Taubheitsgefühl im Arm

Was ist ein Taubheitsgefühl im Arm

Normalerweise leiten unsere Nerven kontinuierlich Informationen aus dem ganzen Körper ins Gehirn. Wenn einige Informationen, zum Beispiel über Berührung und Schmerz, nicht weitergeleitet werden können, haben wir ein Taubheitsgefühl im betroffenen Bereich.

Das bedeutet, dass entweder durchgängig ein komisches Gefühl vorhanden ist oder eine Berührung an dem Arm nicht als solche wahrgenommen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist, dass ein Arm eingeschlafen ist, da zu lange Druck auf einem Nerven ausgeübt wurde. Hierfür gibt es viele unterschiedliche Ursachen, von denen die meisten völlig ungefährlich sind, aber einige auch direkt behandelt werden müssen.

Ursachen

Die Ursachen für ein Taubheitsgefühl im Arm sind vielfältig.

  • Eine Möglichkeit ist Druck auf einen Nerv von außen, was umgangssprachlich als eingeschlafener Arm bezeichnet wird.
  • Auch nach Insektenstichen kann es zu Taubheit kommen.
  • Druck auf den Nerv kann auch weiter zentral entstehen, wenn zum Beispiel ein Nerv von einer Bandscheibe in der Halswirbelsäule eingedrückt wird.
  • Auch ein Schlaganfall kann zu Taubheitsgefühlen in einem Arm oder anderen Körperregionen führen.
  • Eine Multiple Sklerose kann sich ebenfalls zu Beginn mit Taubheitsgefühlen in einem Arm oder Bein zeigen.
  • Nach einem Unfall kann ein Taubheitsgefühl im Arm auf einen Schaden im Rückenmark hindeuten.

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Durch Verspannung

Eine Verspannung bedeutet, dass ein Muskel dauerhaft Kraft ausübt. Viele Nerven laufen an einer oder mehreren Stellen durch Muskellücken durch. Wenn diese Muskeln dauerhaft angespannt sind kann der Nerv gereizt werden und somit zu Taubheitsgefühlen führen.Der betroffene Muskel fühlt sich meistens sehr hart an, besonders im Vergleich zur Gegenseite. Die Taubheitsstelle müsste dann weiter außen liegen.

Eine Besserung ist oft schon mit einer Wärmflasche auf dem betroffenen Muskel zu erreichen. Bei länger anhaltenden Beschwerden kann eine medikamentöse Therapie, zum Beispiel durch eine Schmerzspritze, Abhilfe schaffen.

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Nach Insektenstich

Ein Insektenstich führt lokal zu einer allergischen Reaktion mit Wassereinlagerungen im Gewebe. Dies kann bei einer starken Reaktion auch zu Druck auf örtlichen Nerven führen.

Auch Krankheiten, wie die Neuroborelliose beim Biss einer Zecke, können zu Taubheitsgefühlen und anderen neurologischen Erscheinungen führen. Die lokale Schwellung bei Mückenstichen sollte nach wenigen Tagen zurückgehen.

Bei Taubheitsgefühlen im Arm nach einem Zeckenbiss sollte jedoch unmittelbar ein Arzt aufgesucht werden, da hierbei eine Antibiotika-Therapie erforderlich ist. 

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Bandscheibenvorfall der HWS

Zwischen den einzelnen Wirbelkörper der Wirbelsäule liegen abfedernde Scheiben, die sogenannten Bandscheiben. Diese können bei falscher Belastung zerstört werden und die Nerven, welche vom Rückenmark abgehen, eindrücken. Je nach Höhe des Bandscheibenvorfalls kann das zu Schmerzen und Taubheitsgefühlen in den betroffenen Gebieten führen.

Ein Taubheitsgefühl im Arm spricht für einen Bandscheibenvorfall von C6, C7 oder C8, da dies die Nervenwurzeln sind, welche für die Sensibilität der Arme verantwortlich sind.

