Bein kribbelt - Was steckt dahinter?

Was versteht man unter einem kribbelnden Bein?

Ein kribbelndes Bein ist ein typisches Beispiel für eine Gefühls- oder Empfindungsstörung.

In der Fachsprache bezeichnet man dies als Sensibilitätsstörung, genauer gesagt als Parästhesie. Eine solche Missempfindung entsteht auf der Körperoberfläche, dort liegen Nervenendigungen in der Haut. Diese sind eigentlich dafür da, bestimmte Reize (zum Beispiel Berührung) entlang der dazugehörigen Nervenbahn ins Gehirn weiterzuleiten. Wird diese Nervenbahn (= Nerv) in ihrem Verlauf irgendwo geschädigt, kann dieses Kribbeln ausgelöst werden. Von den Patienten wird es oft ganz unterschiedlich beschrieben, manche berichten über ein Ameisenlaufen auf den Beinen. Andere sprechen von einem Brennen oder elektrisierenden Gefühl.

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Ursachen

Die Ursache für ein kribbelndes Bein ist eine Nervenstörung. Der Nerv, der die Haut an dem Bein versorgt, wird gereizt. Meist kann dies entlang seines gesamten Verlaufes geschehen (z.B. durch einen Bandscheibenvorfall auf Rückenmarksebene).

Eine andere Grunderkrankung, die hierzu führen kann sind Durchblutungsstörungen. Kommt es aufgrund einer Gefäßerkrankung zu einer verminderten Durchblutung der Beine, werden auch die Nerven nicht genügend mit Blut versorgt. Dies führt oft zu brennendem Kribbeln und anderen schmerzhaften Sensibilitätsstörungen.

Außerdem kann ein Restless Legs Syndrom ein Kribbeln am Bein verursachen. Bei dieser Erkrankung tritt das Symptom vor allem nachts auf. Auch bei der Fibromyalgie, einer Autoimmunerkrankung, kann es neben Schmerzen zum Kribbeln in den unteren Extremitäten kommen. Chronischer Alkoholkonsum oder ein Vitamin-B12-Mangel führt durch eine fehlerhafte Regeneration der Nerven und ihren schützenden Strukturen zu eben solchen Beschwerden.

Nicht zuletzt sollte man an Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus und an Krankheiten des Zentralnervensystems (Multiple Sklerose, Schlaganfall, Parkinson-Krankheit) denken.

Bandscheibenvorfall der LWS

Probleme im Wirbelsäulenbereich führen sehr oft zu Kribbeln in den Beinen.

Zum einen können bereits harmlose Muskelverspannungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule zu diesen Missempfindungen führen. Auch eine Verengung des knöchernen Kanals, durch den der Spinalnerv aus der Wirbelsäule austritt (Spinalkanalstenose) führt zu diesen Beschwerden.

Es muss daher nicht immer ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule die Ursache sein. Bestehen jedoch zusätzlich zu einem kribbelnden Bein Rückenschmerzen, sollte man dringend einen Arzt aufsuchen. Durch die vorgewölbten Anteile der Bandscheibe kommt es zu Druck auf die aus dem Rückenmark austretenden Nerven. Dies führt zu einem zu einem Kribbeln in den Beinen. Zum anderen kann es im Verlauf aber auch zu Bewegungseinschränkungen und Lähmungen führen. In diesem Fall wird im Verlauf meistens ein operativer Eingriff durchgeführt. Das vorgewölbte Bandscheibengewebe wird entfernt. So wird der Druck auf die Nervenfasern entlastet. 

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Kann das eine Thrombose sein?

Bei einer Thrombose handelt es sich um einen Verschluss eines Gefäßes mit einem Blutgerinnsel. Dieses tritt sehr häufig in den tiefen Beinvenen auf. Man spricht dann von einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT).

Eine Thrombose führt meist zu einer Schwellung der betroffenen Extremität. Oft ist das Bein auch gerötet und leicht überwärmt. Zudem bestehen Schmerzen, von manchen Patienten werden diese auch nur als ein Spannungsgefühl beschrieben. Es kann daher sicher auch ein Kribbeln auftreten. Man kann also festhalten, dass ein kribbelndes Bein kein klassisches Symptom für eine Thrombose ist. Allerdings sollte man wissen, dass nur bei circa 50% der Patienten diese klassischen Thrombosezeichen zutreffend sind.

Multiple Sklerose

Hinter einem kribbelnden Bein könnte sich auch ein Anfangssymptom einer Multiplen Sklerose verbergen. Bei dieser Erkrankung klagen die Betroffenen nicht selten über Kribbeln und Taubheitsgefühle im Gesicht und an den Gliedmaßen.

Die Erkrankung kann sich mit zahlreichen Symptomen manifestieren, je nachdem welche Stelle im zentralen Nervensystem vom Abbau der Myelinscheiden betroffen ist. Neben Sensibilitätsstörungen sind Sehstörungen das zweithäufigste Symptom bei diesen Patienten. Um die Diagnose einer Multiplen Sklerose stellen zu können muss man Symptome, Verlauf und mit einer bildgebenden Untersuchung des Gehirns zusammen beurteilen.

