Zahnwurzelentzündung in der Schwangerschaft

Einleitung

Während der Schwangerschaft werden Bänder und Gewebe des Körpers aufgelockert - so auch das Zahnfleisch.

So ist es keine Seltenheit, dass zu dieser Zeit Bakterien ein leichteres Spiel haben, eine Zahnwurzelentzündung hervorzurufen.

Natürlich ist man während der Schwangerschaft vor Allem um das Wohl des ungeborenen Kindes besorgt.

Was bedeutet es nun, wenn es heißt: Ihre Zahnwurzel hat sich entzündet? 

Eine Zahnwurzelentzündung ist eine Erkrankung, die sich durch starke entzündliche Prozesse im Bereich der Zahnwurzeln und der Zahnwurzelspitze bemerkbar macht.
Apikale Parodontitis ist das medizinische Fachwort für eine solche Entzündung der Zahnwurzel.

Im Allgemeinen werden die entzündlichen Prozesse durch einen starken Kariesbefall des Zahnes und Ausbreitung der verantwortlichen Bakterien provoziert. Der kariöse Defekt breitet sich von außen durch den Zahnschmelz ins Innere des Zahnbeins aus und bahnt sich auf diese Weise einen Weg in die Zahnwurzelhöhle. Sowohl das Zahnmark, als auch die darin enthaltenen Nervenfasern werden zunehmend gereizt und angegriffen. In Folge dessen entstehen die typischen entzündlichen Prozesse einer Zahnwurzelentzündung.

Kariöse Defekte bilden zwar die häufigste Ursache einer Zahnwurzelentzündung, doch auch tiefe Zahnfleischtaschen, die im Zuge einer Zahnfleischentzündung oder einer Entzündung des Zahnhalteapparates entstehen, oder auch Unfälle wie ein Sturz können ursächlich für das Auftreten einer solchen Erkrankung sein. Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass eine unregelmäßige durchgeführte oder mangelhafte Mundhygiene die Hauptursache für die Entstehung einer Zahnwurzelentzündung ist.

Bei den meisten Patienten ist das Auftreten von starken, stechenden Schmerzen das erste Symptom einer derartigen Erkrankung. Des Weiteren empfinden viele Patienten sowohl kalte, als auch heiße Getränke oder Speisen als zunehmend unangenehm. Auch süße Lebensmittel können zu einer Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik führen. Doch nicht jeder Patient beschreibt bei Vorliegen einer Zahnwurzelentzündung das Auftreten von Schmerzen.

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In diesen Fällen schreitet die Erkrankung bereits sehr weit fort, bevor sie überhaupt erkannt werden kann. Zudem zeigt sich eine, aus einer Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) entstandene Zahnwurzelentzündung durch starke Rötungen des um den Zahn liegenden Zahnfleischs. Außerdem stellt die Entstehung von Schwellungen im Bereich der Wangen („dicke Backe“) bei einer bestehenden Zahnwurzelbehandlung ein typisches Symptom dar. Diese Schwellungen entstehen durch Eiteransammlungen im umliegenden Gewebe und können einen immensen Umfang annehmen. Während der zahnärztlichen Behandlung lässt sich in den meisten Fällen eine starke Schmerzreaktion beim beklopfen des Zahnes feststellen (Klopfschmerz).

Zahnwurzelentzündung während der Schwangerschaft

Das Zahnfleisch liegt während der Schwangerschaft wesentlich lockerer um den Zahn. Aus diesem Grund können Bakterien leichter zwischen Zahn und Zahnfleisch in die Tiefe vordringen und im Ernstfall eine Zahnwurzelentzündung provozieren.

