Die Eitrige Zahnwurzelentzündung

Definition

Bei Entzündungen versucht das Immunsystem, gegen die auslösenden Bakterien anzukämpfen und bildet Eiter - so auch bei Zahnwurzelentzündungen.

Hier führt eine rasche Vermehrung des Eiters häufig zu einer starken Schwellung.

Doch weshalb bildet sich Eiter und warum entsteht dieser vermehrt bei wärmeren Temperaturen? Welche Konsequenz kann dabei eine Nichtbeachtung der Schwellung haben und ab wann sollte der Zahnarzt aufgesucht werden?

Ursachen

Die Eiterbildung bei einer Zahnwurzelentzündung ist immer ein Zeichen dafür, dass die Entzündung einen akuten Verlauf angenommen hat. Das bedeutet, dass sich die Entzündung rasch vermehrt und sehr potent ist. Es bildet sich Eitersekret. Durch die Entzündung reagiert unser Immunsystem und weiße Blutkörperchen erreichen vermehrt den Ort der Reaktion. Für die Entzündung verantwortliche Bakterien werden durch Granulozyten vernichtet und diese abgestorbenen Immunzellen verursachen die gelbliche Färbung des Eiters.

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Es werden durch die Vermehrung der Bakterienzellen immer mehr Granulozyten angelockt und verstoffwechselt – die Eiterschwellung wächst. Diese Eiterschwellung wird als Abszess bezeichnet. Ein Abszess beschreibt immer einen mit Eiter gefüllten, umkapselten Hohlraum.

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Dieses Wachstum wird bei wärmeren Temperaturen schneller erreicht, da Entzündungszellen sich bei Wärme besser und wesentlich schneller vermehren. Bei akuten Entzündungen entsteht Eiter. Bei Betroffenen, die unter einer Zahnwurzelentzündung leiden, bei denen sich allerdings dieses Sekret nicht bildet, liegt eine chronische Entzündung vor. Diese ist zwar nicht komplett inaktiv, hat aber nicht das Bestreben sich schnell zu vermehren. Der Prozess ist wesentlich langwieriger. Trotzdem kann aus jeder chronischen Entzündung eine akute werden, beispielsweise durch einen Temperaturanstieg. Der Übergang ist dabei fließend.

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Begleitende Symptome

Begleitend zu der Schwellung (Tumor) und dem Druckgefühl sind die typischen Zeichen einer Entzündung. Die Schwellung kann sich nach außen entwickeln, sodass sie sichtbar ist. Ist der Unterkiefer betroffen, kann dieser durch die Schwellung nicht mehr durchtastbar sein. Die Schwellung schmerzt („Dolor“), fühlt sich warm („Calor“) an und errötet(„Rubor“).

Weiterhin kann sie eine Funktionseinschränkung („Functio laesa“) des betroffenen Gebietes verursachen. Das kann bedeuten, dass der Patient starke Beschwerden beim Schluckvorgang entwickelt. Schlimmstenfalls verbreitet sich die Entzündung in den Rachenbereich und sorgt für Atemwegsbehinderungen.

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Der Patient hat das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen und kann dabei sogar ersticken. In diesem Fall ist Handlungsbereitschaft geboten. Der Betroffene muss sofort in zahnärztliche Behandlung, zur Not auch in die Notfallambulanz. Die Schwellung kann sich auch den Hals abwärts entwickeln und Richtung Herz wandern. Dieser Zustand ist akut lebensgefährlich.

Sofern sich keine Schwellung gebildet hat, kann die Entzündung auch einen sogenannten Fistelgang entwickeln, dieser fängt an dem Entzündungsort an und endet entweder innerhalb der Mundhöhle oder kann auch außerhalb der Mundhöhle enden. Die Entzündung sucht sich immer den Weg des geringsten Widerstands. Über den Fistelgang wird ständig Eiter abgegeben, weshalb sich kein Druck aufbaut. Der Ausgang des Fistelgangs selbst kann auch berührungsempfindlich sein.

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Therapie

Nach gestellter Diagnose betäubt der Zahnarzt das betroffene geschwollene Areal und versucht den Eiter abzulassen, damit sich der entstandene Druck abbaut und sich der so genannte Abszess entleert. Das erreicht der Zahnarzt durch einen Entlastungsschnitt, eine Inzision. Er schneidet unterhalb der Schwellung und der Eiter entleert sich sofort, sobald ein Zugang zum Abszess geschaffen ist.

In den Hohlraum wird ein Gaze-Streifen eingelegt, in den ein Medikament eingelegt ist. Dieser Streifen wird täglich beim Zahnarzt gewechselt, bis sich die Schwellung komplett zurückgebildet hat. Zusätzlich verschreibt der Zahnarzt parallel zur chirurgischen Therapie ein Antibiotikum, welches die Bakterien zerstören soll und den Körper schneller von der Infektion befreit.

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Weiterhin muss der Zahn, dessen Zahnwurzelentzündung den Abszess verursacht hat in den meisten Fällen gezogen werden (Zahnextraktion), sofern keine Wurzelkanalbehandlung mehr möglich ist. Nach Abheilen der Wunde kann die entstandene Zahnlücke dann prothetisch mit einer Brücke, einem Implantat oder einer Krone versorgt werden.