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Diagnose

Grundlage für die Diagnosestellung ist immer eine ausführliche Anamnese. Wann treten die Beschwerden auf? Sind diese nur vorübergehend oder dauerhaft? Gibt es noch begleitende Symptome?

Nach der Anamnese schließt sich dann eine körperliche Untersuchung an. Der Arzt wird das Bein betrachten, die Wirbelsäule untersuchen, sowie eine kurze neurologische Untersuchung durchführen. Je nach Verdachtsdiagnose nach diesen beiden Schritten werden weitere Maßnahmen ergriffen. Häufig werden bei solchen Symptomen die Nervenleitgeschwindigkeiten gemessen, um einen potentiellen Nervenschaden zu objektivieren. Bei Verdacht auf eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, wird ein MRT vom Gehirn veranlasst. Vermutet der Arzt eher einen Bandscheibenvorfall, erfolgt eine bildgebende Darstellung der Wirbelsäule.

Begleitende Symptome

Je nach Ursache der Nervenstörung wird das Kribbeln im Bein noch durch zahlreiche andere Symptome begleitet. Dies können zum einen Schmerzen sein. Diese entstehen ebenfalls durch die Nervenreizung entlang der Gliedmaßen.

Ist die Ursache ein Bandscheibenvorfall in der LWS treten Rückenschmerzen als Begleitsymptome auf. Bei ausgedehnteren Bandscheibenvorfällen kann es immer auch zu Lähmungen oder Störungen der Blasen-Mastdarmfunktion kommen.

Verbirgt sich hinter dem kribbelnden Bein eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, beispielsweise Multiple Sklerose, leidet der Patient unter weiteren neurologischen Symptomen wie Sehstörungen, Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen in anderen Bereichen des Körpers. Auch bei einer Fibromyalgie kommen Schmerzen am Bewegungsapparat als weitere Symptome hinzu. Eine Polyneuropathie an den Beinen, z.B. durch Alkohol oder Vitamin B12 Mangel, führt oft neben kribbelnden Beinen auch zu Gangstörungen.

Schmerzen

Patienten, die über ein Kribbeln im Bein berichten, geben auch als Begleitsymptom Schmerzen an. Dies kann oft nicht genau differenziert werden.

Das Kribbeln im Bein entsteht meist durch einen Nervenschaden. Dieser kann nur vorübergehend sein. Nichts desto trotz führt ein Nervenschaden meist auch zu Schmerzen. Nervenschmerzen werden jedoch oft nicht wie klassische Rücken- oder Kopfschmerzen wahrgenommen. Die meisten Patienten erleben sie als viel unangenehmer, als ein brennendes und stechendes Gefühl. Mit regulären Schmerzmitteln (wie Ibuprofen oder Paracetamol) sind solche Nervenschmerzen auch nur schwer behandelbar. Daher sollte man zunächst nach der Ursache für die Beschwerden forschen. Kann man diese nicht oder nur unzureichend behandeln, werden spezielle Nervenschmerzmittel (meist Antidepressiva oder Neuroleptika) eingesetzt. 

Situationsabhängiges Kribbeln am Bein

Bein kribbelt nur nachts

Kribbeln in den Beinen verbunden mit einem zwanghaften Bewegungsdrang und unruhigen Beinen sind Hinweise für ein Restless-Legs-Syndrom (RLS). Typischerweise treten die Beschwerden vor allem nachts auf und bessern sich bei Bewegung. Die Ursachen für die Erkrankung sind noch nicht vollständig erforscht, man geht am ehesten von einem gestörten Dopaminstoffwechsel im Gehirn aus. In seltenen Fällen gibt es weitere Ursachen, die die Entstehung eines Restless-Legs-Syndrom begünstigen wie ein Eisenmangelperniziöse Anämie, terminale Niereninsuffizienz, die Parkinson-Krankheit, Rheumatoide Arthritis, spezielle Medikamente wie Antidepressiva oder Neuroleptika oder auch eine Schwangerschaft.

Die Diagnose kann meist schon anhand der typischen Symptome gestellt werden. Häufig wird auch ein Therapieversuch mit L-Dopa begonnen worunter sich die Beschwerden meist rasch besser. Doch die Ursache für ein nächtliches Beinkribbeln kann auch weitaus harmloser sein: Durch eine falsche Schlafposition wird ein Hautnerv gereizt, was dem Gehirn rückgemeldet und vom Patienten als Kribbeln wahrgenommen wird.

Bein kribbelt im Liegen

Ursache für ein Bein Kribbeln im Liegen ist eine Nervenstörung. Bei der Meralgia paraesthetica wird der äußere Hautnerv am Oberschenkel unter dem Leistenband eingeengt. Dies wird durch zu enge Kleidung, eine Schwangerschaft und Übergewicht begünstigt. Auch zu enge Sitzgurte im Auto sind dafür verantwortlich.