Deshalb ist es wichtig, gerade bei einer bestehenden Schwangerschaft besonderes Augenmerk auf eine sorgfältige Mundhygiene zu richten. Die Zähne müssen mindestens zweimal am Tag ordentlich mit der Zahnbürste gereinigt werden. Zudem empfiehlt es sich, einmal täglich Zeit in die Pflege der Zahnzwischenräume zu investieren. Die Borsten einer gewöhnlichen Zahnbürste vermögen es nämlich nicht, bis in die engen Zahnzwischenräume vorzudringen.
Aus diesem Grund sollten Zahnzwischenraumbürsten (Interdentalraumbürsten) und/ oder Zahnseide zur Anwendung kommen. Darüber hinaus können spezielle Mundspüllösungen dabei helfen die Bakterienzahl innerhalb der Mundhöhle zu reduzieren und somit der Entstehung einer Zahnwurzelentzündung vorzubeugen. Die Anwendung ist sowohl für die Mutter, als auch für das ungeborene Kind vollkommen bedenkenlos möglich. Um dem Risiko einer durch einen tiefen kariösen Defekt verursachten Zahnwurzelbehandlung während der Schwangerschaft vorzubeugen, sollte bei bestehendem Kinderwunsch noch vor der Empfängnis ein Kontrolltermin beim Zahnarzt wahrgenommen werden.

Von Karies befallene Zähne können so problemlos vor der Schwangerschaft behandelt werden. Sollte es jedoch während der Schwangerschaft zur Entstehung einer Zahnwurzelentzündung kommen, so kann und sollte die notwendige Behandlung nicht bis zu einem Zeitpunkt nach der Geburt aufgeschoben werden.
Eine solche Erkrankung muss dringend und zeitnah therapiert werden, denn die Risiken einer über einen langen Zeitraum bestehenden Entzündung der Zahnwurzel sind relativ hoch. Und auch die Schmerzen, die eine solche Erkrankung mit sich bringt, sind niemandem lange zuzumuten. Im Allgemeinen gilt, dass die Durchführung einer geeigneten Zahnbehandlung innerhalb des zweiten Schwangerschaftsdrittels am wenigsten Bedenken mit sich bringt. Diese Tatsache ist darin zu begründen, dass die Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt besonders stabil und das Risiko der Auslösung vorzeitiger, stressbedingter Wehen am geringsten ist.

Die Therapie einer Zahnwurzelentzündung findet auch während der Schwangerschaft unter lokaler Betäubung statt. Dem behandelnden Zahnarzt stehen dafür Wirkstoffe zur Verfügung, die für das ungeborene Kind besser verträglich sind als die gewöhnlichen Betäubungsmittel (zum Beispiel: Articain mit Adrenalin). Wichtig bei der Wahl des Anästhetikums ist der Adrenalingehalt des Präparates, denn dieser darf während der Schwangerschaft nicht zu hoch sein.
Wesentlich bedenklicher als die Betäubung des zu behandelnden Zahnes und die eigentliche Aushöhlung der Zahnwurzel sind die notwendigen Röntgenbilder. Diese sollten nur bei absoluter Notwendigkeit angefertigt werden, da sich Röntgenstrahlen generell schädigend auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes auswirken können. Aus diesem Grund wird der behandelnde Zahnarzt die Therapie im Regelfall ohne vorherige Röntgenaufnahme beginnen und den Zahn soweit präparieren, dass sich die entzündlichen Prozesse nicht weiter ausbreiten können und die Patientin schmerzfrei ist.
Die notwendige Wurzelfüllung und der Verschluss des Zahnes wird gegebenenfalls nur provisorisch durchgeführt. Um den betroffenen Zahn endgültig verschließen zu können, ist eigentlich eine sogenannte Röntgenkontrollaufnahme zur Kontrolle der Lage der Wurzelfüllung von Nöten.

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Welche Antibiotika sind erlaubt?

Nahezu alle Antibiotikagruppen erreichen beim Kind im Bauch eine so hohe Konzentration wie im Kreislauf der Mutter, weswegen eine Einnahme mit Vorsicht und Bedacht getätigt werden soll.

