Das Kiefergelenk

med.: Articulatio temperomandibularis

Einleitung

Für die Beweglichkeit des menschlichen Körpers sorgen die Gelenke. Sie verbinden einen oder mehrere Knochen miteinander. Je nach ihren Aufgaben unterscheiden wir zwischen:

  • Kugelgelenke
  • Scharniergelenke
  • Pfannengelenke
  • Gleitgelenke
  • Drehgelenke

Das Kiefergelenk (Articulatio temperomandibularis) ist ein Dreh- und Gleitgelenk. Die Gelenke haben einen komplizierten Aufbau und stellen an die Diagnostik und Therapie hohe Anforderungen.

Aufbau und Funktion des Kiefergelenks

Die Pfanne des Kiefergelenkes befindet sich dicht vor dem Gehörgang und ist mit dem Schläfenbein fest verbunden. Das Gegenstück bildet das Kieferköpfchen, einem Knochenfortsatz des Unterkiefers. Die Gelenkflächen sind, wie bei den anderen Gelenken auch, mit Knorpel überzogen. Das gesamte Gelenk ist von einer Gelenkkapsel umschlossen. Für die bessere Gleitfähigkeit sorgt eine dickflüssige Gelenkflüssigkeit. Zwischen den beiden Gelenkflächen befindet sich eine Knorpelscheibe, die das Gelenk in eine obere und eine untere Hälfte teilt. Beim Bewegen des Kiefers kann man das Gelenk vor dem Ohr gut ertasten.

Die beiden Kiefergelenke verbinden Ober- und Unterkiefer miteinander. Bei aufeinander liegenden Zahnreihen bei geschlossenem Mund sollen die Gelenkköpfe zentral in der Gelenkpfanne liegen. Jede Abweichung von dieser Stellung wird vom Gelenk registriert und versucht auszugleichen. Das führt zu einer einseitigen Belastung mit Kiefergelenkschmerzen. Die Ursachen müssen beseitigt werden. Die Kiefergelenke gewährleisten das Öffnen und Schließen der Mundhöhle. Durch ihre Drehbeweglichkeit ermöglichen sie das Zermahlen der Speisen. Außerdem sind sie beim Sprechen und Schlucken beteiligt.

Anatomie des Kiefergelenks

Die Anatomie des Kiefers im menschlichen Körper ist so beschaffen, dass eine optimale Nahrungsaufnahme möglich ist. Bestandteile sind Oberkiefer und Unterkiefer, die kaum miteinander vergleichbar sind, da sie strukturell so unterschiedlich aufgebaut sind.

  • Der Oberkieferknochen hat eine lockere, wabenförmige Struktur während der Unterkieferknochen wesentlich dichter beschaffen ist. Beide Kiefer dienen der Befestigung der Zahnreihen. Im Oberkiefer liegen die Wurzeln der Zähne nahe oder teilweise sogar in den beiden Kieferhöhlen. Der Oberkiefer ist mit der knöchernen Gaumenplatte, den Kieferhöhlen, dem Nasenbein und dem Jochbein fest verwachsen. 
  • Im Unterkiefer liegt ein Kanal, der Blutgefäße und Nerven beinhaltet, der die gesamten Unterkieferzähne innerviert und mit Nährstoffen versorgt. Der Unterkiefer ist beweglich und über das Kiefergelenk mit dem Schädel verbunden, während der Oberkiefer fester Bestandteil des Schädelknochens ist und sich nicht bewegen lässt.

Abbildung Oberkiefer

  1. Oberkiefer -
    Maxilla
  2. Jochbein -
    Os zygomaticum
  3. Nasenbein -
    Os nasale
  4. Tränenbein -
    Os lacrimale
  5. Stirnbein -
    Os frontale
  6. Unterkiefer -
    Mandibula
  7. Augenhöhle -
    Orbita
  8. Nasenhöhle -
    Cavitas nasi
  9. Oberkiefer, Alveolarfortsatz -
    Processus alveolaris
  10. Oberkieferarterie -
    Arteria maxillaris
  11. Unteraugenhöhlenloch -
    Foramen infraorbitale
  12. Pflugscharbein - Vomer