Symptome sind Missempfindungen an der vorderen Oberschenkelaußenseite. Diese treten zu Beginn meist im Liegen auf oder auch bei gestrecktem Hüftgelenk. Kommt es zu einer Hüftgelenksbeugung verbessert sich die Symptomatik meistens augenblicklich. Eine operative Dekompression des Nervens ist möglich. Man sollte jedoch zunächst auslösende Faktoren beseitigen. Oft bilden sich die Symptome auch spontan zurück. Bevor man über eine Operation nachdenkt, besteht auch noch die Möglichkeit Schmerzmittel (lokale Betäubungsmittel) oder Kortison mit einer dünnen Nadel in die Umgebung des Nervens zu injizieren. Auch eine allgemeine Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (z.B. Ibuprofen) kommt in Frage.

Bein kribbelt im Sitzen

Kribbelt das Bein im Sitzen ist die Ursache meistens eine Nervenschädigung durch mechanischen Druck. Sitzt man besonders lange in einer ungünstigen Sitzposition fangen die Beine an zu Kribbeln. Dies ist ein relativ typisches Symptom. Es ist meistens harmlos. Verändert man seine Sitzposition nämlich oder steht man auf und bewegt sich, verschwindet das Kribbeln schnell wieder, weil der Druck auf den Nerv nachlässt. Trotzdem gilt, sollten die Symptome öfter auftreten ist eine Vorstellung beim Hausarzt sinnvoll.

Bein kribbelt beim Einschlafen

Beim Einschlafen kann es auch gelegentlich zum Kribbeln in den Beinen kommen.

In den meisten Fällen handelt es sich um eine kurzfristig gestörte Nervenleitung. Dies ist oft durch eine ungünstige Schlafposition bedingt. Durch eine Bewegungsänderung verschwinden die Symptome dann auch schnell wieder. Dennoch können auch schwerwiegendere Erkrankungen dahinter stecken. Warnzeichen sind zum Beispiel ein gehäuftes Auftreten und weitere Begleitsymptome. Auch wenn sich das Bein Kribbeln nicht mehr spontan zurückbildet sollte man einen Arzt aufsuchen.

Bein kribbelt nach Sport

Kribbeln der Beine nach dem Sport kann zum einen durch einen Mangel an Magnesium oder Kalium hervorgerufen werden. Es kann sich aber auch um Vorboten eines Muskelkaters handeln. In den meisten Fällen ist es daher harmlos. Sollte es jedoch gehäuft auftreten oder sich nicht mehr zurückbilden ist eine Vorstellung beim Hausarzt sinnvoll. Es können immer auch andere Ursachen z.B. eine Störung der Nervenleitung vorliegen. Nach einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung kann der Hausarzt jedoch meistens Entwarnung geben.

Therapie

Für ein kribbelndes Bein gibt es zahlreiche Ursachen. Letztlich wird es meist durch eine Nervenstörung bedingt. Als erstes sollte daher festgestellt werden, woher die Nervenstörung kommt. Wird der Nerv nur vorübergehend durch eine falsche Position geschädigt, verschwinden die Symptome nach einem Lagewechsel rasch wieder. In diesem Fall ist keine spezifische Behandlung mehr nötig.

Ist es jedoch eine vorgewölbte Bandscheibe, die auf den Nerv oder Teile des Rückenmarks drückt, muss der Patient vielleicht sogar operiert werden. Nur durch die Entfernung des vorgewölbten Bandscheibengewebes wird der Nerv entlastet. Oft sind Sensibilitätsstörungen am Bein auch die ersten Vorboten für eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Liegt eine Multiple Sklerose als Ursache für die Nervenstörung vor, würde man diese mit Kortison behandeln. Bei Verdacht auf einen Schlaganfall, würde der Patient sofort in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Eine blutverdünnende Therapie würde begonnen werden. Stellt man als Ursache für die Beschwerden die Diagnose eines Restless-Legs-Syndroms, ist eine medikamentöse Behandlung mit L-Dopa notwendig. Letzten Endes gibt es keine allgemeingültigen Prinzipen für die Behandlung eines kribbelnden Beins. Es gilt die Ursache zu finden und diese entsprechend zu behandeln.

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Dauer

Meistens handelt es sich bei Beinkribbeln um ein zeitlich begrenztes Gefühl, das nach einer gewissen Zeit wieder verschwindet. Eigentlich zeigt uns der Nerv durch das Kribbeln an, dass er sich in einer misslichen Lage befindet und befreit werden möchte. In den meisten Fällen wird der Nerv durch mechanischen Druck geschädigt. Verändert man seine Lage, ist das Problem meist behoben. Wird der Druck jedoch nicht vom Nerven genommen, entwickelt sich im Verlauf ein Taubheitsgefühl im Bein.

Prognose

Die Prognose kribbelnder Beine ist von deren Ursache abhängig und daher sehr unterschiedlich. In den meisten Fällen handelt es sich bei Beinkribbeln um eine harmlose Nervenstörung, die nach einem kurzen Zeitraum von selbst wieder verschwindet. Ist die Nervenstörung jedoch Symptom von einem Bandscheibenvorfall oder einer Multiplen Sklerose, ist die Prognose deutlich anders. Auch ein Restless-Legs-Syndrom kann kribbelnde Beine verursachen. Die Erkrankung kann gut behandelt werden, ist jedoch nicht heilbar.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.12.2017 - Letzte Änderung: 06.11.2021