  • Bei einem Bandscheibenvorfall von C6 ist das Taubheitsgefühl im Daumen und auf dem daumenseitigen Unterarm zu erwarten.
  • Bei C7 ist das Taubheitsgefühl eher in den mittleren drei Fingern und zieht bis zur Hälfte des Unterarms auf der Außenseite.
  • Ein Bandscheibenvorfall von C8 verursacht ein Taubheitsgefühl im kleinen Finger und der Kleinfingerseite des Unterarms.

Wenn der Oberarm vom Taubheitsgefühl betroffen ist, kann je nach Lokalisation auch C5, eher die Außenseite, oder TH1, eher die Innenseite, betroffen sein.

Bei leichten Beschwerden können Betroffene bereits von einer Stärkung der Muskulatur und einer Physiotherapie profitieren. Bei stärkeren Beschwerden und wenn neben der Taubheit auch Lähmungen auftreten, kann eine Operation der Bandscheibe erforderlich sein.

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MS

Die MS, kurz für Multiple Sklerose, ist eine Erkrankung im Gehirn. In verschiedenen Regionen im Gehirn wird die Isolation der Nervenfasern abgebaut und die Nervenleitgeschwindigkeit herabgesetzt.

Je nach Lokalisation im Gehirn kann Taubheit in einem Arm ein erstes Symptom einer MS-Erkrankung sein. Die Krankheitssymptome beginnen üblicherweise Mitte 20 bis Mitte 30 und betreffen mehr Frauen als Männer. Die Krankheit kann nicht geheilt werden, aber ausgebremst werden. Eine MS wird über eine Bildgebung vom Kopf und eine Blut- und Gehirnwasseruntersuchung diagnostiziert.

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Diagnose

Bei einem Taubheitsgefühl im Arm untersucht der Hausarzt zunächst die häufigen Ursachen. Bei einer körperlichen Untersuchung sucht der Arzt nach weiteren Symptomen, wie verspannter Muskulatur oder anderen neurologischen Auffälligkeiten.

  • Bei Verdacht auf einen Schlaganfall oder eine MS wird der Betroffene sofort in ein Krankenhaus geschickt.
  • Bei einem Bandscheibenvorfall kann eine Bildgebung, also ein CT oder Röntgen, vereinbart werden.

Die MS wird ebenfalls über eine Bildgebung und Laboruntersuchungen diagnostiziert. Bei einem Schlaganfall wird ein CT gemacht und direkt mit der Therapie begonnen.

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Welcher Arzt behandelt das

Bei der Auswahl des Arztes kommt es auf die Ursache des Taubheitsgefühls an. Für die meisten Betroffenen ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner.

  • Bei einem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall wird der Betroffene zu einem Orthopäden überwiesen.
  • Eine MS, Neuroborelliose oder ein Schlaganfall gehören zu den Krankheiten, welche von Neurologen weiterbehandelt werden.
  • Bei Verspannungen kann der Hausarzt oft selbst helfen oder der Betroffene bekommt Massagen oder Physiotherapie verschrieben.
  • Wenn die Verspannungen durch chronischen Stress ausgelöst werden oder psychosomatisch sind, kann auch ein Facharzt für Psychosomatik weiterhelfen. 

Weitere begleitende Symptome

Bei einem Bandscheibenvorfall leidet der Betroffene oft nicht nur unter Taubheitsgefühlen, sondern auch unter Schmerzen in der Halswirbelsäule und im Kopf. Auch verspannte Muskeln sind möglich. Bei Lähmungserscheinungen muss sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Bei einem Schlaganfall ist oft auch zusätzlich das Bein der gleichen Seite betroffen und im Gesicht kann ebenfalls einseitig eine Lähmung auftreten. Typisch sind hierbei hängende Mundwinkel und ein hängendes Augenlid. Auch die Sprache und das Sehvermögen können verändert sein. Dies ist ein absoluter Notfall und sollte zu einem Notruf führen.

Bei MS kommt es häufig als eines der ersten Symptome zu einer Verschlechterung des Sehvermögens.

