Kiefergelenksarthrose

Synonym

Kiefergelenkverschleiß

Einleitung

Die Kiefergelenkarthrose gehört zu den häufigsten in Deutschland auftretenden Erkrankungen im Bereich der Mundhöhle. Alleine in Deutschland geht man laut umfangreichen Studien von ungefähr 10 Millionen Patienten aus die ständig oder zumindest zeitweise an Kiefergelenksarthrose leiden.

Bei der Kiefergelenkarthrose handelt es sich um eine Verschleißerkrankung des Kiefergelenks, die in den meisten Fällen durch Fehlbelastungen und mechanische Abnutzung der aus Knorpelbestehenden Gelenkflächen hervorgerufen wird.

Das Risiko eine Kiefergelenkarthrose zu entwickeln steigt mit dem Alter, etwas jeder dritte ab einem Lebensalter von etwa 70 Jahren leidet zumindest unter einer vorübergehenden Form der Kiefergelenkarthrose. Neben dem Alter spielt aber auch eine mögliche genetische Vorbelastung oder schwere körperliche Arbeit eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung dieser Erkrankung.

Anatomie Kiefergelenk

Das Kiefergelenk (lat. Articulation temporo- mandibularis) stellt eine bewegliche Verbindung zwischen dem knöchernen Ober- (lat. Maxilla) und dem Unterkiefer (lat. Mandibula) dar.

Die Unterkiefergrube (lat. Fossa mandibularis) geht im Kiefergelenk einen direkten Kontakt mit dem Oberkieferkopf (Caput mandibulae) ein.
Innerhalb dieser Verbindung bildet der Oberkieferknochen den eher starren Bestandteil des Kiefergelenks, wohingegen der Unterkiefer frei beweglich in das Gelenk eingespannt ist. Diese beiden Strukturen werden lediglich durch den beweglichen Knorpelanteil (Diskus articularis) voneinander getrennt. Die Knorpelscheibe unterteilt das Kiefergelenk auf diese Weise in zwei funktionell unabhängige Anteile, den oberen und den unteren Gelenkspalt.

Der obere Teil des Gelenkes (oberer Gelenkspalt) ist für die Ausführung von Gleitbewegungen zuständig, Drehbewegungen werden hauptsächlich im Bereich des unteren Gelenkspaltes umgesetzt. Beim Kauvorgang oder dem Sprechen müssen diese beiden Bewegungsumfänge jedoch geschickt miteinander kombiniert werden.

Im Kiefergelenk können demzufolge auch sogenannte Dreh-Gleit- Bewegungen ausgeführt werden. Die untere Kiefergrube bildet eine Art Gelenkpfanne und wird nach vorne hin durch eine unter dem Namen Tuberculum articulare bekannte Struktur begrenzt. Die hintere Begrenzung bildet der sogenannte Processus retroarticularis.

Ursachen

Die Ursachen einer Kiefergelenkarthrose können vielfältig sein.
Bei vielen betroffenen Patienten führt der Verlust der Backenzähne über einen längeren Zeitraum zu Veränderungen der Knochenstruktur und zur Ausbildung einer Kiefergelenkarthrose. Grundlage dieses Phänomens ist die Tatsache, dass sich die „normalen“ Belastungsmuster der Knochenabschnitte nach Verlust der Backenzähne stark verschieben und aus diesem Grund Fehlbelastungen provoziert werden.
Darüber hinaus können derartige Fehlbelastungen der Kieferknochen ausgelöst werden durch:

Außerdem berichten viele betroffene Patienten davon, dass sie in besonders stressigen Situationen des Nachts mit den Zähnen knirschen.

In einigen Fällen kann das Auftreten einer Kiefergelenkarthrose durch das sogenannte CMD-Syndrom (Craniomandibuläre Dysfunktion) provoziert werden.
Beim CMD- Syndrom handelt es sich um eine ausgeprägte Fehlfunktion der Kiefergelenksanteile selbst. Ausgeprägte Zahnfehlstellungen, die nicht, nur unvollständig oder fehlerhaft kieferorthopädisch Behandelt wurden, sind der häufigster Auslöser einer Craniomandibuläre Dysfunktion, die letztendlich auch zur Entstehung einer Kiefergelenkarthrose führen kann.

Auch ein ausgeprägter Kariesbefall (vor allem im Bereich der Backen- und Vorbackenzähne) kann bei langzeitiger Unterlassung einer geeigneten Behandlung zur Entstehung einer Kiefergelenksarthrose führen.

Symptome

Im gleichen Ausmaß wie die Ursachen dieser Erkrankung können auch die Symptome einer Kiefergelenkarthrose vielfältige Formen annehmen.

Die vom betroffenen Patienten wahrgenommenen Symptome sind abhängig von:

  • zum Einen von der Ursache der Kiefergelenkarthrose und
  • zum Anderen von der Ausprägung der Erkrankung.

In den frühen Stadien der Kiefergelenkarthrose verspürt der Betroffene in der Regel milde bis starke Spannungsgefühle im Bereich der Kaumuskulatur und des Gelenkes selbst.

Auch das Auftreten von Rücken- und/ oder Nackenschmerzen kann als Begleitsymptom einen ersten Hinweis auf eine mögliche Erkrankung geben. Darüber hinaus kann es auf Grund der Verschleißerscheinungen der knorpeligen Gelenkanteile zur Verstärkung der Fehlbelastung der Kiefergelenke kommen.
Die Folgen sind unter anderem die Entstehung von Belüftungsstörungen des Innenohres und Ohrenschmerzen.

