Makuladystrophie

Was ist eine Makuladystrophie?

Bei der Makuladystrophie handelt es sich um eine Erkrankung der Netzhaut, die sich auf den Bereich der Makula (Stelle des schärften Sehens) beschränkt und hier zu einem degenerative (zerstörenden) Prozess führt. Sie ist erblich bedingt und betrifft meist beide Augen und verursacht somit charakteristische symmetrische, beidseitige Veränderungen der Netzhaut. Die Makuladystrophie kann aber auch nur ein Auge betreffen. In der Regel beginnt die Erkrankung zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahrzehnt, die Patienten sind meist noch unter zwanzig Jahren alt. Einzelfälle erkranken allerdings auch erst mit über fünfzig Jahren. Im Laufe der Degeneration kommt es zu einem fortschreitenden Verlust der Sehkraft, der Visus (Sehschärfe) wird immer geringer, kann aber auch lange Zeit noch unbeeinträchtigt bleiben. Die Krankheit verläuft letztlich bei jedem Patienten anders. Es gibt verschiedene Formen der Makuladystrophie, die sich jeweils durch einen unterschiedlichen Krankheitsverlauf, Beginn und Prognose charakterisieren. Die meisten der Patienten erleiden einen langsam fortschreitenden und unumkehrbaren Verlust ihres zentralen Sehvermögens.

Welche Formen der Makuladystrophie gibt es?

Morbus Stargardt

Die häufigste Form der Makuladystrophien ist der Morbus Stargardt, auch als familiäre juvenile Makuladystrophie bezeichnet. Bei dieser Form der Makuladystrophie sind schon in den jungen Lebensjahren Veränderungen in der Pigmentschicht im Auge zu erkennen. Diese gehen mit der Zeit in ein Narbenstadium über, wodurch die ursprüngliche Funktion der Ernährung und Abtransport von Abfallprodukten der Netzhaut komplett eingebüßt. Der Morbus Stargardt wird autosomal-dominant vererbt, deswegen auch die Bezeichnung „familiär“. Das „juvenil“ bezieht sich auf die Tatsache, dass die Erkrankung schon früh im Leben beginnt, meistens bereits im ersten Lebensjahrzehnt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Krankheit erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnt, dies ist jedoch eher selten. Zu Beginn verschlechtert sich das Sehvermögen der Betroffenen rapide und sinkt in der Regel auf etwa zehn Prozent ab. Danach stabilisiert sich der Prozess auf diesem Niveau und es ist den Patienten durchaus möglich, mit starken Seh- und Lesehilfen weiterhin die Umgebung aktiv wahrzunehmen, sich zu orientieren oder sogar zu lesen. Die Blendungsempfindlichkeit ist stark erhöht, sodass die den Betroffenen zum Tragen einer Sonnenbrille geraten wird. Die Nachtsicht hingegen ist relativ unverändert möglich. Die Unterscheidung von Farben allerdings wird schwierig bis unmöglich, sehr dunkle und sehr helle Farben sind für die Patienten nicht mehr auseinanderzuhalten. Bei einem kleinen Teil der Patienten ist dieses Anhalten der Krankheit leider nicht zu verzeichnen und der Morbus Stargardt schreitet immer weiter fort.

Morbus Best

Die zweithäufigste Form der Makuladystrophie ist die vitelliforme Makuladystrophie, auch Morbus Best genannt. Bei ihr handelt es sich um ein autosomal-dominant vererbtes krankheitsbild, das typischerweise im zweiten Lebensjahrzehnt bemerkbar wird. Es beginnt sich am Augenhintergrund in der Netzhaut, genauer gesagt im Bereich der Makula, eine gelbliche runde Vorwölbung zu bilden. Daher rührt auch die Bezeichnung „vitelliform“, was im lateinischen „eidotterartig“ bedeutet. Diese relativ scharf begrenzte Erhebung beeinträchtigt im Frühstadium das zentrale Sehvermögen des Betroffenen noch nicht weiter. Erst im fortschreitenden Verlauf der Krankheit nimmt das Ausmaß der Veränderungen und die Stärke der Sehbeeinträchtigung zu. Die gelbliche Volwölbung, bei der es sich letztlich auch um Pigmentablagerungen handelt, nimmt an Größe zu und es kommt zu einem Umbau der enthaltenen Pigmentstoffe. Dadurch ist der Lichteinfall auf die Netzhaut nicht mehr möglich und der Patient kann sein zentrales Gesichtsfeld (also den betroffenen Bereich der Makula) auf diesem Auge nicht mehr wahrnehmen. Die Peripherie, also die nicht zentral gelegenen Teile der Netzhaut, bleiben von dem krankhaften Geschehen unbeeinflusst und so ist ein Sehen am Rand des Gesichtsfeldes weiterhin möglich. In manchen Fällen kommt es auch zu einer Gefäßneubildung in der Aderhaut des Auges. Der Morbus Best kann ein einzelnes Auge betreffen, kann aber auch beidseits auftreten.