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Abbildung Unterkiefer

  1. Unterkiefer - Mandibula
  2. Kronenfortsatz -
    Processus coronoideus
  3. Unterkieferrast -
    Ramus mandibulae
  4. Unterkieferwinkel -
    Angulus mandibulae
  5. Oberkiefer - Maxilla
  6. Jochbein - Os zygomaticum
  7. Jochbogen -
    Arcus zygomaticus
  8. Kiefergelenk -
    Articulatio temporomandibularis
  9. Äußerer Gehörgang -
    Meatus acusticus externus
  10. Schläfenbein - Os temporale
  11. Stirnbein - Os frontale
  12. Kinnloch - Foramen mentale
  13. Augenhöhle - Orbita
  14. Oberkiefer, Alveolarfortsatz -
    Processus alveolaris

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Kiefermuskulatur

Die Kiefermuskeln oder Kaumuskeln genannt stellen eine Muskelgruppe dar, die jegliche Bewegungen und Funktionen des Kiefers sowie des Gelenks ermöglichen. Zu den Kaumuskeln zählen vier verschiedene Muskeln, die alle unterschiedliche Funktionen haben und auf beiden Kieferseiten jeweils einmal vorhanden sind.
Der einzige davon, der für die Mundöffnung zuständig ist, ist der Musculus pterygoideus lateralis. Bei gleichzeitiger Anspannung dieses Muskels auf beiden Seiten wird der Kiefer nach vorne geführt, was die Mundöffnung einleitet. Für den Kieferschluss sind dagegen alle anderen drei Muskeln gemeinsam zuständig. Der Musculus masseter, der Musculus pterygoideus medialis, sowie der Musculus temporalis.
Mithilfe dieser Muskeln kann der Kiefer wahnsinnige Kräfte ausüben, dabei ist es nicht selten, dass Kräfte von über 100kg/Kubikzentimeter entstehen können. 

Lesen Sie mehr unter: Kiefermuskeln

Welche Beschwerden können am Kiefergelenk auftreten?

Als Beschwerden bei Kiefergelenkserkrankungen dominieren drei Symptome:

  1. Schmerzen
  2. Kiefergelenkknacken und
  3. Bewegungseinschränkungen.

Bei einer Kiefergelenkentzündung und Arthrose bestimmen die Schmerzen das Bild. Die Schmerzen können sich nicht nur auf das Kiefergelenk beschränken, sondern auch ausstrahlen. Kieferklemme und Kiefersperre machen sich durch die Unmöglichkeit den Mund zu öffnen oder zu schließen bemerkbar. Am häufigsten macht sich ein Kiefergelenkknacken bemerkbar, das, wenn kein Deckbiss vorhanden ist, weitere diagnostische Maßnahmen erfordert.

Erkrankungen am Kiefer

  • Cranio- Mandibuläre- Dysfunktion (CMD)
  • Kieferfehlstellungen
  • Tumore des Kieferknochens
  • Tumore des Gelenkknorpels   
  • Ankylose des Kiefergelenks
  • Arthrose des Kiefergelenks
  • Kondyläre Hyperplasie des Unterkiefers
  • Kiefernekrosen
  • Kieferzysten
  • Kieferbrüche

Kiefergelenkentzündung

Eine Entzündung in den Gelenken nennt man Arthritis. Die Ursache dafür kann auf viele Faktoren zurückgeführt werden. Mit die häufigste ist das Entstehen einer Entzündung aufgrund einer dauerhaften Fehlbelastung, wie das nächtliche Knirschen. Das Kiefergelenk hat dabei nicht genug Zeit sich zu erholen und wird dauerhaft stark belastet.

