Tenotomie

Definition

Das Wort Tenotomie stammt aus dem Griechischen („tenon“ = Sehne und „tome“ = Schnitt) und bedeutet Sehnendurchtrennung. Falls es zu einer Durchtrennung genau am Übergang zwischen Sehne und dem zugehörigen Muskel kommt, spricht man von einer Tenomyotomie („myo“ =Muskel). Bei einer fraktionierten Tenotomie wird der muskuläre Teil hingegen nicht angetastet. Stattdessen erfolgen zwei quere Schnitte nur im Bereich der  Sehne, die etwa 2 cm voneinander entfernt liegen sollten.

Außerdem kann man noch zwischen einer offenen und einer geschlossenen Tenotomie differenzieren. Offen beschreibt das Verfahren, bei der die Sehne zuerst operativ freigelegt wird, bevor die Tenotomie, als die Durchtrennung, realisierbar ist. Bei einer geschlossenen Tenotomie sind hingegen keine 2 Arbeitsschritte notwendig: hierbei wird die Sehne mittels einer Stichinzision durch die Haut direkt mit durchtrennt. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn es sich um eine oberflächlich gelegene Sehne handelt. Anderenfalls muss die offene Tenotomie durchgeführt werden.

Zuletzt ist noch die „z-förmige Tenotomie“ zu definieren. Hierbei wird die Sehne wie der Name schon sagt z-förmig durchschnitten, also nicht wie bei den anderen Verfahren allein quer, und anschließend nach Verlängerung der Sehne wieder aneinander genäht.

Indikationen für eine Tenotomie

Für die Durchführung einer Tenotomie gibt es mehrere Indikationen aus verschiedenen Fachbereichen der Medizin.

Als erstes Beispiel ist eine Fußdeformität aus der Pädiatrie, also der Kinderheilkunde genannt. Der sogenannte „Klumpfuß“ stellt sich als eine kombinierten Fehlstellung des Vor –und Rückfußes dar, welcher so schnell wie möglich behandelt werden muss. Noch am ersten Lebenstag erfolgt eine Behandlung durch ein bestimmtes Verfahren, welches nach Ponseti  benannt ist. Diese beinhaltet zur Korrektur der Fußdeformität als einen von 3 Behandlungsschritten die Tenotomie. Dabei wird die Achillessehne unter lokaler Betäubung durchtrennt, was zu einer zeitnahen Verbesserung der Fußfehlstellung führt. Eine weitere Indikation ist ebenfalls eine Fußdeformität, nämlich der Spitzfuß. In diesem Falle wird auch eine Tenotomie der Achillessehne durchgeführt.

Auch bei einigen Problemen an der langen Bizepssehne ist die Tenotomie ein gängiges Verfahren, um die Beschwerden zu lindern. Zusätzlich zu den bereits konkret erläuterten Indikationen kann man ganz im Allgemeinen sagen,  dass eine Tenotomie immer dann notwendig ist, wenn es durch einen erhöhten Muskeltonus zu Gelenkfehlstellungen oder Beschwerden im Gelenk kommt. Die erhöhte Muskelanspannung kann durch eine Durchtrennung der zugehörigen Sehne herabgesetzt werden und somit die Symptomatik reduziert oder sogar behoben wird. Eine Tenotomie ist also immer dann indiziert, wenn eine Sehnenverlängerung aus jeglichen Gründen gewünscht ist. Außerdem wird eine Tenotomie häufig dann durchgeführt, wenn die Sehne an sich Beschwerden macht oder verletzt ist.

Tenotomie der langen Bizepssehne

Beschwerden an der langen Bizepssehne, die mithilfe von konservativen Behandlungsmaßnahmen nicht in den Griff zu bekommen sind, machen häufig eine Tenotomie der langen Bizepssehne notwendig. Dies gilt auch für schwerwiegende Verletzungen, bei denen eine konservative Therapie nicht Erfolg versprechend ist. Generell ist eine Tenotomie zur Behandlung von Beschwerden nur bei der langen Bizepssehne notwendig, da diese im Vergleich zur kurzen Bizepssehne durch den Gelenkraum verläuft. Somit ist die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung oder Überbelastung der langen Bizepssehne viel höher als die an der kurzen Bizepssehne.

Für die Durchführung einer Tenotomie an der langen Bizepssehne gibt es mehrere Indikationen. Als häufiger Grund gilt die degenerative Veränderung an der Sehne, welche den Eigennamen Tendopathie trägt. Das Wort Tendopathie impliziert, dass es sich dabei um keinen entzündlichen Prozess handelt sondern dass das Beschwerdebild rein primär auf einer Degeneration, also einem Verschleiß, und starker Belastung basiert. Außerdem können dementgegen entzündliche Prozesse oder rheumatische Erkrankungen Schmerzen an der langen Bizepssehne machen.

Mehr zu diesem Thema: Sehnenentzündung; Rheumatische Erkrankungen; Sehnenentzündung durch Rheuma

Auch bei dem sogenanntes Impingement-Syndrom kann eine Tenotomie notwendig sein. Hierbei handelt es sich um ein Engpasssyndrom im Bereich des Schulterdaches und des Oberarmkopfes, wodurch hindurchziehende Strukturen, wie auch die lange Bizepssehne, irritiert und gereizt werden können. Allgemein sind Sportler wie Volleyballer und Klettere besonders anfällig für Beschwerden an der langen Bizepssehne. Auch Elektriker oder Maler, die über Kopf arbeiten, sind prädisponiert für Läsionen an der langen Bizepssehne.

