Therapie des Eierstockkrebses

Synonyme im weiteren Sinne

  • Ovarialtumor
  • Eierstocktumor

Medizinisch: Ovarial Karzinom

Englisch: ovarian cancer

Definition

Bei dem Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) handelt es sich um eine bösartige (maligne) Geschwulst der Eierstöcke, die einseitig oder auch beidseits auftreten kann.

Man unterscheidet die Art des Eierstockkrebes anhand seines feingeweblichen (histologischen) Bildes.
Somit unterteilt man die Tumoren in

  • epiheliale Tumoren
  • Keimzelltumoren sowie
  • Keimstrang – und Stromatumoren.

Epitheliale Tumoren sind Tumoren, die von den Zellen der Oberfläche der Eierstöcke ausgehen. Sie machen ungefähr 60 % aller bösartigen Eierstocktumoren aus. Die von den Keimzellen der Embryonalentwicklung (Leibesfruchtentwicklung) ausgehenden Keimzelltumoren haben einen Anteil von etwa 20 % an allen bösartigen Eierstocktumoren. Stromatumoren sind sich vom Eierstockgewebe aus entwickelnde Tumoren, die mit einem Anteil von ca. 5 % an allen bösartigen Eierstocktumoren vertreten sind. Des Weiteren sind ungefähr 20 % der bösartigen Eierstocktumoren Absiedlungen von Zellen aus einem Tumor, der ursprünglich an einem anderen Ort entstanden ist (Metastasen). Die Metastasen treten meistens beidseits auf und stammen zu ungefähr 30 % von einem Gebärmutterkrebs (Uteruskarzinom) und zu ca. 20 % von einem Brustkrebs (Mammakarzinom) oder Krebs aus dem Magendarmtrakt (gastrointestinales Karzinom) ab.

Lesen Sie dazu auch unser allgemeines Thema Eierstockkrebs.

Diagnose

Zu den diagnostischen Maßnahmen zählen:

  • Anamnese (Krankengeschichte)
  • Körperliche (Klinische)/gynäkologische Untersuchung
  • Sonographie
  • Laborwerte / Tumormarker
  • Bildgebung / Röntgenbild

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Gynäkologische Untersuchung

Krankengeschichte (Anamnese)

Die Diagnosensicherung beginnt mit dem Patientengespräch (Anamnese), in dem der Arzt anhand der von der Patientin dargestellten Symptome eine Vermutung äußert und auf einen möglichen Eierstockkrebs schließen kann.
Um abzuklären, ob es sich wirklich um einen Eierstockkrebs handelt oder ob sich hinter den Symptomen etwas anderes verbirgt, muss der Arzt weitere Untersuchungen veranlassen.

Körperliche Untersuchung

Die klinische Untersuchung kann weitere Hinweise auf die Erkrankung geben. Üblich ist es, dass der Arzt zunächst den Bauch (Abdomen) abtastet (palpiert). Dabei kann er beim Vorliegen eines Eierstockkrebses manchmal bereits eine Verdickung im Bereich der Eierstöcke ertasten. Anschließend sollte eine zweihändige Abtastung (bimanuelle Palpation) erfolgen. Das bedeutet, dass der Arzt mit einem oder zwei Fingern der einen Hand die Scheide (Vagina) und den Gebärmutterhals (Cervix uteri; siehe auch Gebärmutterhalskrebs) abtastet und gleichzeitig mit der anderen Hand von außen im Bereich der Gebärmutter (Uterus) und der Eierstöcke und Eileiter (Adenexe) tastet. So können ebenfalls abnorme Gewebeanteile ertastet werden. Die Abtastung des Enddarms (rektale Untersuchung) sollte weiterhin erfolgen, um dort eine Tumorabsiedlung zu erkennen. Gibt die körperliche (klinische) Untersuchung weiterhin Hinweise auf einen Eierstockkrebs, so folgt die bildliche Darstellung der inneren Geschlechtsorgane.

Sonographie

Mittels Ultraschall / Sonographie können zum einen von außen Veränderungen der Eierstöcke (Ovarien), der Gebärmuter (Uterus) und die sich in der Nähe befindlichen Lymphknoten auf Auffälligkeiten untersucht werden. Zum anderen sollte der behandelnde Arzt einen Blick auf die umliegenden Organe werfen, um gegebenenfalls bereits vorhandene Krebszellabsiedlungen (Metastasen) nicht zu übersehen.
Geschallt werden sollte somit noch der Darm (Colon)(soweit möglich), die Leber (Hepar), die Milz (Splen) und die Niere (Ren).

