Hyposensibilisierung

Definition

Die Hyposensibilisierung stellt eine kausale (ursächliche) Therapie dar, d.h. sie greift in die Ursache der Allergie ein. Bei der auch als „spezifische Immuntherapie“, kurz SIT, bezeichneten Hyposensibilisierung besteht das Prinzip in der Wiederherstellung des bei Allergikern verschobenen Gleichgewichts zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Botenstoffen. Eine Hyposensibilisierung wird vor allem bei Allergien gegen Hausstaubmilben, Pollen oder Insektengiften durchgeführt.

Ursachen von Heuschnupfen und anderen Allergien

Für die im Übermaß gebildeten entzündungsfördernden Botenstoffe nach Allergen-Stimulation sind bestimmte, zur Gruppe der Th2-Zellen zählenden, Immunzellen verantwortlich. Durch einen zweiten Typ von Immunzellen, den Th1-Zellen, werden natürlicherweise im Körper die Th2-Zellen herunterreguliert und es werden andere Botenstoffe hergestellt . Diese Verhältnis zwischen den Immunzellen stellt normalerweise im Körper ein fein reguliertes Gleichgewicht dar. Gerät dieses Gleichgewicht durcheinander kommt es zur Entstehung von Allergien, wie z.B. Heuschnupfen.

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Durchführung der Hyposensibilisierung

Um das oben erwähnte Gleichgewicht wiederherzustellen, bekommen Patienten in variablen Zeitabständen ansteigende Mengen des Allergens unter die Haut gespritzt. Dadurch werden vermehrt Th1-Zellen und deren spezifisches Sortiment an Botenstoffen gebildet, was zur Rückbildung der allergischen Beschwerden führt.

Dabei ist nach der Durchführung der Injektionen die 30-minütige Überwachung des Patienten erforderlich, da schwerwiegende Nebenwirkungen mit Beschwerden entsprechend der allergischen Beschwerden, bis hin zum wiederbelebungspflichtigen Schock, auftreten können (dies ist allerdings sehr selten).

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Meistens wird die Behandlung nach einer Pollenflugphase durchgeführt, bis die akuten Beschwerden sich etwas zurückgebildet haben. Die Dauer bis zum Erreichen der maximalen Menge an Allergen beträgt oft bis zu 3 Jahre.

Welcher Arzt macht das?

Die Hyposensibilisierung wird zum Teil von Allgemeinmedizinern, HNO-Ärzten oder auch von Fachärzten für Allergien, den sogenannten Allergologen durchgeführt.

Der erste Ansprechpartner bei Allergien ist häufig der Allgemeinmediziner. Sofern dieser keine spezifischen Immuntherapien anbietet, können Betroffenen ihren Hausarzt nach Allergologen fragen, oder auch im Internet nach Ärzten, die Hyposensibilisierungen in ihrer Umgebung anbieten, recherchieren.

Wie lange dauert eine Hyposensibilisierung?

Die klassische Hyposensibilisierung oder auch spezifische Immuntherapie genannt, erfolgt in der Regel über einen Zeitraum von 3 Jahren.

Zu Beginn der Therapie, der sogenannten Eindosierungsphase erhält der Patient einmal in der Woche eine Spritze, deren Allergenkonzentration kontinuierlich gesteigert wird (die Dosis wird also stetig erhöht). Nach circa 16 Wochen ist die Eindosierungsphase beendet und der Patient bekommt im weiteren Behandlungsverlauf, bis zum Erreichen der 36 Monate, einmal monatlich eine Allergenspritze.

Neben der klassischen Form gibt es auch die Kurzzeit-Hyposensibilisierung. Dabei wird die Konzentration des Allergens in der Anfangsphase schneller gesteigert und es kommt früher zum Erreichen der Erhaltungsdosis. Im Anschluss wird, wie bei der klassischen Form auch, die Therapie mit einer monatlichen Allergenspritze fortgeführt.  Die Kurzzeithyposensibilisierung kommt vor allem bei Insektenallergien zur Anwendung.