Generell gelten Penicilline sowohl in Schwangerschaft als auch in der Stillzeit als Antibiotikum der Wahl, weil sie die wirksamsten Ergebnisse zur Bekämpfung der Bakterien bei einer Zahnwurzelentzündung erzielen. Zu den Penicillinen zählen beispielsweise Amoxicillin und Ampicillin. Da allerdings immer häufiger Resistenzen gegen Penicilline oder gar Allergien vorherrschen, ist das Alternativantibiotikum in der Schwangerschaft Clavulansäure, welche zu den Betalactamase-Inhibitoren gehört, oder Cefuroxim, welches zu den Cephalosporinen gehört.

Fälschlicherweise wird von einigen Zahnärzten bei einer Zahnwurzelentzündung noch Clindamycin verschrieben, obwohl die Wirksamkeit in vielen Fällen nur mäßig zufriedenstellend ist und das Antibiotikum noch wenig durch Forschungen belegt ist. Daher sollte Clindamycin nur im Notfall verschrieben werden, sofern alle anderen Untergruppen nicht wirken oder eine Allergie vorherrscht.

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Kann das gefährlich für mein Kind werden?

Weder bei den Antibiotika der Wahl während der Schwangerschaft, den Penicillinuntergruppen noch bei der Clavulansäure oder Cefuroxim sind Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt aufgetreten. Diese Antibiotika gefährden nicht die Gesundheit von Mutter und Kind und können daher eingenommen werden.

Bei Clindamycin sind nur unzureichend Forschungsergebnisse vorhanden, weshalb es nur im Notfall eingenommen werden soll.

Lediglich bei der Gruppe der Makrolide wie Erythromycin, welches lange Jahre als Antibiotikum der Wahl galt, kamen im Tierversuch Fehlbildungen des Neugeborenen und Komplikationen während der Schwangerschaft zum Vorschein. Daher ist von Erythromycin streng abzuraten, um das Wohl des Kindes nicht zu gefährden.

Generell sollte allerdings beachtet werden, dass die ersten drei Monate der Schwangerschaft die empfindlichste Zeit ist, wo auch ein spontaner Abort, ein Tod des Kindes, auftreten kann. In dieser Zeit sollte von einer Antibiotikaeinnahme Abstand genommen werden und eher mit Hausmitteln gegen die Schmerzen vorgegangen werden. Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat gelten beide folgenden Phasen als relativ stabil, weshalb hier am ehesten eine Antibiotikaeinnahme stattfinden kann.

Hausmittel gegen die Schmerzen

Es gibt einige Mythen um Hausmittel, die bei einer Zahnwurzelentzündung Schmerzsymptome nachhaltig lindern sollen, von denen allerdings einige keinerlei positive Wirkung erzeugen. Besonders während der Schwangerschaft sind die werdenden Mütter besonders empfindlich, wenn es um das Ungeborene geht und versuchen sich an Hausmitteln, bevor sie Medikamente einnehmen.

Generell gelten Kräuter als beliebte Hausmittel bei Zahnbeschwerden. Nelke ist dabei seit Jahrhunderten Bestandteil in der Zahnmedizin und kann das geschwollene und entzündete Zahnfleisch um die Wurzelspitze beruhigen und Schmerzen lindern. Aufgrund dieser Wirkung ist Nelkenöl in vielen Materialien innerhalb der Zahnarztpraxis, wie Befestigungszementen und Salben, vorhanden.

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Weitere Kräuter, die als Tinkturen und Spülungen benutzt werden, sind Melisse, Pfefferminze, Kamille oder Johanniskraut.

Ein weiteres Hausmittel, das gerne verwendet wird, ist der Saft des Wirsings. Der Wirsing wird dabei abgekocht und Stoffumschläge eingetaucht und auf die betroffene Stelle in der Mundhöhle als Umschlag platziert.

Bei all den genannten Hausmitteln gilt keinerlei Gefährdung für Mutter und Kind, da die Substanzen den kindlichen Kreislauf gar nicht erst erreichen können, da sie nur lokal auf die betroffene Stelle appliziert werden. Selbst wenn sie das Kind innerhalb des Bauches erreichen würden, wären sie keinerlei Gefahr für das Ungeborene.

Trotzdem gibt es keinerlei Gewähr oder wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 06.06.2013 - Letzte Änderung: 30.11.2022