Ergänzen sollte eine Ultraschalluntersuchung durch die Scheide (Vagina) erfolgen (transvaginale Sonographie). Dazu wird eine spezielle Ultraschallsonde in die Scheide eingeführt. Da die Eierstöcke beidseits der Gebärmutter liegen kann mithilfe dieser Ultraschallsonde ein Blick auf die Eierstöcke geworfen werden. Beurteilt werden selbstverständlich auch die Scheide und die Gebärmutter.
Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie auch unter: Ultraschall / Sonographie

Laborwerte

Unter Zuhilfenahme der Blutwerte / Laborwerte kann die Funktion der Organe (Leber, Niere etc.) beurteilt werden. Außerdem kann eine Aussage über eine Entzündung im Körper anhand von Entzündungswerten gemacht werden.
Von besonderem Interesse beim Eierstockkrebs sind zudem so genannte Tumormarker für den Eierstockkrebs. Das sind spezielle Laborwerte, die bei einigen Patientinnen im Verlauf der Tumorerkrankung erhöht sind. Aus der Höhe dieser Werte kann man allerdings nicht auf die Größe oder gar die Bösartigkeit (Malignität) des Tumors schließen. Die Tumormarker sind erst in der Verlaufsbeobachtung wichtig, da man dann aufgrund von Veränderungen des Wertes eine Aussage über das Verhalten des Tumors machen kann. Erhöhungen der Werte deuten auf weiteres Wachstum (Proliferation) des Tumors hin; der Abfall der Werte lässt auf ein Kleinerwerden des Tumors schließen. Bei gleich bleibenden Tumormarkerwerten kann man darauf spekulieren, dass der Tumor weder wächst noch schrumpft.

Der am häufigsten vorhandene Tumormarker für den Eierstockkrebs ist CA 125. Starke Erhöhungen dessen finden sich insbesondere beim serösen Eierstockkrebs. CA 125 kann allerdings auch bei gutartigen Eierstocktumoren oder bei Entzündungen innerhalb der Bauchhohle (intraabdominell) erhöht sein. Weitere Tumormarker, die ermittelt werden können sind CEA, CA 19-9 und CA 72-4. Diese Tumormarker sind jedoch auch bei anderen Tumoren wie beispielsweise dem Darmkrebs (Colon-Karzinom) oder Entzündungen im Bauchraum erhöht. Sie geben somit nur einen Anhalt für das Vorliegen des Eierstockkrebses. Andere krankhafte (pathologische) Vorgänge im Körper müssen ausgeschlossen werden. AFP (Alpha-Fetoprotein) ist ein sehr spezifischer Tumormarker, der beim Dottersacktumor erhöht ist. hCG (humanes Choriogonadotropin), ein Hormon, das normalerweise während einer Schwangerschaft vom Fetus gebildet und somit im Blut erhöht ist, ist beim Chorionkarzinom, das ja von den embryonalen Zellen abstammt, ebenfalls erhöht.

Zusammenfassung Laborwerte / Tumormarker die beim Ovarialkarzinom erhöht sein können:

  • CA 125
  • CEA
  • CA 19-9
  • CA 72-4
  • AFP
  • hCG

Bildgebung

Röntgenbild

Wird ein Röntgenbild der Lunge gemacht, so können Krebszellabsiedlungen (Metastasen) erkannt werden.

Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT)

Die Computertomographie ist eine radiologische Darstellung des Körpers, in welcher der Organismus in verschiedenen Schichten betrachtet werden kann.
Diese Untersuchungen sind jedoch nicht immer notwendig. Der behandelnde Arzt muss nach Beurteilung seiner zuvor ermittelten Daten erwägen, ob eins dieser beiden bildgebenden Verfahren noch neue Erkenntnisse bringen kann und sinnvoll ist.

Die Magnetresonanztomographie stellt den Organismus ebenfalls in mehreren Schichten dar, allerdings werden hierbei keine Röntgenstrahlen sondern Magnetfelder verwendet. Mittels Computertomographie und Magnetresonanztomographie kann der Arzt noch genauer beurteilen, ob ein Eierstockkrebs vorliegt und in welchen Organen womöglich Krebszellabsiedlungen (Metastasen) vorhanden sind.