Auch bei einer falschen Verzahnung kann sich das Gelenk entzünden. Schuld daran können Lücken im Gebiss sein oder eine nicht gut angepasste prothetische Versorgung, wie Kronen, Brücken oder Prothesen. Ist eine Krone zu hoch angefertigt worden, hat die eine Seite im Gelenk früher Kontakt als die andere und das Gelenk wird falsch belastet. Dies kann auch ein Auslöser für Knirschen sein. Bei den vielen Bewegungen die wir am Tag damit ausführen, ist eine Entzündung eine normale Folgeerscheinung. Des Weiteren ist eine Entzündung möglich, wenn es zu traumatischen Schädigungen im Gebiss kam, wie nach einem Unfall oder einer Operation.
Die Symptomatik einer Kiefergelenksentzündung reicht von Schmerzen, über Knacken bis hin zu Ohren- und Kopfschmerzen. Die Schmerzen können so stark werden, dass die Nahrungsaufnahme nur noch erschwert möglich ist. Das Gewebe, wie der Knochen, beginnt sich abzunutzen und sich zu verdicken. Auch eine Flüssigkeitsansammlung kommt vor. Das Kiefergelenk wird mehr und mehr zerstört.
Die Behandlungsmaßnahmen richten sich nach dem jeweiligen Zustand des Gelenks. Man möchte aber so wenig invasiv wie möglich vorgehen, sodass Medikamente verschrieben werden, eine Schiene angefertigt und eine physiotherapeutische Behandlung eingeleitet wird.

Lesen Sie mehr zum Thema: Kiefergelenkentzündung

Kiefergelenkknacken

Das Kiefergelenkknacken gehört mit zu den häufigsten Auffälligkeiten im Bereich der Mundhöhle. Meist geht es einher mit Kiefergelenksschmerzen, Ohr- und Kopfschmerzen, sowie Verspannungen. Das Knacken ist ein Symptom, das verdeutlicht, dass mit dem Kiefergelenk etwas nicht stimmt. So können die Ursachen für das Kiefergelenkknacken breit gefächert sein.

Es kann durch nächtliches Knirschen entstehen oder auch durch Fehlstellungen im Gebiss und einer dadurch andauernden Fehlbelastung des Gelenks. Durch den Durchbruch der Weisheitszähne, kann es zu Engstellungen im Gebiss kommen, sodass sich die vorhandenen Zähne verschieben. Dadurch ist die normale Okklusion nicht mehr gegeben und das Kiefergelenk kann falsch belastet werden. Aber auch eine Lücke im Gebiss oder eine falsche prothetische Versorgung sind mögliche Auslöser.

Bei ungleichmäßigen Zahnstellungen oder Überhöhungen einzelner Zähne/ Zahn kommt es zu einseitiger Überlastung und zu Schmerzen im Gelenk. Arthritische Entzündungen oder Arthrose können auch, wie bei anderen Gelenken, das Kiefergelenk erfassen. Nicht selten kommen die Patienten und berichten, dass das Kiefergelenk beim Öffnen und Schließen knackt. Die Ursache liegt meistens in einem Deckbiss, bei dem die oberen Frontzähne zu steil und tief über den unteren Zähnen stehen. Dadurch hat der Unterkiefer wenig Bewegungsfreiheit, und es kommt zum Kiefergelenkknacken.

Die Craniomandibuläre Dysfunktion äußert sich meist im Kiefergelenkknacken, genauso wie eine Kiefergelenksentzündung. Kommt es durch die eben genannten Ursachen zu einer Fehlbelastung, verschleißt unter anderem der Discus articularis, sodass dieser nicht mehr korrekt fixiert ist. Führt man nun Bewegungen durch, folgt er nicht physiologisch dem Kiefergelenksköpfchen, sondern springt vor ihn oder auf ihn. Dieses Springen wird von uns als Knacken wahrgenommen. Neben diesen Faktoren, können auch bakterielle oder virale Infekte das Kiefergelenk befallen.
Durch eine Verlagerung der Zwischenknorpelscheibe kann ebenfalls Kieferknacken entstehen. Rutscht das Kieferköpfchen aus der Pfanne, kommt es zur Kiefersperre, d.h. der Patient kann den Mund nicht mehr schließen. Dies ist meist Folge einer übermäßigen Öffnung des Mundes beim Gähnen. Das Gegenteil tritt ein, wenn zum Beispiel durch Entzündungen oder Schwellungen im hinteren Zahnbereich der Mund sich nicht mehr öffnen lässt. Hierbei handelt es sich um eine Kieferklemme. Diese kann Folge eines erschwerten Durchbruchs des Weisheitszahnes sein, oder von entzündlichen Schwellungen nach einer operativen Entfernung des Weisheitszahnes.