Erkennen einer Makuladystrophie

Was sind die Symptome bei Morbus Best?

Beim Morbus Best beginnt die Erkrankung meist schon im frühen Kindesalter, in der Regel im ersten Lebensjahrzehnt. Ihr Verlauf und ihr Fortschreiten ist individuell allerdings sehr unterschiedlich und kann schwer vorausgesagt werden. Betroffen ist auch beim Morbus Best das zentrale Sehvermögen im Bereich der Makula, während die Peripherie der Netzhaut auch später nicht an Funktion einbüßt. Wie beim Morbus Stargardt nimmt auch hier die Blendungsempfindlichkeit der Patienten zu und Farben werden zunehmend schwieriger zu erkennen und zu unterscheiden. Es kann ein einzelnes Auge oder beide betroffen sein.

Was sind die Symptome bei Morbus Stargardt?

Beim Morbus Stargardt beginnt die Erkrankung typischerweise für die Betroffenen relativ plötzlich mit einem akuten Verlust der Sehschärfe (des Visus). Dieser Sehverlust nimmt im Laufe der Zeit noch zu, wobei die Geschwindigkeit und das Ausmaß von Patient zu Patient sehr variieren kann. Es kann in wenigen Wochen zu erheblichen Einbußen der Sehschärfe kommen oder das Prozess kann sich auch über mehrere Jahre hinziehen. In der Regel lässt sich festhalten, dass je später die Krankheit einsetzt, desto langsamer ihr Fortschreiten ist. Die Gesichtsfeldausfälle beschränken sich auf das zentrale Sehen, da nur die Makula betroffen ist. Die Randbereiche bleiben währenddessen unverändert. Nach dem anfänglichen Abfall der zentralen Sehleistung stabilisiert sich diese auf einem niedrigen Niveau von meist etwa zehn Prozent. Lesen mit einer starken Lupe und die Orientierung im Alltag sind also weiterhin für den Patienten möglich. Die Blendungsempfindlichkeit nimmt zu, weswegen viele Betroffene eine Sonnenbrille tragen. Die Nachtsicht bleibt von der Makuladystrophie weitestgehend unbeeinträchtigt. Das Farbsehen hingegen verändert sich und es wird zunehmend schwieriger, sehr dunkle und sehr helle Farben zu unterscheiden.

Wie wird eine Makuladystrophie diagnostiziert?

Beide Formen der Makuladystrophie müssen durch einen erfahrenen Augenarzt diagnostiziert werden. Zusätzlich ist es äußerst wichtig, eine Familienstammbaum-Analyse zu veranlassen, da es sich in beiden Fällen um vererbte Krankheitsbilder handelt. Im Rahmen der augenärztlichen Untersuchung wird zunächst der Visus bestimmt, also die Sehschärfe des Auges. Auch eine Gesichtsfeldmessung (eine Perimetrie) ist hilfreich, um die genaue Lokalisation der ausgefallenen Netzhautareale zu ermöglichen. Weitere bildgebende Verfahren wie die Optische Kohärenztomografie (kurz OCT), die Autofluoreszenz und/oder die Fluoreszensangiografie sind ebenfalls wichtig, um den Verlauf der Makuladystrophie einschätzen zu können.

