Der Morbus Sudeck ist eine schmerzhafte Dystrophie (Ernährungsstörung) und Atrophie (Schrumpfung) der Weichteile (Muskulatur, Haut) und Knochen an den Extremitäten - häufig nach Unfall oder Knochenbruch - mit typischem stadienhaften Verlauf.
Englisch: Complex Regional Dysfunction System
Beim Morbus Sudeck (auch CRPS I= Cronic Regional Pain Syndrome) ist mindestens ein Gelenk betroffen.
Meist ist dies an der Hand oder am Fuß, aber auch ein Befall von Knie, Hüfte oder Schulter ist im Rahmen dieser Erkrankung denkbar. Anfangs sind die Symptome relativ unspezifisch und leicht mit denen einer Entzündung zu verwechseln. Allerdings sind dabei die Entzündungswerte im Blut nicht erhöht.
Schmerzhafte Dystrophie (Ernährungsstörung) und Atrophie (Schrumpfung) der Weichteile (Muskulatur, Haut) und Knochen an den Extremitäten mit typischem stadienhaften Verlauf.
Der Morbus Sudeck kann viele unterschiedliche Beschwerden verursachen. Eine Verallgemeinerung wird dem Symptomenkomplex nicht gerecht. Die Häufigkeit einzelner Symptome (Krankheitszeichen) untersuchten Laan und Goris, 1997.
Entzündungssymptomatik:
Atrophie (Gewebsabnahme):
Neurologische Symptome:
Symphatische Symptome:
Die Ursachenfindung für den Morbus Sudeck ist noch immer nicht abgeschlossen. Es handelt sich um ein sehr heterogenes Krankheitsbild mit unterschiedlicher Ausprägung verschiedener Symptome. Für die Krankheitsentstehung werden folgende Dinge als bedeutsam angesehen:
Die Kombination aus erhöhter Schweißsekretion und Weitstellung der Gefäße ist eine typische Funktion der zentralen Wärmeregulation. Sie betrifft im Normalfall den gesamten Körper und sorgt unter bestimmten Bedingungen zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur. Das spontane einseitige Auftreten dieses Reflexmusters beim Morbus Sudeck ist ein Ausdruck einer gestörten zentralen Thermoregulation.
Unter physiologischen Bedingungen gibt es keine Interaktion zwischen dem symphatischen und dem schmerzleitendem System. Eine Stimulation des sympathischen Grenzstrangs führt zu keiner Aktivierung schmerzleitender Nervenzellen. Unter den pathophysiologischen Bedingungen des neuropatischen Morbus Sudeck Schmerzes ändert sich diese Situation.
Studien deuten darauf hin, dass eine lokalisierte Nervenentzündung (neurogene Entzündung) bei dem Sudeck Schmerz, der akuten Schwellung (Ödem) und der Gefäßerweiterung (Vasodilatation) von Bedeutung ist.
Die Lähmungen (Paresen) nahezu aller Muskeln an der betroffenen Extremität sind weder durch den Schmerz noch durch das Ödem bedingt, sondern resultierten bei fehlender peripherer Nervenläsion am ehesten aus einer verminderten Aktivität zentraler Motoneurone. Dies unterstreicht die wichtige Rolle des Zentralen Nervensystems (ZNS).
Psychische Symptome (Depressivität, Ängstlichkeit, Somatisierungstendenz, Agressionshemmung und emotionale Labilität) treten gehäuft auf. Die psychischen Symptome sind jedoch nachweislich Folge und nicht Ursache der Erkrankung.
Wann tritt ein Morbus Sudeck auf?
Zu 50% nach
zu 25% ohne
zu 20% nach
zu 5% nach
Das bevorzugte Alter für das Auftreten eines Morbus Sudeck liegt zwischen dem 40.-60. Lebensjahr. Mit 15.000 Fällen pro Jahr ist der M. Sudeck keine sehr seltene Erkrankung. Je nach Quellenangabe wird die Häufigkeit für das Auftreten eines M. Sudeck nach Unfällen auf 0,05-5% angegeben. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Ursache dafür ist unbekannt. Kinder entwickeln nur extrem selten dieses Krankheitsbild.