Zur Therapie werden meist Schienen eingesetzt, die in der Nacht das Knirschen verhindern oder einen korrekten Aufbiss ermöglichen, wodurch die Fehlbelastung unterbunden wird. Eine Physiotherapie wird zusätzlich durchgeführt, wenn größere Probleme vorliegen. Eine individuelle Diagnose und darauf abgestimmte Behandlung ist bei jedem Patienten aber notwendig.

Kiefergelenksarthrose

Im Allgemeinen ist eine Kiefergelenksarthrose eine Verschleißerkrankung, die mit einer Kniegelenks- oder einer Hüftgelenksarthrose vergleichbar ist. All diese Erkrankungen treten in einem fortgeschrittenen Alter auf (ab dem 60. Lebensjahr) und ursächlich dafür ist eine Abnutzung der Gelenke. Der Knorpel, der das Gelenk dämpft, wird mit den Jahren dünner und enthält weniger Wasseranteil, was ihn rissig werden lässt.

Darüber hinaus ist die Kiefergelenksarthrose eine durch Verschleiß und abnorme Bewegungen eingeleiteter Knochenabbau. Diese Abnutzung kann zu Bewegungseinschränkungen und starken Beschwerden bei jeglicher Bewegung führen.
Anders als bei Hüftgelenks- und Kniegelenkbeschwerden, ist der Ersatz des Gelenks bei dem Kiefergelenk noch lange nicht so etabliert. Das liegt daran, dass das Kiefergelenk wesentlich komplexer, da es kein reines Dreh- oder Gleitgelenk ist, sondern beides zugleich. Die individuell angefertigten Ersatzgelenke können noch nicht hundertprozentig alle Funktionen wiedergeben, weshalb eine Kiefergelenksarthrose oft erst konservativ behandelt wird. Es wird versucht, mit minimal Invasiven Operationstechniken das Kiefergelenk zu spülen und so Verspannungen zu lösen. Auch Therapieansätze mit Botox finden immer mehr Beliebtheit um die Beschwerden zu lindern.

Kieferbruch

Der Kieferbruch stellt eine Verletzung eines Kiefers dar (Oberkiefer oder Unterkiefer), die mit Knochenbrüchen an anderen Skelettknochen vergleichbar ist. Diese Brüche können durch einen Unfall, aber auch nach einer operativen Zahnentfernung oder eine Erkrankung wie beispielsweise einem Tumor oder einer Zyste entstehen.

Durch seine anatomische Struktur weist der Unterkieferknochen einige Stellen auf, die schnell brechen können und an denen auch überwiegend Kieferbrüche entstehen. Dazu zählt der aufsteigende Ast zum Kiefergelenkkopf hin, der eine Schwachstelle darstellt. Auch die Region unter dem jeweiligen Eckzahn ist eine solche Stelle, da durch die Länge der Eckzahnwurzel die Knochendicke hier wesentlich dünner ist, als an anderen Stellen. Bei einer Weisheitszahnoperation muss oft dieser aus dem Knochenfach gefräst werden was eine dünne Knochenschicht hinterlässt.

Isst der Patient zu früh sehr harte Nahrungsmittel, kann der Kiefer an der Stelle nachgeben und brechen. Auch Tumore oder Zysten können den Knochen so schwächen, dass er an dortigen brechen kann. Ist der Bruch verschoben oder getrümmert, muss dieser operativ durch kleine Platten und Schrauben fixiert werden (Osteosyntheseplatten). Diese aus Titan bestehenden Hilfsmittel hindern die Bruchstücke zu rotieren und halten sie starr, sodass der Knochen sich regenerieren kann. Die Heilung ist meist nach sechs bis acht Wochen erreicht.

Kiefer ausgerenkt

Bei extremen Bewegungen des Kiefers kann der Gelenkkopf sich vor dem Gelenkhöcker verhaken und somit ausgerenkt werden. Man spricht bei einer kompletten Ausrenkung von einer Luxation oder Dislokation bei einer Teilausrenkung hingegen von einer Subluxation. Zu diesen übermäßigen Bewegungen zählt zum Beispiel das Öffnen des Mundes beim Gähnen oder Erbrechen.

