Boerhaave Syndrom

Das Boerhaave-Syndrom bezeichnet in der medizinischen Fachsprache einen nach einem niederländischen Mediziner benannten Einriss der Speiseröhre (Ösophagus). Diese selten auftretende Krankheit ereignet sich spontan. Es kommt zu einem Einriss aller Wandschichten der Speiseröhre, sodass schließlich eine Öffnung in den Brustkorbbereich besteht. Die spontane Ruptur erfolgt meist direkt oberhalb des Zwerchfells. Diese Lage der Verletzung wird als supradiaphragmal bezeichnet. Als Ursache kommt in den meisten Fällen ein zu hoher Druck im Bauchraum in Frage. Beim Erbrechen oder bei starken Hustenanfällen baut sich ein hoher intraabdomineller Druck auf, der so stark sein kann, dass das Gewebe der Speiseröhre dem nicht stand halten kann.

Symptome & Diagnose

Symptome des Boerhaave-Syndroms

Das Boerhaave-Syndrom tritt plötzlich und mit verschiedenen Symptomen auf. Typisch für diese Erkrankung ist ein plötzlich einsetzender Schmerz hinter dem Brustbein (Sternum). Diese als retrosternale Schmerzen bezeichnete Symptomatik wird auch Vernichtungsschmerz genannt. Die Beschwerden versetzen den Betroffenen häufig in eine sehr ängstliche bis hin zu panische Lage, da viele Patienten auch nicht mehr richtig atmen können. Sie leiden unter Atemnot (Dyspnoe). Weitere Symptome können Erbrechenauch mit Blutbeimengungen, sein. Dies wird dann als Hämatoemesis bezeichnet.

Gelegentlich tritt auch ein Hautemphysem auf. Dabei handelt es sich um eine krankhafte Luftansammlung in der Unterhaut, die durch Deformität der Haut festgestellt werden kann. Beim Abtasten der Haut kann man ein leises Knistern wahrnehmen, was sich typischerweise wie auf dem Schnee laufen anhört. Die Verletzung der Speiseröhre stellt in einigen Fällen eine akute und möglicherweise auch bedrohliche Situation für den Patienten dar, da in einigen Fällen auch ein Schock eintreten kann. Dieser geht mit Kreislaufversagen und Blutdruckabfall einher und sollte sofort behandelt werden.

Abgrenzung zum Pneumothorax

Das Boerhaave-Syndrom kann in manchen Fällen auch irrtümlicherweise als Pneumothorax diagnostiziert werden. Bei dem Pneumothorax handelt es sich um eine ähnliche spontan auftretende Erkrankung. Bei einem Pneumothorax kollabiert die eine Lungenhälfte. Der Patient leidet unter akuten stechenden Schmerzen im Brustkorb und plötzlichlicher Atemnot. Es folgt ein Angstsgefühl und nicht selten verlieren die Patienten auch das Bewusstsein.

Der Pneumothorax kann durch eine Verletzung oder auch spontan auftreten. Im Falle eines Spontanpneumothorax kann die Ursache ähnlich wie bei dem Boerhaave-Syndrom ein zu großer intraabdomineller Druck im Bauchraum sein. Die Behandlung sollte auch hier möglichst schnell erfolgen, damit dem Patienten das Atmen wieder leichter fällt. Durch Einlage einer Drainage in den Lungenspalt wird die Luft entfernt und die kollabierte Lunge kann sich wieder entfalten. Ein Defekt im Lungenfell kann mittels einer Operation genäht werden. Wenn der normale Druck im Lungenspalt wieder hergestellt ist, kann auch die Drainage wieder entfernt werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Pneumothorax

Behandlung

Therapie des Boerhaave-Syndroms

Das Boerhaave-Syndrom stellt für den Patienten eine gefährliche und auch akut lebensbedrohliche Lage dar. Hier ist eine sofortige intensivmedizinische Behandlung erforderlich. Eine Operation ist notwendig, um das Loch in der Speiseröhre zu schließen. Diese Defektdeckung erfolgt mittels Eröffnung des Brustkorbes (Thorakotomie) oder des Bauchraumes (Laparotomie). Dabei handelt es sich um einen größeren Eingriff, weshalb anschließend eine sorgsame intensivmedizinische Überwachung erfolgt. Die Verletzung kann genäht oder mit eigenem Gewebe gedeckt werden. Dadurch, dass durch den Defekt in der Speiseröhre Mageninhalt in den Brustbereich fließen kann, besteht die Gefahr, dass sich der Brustkorb entzündet. Diese gefährliche Komplikation wird als Sepsis oder Mediastinitis bezeichnet.

Um den Patienten zusätzlich davor zu schützen, erhält er ein Breitbandantibiotikum als Infusion. Außerdem erhält der Patient Schmerzmittel. Nach der Operation erfolgt zunächst eine parenterale Ernährung. Das bedeutet, der Patient erhält Nahrung in Form von Infusionen über einen in der Vene liegenden Zugang oder über die Magensonde. Dadurch soll ein erneutes Einreißen der Naht verhindert werden, die Wunde kann erstmal in Ruhe heilen. Später erfolgt ein langsamer Kostaufbau. Die Behandlung sollte möglichst schnell nach dem Auftreten des Syndroms erfolgen, da sonst die Patienten meistens kurze Zeit später an den Komplikationen versterben.

Ursachen & Prophylaxe

Ursachen für das Boerhaave-Syndrom

Voraussetzung für die Verletzung ist häufig eine bestehende Vorschädigung der Muskulatur des Ösophagus. Die Muskulatur kann durch verschiedene Faktoren wie zum Beispiel eine falsche Ernährung oder ein massiver Alkoholmissbrauch beeinträchtigt sein. Das Boerhaave-Syndrom sieht man zudem häufig bei essgestörten Patienten. So zeigt sich bei einer Bulimie, bei der die Patienten häufig gezielt erbrechen, eine typische Schädigung der Gewebeschichten. Bei der Ruptur der Speiseröhre besteht erhöhtes Risiko für den Patienten, eine Entzündung im Brustkorb oder sogar eine übergreifende Infektion, die als Sepsis bezeichnet wird, zu entwickeln.

Weiterführende Informationen

    Alle Themen, die zum Bereich Innere Medizin veröffentlicht wurden, finden Sie unter:

    Autor: Dr. Nicholas Gumpert Veröffentlicht: 04.04.2016 - Letzte Änderung: 12.01.2023