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Rückenschmerzen

Die Kombination aus Rückenschmerzen und einem Taubheitsgefühl im Arm ist nahezu beweisend für einen gereizten Nerv durch eine Bandscheibe oder einen verspannten Muskel. Die Rückenschmerzen sind beim nach vorne beugen häufig verstärkt.

Bei Verspannungen hilft oft eine Wärmflasche, während die Bandscheibenpatienten oft keine Linderung durch Wärme erhalten. Bei vielen Betroffenen hilft auch die Einnahme freiverkäuflicher Schmerzmittel nicht oder nur sehr kurzfristig. 

Nackenschmerzen

Ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, welcher zu Taubheitsgefühlen im Arm führt, ist meistens begleitet durch Nackenschmerzen. Auch eine Verspannung ist meist schmerzhaft.

Sollten die Taubheitsgefühle und die Nackenschmerzen jedoch plötzlich und in Begleitung eines fieberhaften Infekts auftreten, sollte unmittelbar ein Arzt aufgesucht werden, da die Symptome auch durch eine Hirnhautentzündung auftreten können. Besonders bei Kindern ist die Hirnhautentzündung noch wahrscheinlicher als ein Bandscheibenvorfall, da dieser eher eine Erkrankung des älteren Menschen ist.

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Behandlung/ Therapie

  • Bei einer Verspannung reicht häufig schon die Wärmezufuhr durch eine Wärmflasche. Bei längeren Beschwerden kann eine Schmerzspritze oder auch eine Massage verordnet werden und so dem Betroffenen helfen.
     
  • Ein Bandscheibenvorfall ist normalerweise nicht so einfach rückläufig, da es sich um eine Abnutzungserscheinung der Bandscheibe handelt. Eine Besserung der Symptome ist mit Schmerzmitteln und Physiotherapie erreichbar. Bei einigen Betroffenen ist jedoch die Operation der Bandscheibe die einzige Möglichkeit dem Betroffenen zu helfen.
     
  • Bei einem Schlaganfall geht es bei der Therapie um Zeit. Je eher die Behandlung beginnt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Taubheit und auch alle anderen Symptome wieder verschwinden. Es kann medikamentös das verschlossene Blutgefäß geöffnet werden oder auch mit einem Katheter über die Leiste die Blockade entfernt werden. Bei blutigen Schlaganfällen ist eine Operation erforderlich.
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  • Bei einer Neuroborelliose oder einer Hirnhautentzündung ist eine Antibiotikatherapie erforderlich.
     
  • Eine Multiple Sklerose wird mit Medikamenten, wie Cortisol und Beta-Interferon, behandelt, ist jedoch nicht heilbar. Die Therapie gliedert sich in eine Basistherapie und eine Schubtherapie.
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Dauer

Die Dauer der Taubheitsgefühle hängt von der Ursache ab.

  • Bei Verspannungen ist das Taubheitsgefühl vorbei, sobald der Druck auf den Nerv nachlässt.
  •  Bandscheibenvorfälle dauern oft deutlich länger. Auch nach Operationen kann es sein, dass ein Hautareal weiterhin taub bleibt.
  • Bei Schlaganfällen kommt es auf die frühe Behandlung an. Bei rechtzeitiger Behandlung können die Symptome direkt wieder verschwinden.
  • Bei MS sind die Taubheitsgefühle meist einige Tage vorhanden und verschwinden dann wieder bis zum nächsten Schub, welcher jedoch auch andere Körperregionen betreffen kann. 

Prognose

Eine Verspannung ist normalerweise eine vollständig rückläufige Erkrankung. Mit einem Bandscheibenvorfall haben Betroffenen oft viele Jahre zu kämpfen. Eine Neuroborelliose oder eine Hirnhautentzündung muss schnell behandelt werden und kann entweder restlos ausheilen oder im Extremfall tödlich enden. Die MS ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung, welche nicht heilbar ist. Da es unterschiedliche Formen der MS gibt, kann nicht klar gesagt werden, wie lange die Betroffenen selbstständig leben können.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 16.08.2019 - Letzte Änderung: 06.11.2021