Es gibt verschiedene Formen der Behandlung um die Beweglichkeit des Knies zu erhalten oder zu fördern. Zum einen sollte als vorbeugende Maßnahme eine regelmäßige Bewegungstherapie durchgeführt werden.
Die Bewegung und Belastung des Gelenkes vermindert die starke Ausbildung von Narbengewebe nach der Operation. Sind starke Narbenbildung und Bewegungseinschränkung schon aufgetreten, so kann eine Therapie wie bei anderen Fällen von Arthrofibrose durchgeführt werden (Krankengymnastik, Narkosemobilisation, operatives Entfernen von Narbengewebe).

Differentialdiagnosen = alternative Ursachen

Von der Arthrofibrose müssen andere Krankheitsbilder abgegrenzt werden, die ebenfalls zu einem Funktionsverlust des Kniegelenkes führen können.

Rehabilitationsdefizit (häufig):
Eine ungenügende postoperative Nachbehandlung und zu lange Immobilitation (Ruhigstellung) kann eine Kapselschrumpfung des Kniegelenkes zur Folge haben mit dem Resultat einer persistierenden Bewegungseinschränkung. Gründe hierfür sind eine ungenügende postoperative Schmerzausschaltung, wobei Fortschritte in der Physiotherapie schmerzbedingt erschwert werden und eine mangelhafte Motivation und Aufklärung des Patienten über die Bedeutung der postoperativ durchgeführten Physiotherapie, physikalischen Therapie, Medizinischen Trainingstherapie etc.

Morbus Sudeck (selten):
Schmerzhafte Dystrophie (Ernährungsstörung) und Atrophie (Schrumpfung) der Weichteile (Muskulatur, Haut) und Knochen an den Extremitäten mit typischem stadienhaften Verlauf.
Die Ätiologie dieser Erkrankung ist noch weitgehend ungeklärt.
Weitere Informationen zu dieser Erkrankung finden Sie unter: Morbus Sudeck

MRT des Kniegelenks

Das bildgebende Verfahren der Wahl beim Kniegelenk ist die Standardröntgenaufnahme. Dabei können das Gelenk und mögliche Veränderungen im Gelenkspalt beurteilt werden. Wenn der Knorpel, der Meniskus oder der Kapsel-Band-Apparat besser bewertet werden sollen, ist ein MRT (Magnetresonanztomographie) die Methode der Wahl.
Dadurch ist ein MRT eher eine zusätzliche Diagnostikmöglichkeit. Bei der Arthrofibrose des Kniegelenkes ist hierbei besonders gut, dass im MRT die Gelenke und mögliche Veränderungen gut dargestellt werden können und damit meistens sehr sicher eine Diagnose gestellt werden kann.

Lesen Sie mehr zum Thema: MRT des Kniegelenks

Wie kann man einer Arthrofibrose vorbeugen?

Prophylaxe der Arthrofibrose in der Kreuzbandchirurgie:

Aufgrund der schwierigen Therapie einer erst mal eingetretenen Arthrofibrose kommt der Prophylaxe dieser Erkrankung eine besondere Bedeutung zu.

Untersucht wurde insbesondere, welche Vorsichtsmaßnahmen das Risiko für eine Arthrofibroseausbildung nach Kreuzbandersatz minimieren können.

Prophylaxemaßnahmen können in präoperative, intraoperative und postoperative Maßnahmen unterteilt werden (modifiziert nach Höher et al. (1999):

präoperative Prophylaxe

Wahl des Operationszeitpunktes:
Nach traumatischem Kreuzbandriss sollte nicht zu früh operiert werden. Mehrere Studien zeigten, dass bei einer Kreuzbandersatzoperation innerhalb der ersten 3 Wochen nach dem Unfall das Risiko für die Ausbildung einer Arthrofibrose bedeutsam erhöht war.
Als Ursache hiefür wird eine allgemeine „Gelenkreizung“ (akute traumatische Entzündungsreaktion) durch das Trauma gesehen, mit der Gefahr zum Übergang in eine chronische Gelenkentzündung durch eine zusätzliche operative Traumatisierung.

Empfohlen wird eine Erholungszeit von ca. 6 Wochen vor der Operation. Zum Operationszeitpunkt sollte das Kniegelenk frei beweglich und „reizlos“ (schmerzfrei, kein Gelenkerguss) sein. Begleitverletzungen (insb. Innenbandverletzungen), sollten zuvor ausbehandelt worden sein. Bei reizfreiem Kniegelenk kann präoperativ schon mit der Physiotherapie begonnen werden.

Patientenaufklärung:
Der Patient muss über die schwere der Verletzung und die sich daraus ergebenen Konsequenzen, insbesondere der postoperativen Nachbehandlung aufgeklärt und zur Mitarbeit motiviert werden.

intraoperative Prophylaxe

Eine operative Fehlplatzierung des Kreuzbandtranplantates muss unbedingt vermieden werden. Häufiger Fehler ist ein zu weit vorne (ventral) platzierter Schienenbein (tibialer) Bohrkanal.

Weitere Fehlermöglichkeiten bestehen in einer zu traumatischen oder langen Operation, einer Fehlplatzierung des femoralen Bohrkanales und in einer fehlerhaften Transplatatfixierung.

postoperative Prophylaxe

Nach der Operation sollte sofort mit der Physiotherapie begonnen werden. Eine adäquate Schmerzausschaltung mit geeigneten Schmerzmitteln ist dafür notwendig. Aktive und passive (Motorschiene) Bewegungsübungen und Übungen zur Kniescheibenmobilisation kommen dabei zur Anwendung.

Der Patient muss zur Mitarbeit motiviert werden.

Arthrofibrose der Schulter

Eine Arthrofibrose kann auch in der Schulter auftreten, da auch hier das Schultergelenk ähnlich wie das Kniegelenk betroffen sein kann. Dabei kommt es zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Ebenso können eine Rötung, eine Schwellung oder ein Erguss auftreten. Diese Symptome müssen jedoch nicht vorkommen, am häufigsten bestehen Schmerzen und eine Einschränkung der möglichen Bewegungen im Schultergelenk.

Bei einer Arthrofibrose der Schulter gelten was Diagnose und Behandlung angeht, gleiche Angaben wie bei einer Arthrofibrose des Kniegelenks.

Weitere Informationen

Weiterführende Informationen finden Sie auf folgenden Seiten:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.05.2007 - Letzte Änderung: 30.03.2024