Die Patienten können bei einer kompletten Ausrenkung den Mund nicht mehr schließen. Der Unterkiefer muss zunächst eingerenkt werden, damit der Kieferschluss wieder gewährleistet ist. Diese Behandlung vollzieht der Arzt mit dem so genannten Hippokrates- Handgriff. Beim Einrenken muss der Unterkiefer zuerst nach abwärts und dann kombiniert nach hinten gedrückt werden, um den Gelenkkopf des Kiefergelenks unter dem Gelenkhöcker, indem er verhakt ist, vorbeizuführen und die physiologische Stellung des Kopfes in der Gelenkgrube wiederherzustellen. Die Behandlung des Einrenkens ist ein Akt von einigen Sekunden, die kurzzeitig schmerzen kann. In der Regel wird allerdings keine Anästhesie für diesen Eingriff verwendet.

Nach dem Einrenken sind alle Funktionen des Kiefergelenks in der Regel wiederhergestellt und jegliche Bewegung kann wieder ausgeübt werden. Sind nach dem Einrenken weiterhin starke Beschwerden vorhanden, kann eine Verletzung des Band- und Muskulaturapparates oder des Knorpels die Ursache dafür sein. Bei anhaltenden Schmerzen auch nach mehreren Wochen ist es ratsam den Zahnarzt aufzusuchen, der ein DVT anfertigt um die Ursache der Kiefergelenksproblematik herauszufinden und dann folglich zu therapieren.

Lesen Sie mehr zu dem Thema: Ausgerenkter Kiefer

Kieferfehlstellung

Eine Kieferfehlstellung zählt zu dem Begriff der Dysgnathien, was bedeutet, dass die normale Kiefer- und Zahnstellung verändert ist. Dabei wird unterteilt, ob die Fehlstellung eine skelettalen, also einen knöchernen, oder einen dentalen Ursprung hat, der die Zähne betrifft. Zu den skelettalen Dysgnathien zählen beispielweise ein zu kleiner oder zu großer Oberkiefer oder Unterkiefer.
Ein Beispielfall ist ein hervorstehender Unterkiefer, der den Oberkiefer an seinem Wachstum hindert.
Auch eine Lippen- Kiefer- Gaumenspalte zählt zu dieser Gruppe. Die Fehlstellungen, die die Zähne betreffen, stellen meist eine schlechte Verzahnung dar, die den Betroffenen nachteilig zubeißen und kauen lässt. Dazu zählen beispielsweise offene Bisse oder Kreuzbisse. Beide Gruppierungen der Fehlstellungen werden durch den Kieferorthopäden oder in Kombination mit dem Mund- Kiefer- Gesichtschirurgen behandelt.

Was ist eine Kieferzyste?

Eine Zyste ist per Definition ein mit Epithelzellen ausgekleideter Hohlraum, die Ausbreitungstendenzen aufweisen. In diesem Hohlraum befindet sich Flüssigkeit, die durch den osmotischen Druck aus dem umliegenden Gewebe immer mehr Flüssigkeit an sich zieht. Eine Kieferzyste tritt meist im Unterkiefer auf und kann verschiedene Formen annehmen.

Man spricht von einer radikulären Zyste, wenn diese um die Wurzel herum entsteht, welche die wohl häufigste Zystenart ist. Weiterhin entstehen Zysten gerne um verlagerte Weisheitszähne. Generell breiten sich Zysten meist symptomlos aus, sofern sie nicht auf Nervgewebe drücken, sodass der Patient ein schmerzendes oder taubes Gefühl hat. Wird eine Zyste diagnostiziert muss sie operativ entfernt werden.

Die zwei operativen Methoden dabei sind die Zystektomie und die Zystostomie. Bei der Zystostomie wird die Flüssigkeit aus dem Hohlraum durch einen Zugang gelassen, bei der Zystektomie wird auch der komplette „Zystensack“ mitentfernt. Nach der operativen Behandlung der Zyste besteht für den Patienten immer ein gewisses Risiko, dass sich an der gleichen Stelle erneut eine Zyste bildet.

Kieferklemme

Die Kieferklemme ist eine Symptomatik mit vielen verschiedenen potenziellen Ursachen. Sie wirkt sich insofern aus, dass der Betroffene den Mund nicht mehr öffnen kann.

