Abriss der Strecksehne des Fingers

Einleitung

Die Strecksehne eines Fingers kann aufgrund eines Unfalls, oder durch degenerative Veränderungen reißen. Besonders im Rahmen von Sportunfällen ist ein solcher Riss nicht selten.
Es wird dabei zwischen einem Riss am Endglied des Fingers und einem vollständigen Riss der Sehne handflächennah unterschieden.

Ursache

Am häufigsten tritt der Fingersehnenabriss am vierten Finger, dem Ringfinger, auf. Ursächlich kann zum einen eine länger bestehende Sehnenentzündung (Tendosynovitis) aufgrund einer rheumatischen Erkrankung sein. Aber auch im Rahmen von Traumen, oder bei verstärkter Streckung des Fingers, beispielsweise bei Ballsportarten oder dem Betten machen, kann die Strecksehne reißen.

Symptome

Zunächst klagen die Patienten über eine deutliche Kraftminderung bei der Fingerstreckung des betroffenen Fingers.
Die aktive Streckung in dem betroffenen Gelenk ist dann nicht mehr möglich. Da normalerweise ein Gleichgewicht zwischen den Muskeln an den Finger herrscht, überwiegt bei einem Strecksehnenriss die Beugersehne. Dadurch wird die Verletzung nach außen deutlich sichtbar, da der betroffene Finger in übermäßiger Beugehaltung steht.
In der Regel ist der Abriss von einem starken, kurz einschießenden Schmerz begleitet. Dann kommt es zur Schwellung und eventuell Einblutung an dem betroffenen Finger.
Besonders bei Patienten mit einer chronisch rheumatischen Erkrankung fehlen die Schmerzen häufig, sodass der eigentliche Verletzungszeitpunkt oft nicht erinnerlich ist.

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Schmerzen

Im Moment der Verletzung kann es zu einem kurzen einschießenden und stechenden Schmerz im Finger kommen. Dieser entsteht durch den Riss und das Zurückschnappen der Sehne im Gewebe.

Oftmals treten nach dem Verletzungsereignis keine weiteren Schmerzen auf. Durch die Verletzung kann es jedoch zu kleinen Begleitverletzungen im Gewebe kommen, die einen Bluterguss und eine Schwellung verursachen. Durch den Reizzustand im Gewebe kann der Strecksehnenabriss wenige Tage nach der Verletzung druckschmerzhaft sein. Im weiteren Verlauf hingegen bereitet der Abriss keine Schmerzen. Es kommt lediglich zu einem Streckdefizit und einer Kraftminderung, weshalb viele Betroffene erst spät einen Arzt aufsuchen.

Entzündung

Beim Abriss der Strecksehne des Fingers kommt es nur selten zu lokalen Entzündungsprozessen. Eine Verletzung kann im Gewebe immer mit Begleitverletzungen, Einblutungen, Schmerzen, Schwellungen, Rötungen und Bewegungseinschränkungen einhergehen. Diese lokale Entzündung klingt jedoch in der Regel innerhalb weniger Tage ab.

Diagnostik

Meist reicht das klinische Verletzungsbild aus, um eine Verdachtsdiagnose zu stellen.
Der betroffene Finger steht in extremer Beugehaltung, die aktive Streckung des Fingers ist nicht mehr möglich.
Die passive Streckung durch den Arzt sollte jedoch nach wie vor möglich sein, wenn das Gelenk nicht betroffen ist. Dies ist eine wichtige diagnostische Unterscheidung, da die Therapie hiervon abhängt.
In einigen Fällen kann die Anamnese über den Unfallhergang zur Diagnosefindung beitragen.
Um die Gelenkbeschaffenheit und Knochenbrüche auszuschließen kann eine Röntgenaufnahme durchgeführt werden.
Die Sehnen und Muskeln der Finger sind hier jedoch nicht erkennbar. Diese können mit Hilfe einer Schichtbildaufnahme (Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT)) untersucht werden.
Auch mit Hilfe eines Ultraschalls ist es teilweise möglich die Sehnen der Finger zu betrachten.
Zudem sollten bei der klinischen Untersuchung auch alle anderen Finger der Hand, sowie die Handdurchblutung und die Sensibilität geprüft werden. So können schwere Gefäßschäden oder Nervenschädigungen ausgeschlossen werden.

Therapie

Ist nur ein kleiner Teil der Strecksehne am Endglied des Fingers gerissen, ist eine operative Behandlung in der Regel nicht notwendig. Meist reicht eine Schienenbehandlung. Diese sollte jedoch nicht frühzeitig abgenommen werden, um ein gutes Endergebnis zu erzielen. In der Regel dauert die konservative Behandlung 6 Wochen.
Wenn das Gelenk intakt und die Sehne vollständig gerissen ist, sodass eine Heilung ohne Operation ausgeschlossen ist, kann die Strecksehne des Fingers operativ wieder hergestellt werden. Zunächst werden intraoperativ die gerissenen Sehnen dargestellt und ihre zerrissenen Enden angefrischt.
Das weitere Vorgehen ist abhängig von der gerissenen Sehne:

  • Ist die Sehne des kleinen Fingers betroffen, so wird deren körpernahes Ende mit der Sehne des Ringfingers verbunden. Dieser Eingriff ist verhältnismäßig einfach und erlaubt eine frühzeitige Mobilisation.
  • Sind die Strecksehnen von kleinem Finger und Ringfinger durchtrennt, wird eine weitere Sehne, die Sehne des Zeigefingergrundgelenks durchtrennt. Deren Enden werden dann vernäht, sodass die Funktion wieder hergestellt werden kann.
  • Ist zusätzlich die Sehne des Mittelfingers gerissen, wird diese an die Seite einer weiteren Strecksehne des Zeigefingers angenäht.
  • Ist die lange Sehne des Daumens betroffen, kann hierfür ebenfalls eine Sehne des Zeigefingers genutzt werden.
  • Ist der seltene Fall eingetreten, dass alle Strecksehnen einer Hand gerissen sind, ist es möglich hierfür die beiden Beugesehnen des 3. und 4. Fingers (Mittel- und Ringfinger) zu nutzen. Dabei müssen die Sehnen vollständig entnommen werden, und im Anschluss an den Streckanteil des Armes angenäht werden. Dann erfolgt die Naht an die gerissenen Strecksehnen.