Bei jungen Patienten wird die lange Bizepssehne nach Durchtrennung in der Regel übrigens wieder an einer anderen Stelle, meistens im Kapselbereich, angenäht. Diese Verfahren nennt sich Tenodese. Bei älteren Patienten hingegen bleibt es allerdings bei der Tenotomie. Die Sehne verwächst nämlich in Form von Vernarbung mit der Zeit von allein, was für die geringen Kraftanforderungen im hohen Alter ausreichend ist.

Folgen einer Tenotomie

Bei der Tenotomie handelt sich prinzipiell um einen komplikationsarmen Eingriff, der ohne nennenswerte Folgen verläuft. Lediglich eine eingeschränkte Beweglichkeit und eine Kraftminderung werden teils von Operierten beklagt. Da die Tenotomie meist ohne nennenswerte Folgen verläuft, ist auch eine uneingeschränkte Nachbehandlung möglich. Die Reha-Maßnahme können gut und schmerzfrei durchgeführt werden. Kosmetische Folgen nach einer Tenotomie treten auch eher selten auf. Es sei denn, es handelt sich um eine Tenotomie der langen Bizepssehne, wobei es hier zu einem Popeye-Phänomen kommen kann. Es gilt zu berücksichtigen, dass eine Tenotomie je nach Grund für die Beschwerden nicht immer eine dauerhafte Lösung des Problems ist und sich nach einiger Zeit die Beschwerden gegebenenfalls zurückschleichen können.

Folgen einer Tenotomie der langen Bizepssehne

Eine Tenotomie der langen Bizpessehne verfolgt unter anderem das Behandlungsziel der Schmerzfreiheit sowohl in Ruhe als auch unter Belastung. Dies wird in der Regel auch erreicht. Leider kann der Eingriff jedoch ein paar wenige unerwünschte und weniger angenehme Folgen haben. Dazu zählt unter anderem die Kraftminderung bis hin zum Kraftverlust im Ellenbogengelenk auch wenn die kurze Bizepssehne diesbezüglich den größeren Anteil ausmacht. Außerdem neben der reduzierten Kraft auch eine leichte Beweglichkeitseinschränkung vorliegen. Neben den funktionellen Folgen kann es nach der Tenotomie der langen Bizepssehne auch zu sichtbaren Veränderungen am Oberarm kommen. Man spricht von dem sogenannten „popey-sign“ oder zu Deutsch „Popeye-Phänomen“. Dabei rutscht der Muskelbauch des Bizepses durch die Durchtrennung der langen Bicepssehne nach unten, sodass der Bizeps überraschend voluminös wirkt, wie eben bei Popeye wenn er seinen Spinat gegessen hat. Das Popeye Phänomen geht nach einer Tenotomie der langen Bizepssehne jedoch vielmehr mit einem kosmetischen Problem als einer Kraftminderung einher. Dies liegt daran, dass wie gesagt die kurze Bizepssehne einen Großteil der Kraftübertragung auf das Ellenbogengelenk ausmacht. Optisch ist das Popeye Phänomen aufgrund einer Tenotomie auch hauptsächlich eher nur bei schlanken Patienten erkennbar.

Schmerzen nach einer Tenotomie

Schmerzen gelten initial als eine Indikation für den operativen Eingriff einer Tenotomie. Daher gilt die Schmerzfreiheit als eins der wichtigsten Behandlungsziele durch den Eingriff. In den meisten Fällen wird dieses Ziel auch erreicht und Betroffene berichten wenige Wochen nach der Operation, dass sich die Symptome gebessert haben und teilweise sogar schon ganz abgeklungen sind. Anfängliche Schmerzen, die direkt nach der Tenotomie bestehen sind bis zu einem gewissen Grad ganz normal, unbedenklich und sollten kein Anlass zur Sorge sein. Die OP-Narbe kann während der Wundheilung leicht schmerzhaft sein und auch das umliegende Muskel –und Bindegewebe, welches womöglich während der Operation mit Haken beiseite gehalten wurde, kann noch wenige Tage schmerzen. Diese Schmerzen sind vergleichbar mit Muskelkater. Sollten die Schmerzen nach einer Tenotomie jedoch nicht besser oder sogar schlechter werden, ist eine Wiedervorstellung bei dem behandelnden Arzt unumgänglich.

Dauer

Die Tenotomie an sich ist ein kurzer und unkomplizierter Eingriff, der etwa 30 Minuten dauert. Eine Entlassung ist meist bereits 1-2 Tage nach OP möglich. Die genaue Dauer des Heilungsprozesses variiert je nach Komplexität des Eingriffes bzw. der ursprünglichen Beschwerden, die eine Tenotomie notwendig gemacht haben. Man kann von 4 bis zu 8 Wochen ausgehen.

Generell gilt, dass relativ zeitnah eine Krankengymnastik eingeführt werden sollte, um einer Verkürzung der Sehne und einer Versteifung des zugehörigen Gelenkes zu vermeiden. Häufig kann dies bereits 2 Tage postoperativ erfolgen. Wichtig ist jedoch, dass eine Beübung nur durch ausgebildetes Personal erfolgen sollte. Diese achten darauf, dass es nur zu passiven Beübung der betroffenen Region kommt. Erst nach ein paar Wochen kann mit einer Teilbelastung begonnen werden. Eine Belastung der betroffenen Region ist also nicht erlaubt. Handelt es sich beispielsweise um eine Tenotomie an der langen Bizepssehne, so ist eine Schulterbelastung verboten. Gegen leichtes Joggen spricht bei Wohlempfinden der Betroffenen unter Schmerzfreiheit hingegen nichts. Für jeweilige Lokalisationen der Tenotomie gibt es feste Nachbehandlungsschemata, anhand dessen die Physiotherapie eine individuelle Rehabilitation anpasst.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.10.2017 - Letzte Änderung: 30.03.2024