Besonders häufig sind die Hand mit dem Unterarm sowie der Fuß mit dem Unterschenkel betroffen. Aber auch die Hüfte , die Schulter oder der Ellenbogen können betroffen sein.
Aufgrund der vielen unterschiedlichen Symptome ist die Diagnose eines Morbus Sudeck schwierig. Einen Goldstandard gibt es nicht. Von entscheidender Bedeutung sind die Krankheitsgeschichte (Anamnese), die klinische Untersuchung und die Erfahrung des Arztes mit dem Krankheitsbild.
Anzustreben sind Röntgenuntersuchungen im Seitenvergleich. Erste Veränderungen sind jedoch erst Wochen nach dem Krankheitsbeginn nachweisbar. Anzeichen für einen Morbus Sudeck sind eine fleckige, diffuse Knochenentkalkung. Siehe: Röntgen
MRT-Untersuchungen des betroffenen Gebiets (MRT der Hand oder MRT des Fußes) mit mit i.v.-Gadoliniumgabe zeigen bereits in der Frühphase Signalanhebungen der Weichteile und Knochen. Problematisch bei dieser Untersuchung ist die niedrige Spezifität.
Obwohl Sudeck typische Veränderungen früh erkannt werden können (hohe Sensitivität), können auch andere Krankheitsbilder derartige Veränderungen hervorrufen. Das MRT muss also immer im Kontext mit allen anderen Krankheitszeichen gesehen werden.Einen Morbus Sudeck beweist sie allein nicht.
Lesen Sie hierzu auch unser Thema: MRT
Die 3-Phasen-Skelettszintigraphie mit 99 Tc-Diphosphonat zeigt bereits im Anfangsstadium mit hoher Sensitivität und Spezifität einen vermehrten periartrikulären Knochenumbau mit Hyperämie und Hyperperfusion als typisches Zeichen.Lesen Sie mehr zum Verfahren der Szinitigraphie unter: Szintigraphie
Die Thermographie wird mit einer Infrarotkamera durchgeführt. Richtungsweisend ist ein Temperaturunterschied von 1,5 - 2°C im Vergleich zur gesunden Seite.
Die quantitative Sudometrie wird zur Bestimmung des Feuchtigkeitsunterschiede in einer Schweißkammer eingesetzt.
Eine Reihe anderer Erkrankungen können mehr oder weniger Symptome eines Morbus Sudeck vortäuschen. Folgende Erkrankungen gehören dazu:
Stadieneinteilung:
Der Morbus Sudeck wird in 3 Stadien eingeteilt.
Stadium I (Einteilungskriterien):
Akute Entzündung, sympathische Dysfunktion, meist nach 2-8 Wochen nach Unfallereignis
Symptome:
Stadium II (Einteilungskriterien) Chronische Dystrophie:
Symptome:
Stadium III (Einteilungskriterien): Irreversible Atrophie
Symptome:
Wichtig für die Behandlung des Morbus Sudeck ist vor allem eine frühzeitige und stadiengerechte, multimodale Therapie.
Für eine Heilung ist vor allem die Erkennung dieses Krankheitsbildes in einer möglichst frühen Phase besonders wichtig.
Die besten Heilungschancen bestehen dann, wenn keine Nervenverletzung vorliegt.
In einigen wenigen Fällen gelingt die vollständige Heilung dieser Krankheit, jedoch meist nur in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Ärzten und Expertenteams auf diesem Gebiet.
Wichtig ist hierbei, dass die Behandelnden sich mit der Therapie des Morbus Sudeck gut auskennen und gegebenenfalls interdisziplinär arbeiten.
Expertenteams setzen sich daher häufig aus Orthopäden, Schmerztherapeuten, Physiotherapeuten, Ergtherapeuten und Psychotherapeuten zusammen. Häufig bleibt eine gewisse Schmerzsymptomatik bestehen oder die Erkrankung tritt in unregelmäßigen zeitlichen Abständen immer wieder auf. Für diese Patienten ist es von großer Bedeutung von den bereits erwähnten Expertenteams engmaschig betreut zu werden, um Ihnen zumindest eine gewisse Kontrolle der Beschwerden zu ermöglichen.