Weiterhin gibt es noch die Rush- oder Ultrarush Hyposensibilisierung. Ins deutsche übersetzt bedeutet der Begriff “rush” beziehungsweise “ultra rush” es so viel wie, schnelle oder sehr schnelle Hyposensibilisierung. Bei dieser Art der Hyposensibilisierung wird eine sehr schnelle Aufdosierung des Allergens vorgenommen. Oftmals erhalten die Patienten mehrere Spritzen täglich und sind während der Anfangsphase in stationärer Behandlung. Anschließend ist, wie bei den anderen Varianten auch der Hyposensibilisierung auch, eine weitere monatliche Allergenspritze für den verbleibenden Zeitraum von 3 Jahren vorgesehen.

Was kostet eine Hyposensibilisierung?

Die Kosten der Hyposensibilisierung können unterschiedlich hoch ausfallen, je nach Art der Therapie und je nach vorliegender Allergie. Man kann von Kosten in Höhe von etwa 3000€ über die gesamte Behandlungsdauer von drei Jahren ausgehen.

Wer übernimmt die Kosten?

Die Kosten einer Hyposensibilisierung werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Bei privat versicherten Patienten wiederrum hängt die Kostenübernahme von den vertraglich festgelegten Gesundheitsleistungen ab. Es kann, je nach vertraglicher Regelung sowohl eine komplette Kosten- als auch nur eine Teilkostenübernahme vorgesehen sein. Um unvorhergesehene Kosten zu vermeiden, sollten sich Privatpatienten vor Beginn einer Immuntherapie an besten mit ihrer Kasse in Kontakt setzen.

Kontraindikationen zur Hyposensibilisierung

Nicht durchgeführt werden darf eine Hyposensibilisierungsbehandlung bei

Auch andere schwere akute und chronische Erkrankungen, z.B. eine Tuberkulose bzw. eine eitrige Knochenentzündung (Osteomyelitis) sowie eine koronare Herzkrankheit (KHK) stellen Kontraindikationen (Gegenanzeigen) dar.

Die Hyposensibilisierung wird auch bei schweren Überempfindlichkeitsreaktionen auf Insektenstiche von Bienen, Wespen, selten auch Hummeln oder Hornissen durchgeführt sowie bei Allergien gegen Hausstaubmilben, einige Schimmelpilze und Abschilferungsprodukte der Haut von Katzen (Epithelien).

Ist mit Nebenwirkungen zu rechnen?

Bei der Hyposensibilisierung, die durch die Verabreichung von Allergenen in Form von Spritzen erfolgt, kann es an der Injektionsstelle zu einer lokalen allergischen Reaktion kommen. Diese macht sich durch Juckreiz, Hautrötung und einer Schwellung bemerkbar. In der Regel lassen die lokalen Symptome nach einigen Tagen wieder nach. Um einer lokalen Hautreaktion entgegen zu wirken kann die Einstichstelle nach Gabe der Allergene gekühlt oder eine abwechselnde Injektion in den rechten oder linken Arm vorgenommen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Allergische Reaktion auf der Haut

In selten Fällen kann die Gabe von Allergenen auch zu einer allgemeinen allergischen Reaktion führen. Diese kann sich in Form von Asthma oder auch Nesselsucht, dabei handelt es sich um die Bildung von kleinen roten Pusteln auf der Haut, äußern. Eine weitere schwerwiegende Nebenwirkung ist der allergische Schock, von Medizinern auch als anaphylaktischer Schock bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine allergische Reaktion des Körpers, die zwar sehr selten aber dafür akut lebendbedrohlich ist.

Um sicher zu gehen, dass es zu keinen schwerwiegenden allergischen Reaktionen kommt, werden die Patienten in der Regel nach der Injektion von Allergenen für einige Zeit von medizinischem Personal beziehungsweise dem Arzt überwacht.

Auch bei der Gabe von Allergenen in Tropfenform können allergische Reaktionen auftreten. Aufgrund dessen sollte auch hier die erste Einnahme in Anwesenheit eines Arztes erfolgen

Wie ist die Erfolgsquote einer Hyposensibilisierung anzusehen?

