Xylocain

Einleitung

Xylocain ist ein örtlich wirksames Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum). Äußerlich angewendet oder in Gewebe appliziert ermöglicht es, kleinere medizinische Maßnahmen, wie Nähen schmerzfrei und sicher durchzuführen. Xylocain kann von erfahrenen Anwendern auch zur Betäubung größerer Gebiete durch das gezielte Betäuben von Nerven eingesetzt werden. Weiterhin ist Xylocain ein herzwirksames Medikament, welches gegen Rhythmusstörungen eingesetzt werden kann.

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Indikation für Xylocain

Xylocain ist ein häufig verwendetes Lokalanästhetikum, um Schmerzfreiheit bei kleineren Eingriffen zu gewährleisten. Nach Anwendung wirkt das Medikament nach einigen Minuten und die Wirkung hält etwa ein bis zwei Stunden. Das Medikament wird entweder in Form einer Infiltrationsanästhesie eingesetzt, wobei der Wirkstoff direkt in das zu betäubende Gewebe gespritzt wird, um ein kleines Gebiet lokal zu betäuben. Dies wird beispielsweise zum Nähen einer Schnittwunde eingesetzt, wobei um den Wundrand herum durch einen Stichkanal mehrere Xylocain-Depots platziert werden, um eine durchgehende Betäubung zu erzielen.

Des Weiteren kann mit Xylocain auch eine Leitungsanästhesie durchgeführt werden. Hier wird Xylocain in unmittelbarer Nähe eines Nerves gespritzt, wodurch dieser betäubt wird. Beispielsweise ist es durch die Infiltration in mehrere Nerven möglich, die Schmerzempfindung im gesamten Arm auszuschalten, sodass auch größere Operationen, die ansonsten eine Vollnarkose erfordern, mit Regionalanästhesie durchgeführt werden können. Der Nachteil dieses Verfahrens ist die begrenzte Zuverlässigkeit, sodass bei Nichtgelingen der Regionalanästhesie gelegentlich auf eine Vollnarkose umgestellt werden muss.

Xylocain ist das meistgenutzte Betäubungsmittel in der Zahnmedizin, wobei hier ebenfalls häufig eine Leitungsanästhesie der versorgenden Nerven durchgeführt wird. Das Medikament ist ebenfalls - teilweise in Kombination mit anderen Lokalanästhetika oder anderen Zusätzen - als Spray zur Betäubung von Haut oder Schleimhaut verfügbar. So kann beispielsweise vor einer Magenspiegelung der Schmerz und der Würgereiz unterdrückt werden. Außerdem wird ein xylocainhaltiges Gleitmittel beim Einsetzen von Beatmungsschläuchen vor Vollnarkose verwendet. Das Xylocain hat hierbei die Funktion, Halsschmerzen nach dem Aufwachen zu verhindern.

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Ein weniger gebräuchliches Verfahren ist die lokale intravenöse Anwendung von Xylocain. Hierbei wird beispielsweise ein zu betäubender Fuß so stark gestaut, dass kein Blut in den Körper zurückfließen kann. Anschließend wird das Lokalanästhetikum in eine Vene gespritzt und verteilt sich nur im Fuß und sorgt für eine gleichmäßige Betäubung. Dieses Verfahren ist weniger anspruchsvoll als eine Leitungsanästhesie, aber durch die Anwendung im Blutsystem mit mehr potentiellen Nebenwirkungen behaftet. Xylocain wird auch als Medikament gegen Herzrhythmusstörungen verwendet, wobei hier die sonst unerwünschte systemische Wirkung gezielt herbeigeführt wird. Xylocain hat hierbei im Vergleich zu anderen Medikamenten den Vorteil eines Frequenzfiltereffekts, sodass bei hoher Herzfrequenz eine stärker verlangsamende Wirkung auftritt, als bei niedriger Frequenz. Aufgrund der Nebenwirkungen wird es allerdings mittlerweile nur noch selten eingesetzt. Auch in der Neuraltherapie, einer wissenschaftlich nicht bzw. nur teilweise belegter Anwendung, kann Xylocain eingesetzt werden, mit dem Ziel, durch vorübergehende Betäubung von Gewebe oder Nerven einen dauerhaften therapeutischen Effekt bei bestimmten Beschwerden zu erreichen.

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen von Xylocain mit anderen Medikamenten treten meist bei Injektionen in das Blutsystem auf und sind bei Anwendung als Spray oder Salbe eher selten. Die Kombination mit anderen herzwirksamen Medikamenten wie Antiarrhythmika und Kalziumantagonisten kann zu einer Verstärkung oder Abschwächung der jeweiligen Effekte führen. Eine Kombination der Injektion mit Adrenalin verstärkt die Wirkung von Xylocain, was häufig erwünscht ist. Das Gleiche gilt für die Anwendung mit blutdrucksenkenden Betablockern, Betäubungs- und Beruhigungsmittel. Antiepileptika schwächen die Wirkung von Xylocain ab. Die Wirkung von Muskelrelaxantien kann durch Xylocain verstärkt werden. Die Wirkung von Antibiotika der Klasse Sulfonamide wird durch Xylocain vermindert.