  • Eine Ursache dafür kann eine Verkrampfung der Kaumuskulatur sein. In diesem Fall spricht man von einem Trismus.
  • Weiterhin kann auch eine Narbe, eine Veränderung des Kiefergelenks, oder der Speicheldrüsen eine Kieferklemme bedingen.
  • Auch ein Bruch der knöchernen Strukturen des Schädels wie des Jochbeins können eine Kieferklemme auslösen und die Mundöffnung verhindern.
  • Wird bei einer zahnmedizinischen Behandlung eine betäubt, kann durch den Stich der Spritze auch der Muskel verletzt werden und einen blauen Fleck bilden. Dieses „Hämatom“ kann ebenfalls eine Kieferklemme auslösen.

Die Kieferklemme kann auf einer Seite oder auf beiden auftreten.
Therapeutisch werden oft muskelrelaxierende Medikamente verschrieben, die Verspannungen des Muskels lösen. Physiotherapie und massierende eigenständige Übungen können ebenfalls die Symptome lindern.
Bei Brüchen oder anderen Ursachen, verschwindet die Kieferklemme mit dem Behandeln der eigentlichen Ursache, beispielsweise bei der operativen Fixierung des Jochbeinbruchs.

Kiefersperre

Die Kiefersperre ist das komplette Gegenteil der Kieferklemme. Bei der Kiefersperre ist der Kieferschluss beeinträchtigt und eingeschränkt und der Mund des Betroffenen steht offen. Mögliche Ursachen dafür können Kieferbrüche darstellen, die die Funktionen des Kiefers behindern. Werden diese operativ fixiert und durch Platten und Schrauben gefestigt, verschwinden auch die Symptome.

Weiterhin ist das Herausspringen des Kieferkopfs aus der Gelenkpfanne ebenfalls ein Grund für einen offenstehenden Mund. Bei dieser Kieferluxation verschwinden die Symptome mit dem Einrenken des Kiefergelenks. Nach kurzzeitiger Ruhestellung sind alle Funktionen des Kiefers wiederhergestellt.
Entzündungen des Kiefergelenks oder Verschleißerkrankungen wie eine Kiefergelenksarthrose sind ebenfalls mögliche Ursachen einer Kiefersperre. Nach Ausheilen der Entzündung und therapierter Arthrose, verschwinden auch in diesen Fällen die Symptome meist vollständig und der Kieferschluss kann wieder regelrecht vollzogen werden.

Siehe auch unter: Kiefersperre

Kiefergelenkschmerzen

Neben den Zähnen oder dem Zahnfleisch, ist es häufig das Kiefergelenk, das Schmerzen verursachen kann. Durch die vielen Bewegungen, die es am Tag ausführt, kann ein Schmerz am Kiefergelenk den Alltag einschränken. Kauen, Sprechen oder nur Schlucken können zur Qual werden. Die Ursachen für diese Schmerzen lassen sich auf viele Möglichkeiten zurückführen.

Vom Patienten ist darauf zu achten, wann sie auftreten, zum Beispiel eher am Morgen oder nach dem Essen. Ist der Schmerz nur phasenweise vorhanden oder doch dauerhaft. Brusixmus kann eine mögliche Ursache sein. Dies ist ein Pressen oder Aufeinanderknirschen der Zähne, was meist unbemerkt und in der Nacht passiert. Ausgelöst wird es entweder durch nicht korrekt sitzenden Zahnersatz oder durch seelisches Leiden und einer starken Stressbelastung. Nach dem Aufstehen wirkt der Kiefer verspannt und Schmerzen treten auf. Auch die Muskeln werden überbelastet, fühlen sich starr und verspannt an.

Bakterien sind häufig für Schmerzen im Mundraum verantwortlich. Diese können auch Schmerzen im Kiefergelenk auslösen. Bakterien arbeiten sich immer weiter durch das Gewebe, greifen den Kieferknochen an und können so auch auf das Gelenk übergreifen. Dabei ist auch zu beachten, dass es durch die systematische Zerstörung zu Fehlbelastungen innerhalb des Kauorgans kommt, zum Beispiel durch das Fehlen eines Zahnes, wodurch die anderen Zähne beginnen zu wandern.