Vor allem beim:

  • Kauen,
  • beim Gähnen,
  • beim Sprechen und der Mundöffnung verspüren viele Patienten ein Ziehen.

Die Kiefergelenkarthrose kann bereits im frühen Stadium zu Schmerzempfindungen im Bereich des Kiefergelenks führen. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto intensiver werden die typischen Symptome vom Patienten wahrgenommen. Im Laufe der Zeit werden die Kieferöffnung und der Kieferschluss zunehmend eingeschränkt. Der Hauptteil der betroffenen Patienten berichtet bereits frühzeitig von dem Auftreten von knackenden und knirschenden Geräuschen während der Mundöffnung.
Lesen Sie weiter unter: Kiefersperre

Diagnose der Kiefergelenksarthrose

Die Diagnose einer Kiefergelenkarthrose findet in erster Linie auf Ebene der bildgebenden Verfahren statt.
Das bedeutet, dass zur sicheren Beurteilung des Gelenkzustandes eine Röntgenbild, dass sowohl den Kieferkochen und die darin eingelassenen Zähne, als auch das Kiefergelenk selbst vollständig abbildet, angefertigt werden muss.

In der Regel dient das sogenannte Orthopantomogramm (kurz: OPG) als maßgebliche Hilfe bei der Diagnosestellung der Kiefergelenkarthrose.
Darüber hinaus muss das um das Kiefergelenk gelegene Gewebe mit Hilfe von weiteren bildgebenden Verfahren beurteilt werden. Diese Notwendigkeit ist darin zu begründet, dass im Zuge einer Kiefergelenkarthrose typische Veränderungen im Bereich des Weichgewebes auftreten, die einen Hinweis auf das zu Grunde liegende Problem liefern können.

Unter Umständen veranlasst der behandelnde Arzt auch ein MRT des Kiefergelenks.

Therapie

Das es für die Entstehung einer Kiefergelenkarthrose verschiedene Ursachen gibt, richtet sich die Therapie dieser Erkrankung in erster Linie nach der Beseitigung der ursächlichen Problematik.

Im Zuge dessen steht die Ursachensuche bei einer optimalen Arthrose- Behandlung an erster Stelle. Sollten kariöse Defekte Grund für die Fehlbelastung der Kiefergelenke und der Ausbildung der Verschleißerscheinungen sein, so müssen diese zwingend entfernt und die betroffenen Zähne mit Füllungen versehen werden.

Bei Kiefergelenkarthrose- Patienten, die fehlerhafte, abgenutzte oder falsch angepasste Kronen, Brücken oder Zahnfüllungen aufweisen, müssen auch diese, um das Kiefergelenk langfristig zu entlasten, durch eine besser geeignete prothetische Versorgung ersetzt werden.

Für Patienten, die die Angewohnheit des stress- bedingten Zähneknirschens angeben, gilt es verschiedene Entspannungsübungen zu erlernen und regelmäßig anzuwenden.
Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei der Kiefergelenkarthrose um Verschleißerscheinungen handelt, die in aller Regel das Auftreten von entzündlichen Prozessen im Bereich der betroffenen Gelenke mit sich bringt. Aus diesem Grund ist neben der Ursachenbeseitigung auch eine entzündungshemmende Therapie angeraten.
Siehe unter: Knirscherschiene

Auch die allgemeine Reduktion von Stress ist für die effektive und vor allem langfristige Behandlung von Kiefergelenkarthrose essenziell. Dies hängt damit zusammen, dass übermäßiger Stress einen besonders negativen Einfluss auf den Organismus ausübt. Folge ist die vermehrte Bildung spezifischer Entzündungsfaktoren, welche die Kiefergelenkarthrose vorantreiben und die Symptomatik verschlimmern. Darüber hinaus führt die Anspannung im Zuge des Stresses bei vielen Patienten zu nächtlichem Zähneknirschen. Einige Betroffene berichten außerdem davon, dass sie auf emotionalen Stress mit dem Aufeinander- Pressen der Zahnreihen reagieren. Auch diese Angewohnheit führt zu einer vermehrten Fehlbelastung der Kiefergelenke.

Weiterhin kann eine Entspannung der Kaumuskulatur zur Reduktion der im Zuge einer Kiefergelenkarthrose auftretenden Schmerzen und Verspannungen beitragen. Aus diesem Grund kann die Anwendung von Akupunktur- Nadeln für betroffene Patienten sinnvoll sein.

Um die entzündlichen Prozesse im Bereich der Kiefergelenke entgegenzuwirken kann der Umstieg auf eine entzündungshemmende Ernährung notwendig werden. Vor allem

  • Fisch (beispielsweise Hering oder Makrelen),
  • Kräuter und Gewürze

können dabei helfen die Entzündungsreaktion des Organismus einzudämmen. Auf Weizen sollte bei Vorliegen einer Kiefergelenkarthrose weitestgehend verzichtet werden. Darüber hinaus können bestimmte Nahrungsmittel den Gelenkaufbau und somit die Regeneration der Kiefergelenke fördern. Patienten, die unter Kiefergelenkarthrose leiden sollten möglichst täglich eine ausreichende Menge an Nährstoffen zu sich nehmen.

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Kollagen- haltige Lebensmittel, sowie Ackerschachtelhalm fördern die Vernetzung von Kollagenfasern, dem Hauptbestandteil des Knorpels in den Kiefergelenken. Auch Glucosamin- und Chondroitinsulfat- haltige Nahrungsergänzungsmittel können dabei helfen den Gelenks- Knorpel zu regenerieren.

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Autor: Dr. N. Gumpert Veröffentlicht: 01.08.2013 - Letzte Änderung: 28.11.2022