Xylocain und Alkohol - Verträgt sich das?

Wechselwirkungen von Xylocain und Alkohol sind nicht bekannt, daher ist keine besondere Vorsicht bei der Anwendung von Xylocain unter Alkoholeinfluss geboten.

Wird die Wirksamkeit der Pille beeinflusst?

Es gibt keinen Hinweis auf einen Einfluss von Xylocain auf die Wirksamkeit der Pille.

Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit

Die oberflächliche Behandlung mit Lokalanästhetika während Schwangerschaft und Stillzeit ist üblicherweise unproblematisch, da kaum nennenswert Wirkstoff in den Kreislauf aufgenommen wird. Während der Schwangerschaft sollte Xylocain dennoch grundsätzlich vermieden werden und auf die Lokalanästhetika Articain, Bupivacain oder Etidocain ausgewichen werden, da Xylocain plazentagängig ist und keine ausreichenden Daten vorliegen, um eine sichere Anwendung garantieren zu können. Xylocain wird nicht über die Muttermilch übertragen, sodass hier keine Gegenanzeige besteht. Die oberflächliche Behandlung im Bereich der Brust sollte allerdings unterlassen werden.

Xylocain-Salbe

Als Salbe kann Xylocain auf Haut und Schleimhaut angewandt werden - beispielsweise als Betäubung bei kleineren (kosmetischen) Eingriffen an der Haut oder beim Stechen von Piercings. Beim Anwenden auf der Haut muss die Salbe allerdings je nach genauer Zusammensetzung etwa eine Stunde einwirken - auf der Schleimhaut dauert dieser Vorgang nur wenige Minuten. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Salbe ist der vorzeitige Samenerguss des Mannes. Hierbei wird vor dem Geschlechtsverkehr Xylocainsalbe auf die Eichel aufgetragen, um sie weniger sensibel für taktile Reize zu machen und damit einen verzögerten Erguss zu unterstützen. Die Einwirkzeit beträgt hierbei etwa ein halbe Stunde. Die Wirkung der Salbe hält etwa für ein bis zwei Stunden an.

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Xylocain-Spray

Xylocain wird im Bereich der Zahnheilkunde, Halsnasenohren-Heilkunde und Gynäkologie als Spray zur Betäubung der Schleimhaut (vor allem der Mund-, Rachen-, Hals- und Vaginalschleimhaut) verwendet. Indikation hierfür sind kleinere chirurgische Eingriffe, Endoskopien wie Magenspiegelungen und Wundversorgung der betroffenen Schleimhäute. Außerdem kann Xylocainspray zur Betäubung des Kehlkopfes bei der endotrachealen Intubation, also dem Einbringen eines Beatmungsschlauches in den Hals, eingesetzt werden. Das Spray muss einige Minuten einwirken und die Wirkung hält etwa zehn bis 15 Minuten an.

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Gel

Xylocain wird auch als Bestandteils eines Gleitgels eingesetzt, welches das Einsetzen von Endoskopen, Beatmungsschläuchen und Blasenkathetern erleichtert. Die Anwendung dieses Gels soll ein einfacheres Gleiten ermöglichen und die Verletzungsgefahr mindern, andererseits soll der Zusatz von Xylocain einen betäubenden Effekt bei den als unangenehm empfundenen Eingriffen bewirken.

Wirkstoff und Wirkung von Xylocain

Der Name des Wirkstoffes lautet LidocainXylocain ist nur der in Deutschland meistverwendete Handelsname. Xylocain wirkt über die Blockade von Natriumkanälen in der Zellmembran von Nervenfasern. Diese Natriumkanäle sind entscheidend für die elektrische Weiterleitung von Signalen in Nervenzellen. Da temperatur-und schmerzweiterleitende Fasern dünner und einfacher zu durchdringen sind als Fasern, die Berührung oder Bewegung vermitteln, werden bei einer Betäubung mit Xylocain zunächst Temperatur und Schmerz nicht mehr wahrgenommen, vollständiger Gefühlsausfall und Muskellähmung treten erst bei höherer Konzentration auf.

Wird Xylocain nicht lokal, sondern über das Blutsystem im gesamten Körperkreislauf angewandt, wirkt es auch auf Natriumkanäle im Herzen und Gehirn. Daher wird Xylocain auch als Medikament gegen Herzrhythmusstörungen eingesetzt und kann bei versehentlicher Injektion in ein Blutgefäß oder bei Überdosierung Störungen dieser Organe hervorrufen. Eine häufig eingesetzte Kombination ist Xylocain und Adrenalin. Adrenalin wirkt hier stark durchblutungsmindernd, sodass das Xylocain stärker lokal wirkt und weniger in das Blutsystem übertritt.