Alternative Erkrankungen (Differenzialdiagnose)

Die wenigen Symptome, die bei dem Eierstockkrebs auftreten können, ebenso wie die Raumforderungen in Bereich des Unterleibes können auch einer anderen Ursache entspringen:

können weiterhin zu Raumforderungen führen. Auch können vom Enddarm (Rectum = Enddarmtumor / Rektumtumor) ausgehende Zellen in die Eierstöcke eindringen (infiltrieren) und so einen Eierstockkrebs vortäuschen.

Therapie epithelialer Eierstocktumoren

Die Therapie der epithelialen Eierstocktumoren basiert grundsätzlich auf einer radikalen Operation in Kombination mit einer sich anschließenden Chemotherapie.
Durch die Operation wird versucht den Tumor vollständig zu entfernen (resizieren). Das Prinzip der radikalen Operation ist, dass man über einen Längsschnitt am Bauch (abdominaler Längsschnitt) die Eierstöcke (Ovarien), die Eileiter (Tubae uterinae), die Gebärmutter (Uterus), den Blinddarm (Wurmfortsatz, Appendix), das große Netz (Omentum majus) sowie im Becken (Pelvis) und an der Hauptschlagader (Aorta) gelegene (lokalosierte) Lymphkonten (Nodi lymphatici) entfernt. Manchmal ist auch eine Entfernung eines Teils des Darms (Colon) ebenso wie Teile des Bauchfells (Peritoneums) notwendig.

Die Chemotherapie erfolgt im Anschluss an die Operation, um verbliebene Krebszellen soweit wie möglich abzutöten.
In der Regel werden folgende Chemotherapeutika eingesetzt: Carboplatin, Cyclophosphamid und Paclitaxel.

Des Öfteren werden zusätzlich operative Folgeeingriffe durchgeführt.
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn bei einem primären operativen Eingriff (Ersteingriff) der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte. Es sollten immer einige Zyklen der Chemotherapie der primären Operation folgen bevor die zweite Operation mit dem Ziel der vollständigen Tumorentfernung durchgeführt wird. Sinnvoll ist es jedoch auch nur den zweiten Eingriff durchzuführen, wenn die Chemotherapie gut anschlägt. In Studien wurde festgestellt, dass sich die Überlebensrate der Patientinnen mit einer zweiten Operation nicht verbessert, wenn die zuvor durchgeführte Chemotherapie schlecht oder gar nicht anschlägt.

Manchmal wird ein zweiter Eingriff auch ausschließlich aus diagnostischen Gründen gemacht. Dieser Eingriff wird dann als Second – Look - Operation bezeichnet.
Kam es vorher durch die erste Operation und die sich anschließende Chemotherapie zu einer nachgewiesenen vollständigen Tumorrückbildung, so wird in einem zweiten Eingriff überprüft, ob doch noch Tumorreste vorhanden sind.
In 50% der als zuvor als tumorfreien bezeichneten Patientinnen kann in diesem zweiten Eingriff noch ein Resttumor gefunden werden. In Studien wurde jedoch keine Vorteile für die Patientinnen nach einer Second – Look – Operation festgestellt.
Auch, wenn man einen Resttumor in dem zweiten Eingriff findet, so ist das Anschlagen einer erneuten Chemotherapie und die Verlängerung der Überlebenszeit durch diese fraglich.

Ein zweiter Eingriff wird ebenfalls beim erneuten Auftreten des Krebses nach Entfernung des Ersttumors durchgeführt. Man spricht dann von einem Tumorrezidiv. Es werden Frührezidive von Spätrezidiven unterschieden. Von Frührezidiven spricht man, wenn der Tumor innerhalb eines Jahres nach Entfernung des Primärtumors erneut wächst. Spätrezidive treten nach über einem Jahr nach der Entfernung des Primärtumors auf.

Lesen Sie dazu auch unsere Seite Entfernung der Eierstöcke.

Therapie der Stromatumoren

Ist der Tumor noch sehr klein und besteht bei der Frau noch ein Kinderwunsch, ist es möglich nur den vom Tumor befallenen Eierstock mit dem zugehörigen Eileiter zu entfernen. Wenn die Familienplanung jedoch abgeschlossen ist bzw., wenn der Tumor groß ist, so wird eine radikale Operation wie bei den epithelialen Tumoren durchgeführt (s.o.). Anschließend werden Stromatumoren mit hochdosierten Röntgenstrahlen bestrahlt, da sie strahlensensibel sind. Sollte der Stromatumor auf die Strahlentherapie nicht ansprechen, kann ein Versuch zur Reduktion des Tumors mit Chemotherapie gemacht werden.