So zeigt sich auch eine weitere Ursache für Schmerzen im Kiefergelenk, nämlich die Fehlbelastung. Diese kann entweder natürlich bedingt sein, durch Wanderung und Kippung von Zähnen oder durch das Durchbrechen der Weisheitszähne. Schuld können aber auch nicht gut sitzende prothetische Versorgungen sein, wie eine zu hohe/tiefe Krone, unkorrekte Brücken oder nicht passende Prothesen. Das Kiefergelenk wird dadurch dauerhaft falsch belastet und äußert sich durch Schmerzen.
Dies führt häufig zur sogenannten Craniomandibulären Dysfunktion. Dies ist die Fehlfunktion aller Kieferanteile, wie Muskeln, Knochen und Gewebe. Eine dauerhafte Fehl- oder Falschbelastung kann, wie in jedem anderen Gelenk, auch im Kiefergelenk zur Arthritis führen, was ebenfalls sehr unangenehme Schmerzen verursachen kann. Bei Nichtbehandlung kann sich die Arthritis in eine Arthrose fortsetzen und zu dauerhaften Schäden führen.

Ursache an den Kiefergelenksschmerzen können des weiteren allgemeine Verspannungen, besonders in der Wirbelsäule, sein oder eine dauerhafte Fehlbelastung und falsche Körperhaltung. Erkältungsbedingte Schmerzen im Gesichtsbereich können bis in das Gelenk ausstrahlen. Begleiterscheinungen der Kiefergelenkssprobleme sind meist Kopf-, Nacken- und Ohrenschmerzen.

Lesen Sie mehr zum Thema: Kiefergelenkschmerzen und Schmerzen in Kiefer und Ohr

Therapie gegen Kiefergelenksschmerzen

Die einfachste Therapie ist eine Wärmebehandlung. Sie reicht aber oftmals nicht aus. Bei ungleichmäßiger Belastung infolge Höhenunterschiede einzelner Zähne müssen die Zähne eingeschliffen werden. Bei stressbedingtem Knirschen, das zu einer Überbelastung des Kiefergelenks und der Kaumuskulatur geführt hat, kann eine Aufbissschiene Abhilfe schaffen. Handelt es sich um Knorpelschäden , ist eine Operation notwendig. In den meisten Fällen genügt die Beseitigung der störenden Knorpelpartikel oder der Glättung des ausgefransten Knorpels mittels Arthroskopie, einem minimal invasiven Eingriff. Die Kieferklemme verschwindet mit dem Abklingen der Kiefergelenkentzündung. Die Kiefersperre wird durch Reposition des herausgesprungenen Kieferköpfchens beseitigt.

Wie kann ich den Kiefer entspannen?

Der Großteil der Therapien zielt daraufhin das Kiefergelenk, die Zähne und die Muskulatur zu entspannen. Da der Komplex des Kiefers eng mit den umliegenden Weichgeweben zusammenarbeitet, kann nicht gleich kategorisiert werden, wo das Problem liegt. In der Regel wird für die Nacht eine Kunststoffschiene erstellt, die den Kontakt der Zähne und das Pressen des Kiefers verhindert. Dadurch kann sich der Kiefer, die Kaumuskulatur und das Gelenk relaxieren.

Durch äußere Massagebewegungen lassen sich zusätzlich Verspannungen und Knoten der Muskulatur und Weichgewebe lösen, die auch den Kiefer entspannen. Weiterhin können gezielte Übungen ebenfalls für Entspannung sorgen.
Eine Übung stellt dar, den Unterkiefer gegen einen leicht ausübenden Druck der Hände zu öffnen, diese Anspannung 15 Sekunden zu halten und dann zu lösen. Diese gezielte Mundöffnung sollte 10malig wiederholt werden und trainiert bei regelmäßiger Ausübung die Weichgewebe. Dadurch kann nachhaltig eine Entspannung des Kiefers ausgelöst werden.