Nebenwirkungen

Häufige Nebenwirkungen der Injektion von Xylocain sind Hautreizung, Rötungen und Brennen, die bei Einsetzen der Betäubung meistens verschwinden. Außerdem kann es zu Schmerzen und Blutdruckanstieg kommen. Seltene Nebenwirkungen sind Überempfindlichkeitsreaktionen mit Nesselsucht und Nebenwirkungen am Herzen und Gehirn bei versehentlicher Injektion in ein Blutgefäß. Diese Nebenwirkungen umfassen anhaltendes Schwindelgefühl, Kribbeln, Ohrgeräusche, Orientierungslosigkeit, Sehstörungen, Zittern, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Atmungsstörungen, Wassereinlagerungen im Gewebe, Blutdruckabfall, Verstärkung einer Herzrhythmusstörung, Kreislaufstörungen, Atemwegskrämpfe, Atemnot, anhaltende Lähmungen und Empfindungsstörungen. Bei zu hoher Dosierung kann Xylocain tödlich wirken.

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Dosierung

Die Dosierung von Xylocain hängt stark vom Einsatzzweck und der Anwendungsform ab. Grundsätzlich muss zwischen einer lokalen Anwendung als Betäubungsmittel und einer Anwendung von Xylocain als herzwirksames Medikament bei intravenöser Verabreichung unterschieden werden - bei Letzterer beträgt die empfohlene Dosierung etwa 1-1,5mg/kg Körpergewicht, bei 80kg Körpergewicht entsprechen das 120mg.

Bei lokaler Betäubung ist ein systemischer Effekt ausdrücklich unerwünscht. Geringe Mengen des Medikamentes gelangen jedoch stets in den Kreislauf,dieser Effekt ist bei verschiedenen Wirkorten unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei Anwendung in schlecht durchblutetes Unterhautfettgewebe gelangt weniger Wirkstoff in den Kreislauf als beispielsweise bei der Anwendung in das Rippenfell. Die allgemeine Empfehlung lautet, eine Tagesdosis von 200mg nicht zu überschreiten. Wird Xylocain zusammen mit Adrenalin injiziert, das die Durchblutung lokal verringert, kann eine Gesamtdosis von 500mg verabreicht werden. Bei diesen Richtwerten für Erwachsene sollten allerdings individuelle Eigenschaften wie das Körpergewicht mitberücksichtigt werden.

Xylocain wird je nach Verwendungszweck  als 0,5-5%ige Injektionslösung oder Salbe angewandt.

Preis

Xylocain ist nicht patentgeschützt und daher auch als Generikum erhältlich. Der Preis hängt von der Darreichungsform und dem Hersteller ab.

Kann man Xylocain rezeptfrei kaufen?

Xylocain ist grundsätzlich wie alle Lokalanästhetika aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen verschreibungspflichtig. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regel, so sind xylocainhaltige Medikamente zur Anwendung auf der Haut und Schleimhaut rezeptfrei erhältlich, solange sie nicht zur Anwendung am Auge, am äußeren Gehörgang und zur Behandlung von Schmerzen nach einer Herpes-zoster-Infektion bestimmt sind. Xylocain mit Konzentrationen bis 2% zum Setzen von Quaddeln im Rahmen einer Neuraltherapie sind ebenfalls von der Rezeptpflicht ausgenommen und Xylocain zur Injektion bei Dammschnitten und Dammrissen darf an Hebammen und Entbindungspfleger abgegeben werden.

Alternativen zu Xylocain

Zur Lokalanästhesie kann alternativ zu Xylocain auch eines der zahlreichen anderen Lokalanästhetika verwendet werden. Diese unterscheiden sich beispielsweise in der Anschlagszeit, der Wirkdauer und dem Vermögen, in unterschiedliche Gewebe einzudringen. Bei Allergien gegen Xylocain ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein Lokalanästhetikum vom Amidtyp handelt. Alternativ wäre daher ein Lokalanästhetikum vom Estertyp wie Procain anzuwenden. Allerdings haben diese insgesamt ein höheres allergenes Potenzial als Xylocain. Außerdem beruhen allergische Reaktionen auf Xylocain meist auf zusätzlichen Substanzen in den Medikamenten.

Eine grundsätzliche Alternative zur Anwendung von Lokalanästhetika ist natürlich die Vollnarkose, wobei diese aufgrund der Risiken bei kleinen Eingriffen sehr zurückhaltend eingesetzt werden sollte. Als Medikament gegen Herzrhythmusstörungen gibt es verschiedene Alternativen. So können je nach Rhythmusstörungen Medikamente wie Ajmalin, Amiodaron oder Propafenon verwendet werden. Eine weitere Alternative ist die elektrische antiarrhythmische Therapie mit einem implantierbaren Herzschrittmacher/Defibrillator.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 12.10.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021