Blutdruckschwankungen

Definition - Was sind Blutdruckschwankungen?

Unter dem Begriff Blutdruckschwankungen versteht man, dass der Blutdruck zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Werte annimmt. Diese können sowohl physiologisch, also natürlicherweise, als auch krankheitsbedingt auftreten.
Zu den physiologischen Blutdruckschwankungen zählen die Schwankungen erster und zweiter Ordnung. Bei ersteren handelt es sich um die unterschiedlichen Blutdruckwerte während Systole und Diastole. Blutdruckschwankungen zweiter Ordnung beschreiben die Variabilität des Blutdruckes während dem Ein- und Ausatmen. Auch in der Nacht oder in Stresssituationen reagiert der menschliche Kreislauf mit Blutdruckänderungen.
Jedoch kann es auch sein, dass krankheitsrelevante Prozesse zu Blutdruckschwankungen führen. Diese können zu Schwindel oder sogar zum Bewusstseinsverlust führen.  

Ursachen

Zu den natürlicherweise vorkommenden Blutdruckschwankungen zählen die Blutdruckschwankungen erster und zweiter Ordnung. Der Herzschlag ist unterteilt in Systole und Diastole. Dabei beschreibt die Systole die Anspannungsphase des Herzens sowie die Phase, in der das Blut in den Kreislauf ausgeworfen wird. Die Diastole ist die Entspannungsphase des Herzens. Wird der Blutdruck gemessen, werden zwei Werte angegeben, beispielsweise weist jemand einen Blutdruck von 120/80 (gesprochen 120 zu 80) auf. Diese beiden Werte sind der systolische und der diastolische Blutdruck. Der erste Wert, der höhere, ist der systolische und der zweite, niedrigere der diastolische Wert. Diese physiologische Schwankung zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck wird als Blutdruckschwankung erster Ordnung bezeichnet.
Bei Blutdruckschwankungen zweiter Ordnung handelt es sich um eine Abnahme des Blutdrucks während des Einatmens und eine erneute Zunahme während des Ausatmens. Die Dauer dieser Schwankungen pro Herzzyklus ist abhängig von der Atemfrequenz.
Eine weitere Schwankung des Blutdruckes im Tagesverlauf, ist der Abfall des Blutdrucks während der Nachtruhe. Im Vergleich zum Tagesmittelwert fällt der Blutdruck nachts zwischen 10-20%. Liegt ein Bluthochdruck vor, kann dieser Abfall pathologischerweise ausbleiben. Betroffene, deren Blutdruck in der Nacht nicht um mindestens 10% abfällt, werden als “Non-Dipper” bezeichnet und sollten einer Bluthochdrucktherapie unterzogen werden.

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Es zählt ebenfalls zu den physiologischen Phänomenen, dass der Blutdruck in Stresssituationen steigt. Wird beispielsweise Adrenalin ausgeschüttet, bewirkt dies eine Verengung von Gefäßen, was eine Erhöhung des Blutdruckes zur Folge hat. Dies dient dazu, den Organen kurzfristig mehr Sauerstoff zur Verfügung zu stellen.

Ein weiterer Grund für Blutdruckschwankungen kann eine sog. “orthostatische Dysregulation” sein. Dabei handelt es sich um einen Blutdruckabfall direkt nach dem Aufstehen, der zu einem Schwindelgefühl führen kann. Im schlimmsten Fall kann es sogar zu einem kurzzeitigen Bewusstseinsverlust kommen. Ursache für diese Dysregulation kann zum Beispiel eine neuronale Störung sein, die verhindert, dass die Gefäße nach dem Aufstehen ausreichend kontrahieren, um den Blutdruck aufrechtzuerhalten. Das Blut “versackt” dann in der unteren Körperhälte. Auch ein Flüssigkeitsmangel kann der Grund für den Blutdruckabfall sein, beispielsweise wenn man an Blutungen, Erbrechen oder Durchfall leidet.

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Auch andere organische Erkrankungen können zu Blutdruckschwankungen führen. Besonders solche, die zu einer vermehrten oder verminderten Hormonproduktion führen. Beispielsweise sollte bei Blutdruckschwankungen eine Untersuchung der Schilddrüse erfolgen, da eine Schilddrüsenüberfunktion ebenfalls Blutdruckschwankungen hervorrufen kann. Es gibt auch Tumore, die beispielsweise Adrenalin produzieren, was dann in einem "schwallartigen" Blutdruckanstieg resultieren kann.

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Auch Herzrhythmusstörungen, beispielsweise ein Vorhofflimmern, können Blutdruckschwankungen verursachen. Hierbei kann das Herz kurzfristig nicht ausreichend Blut in den Körperkreislauf pumpen, was sich beispielsweise durch Schwindel bemerkbar machen kann. 

Eine Narkose kann ebenfalls Blutdruckschwankungen als Nebenwirkung mit sich ziehen. Dies liegt daran, dass der Kreislauf während einer Narkose medikamentös und maschinell gesteuert wird. Muss der Körper diese Aufgaben nach Beendigung einer Narkose wieder selbst übernehmen, kann es eine gewisse Zeit dauern, bis der Blutdruck sich stabilisiert. 

Diagnose

Die Diagnosestellung kann auf unterschiedliche Weisen erfolgen. Im Vordergrund steht die Messung des Blutdruckes. Da eine einmalige Messung allerdings keine Aussagen über Schwankungen des Blutdruckes treffen kann, sollte eine Blutdruckmessung über 24 Stunden durchgeführt werden. Hierzu wird ein Blutdruckmessgerät angebracht, welches den Blutdruck während des Tages und der Nacht in regelmäßigen Abständen misst. Mit Hilfe dieser sog. Langzeitblutdruckmessungen können Schwankungen erfasst werden, sowie beobachtet werden, ob der Blutdruck während der Nachtruhe ausreichend sinkt. Es ist sinnvoll, dass der Patient aufschreibt, was er zu verschiedenen Tageszeiten gemacht hat, um nachvollziehen zu können, wieso der Blutdruck sich so verhalten hat. Gab es beispielsweise einen Streit oder kam es zu sonstigen Aufregungen, sollte der Auswertende dies wissen, da dies evtl. in einer Zunahme des Blutdruckes resultieren kann. 