Übungen zum Entspannen des Kiefergelenks

Um das Kiefergelenk etwas zu entspannen, können verschiedene Übungen durchgeführt werden. Besonders häufig sind die Muskeln sehr starr und fest und können durch einfache Dehn- und Entspannungsübungen etwas gelockert werden. Dies setzt auch ein wachsames Auge des Patienten voraus, der sich selber kontrolliert und merkt, dass im Moment das Kiefergelenk sehr verspannt ist und eine Übung Abhilfe schaffen kann, wie vielleicht nach einem stressigen Tag im Büro oder einer Klausur.
Wichtig ist es, bei den meisten Übungen aufrecht und gerade zu sitzen und die Augen zu schließen, um sich zu entspannen und ganz auf die Übungen konzentrieren zu können. Man konzentriert sich auf die Verspannung und auf die Bewegungen, atmet tief und forciert ein. Die Muskeln im Kieferbereich von außen zu massieren kann ein Einstieg sein.

Man beginnt damit, den Mund langsam und gleichmäßig zu öffnen, ruhig und tief einzuatmen und in geöffneter Position den Unterkiefer leicht nach rechts oder links zu bewegen, bis sich die Verspannung beginnt zu lockern. Dabei beobachtet man, wie leichtgängig die Bewegungen sind, ob viel Kraft aufgewendet werden muss und ob es beginnt, sich wieder flüssiger zu bewegen. Geht es zu Beginn etwas schwerfälliger, hält man die Mundbewegungen klein, lässt sie wirken und öffnet Stück für Stück den Mund ein wenig mehr. Als nächstes kann man beim Öffnen die Zunge leicht heraus strecken. Des Weiteren ist es möglich, jeweils den Zeige- und Mittelfinger an das Kiefergelenk zulegen, den Kopf leicht zu neigen, die Schultern dabei gesenkt zu halten, die Finger auf der Position zu belassen und optional kurz zu massieren. Wichtig ist dabei aber weniger das Massieren, sondern das Fühlen der Entspannung. Der Unterkiefer bleibt dabei ganz locker. Anschließend klappert man ganz leicht und sanft mit den Zähnen und lässt die Entspannung durch den ganzen Kopf fließen. Hat sich die Entspannung auf den Kopf ausgebreitet, hilft es bei ruhiger Atmung die Schläfen leicht zu massieren und den Kopf im nächsten Schritt leicht zu kreisen.

Neben Entspannungsübungen, gibt es auch Übungen, die die Muskulatur stärken, sowie die Sauerstoffversorgung und die Durchblutung anregen. Dazu zählt eine Übung, bei der man den Daumen von unten außen an die Kinnmitte legt, den Mund öffnet, aber dabei leicht mit dem Daumen dagegen drückt und es in geöffneter Position für 3-6 Sekunden lang hält. Dies kann man 2-5-mal wiederholen. Zur Entspannung und Dehnung kann eine Übung angewandt werden, bei der man mit der einen Hand den Daumen an die oberen Schneidezähne drückt und mit der anderen Hand den Zeige- und Mittelfinger auf die Unterkieferfrontzähne legt. Nun öffnet man den Mund und drückt leicht mit den Fingern. Es sollte aber angenehm und schmerzfrei sein. Damit dehnt man die Muskulatur und genießt den Entspannungseffekt.

Diagnostische Maßnahmen für das Kiefergelenk

Da Kiefergelenkschmerzen vielerlei Ursachen haben können, ist eine umfassende Untersuchung notwendig. Dabei geben die Aussagen des Patienten über Art, Dauer und Intensität der Beschwerden erste Hinweise auf die Ursache. Es folgt eine Inspektion der Mundhöhle, um eventuelle Unregelmäßigkeiten der Zahnstellung festzustellen. Eine Röntgenaufnahme kann Schäden innerhalb des Gelenks aufdecken.

Zusammenfassung

Das Kiefergelenk ist ein Gleit- und Drehgelenk, das den Ober- mit dem Unterkiefer verbindet. Kiefergelenkserkrankungen können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Deshalb ist die Diagnose oft erschwert. Die Therapie richtet sich nach den Ursachen und kann deshalb auch sehr unterschiedlich sein. Sie reicht von der Wärmetherapie bis zu operativen Eingriffen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.05.2010 - Letzte Änderung: 02.08.2022