Therapie von Keimzelltumoren

Ist der Tumor auf einen Eierstock beschränkt, so wird bei Keimzelltumoren üblicherweise der Eierstock und der Eileiter auf der befallenen Seite entfernt (Adenektomie). Anschließend wird eine Chemotherapie mit den Chemotherapeutika Etopsid, Bleoycin und Cisplatin durchgeführt. Da Dysgerminome im Gegensatz zu den anderen Keimzelltumoren strahlensensibel sind, werden diese postoperativ mit 30- 40 Gy bestrahlt.

Konsequenz der Therapie

Jede Operation, Chemo- und Strahlentherapie zieht selbstverständlich Nebenwirkungen und Konsequenzen mit sich. Im Folgenden soll allerdings nur auf einige davon eingegangen werden.

Werden bei jüngeren Frauen jenseits der Wechseljahre (Klimakterium) die Eierstöcke entfernt, so fehlen die in den Eierstöcken gebildeten Sexualhormone. Dadurch kann es zu vorzeitigen Erscheinungen der Wechseljahre mit Schweißausbrüchen und Hitzewallungen, Verstimmungen und Depression sowie Schlafstörung kommen. Bei diesen Patientinnen können durch Medikamenteneinnahme die Sexualhormone ersetzt (substituiert) und diese Symptomatik verhindert werden.

Werden außerdem beide Eierstöcke entfernt, so ist eine natürliche Schwangerschaft ausgeschlossen, was gerade für jüngere Frauen dramatisch sein kann. Als "Kompromiss" können vor Therapiebeginn Eizellen eingefroren und bei einem Kinderwunsch künstlich befruchtet werden. So kann es trotz Entfernung der Eierstöcke möglich sein Mutter zu werden.

Lesen Sie mehr zum Thema: Eizellen einfrieren

Durch Einsatz der Chemotherapie kann es zudem zu weiteren Symptomen kommen.
Die Chemotherapeutika wirken besonders auf sich schnell teilende Zellen. Das sind in der Regel die Krebszellen, aber auch Darm-, Haar und Blutzellen. Durch die Chemotherapeutika werden also auch die anderen gesunden Zellen irritiert und teilweise zerstört.
Dies kann sich in Störungen der Darmfunktion mit Erbrechen und Durchfällen, im Haarausfall, erhöhter Infektanfälligkeit und Blutarmut (Anämie) äußern.

Nachsorge

In Anschluss an eine Behandlung eines Eierstocktumors (Ovarialkarzinom) sollte regelmäßig eine Nachsorgeuntersuchung erfolgen. In den ersten beiden Jahre nach der Therapie sollte sich die Patientin alle drei Monate, im dritten bis fünften Jahr nach der Behandlung halbjährig und ab den fünften Jahr nach Abschluss der Therapie jährlich einer untersuchen lassen.

Besonders sollte die Patientin auch selbst darauf achten, ob Verdauungsprobleme, gravierende Gewichtsveränderungen oder Zunahme des Bauchumfanges auftreten. Auch ein deutlicher Leistungsabfall sollte bemerkt und dem behandelnden Arzt mitgeteilt werden.

In den Nachsorgeuntersuchungen sollte die Patientin nach Schilderung ihres Befindens auf Veränderungen im Bauch (Abdomen) abgetastet und geschallt (Ultraschall / Sonographie) werden. Auch sollten eine Untersuchung der Lunge sowie eine gynäkologische Untersuchung erfolgen.
Die gynäkologische Untersuchung sollte in Form einer Tastuntersuchung stattfinden mit anschließendem Ultraschall der Scheide (transvaginale Sonographie). Wichtig ist ebenfalls die Tastuntersuchung des Enddarms (Rectum).

Einen wichtigen Stellenwert in der Verlaufsbeobachtung spielen auch die Tumormarker so wie beispielsweise CA 125. Bei steigendem Tumormarkern ist es ratsam eine Computertomographie (CT) durchzuführen, um mögliche Rezidive (erneutes Tumorwachstum) frühzeitig zu erkennen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.05.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021