Beim Morbus Best erkennt man in der Optischen Kohärenztomografie anfangs noch gut die runde Vorwölbung im Pigmentepithel, die von einem dichten Material (dem Pigment) ausgefüllt wird. Im Verlauf der Krankheit wird dieses Pigment dann zunehmend ab- und umgebaut. Im Spätstadium des Morbus Best kommt es dann zu einer Atrophie, also einem Gewebsschwund im Bereich der Makula. Beim Morbus Stargardt erkennt man bei der Untersuchung des Augenhintergrundes eine zunehmende Zerstörung und einen Abbau des Pigmentepithels im Bereich um die Makula herum. Man nennt diesen typischen Untersuchungsbefund aufgrund seines Aussehens auch „Schießscheibenmakulopathie“ oder „bulls eye“ (englisch für Ochsenauge). Es finden sich zahlreiche kleine gelbliche Ablagerungen und Flecken, die bis an den Rand der Netzhaut verteilt sein können. Der Sehnerv selbst bleibt jedoch unbeeinträchtigt. In späteren Stadien des Morbus Stargardt kommt es dann zu einem Schwund des Pigmentepithels in den zentralen bis mittleren Bereichen der Netzhaut. Auch hier sind Gefäßneubildungen möglich.

Zusätzlich muss eine elektrophysiologische Untersuchung der Augen durchgeführt werden. Diese besteht aus mehreren Einzeluntersuchungen, die jeweils ein für die Makuladystrophie charakteristisches Ergebnis liefern. Da jedoch vor allem im Frühstadium der Makuladystrophie die Befunde in der elektrophysiologischen Untersuchung noch nicht sehr stark ausgeprägt und damit nicht hundertprozentig eindeutig sind, sollte ergänzend eine molekulargenetische Analyse durchgeführt werden. Diese kann dann insbesondere die betroffenen Genabschnitte (beim Morbus Best das VMD2-Gen, beim Morbus Stargardt das ABCA4-Gen) betrachten und mögliche Mutationen hier feststellen.

Für weitere Informationen zum Ablauf der augenärztlichen Untersuchungen empfehlen wir Ihnen unsere Seiten zu: 

Behandeln einer Makuladystrophie

Wie wird eine Makuladystrophie behandelt?

Da es sich bei der Makuladystrophie um eine angeborene Erkrankung handelt, ist es bisher noch nicht gelungen, eine ursächliche Therapie zu entwickeln. Es wird davon abgeraten, zu hochdosierten Vitamin A Präparaten zu greifen, da es Hinweise darauf gibt, dass diese zu einer Verschlechterung des Stoffwechsels im Auge beitragen und so die Veränderungen an der Makula beschleunigen könnten. Den Betroffenen wird geraten, sich sogenannte Kantenfiltergläser anfertigen zu lassen. Diese filtern das blaue Licht heraus und können so vor einem zu starken Lichteinfall ins Auge schützen und die Blendung vermindern. Beim Morbus Best kann in seltenen Fällen erwogen werden, die eventuell auftretende Gefäßneubildung der Aderhaut im Auge mit entsprechenden anti-VEGF-Injektionen zu behandeln. In der Fachliteratur existieren einige Studien und Fallberichte von vor allem jüngeren Patienten, bei denen die Gefäßneubildung durch diese Therapie erfolgreich verlangsamt werden konnte. An der Zerstörung der Makula selbst kann aber auch dieser Ansatz leider nichts ändern. Die aktuelle Forschung versucht, eine Stammzelltherapie zu entwickeln, mit der es möglich werden könnte, die Makuladystrophie ursächlich behandeln zu können. Für die Patienten als sehr hilfreich wird oft die Teilnahme an Selbsthilfegruppen beschrieben, die einen Austausch unter Betroffenen und Angehörigen ermöglichen und somit eine große psychische Unterstützung darstellen. Auch existieren diverse Hilfsmittel, die den Patienten das alltägliche Leben erleichtern können und es ihnen möglich machen, ihre Selbstständigkeit so weit wie möglich zu bewahren.

Vorbeugen einer Makuladystrophie

Was sind die Ursachen einer Makuladystrophie?

Die Ursachen einer Makuladystrophie konnten nach heutigem Kentnissstand noch nicht komplett erforscht werden.

Was ist die Ursache des Morbus Bests?