Dies gelingt dann auch meistens. Nur eine kleine Gruppe von Patienten ist dauerhaft besonders schlimm durch diese Erkrankung geprägt.
Bei den Betroffenen bleibt dann die quälende Schmerzsymptomatik meist dauerhaft bestehen und sie haben Funktionseinschränkungen der betroffenen Extremität zu beklagen.
Doch auch wenn die Schmerzen nicht vollständig therapiert werden können ist es wichtig, dass Betroffene frühzeitig auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen, da chronischer Schmerz häufig zu weiteren psychologischen Krankheitbildern führen können. Diese können dann wiederum die Beschwerden weiter verschlimmern und den Betroffenen somit in einen Teufelskreis führen.
Es ist daher sinnvoll, neben der Schmerztherapie auch eine Psychotherapie oder eine Verhaltenstherapie zu beginnen, um weitere Probleme frühzeitig bekämpfen oder sogar verhindern zu können und insgesamt zu einer verbesserten Lebensqualität beizutragen.
Lesen Sie mehr zum Thema: Heilung eines Morbus Sudeck
88% (Maier C. 1996) nach rascher Diagnosesicherung und multimodaler Therapie (zeitliche Anwendung verschiedener Therapieformen) beschwerdefrei. Monotherapien (Einzeltherapie) ergaben deutlich schlechtere Ergebnisse.
2% Rezidivquote (erneutes Auftreten nach Ausheilung) wobei in ca. 50% auch die Gegenseite betroffen sein kann !
Spontanremissionen (Verschwinden der Erkrankung ohne Therapie) bei voller Ausbildung der Symptome sind selten.
Ein geringer Prozentsatz ist resistent (Therapieunfähigkeit) gegen jede bekannte Therapieform.
In der Hand kann unter anderem eine Unterarmfraktur (distale Radiusfraktur) zur Entstehung eines Morbus Sudeck führen. Dies ist auch die häufigste Ursache und tritt bei dieser Art der Fraktur in etwa 7 bis 37% der Fällen auf.
Auch andere Frakturen im Armbereich können bei 1 bis 2% zum Morbus Sudeck an der Hand führen, Nervenverletzungen gelten auch als mögliche Auslöser.
Betroffene Patienten klagen in der frühen Phase der Erkrankung meist über starke Schmerzen an der Hand, Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerzen bei der Bewegung des Gelenks mit einer einhergehenden Funktionseinschränkung. Diese erste Phase dauert etwa einen Monat an.
Das für den Morbus Sudeck spezifischste Symptom ist dabei der lang anhaltende Schmerz. Dieser kann unterschiedlichen Charakter haben. Oft handelt es sich um einen stechenden Schmerz. Es kann aber auch ein unangenehmes Kribbeln oder sogar Dauerbrennen beispielsweise in der betroffenen Hand auftreten.
Die Schmerzen treten bereits in Ruhe auf, können aber durch leichte Bewegungen oder Druckausübung verstärkt werden.
Neben der Schmerzsymptomatik treten meist auch andere Symptome auf. Beispielsweise kommt es durch vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Gewebe häufig zu einer Schwellung der betroffenen Hand. Außerdem können im Verlauf auch eine Rötung und Temperaturerhöhung im Vergleich zur Gegenseite auftreten. Dies kann auf eine Durchblutungsstörung am Arm hindeuten, welche sich dann auch am äußeren Erscheinungsbild der betroffenen Region erkennbar macht. So wirkt die Hand oft blasser als die Andere und durch die zusätzliche Schwellung hat sie oft ein wachsähnliches Aussehen. Im chronischen Verlauf kann es sein, dass an der betroffenen Hand ein zunehmendes Kältegefühl eintritt und diese sogar einen bläulichen Hautton annimmt. Ursache hierfür ist eine chonische Minderdurchblutung in diesem Bereich.
