Fehlbildungen der Niere

Einleitung

Die Niere ist ein komplexes Organ mit vielen wichtigen Aufgaben für den menschlichen Körper. Sie hilft als Ausscheidungsorgan unwichtige oder gar schädliche Substanzen des Körpers loszuwerden, hält den Wasserhaushalt im Gleichgewicht, ist wichtige Mitwirkende in der Blutruckeinstellung und sorgt dafür, dass unser Mineralienhaushalt und das Säure-Basen-Gleichgewicht stimmen. Um alle diese Aufgaben wahrnehmen zu können, ist ein hochkomplexer Aufbau der Niere notwendig. Während der Entwicklung kann einiges schief gehen, was die Häufigkeit und Verschiedenheit der Fehlbildungen der Niere bedingt. Glücklicherweise sind die meisten davon harmlos und erfordern keine Therapie.

Fehlen eines Organs (Agenesie)

Zunächst sind bei den Fehlbildungen der Niere die veränderte Anzahl der Nieren aufzuzählen. Normalerweise hat der Mensch zwei Nieren. Ist nur eine Niere vorhanden, wird dies als unilaterale (=einseitige) Agenesie (=Fehlen eines Organs) bezeichnet, sind keine Nieren vorhanden ist es eine bilaterale (=zweiseitige) Agenesie. Auch ist eine zusätzliche Niere möglich. Eine Aplasie dagegen bezeichnet eine unvollständige Entwicklung der Niere.

Doppelniere

Dies ist eine Niere mit zwei Nierenbeckenkelchsystem (darin wird der Urin nach Durchlauf der Niere gesammelt und in die Harnleiter überführt).

Beckenniere

Die Niere kann sich zum Beispiel an einem anderen als dem üblichen Ort (ektope Niere) befinden, d.h. oftmals zu tief im Vergleich zur normalen Lage unterhalb des Zwerchfells von etwa dem zwölften Brustwirbel bis zum dritten Lendenwirbel.

Hufeisenniere

Diese entsteht, wenn die Nieren in der Entwicklung am unteren Ende verschmelzen. Dies ist oft symptomlos, es kann aber auch zu Harnabflussstörungen und damit zu rezidivierenden Infekten führen.

Ursachen

Die Ursachen der Fehlbildungen sind genetisch bedingt. Das bedeutet, dass diese Erkrankungen teils vererbt sind oder auch durch zufällige Mutationen im Erbgut entstehen können.

Symptome

Meist sind Fehlbildungen der Niere ein Zufallsbefund, der keine weiteren Behandlungen zur Folge hat. Beschwerden, die deshalb zum Arzt führen, sind selten, können sich aber durch gehäufte Nierenbeckenentzündungen und damit einhergehenden Flankenschmerzen zeigen.

Zystische Nierenerkrankungen

Eine weitaus problematischere Fehlbildung als beispielsweise eine Senk- oder Hufeisenniere sind zystische Nierenerkrankungen, (Zysten sind allgemein Hohlräume, die mit Flüssigkeit gefüllt sind) bei denen die Niere mit Zysten durchsetzt ist und dadurch die Struktur und somit auch die Funktion der Niere stören. Diese Fehlbildung führt oft zu einem Nierenversagen, das je nach Erkrankung langsam oder schnell fortschreitet. Hierbei gibt es verschiedene Typen, die durch die Potter Klassifikation eingeteilt werden und sowohl genetische als auch klinische Gegebenheiten berücksichtigen.

Potter I manifestiert sich bereits im Neugeborenen- bzw. Kleinkindalter. Hier sind beide Nieren betroffen und zusätzlich auch die Leber. Die Erkrankung ist so schwerwiegend, dass Betroffene bereits im Kindesalter versterben.

Potter II kennzeichnet sich durch einseitigen Nierenbefall. Die Leber ist hier nicht betroffen. Die Patienten erreichen meist ein höheres Erwachsenenalter.

Potter III hat unter den zystischen Nierenerkrankungen die beste Prognose. Wie bei Potter I sind beide Nieren und die Leber betroffen. Doch verläuft die Erkrankung glimpflicher und manifestiert sich in der Regel erst im Erwachsenenalter.

Bei Potter IV sind weniger die Zysten Grund der Niereninsuffizienz, sondern vielmehr eine durch eine Verengung entstandene massive Stauung im Nierenbecken. Dies führt schon in der Schwangerschaft zu Problemen. Ein Hinweis auf die Erkrankung kann hier eine in der Sonographie festgestellte zu niedrige Fruchtwassermenge sein.

Abzugrenzen von zystischen Nierenerkrankungen sind Zysten die im Verlauf des Lebens entstehen können und wenn sie eine bestimmte Größe nicht überschreiten, meist vollkommen harmlos sind. Bei starker Größenzunahme ist die Gefahr eines Platzens der Zyste zu bedenken.

Diagnose

Die Diagnose von Fehlbildungen der Niere, kann durch fehlende Symptome rein zufällig in einem Ultraschall (Sonographie) mit ganz anderer Fragestellung gestellt werden. Bei schwerwiegenderen Fehlbildungen der Niere wie zum Beispiel den zystischen Nierenerkrankungen machen die Folgen, die durch die Niereninsuffizienz entstehen (beispielsweise Ungleichgewicht im Mineralien oder Säuren- und Basenhaushalt, oder Bluthochdruck u.a.) auf den Verdacht einer Nierenproblematik aufmerksam. Durch einen Ultraschall sind Veränderungen, wie Zysten gut sichtbar. Weitere Möglichkeiten sind die Durchführung eines Ausscheidungsprogramms. Hier wird ein Kontrastmittel in die Vene gegeben, dies wird im Anschluss durch die Niere filtriert, sodass durch mehrere Röntgenbilder die Füllung der Niere und der Harnleiter sichtbar gemacht werden kann. Auch kann eine Blasenspiegelung (Urethrozystoskopie) bei der Diagnosestellung von Fehlbildungen weiterhelfen.

Therapie

Vor allem bei den zystischen Nierenerkrankungen ist ein frühzeitiges Erkennen der Erkrankung bzw. Fehlbildung notwendig, um eine Niereninsuffizienz zu behandeln. Im Verlauf werden die Nieren regelmäßig im Ultraschall begutachtet. Auch durch die Bestimmung von Nierenwerten im Labor wird eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion angezeigt. Darüber hinaus sollten Substanzen wie nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie zum Beispiel Ibuprofen, Aspirin® (ASS) und Diclofenac gemieden werden. Ein Bluthochdruck sollte früh medikamentös mit ACE-Hemmern wie beispielsweise Ramipril behandelt werden. Bei terminaler Niereninsuffizienz (das heißt, die Niere versagt endgültig und es kommt zu einer Harnvergiftung (Urämie), Folge ist eine schwere Beeinträchtigung des Nervensystems, das bis zum Koma gehen kann) müssen Dialyse-Verfahren angewendet werden. Eine Heilung ist nur durch eine Nierentransplantation möglich. Bei Potter I und III sollte auch die Funktion der Leber überwacht werden.

Weitere Informationen zum Thema Fehlbildungen der Niere

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.12.2015 - Letzte Änderung: 25.07.2023