Bei einer der häufigsten Formen der Makuladystrophie, dem Morbus Best, handelt es sich um eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung. Das bedeutet, dass die Ursache auf einem Gen liegt und es somit ausreicht, wenn eines der beiden Elternteile an der Krankheit erkrankt ist, um sie an den Patienten weiter vererbt zu haben. Die Veränderungen liegen im speziellen auf dem VMD2 Genabschnitt, welches wiederum für die Produktion des Proteins Bestrophin 1 verantwortlich ist. Dieses Protein ist aller Wahrscheinlichkeit nach dafür zuständig, die Leitfähigkeit des retinalen Pigmentepithels zu regulieren. Dieses Pigmentepithel ist für die Ernährung der Nervenzellen und gleichzeitig auch das Recycling des Abbauprodukte im Auge zuständig. Kommt es nun also durch Mutationen im VMD2 Gen zu einer Funktionseinschränkung des Pigmentepithels, ist der geregelte Ablauf von Auf- und Abbau im Auge und insbesondere an der Netzhaut nicht mehr gewährleistet und es kommt zu einer zunehmenden Beeinträchtigung bis zum kompletten Ausfall des Sehvermögens.

Was ist die Ursache des Morbus Stargardt?

Bei der häufigsten Form der Makuladystrophie, dem Morbus Stargardt, liegt ebenfalls eine Genmutation als Ursache zugrunde. In diesem Fall ist der autosomal-rezessiv (beide Elternteile müssen ein krankes Allel an den Betroffenen weitergeben) vererbte Defekt auf dem ABCA4 Gen zu finden. Dieses ist vergleichsweise groß und von komplexer Struktur. Es ist zuständig für die Produktion verschiedener weiterer Proteine, die zum Transport von bestimmten Produkten benötigt werden. Je nach dem, wo genau auf dem ABCA4 Gen die Mutation liegt, kommt es zu unterschiedlich starken Ausprägungen des Morbus Stargardt. Es existiert jedoch auch eine sehr seltene autosomal-dominante Form des Morbus Stargardt. Bei dieser wird im Laufe der Zeit zu viel von dem bräunlich-gelben Abbauprodukt Lipofuszin produziert und sammelt sich im Auge an. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist auch hier ein gestörter Transport ursächlich für die Makuladystrophie.

Verlauf einer Makuladystrophie

Wie ist die Prognose einer Makuladystrophie?

Die Prognose der Makuladystrophie hängt von der Form der Erkrankung ab. Beim Morbus Stargardt kommt es nach der anfänglichen plötzlichen und starken Verschlechterung des Sehvermögens meist zu einem Stagnieren des Prozesses und das Sehvermögen stabilisiert sich auf einem niedrigen Niveau von etwa zehn Prozent. Damit ist ein Lesen mit starken Lupen und eine Orientierung im Alltag weiterhin möglich. Bei einem kleinen Teil der an Morbus Stargardt erkrankten Patienten jedoch findet keine Stagnation des krankhaften Prozesses statt und es kommt zu einer zunehmenden Verschlechterung des Sehvermögens. Beim Morbus Best ist der Verlauf von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, was es für den behandelnden Augenarzt schwer macht, eine Prognose zu geben. Der Morbus Best kann einseitig aber auch beidseitig auftreten. Das Sehen in den Randbereichen des Gesichtsfeldes und die Nachtsicht sind sowohl beim Morbus Stargardt wie auch beim Morbus Best nicht von der Makuladystrophie betroffen und bleiben somit auch in späten Stadien erhalten.

Ist eine Heilung der Makuladystrophie möglich?

Bei der Makuladystrophie handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung. Sie ist daher prinzipiell schon bei Geburt vorhanden, auch wenn sie sich erst zu einem späteren Zeitpunkt im Leben für den Betroffenen bemerkbar macht. Leider ist die medizinische Forschung derzeit noch nicht in der Lage, effektive, nebenwirkungsarme und ärztlich vertretbare Gentherapien anzubieten, sodass es sich bei der Makuladystrophie nach wie vor um eine unheilbare Krankheit handelt. Lediglich die Begleitsymptome können mit Hilfsmitteln wie Sonnenbrillen oder Kantenfiltergläsern versucht werden, erträglicher zu gestalten.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.01.2019 - Letzte Änderung: 25.07.2023