Weitere Symptome können vermehrtes Schwitzen oder auch Zittern sein. Betroffene beobachten oft auch ein zunächst beschleunigtes Wachstum von Haaren und Nägeln an der erkrankten Extremität, was sich im weiteren Verlauf aber wieder zum Gegenteil wendet.
Das für die Patienten als am meisten belastend empfundene Problem, das mit dieser Erkrankung einhergeht ist die zunehmende Bewegungseinschränkung.
Da es sich beim Morbus Sudeck um eine Fehlregulation der Nerven handelt, wird nicht nur die Haut und die Durchblutung in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch Knochen und Muskeln können davon betroffen sein.
Werden diese über einen längeren Zeitraum nicht mehr regelrecht angesteuert und versorgt kann es sein, dass sich diese auch zurückbilden. Die Folge die daraus resultiert ist meist eine Versteifung der Gelenke, die den Bewegungsumfang der gesamten Hand folglich einschränkt und im schlimmsten Fall in der vollständigen Versteifung der betroffenen Extremität endet.
Lesen Sie mehr zum Thema: Morbus Sudeck der Hand
Ein Befall der oberen Extremität bei Morbus Sudeck ist zwar etwas häufiger, es ist jedoch auch möglich, dass andere Gelenke wie die Fußgelenke betroffen sind.
Auch hierbei stehen zunächst die Dauerschmerzen in Verbindung mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit im Vordergrund.
Diese können mehrere Monate andauern.
Hinzu kommen dann aber auch andere Symptome wie beispielsweise eine Schwellung, die durch vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Gewebe zu erklären ist.
Auch eine starke Rötung und eine erhöhte Temperatur im Seitenvergleich sind im Rahmen der Schwellung zu beobachten. Da die Haut durch die Schwellung gespannt wird, kann es sein dass sie dadurch ein wächsernes Erscheinungsbild aufweist.
Außerdem kann es durch die Durchblutungsstörung in den Beinen zu einer Veränderung der Hautfarbe und der Hauttemperatur über der betroffenen Region kommen.
In der chronischen Phase färbt sich der betroffene Fuß meist bläulich und es besteht ein vermehrtes Kältegefühl für den Betroffenen am betroffenen Körperteil. Auch vermehrtes Schwitzen oder sogar Zittern können auftreten.
Am Fuß kann möglicherweise zusätzlich noch ein beschleunigtes Wachstum der Zehennägel in der Anfangsphase beobachtet werden.
Im weiteren Krankheitsverlauf wandelt sich dies jedoch zum Gegenteil und es kommt meist zu Funktionseinschränkungen und Beweglichkeitsverlust des betroffenen Gelenkes.
Sowohl die Muskulatur als auch die Knochen können in Mitleidenschaft gezogen werden, wodurch es unter Umständen zur Versteifung der betroffenen Gelenke kommen kann. Bei den Fußgelenken kommt dies besonders zum Tragen, da diese ausschlaggebend für die alltägliche Bewegung sind. Kommt es zu einer Versteifung des Fußes, kann dies mit Gehbehinderungen einhergehen und unter Umständen eine Gehhilfe notwendig machen.
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Das Krankehietsbild des Morbus Sudeck betrifft meist Hände und Füße.
In manchen Fällen kann auch eine Beteiligung des Kniegelenks möglich sein. Auch hier stehen zunächst die Schmerzen im Vordergrund, aber auch eine Schwellung mit roter und überwärmter Haut über dem Kniegelenk kann auftreten.
Vermehrtes Schwitzen und ein beschleunigtes Haarwachstum ist auch denkbar. Im weiteren Verlauf kommt es meist jedoch zu einer eher blassen bis bläulichen Hautverfärbung und einer leichten Temperaturminderung im Vergleich zur Gegenseite. Im chronischen Stadium kommt es oft zu einer Funktioneinschränkung mit Versteifung des Kniegelenks.
Dies kann wiederum zu Gehbehinderungen führen.
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