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Um eine Störung der Orthostase, also einen Abfall des Blutdrucks nach dem Aufstehen, feststellen zu können, kann ein sog. Schellong-Test durchgeführt werden. Dabei wird der Blutdruck des Patienten abwechselnd in liegender und stehender Position gemessen.

An diesen Symptomen erkenne ich Blutdruckschwankungen

Blutdruckschwankungen können zu einer Reihe von Symptomen führen. Je nachdem in welche Richtung der Blutdruck schwankt, resultieren unterschiedliche Empfindungen. Ist der Blutdruck zu hoch, kann dies zu Kopfschmerzen oder Nasenbluten führen. Diese Symptome treten allerdings eher bei einem chronischen Bluthochdruck auf. Steigt der Blutdruck in einer Stresssituation, beispielsweise nach Adrenalinausschüttung oder auch im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion kurzfristig bzw. attackenartig, geht dies oft mit einem Gefühl von Herzrasen oder vermehrtem Schwitzen einher.

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Ein Blutdruckabfall hingegen präsentiert sich häufig  durch Schwindel. Dieser kann, je nach Ursache, direkt nach dem Aufstehen oder in anderen Alltagssituationen auftreten. Die Schwindelattacke kann mit einem “Schwarzsehen” einhergehen. Ist der Blutdruckabfall so gravierend, dass das Gehirn kurzfristig nicht ausreichend mit Blut versorgt wird, kann auch ein Bewusstseinsverlust eintreten. Dieser ist meist nur von kurzer Dauer, da der Kopf in liegender Position, der Schwerkraft folgend, wieder mit ausreichend Flüssigkeit gespeist wird.

Therapie

Grundsatz der Behandlung von Blutdruckschwankungen ist die Behebung der zu Grunde liegenden Ursache. In vielen Fällen kann eine Zufuhr von Flüssigkeit, sei es durch das Erhöhen der Trinkmenge oder mittels einer Infusion, das Problem bereits beheben. Zudem kann der Betroffene, tritt ein Blutdruckabfall beim Aufstehen auf, darauf achten, sich langsam zu erheben und die Beinmuskeln zu aktivieren, um ein “nach oben pumpen” des Blutes zu gewährleisten.
Ist eine Blutung Grund für den Blutdruckabfall, steht das Auffinden der Blutungsquelle, sowie die Stillung der Blutung im Vordergrund.

Dauer und Prognose

Über Dauer und Prognose der Blutdruckschwankungen lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Liegt eine organische Ursache vor, beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion, pendelt sich der Blutdruck nach Therapie der Erkrankung wieder ein. In vielen Fällen ist ein Flüssigkeitsmangel Grund für die Blutdruckschwankungen. Auch ein Ausgleich eines solchen Defizits kann zur Behebung der Kreislaufprobleme führen. Blutdruckschwankungen sind in Stresssituationen eine natürliche Reaktion des Körpers. Sie kommen durch Hormonausschüttung zustande und sind von kurzer Dauer. Ist die Stresssituation beendet, normalisiert sich der Blutdruck rasch wieder. Sind allerdings schwerwiegendere Erkrankungen wie beispielsweise eine Aortendissektion die Ursache für das Problem, hängt die Prognose stark davon ab, wie zeitnah eine Therapie eingeleitet wird. Kommt es zu einem massiven Blutverlust, können lebensbedrohliche Schäden entstehen, sollte die Therapie zu spät eingeleitet werden.

Krankheitsverlauf

Der Krankheitsverlauf kann je nach Ursache für die Blutdruckschwankungen variieren. Physiologische Blutdruckschwankungen wie beim Ein- und Ausatmen werden in der Regel nicht wahrgenommen. Versackt das Blut nach dem Aufstehen in den Beinen, kann dies zu einem kurzen Benommenheitsgefühl führen, da der Körper einige Sekunden bis Minuten brauchen kann, um den Kreislauf zu regulieren. Jedoch sind auch solche Blutdruckschwankungen meist nur von kurzer Dauer und besitzen in den meisten Fällen keinen Krankheitswert. Treten Blutdruckschwankungen allerdings über einen längeren Zeitraum auf, kann dies unangenehme Symptome wie zum Beispiel Kopfschmerzen beim Betroffenen hervorrufen. Der Ursache sollte dann auf den Grund gegangen werden, da beispielsweise eine pathologische Hormonproduktion vorliegen kann.

Wie ansteckend ist das?

Bei Blutdruckschwankungen handelt es sich entweder um ein natürliches Phänomen oder um ein Symptom einer Erkrankung. Als Symptom an sich sind Blutdruckschwankungen nicht ansteckend. Die Ursache, welche für die Blutdruckschwankungen verantwortlich ist, kann jedoch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Grundsätzlich können alle Erkrankungen, welche zu einem Flüssigkeitsverlust führen, einen Abfall des Blutdrucks bewirken. Durch gegenregulatorische Maßnahmen des Körpers können dann auch Blutdruckschwankungen auftreten. Handelt es sich bei der zu Grunde liegenden Erkrankung beispielsweise um eine viral oder bakterielle Durchfallerkrankung, kann diese ansteckend sein.

Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 06.04.2020 - Letzte Änderung: 25.07.2023