Der Erfolg einer spezifischen Immuntherapie oder Hyposensibilisierung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zu diesen zählen Dauer der Erkrankung, Allergieform, Art der Allergenverabreichung, Alter des Patienten und mitunter einer der wichtigsten Einflussgrößen - die Mitarbeit der Betroffenen beziehungsweise des Allergikers.

Bei kontinuierlich durchgeführter spezifischer Immuntherapie konnte in Studien bei vielen Altersgruppen eine deutliche Symptomreduktion im Falle eines allergischen Schnupfens, Pollenallergie, Hausstaubmilbenallergie oder auch Wespen- beziehungsweise Bienenallergie gezeigt werden. Bei anderen Allergieformen, mitunter auch dem allergischen Asthma sind die Studienlagen teils uneindeutig und Aussagen zu den Erfolgsaussichten sind demnach nur kaum oder nur eingeschränkt möglich.

Kann man gegen Hausstaubmilben hyposensibilisieren?

Eine Hyposensibilisierung oder spezifische Immuntherapie kann auch bei ausgeprägter Hausstaubmilbenallergie angewandt werden. Die Therapie beträgt in der Regel 3 Jahre und zeigt die größten Aussichten auf Erfolg bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr, erst kurz bestehender Allergie gegen Hausstaubmilben oder sonst wenigen bis hin zu keinen weiter bestehenden Allergien.

Neben der Verabreichung von Spritzen, die spezifische Allergene beinhalten, kann bei der Haustaubmilbenallergie auch eine Einnahme von Allergen-Präparaten in Tropfenform erfolgen. Besonders für Kinder oder sensiblen Patienten stellt dieses Verfahren eine attraktive Alternative dar.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Hausstaubmilbenallergie

Kann man in der Schwangerschaft hyposensibilisieren?

Es gibt bis dato keinen Hinweis auf eine schädigende Wirkung einer Hyposensibilisierung während der Schwangerschaft. Ärzte gehen davon aus, dass die Behandlung mit Allergenen im Gegensatz zu Medikamenten keine Gefahr für das Neugeborene darstellt.

Eine spezifische Immuntherapie kann jedoch mit Nebenwirkungen, wie einer schweren allergischen Reaktion verbunden sein. Zur Sicherheit für Mutter und Kind empfehlen Experten deshalb zu folgendem Vorgehen: Bei bereits “vor der Schwangerschaft” begonnener Therapie, ohne stattgefundenen Nebenwirkungen kann die Therapie fortgesetzt werden. Die Dosis des Allergens sollte allerdings nicht weiter gesteigert werden.

War vor Eintritt der Schwangerschaft noch keine Hyposensibilisierung durchgeführt worden, sollte deren Beginn zum Schutz vor Nebenwirkungen, wie einer schweren allergischen Reaktion der Mutter, auf die Zeit nach der Schwangerschaft verschoben werden.

Geht das auch bei Tieren?

Auch bei Tieren, vor allem Hunden und Katzen ist eine Hyposensibilisierung möglich. Wie beim Menschen auch, werden dafür spezifische Allergene gespritzt. Bei den Allergenen handelt es zumeist um Eiweiße, welche Bestandteil von Stoffen oder Materialien sind, auf die das Tier allergisch reagiert. Sie werden in abgewandelter Form dem Tier zur Hyposensibilisierung verabreicht. Dies erfolgt in der Regel in bestimmten zeitlichen Abständen beim Tierarzt oder wird zum Teil auch, von den Besitzern (nach Anweisung des Tierarztes) selbst durchgeführt.

Die Erfolgsaussichten auf eine Besserung der Allergie liegen bei ca. 50-60 %. Bei 30 % davon zeigt sich eine Remission, das heißt es treten keine allergisch bedingten Beschwerden mehr auf.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich der HNO finden SIe unter: HNO A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 19.06.2010 - Letzte Änderung: 12.01.2023