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Diagnose

Rein diagnostisch ist eine eitrige Zahnwurzelentzündung vielfach durch eine Schwellung erkennbar. Diese kann innerhalb oder außerhalb des Mundes manifestiert sein. Weiterhin verspürt der Patient ein starkes Druckgefühl, da sich durch die Vermehrung des Eitersekrets Weichteilgewebe verdrängt wird. AbTasten der betroffenen Region ist sehr schmerzhaft und sie errötet sich.

Der Zahnarzt erstellt von der betroffenen Region als diagnostisches Hilfsmittel ein Röntgenbild um den ursächlichen Zahn auszumachen.

Dauer

Die Dauer eines eitrigen Abszesses ist nicht pauschal zu kategorisieren. Es mag Fälle geben, in denen sich ein großer Abszess innerhalb von 1-3 Tagen bildet, in anderen benötigt er 2 Wochen um überhaupt für den Betroffenen spürbar zu sein. Das ist davon abhängig wie stark das eigene Immunsystem ist um sich gegen die Entzündungsreaktion zu wehren und wie potent die Bakterien sind. Weiterhin kann auch das Wetter eine Rolle spielen. Im kalten Winter wird sich eine Entzündung viel langsamer bilden als in den wärmeren Jahreszeiten.

Ein Abszess heilt nicht von selbst aus und bedarf immer der Behandlung eines Zahnarztes.

Hausmittel

Hausmittel können den Abszess definitiv nicht heilen oder zurückbilden, sie können lediglich die Symptome lindern und gegebenenfalls Zeit schaffen. Als Hausmittel zu nennen wäre dabei die Kühlkompresse. Das Kühlen der Schwellung ist sinnvoll, da sich durch wärme Bakterienzellen schneller vermehren und ausbreiten und die Kälte ein Milieu schaffen, das Bakterienzellen nicht bevorzugen. Die Schwellung wird durch regelmäßiges Kühlen, einmal pro Stunde für etwa 10 Minuten, nicht größer.

Dauerhaftes Kühlen kann allerdings auch schaden, da sich dadurch die Blutgefäße zusammenziehen und das Gebiet schlecht durchblutet wird. Der Körper reagiert dagegen und erhöht den Blutdruck, was den Körper erwärmt und den Bakterienzellen wieder ein zum Vermehren optimales Milieu schafft. Daher ist kontrolliertes Kühlen positiv, dauerhaftes allerdings kontraindiziert.

Tinkturen und Salben aus Nelke, Rosmarin und ähnlichen Kräutern können die Schmerzen durch die Schwellung des Zahnfleisches lindern, allerdings erreichen sie durch Applikation niemals den Entzündungsherd unterhalb der Wurzelspitze und sind daher nicht hilfreich.

Eitrige Zahnwurzelentzündung mit Zahnfleischbeteiligung

Bei Abszessbildung errötet das Zahnfleisch innerhalb der Mundhöhle und schwillt an. Es spannt, da sich der Eiter versucht auszubreiten und ist stark druckempfindlich. Bloßes Tasten mit einem Finger kann für den Betroffenen schon unerträgliche Schmerzen hervorrufen. Weiterhin kann bei Bildung eines Fistelgangs die Austrittspforte innerhalb der Mundhöhle am Zahnfleisch sein und dadurch ständig Eiter in die Mundhöhle abgegeben werden.

Dadurch bildet sich zwar kein Druck auf, allerdings ist die Absonderung für den Patienten durchaus unangenehm. Auch der Geschmack und Geruch der Mundhöhle kann sehr negativ sein, da die Bakterien, die die Blutzellen verstoffwechseln, Gase produzieren. Diese Gase sind mit dem Geruch von Fäulnis vergleichbar

Eitrige Zahnwurzelentzündung mit Nasenbeteiligung

Bildet sich ein Abszess durch einen Oberkieferzahn, kann dieser sich in der Nasenregion bilden. Dadurch kann es passieren, dass der Betroffene sehr schlecht bis gar keine Luft durch die Nase bekommt und auf die Mundatmung umsteigen muss. Weiterhin kann sich auch im Oberkiefer ein Fistelgang, der sich nach außen entwickelt und nahe der Nase oder direkt an der Nase endet bilden. Dadurch kann über den Nasenausführungsgang ebenfalls Eiter auslaufen, sodass es beim Nase schnäuzen sichtbar wird.

Die Nase kann dadurch stark berührungsempfindlich werden. Bei einem vorhandenen Fistelgang kann es durchaus sein, dass therapeutisch nicht nur der Zahn entfernt wird, sondern chirurgisch auch der Fistelgang mit entfernt wird, sofern die Gefahr besteht, dass dieser sich erneut infiziert. Bei Verbindung mit der Nase ist diese Gefahr gegeben, da durch die Nasenpforte immer wieder Bakterien aus der Luft aufgenommen werden.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 31.05.2017 - Letzte Änderung: 30.11.2022