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Kinesiotape

Das Tapen des Fingers stellt eine therapeutische Alternative zur konservativen Behandlung mit der Schiene dar.

Ein Tapeverband wird über die Länge des Fingers auf der Streckseite angebracht, um den Finger zu schienen und zu stabilisieren. Die Flexibilität und Beweglichkeit sind bei der Behandlung mit einem Tapeverband deutlich größer als bei der Schiene. Die vollständige Ruhigstellung kann jedoch nicht gewährleistet werden. Bei einem Teilriss der Sehne kann der Tapeverband zum Einsatz kommen.

Bei einem vollständigen Abriss jedoch sollte wenigstens innerhalb der ersten Wochen die Behandlung mit der Schiene im Vordergrund stehen. Präventiv kann ein elastischer Tapeverband an den Fingern beim Sport getragen werden, um Sehnenverletzungen vorzubeugen. Dieser stabilisiert die Finger und führt zu einer bewussteren Ausübung von Bewegungen, was mit einem erniedrigten Verletzungsrisiko einhergeht.

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Nachbehandlung

Nach der Operation sollte für ca. 6 Wochen eine Stracksche- Schiene getragen werden. Dies ist eine Schiene für den einzelnen Finger und stellt diesen und damit die verletzte Sehne ruhig. Im Anschluss kann die Schiene abgenommen werden.
Meist ist die vollständige Streckung nicht direkt wieder möglich, da die Sehnen lange ruhig gestellt waren. Es sollte dann langsam versucht werden, die Streckung des Fingers wieder zu üben und die Sehne an die Belastung zu gewöhnen. Nach einiger Zeit der Übung tritt in vielen Fällen wieder eine vollständige Funktion ein.
Grundsätzlich gilt, dass das Endergebnis erst nach ca. 5 bis 6 Monaten zu beurteilen ist.
In einigen Fällen kann es zu einer Einsteifung des Fingergelenks in einer Beugeposition kommen, sodass die vollständige Streckung nicht mehr vorgenommen werden kann.

Dauer der Heilung

Um eine vollständige und stabile Heilung der Sehne zu erreichen, wird der Finger in den meisten Fällen für 6-8 Wochen in der Schiene belassen. In dieser Zeit finden die Sehnenenden in der überstreckten Stellung des Fingers zueinander und können miteinander verwachsen, um kräftigen Zug auch in Zukunft auszuhalten. Prinzipiell bewirkt ein längeres Tragen der Schiene, dass die Sehne fester und stabiler zusammenwächst. Durch längeres Tragen erhöht sich jedoch auch die Immobilität des Fingers und die Bewegungsfähigkeit wird weiter eingeschränkt.

In der Regel wird die Schiene freiwillig für 8-10 Wochen getragen. Anschließend sollte sie nachts für weitere 2 Wochen anbehalten werden, um ruckartige oder dehnende Bewegungen am Anfang zu vermeiden. Belastende Sportarten sollten für weitere Wochen pausiert werden. Auch eine Physiotherapie und ein langsamer Bewegungsaufbau können langsam nach der 8 wöchigen Behandlung begonnen werden. Die vollständige Wiederherstellung der Beweglichkeit ist personenabhängig und kann sehr unterschiedlich schnell erfolgen.

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Sport sollte erst nach einer vollständigen und stabilen Heilung der Sehne erfolgen.

Nachdem die Schiene 8 Wochen getragen wurde, müssen weitere Wochen der Schonung folgen. Auch eine Bewegungswiederherstellung ist oftmals nötig. Dies kann mithilfe von langsamen Übungen oder professioneller Physiotherapie innerhalb der ersten 2-3 Wochen nach Ablegen der Schiene erfolgen. Eine Vollbelastung des Fingers im Sport kann erst nach insgesamt 12 Wochen empfohlen werden.

 

Zusammenfassung

Ein Riss der Strecksehne eines Fingers ist nicht selten. Sie entsteht aufgrund plötzlicher starker Beugung, beispielsweise im Rahmen von Ballsportarten oder beim Betten machen.
Aber auch durch degenerative Erkrankungen kann die Sehne reißen.
Neben dem Schmerz ist die aktive Streckung des Fingers nicht mehr möglich, passiv lässt sich der Finger nach wie vor strecken.
Dies sind deutliche Hinweise für die Diagnosestellung eines Strecksehnenrisses.
In den meisten Fällen ist eine konservative Therapie mit einer Schienenbehandlung für 5 bis 6 Wochen ausreichend.
Operativ müssen nur schwerwiegendere und größere Abrisse der Sehne behandelt werden. Hier können dann verschiedene andere Sehnen der Finger als Ersatz dienen um die Funktion wieder herzustellen.
ist das Endergebnis erst nach einigen Monaten beurteilbar. Bei einigen Patienten kann lebenslang ein Streckdefizit zurückbleiben.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.05.2013 - Letzte Änderung: 30.03.2024