Therapie des chronischen LWS- Syndroms

1. Wärmeanwendung

Die Therapie des chronischen LWS Syndrom mit verschiedenen Wärmemedien (Thermotherapie) dient der Muskelentspannung sowie der Durchblutungsförderung und dadurch der Verbesserung des Stoffwechsels.

Wärme bewirkt eine wohltuende Durchblutungssteigerung im behandelten Weichteilgewebe bei einer begrenzten Eindringtiefe von ca. 3 cm. Eine vermehrte Stoffwechselaktivität führt dazu, dass „Schlackstoffe“ abtransportiert werden und verspanntes Gewebe gelockert wird, wodurch eine Schmerzlinderung erzielt wird. Eine starke Tiefenwirkung an der Bandscheibe selbst findet nicht statt, dafür ist die Eindringtiefe zu gering.
Wärmeanwendungen beim zur Therapie des chronischen LWS Syndrom gibt es in den verschiedensten Formen. Ein sehr erfolgreiches Beispiel hierfür ist die Heiße Rolle. Hierzu wird ein nach einem speziellen Muster gerolltes Handtuch verwendet. In diese Rolle schüttet man heißes Wasser. Anschließend werden die schmerzhaften Körperregionen mit diesem Handtuch betupft. Eine Anwendung mit feuchter Hitze wird von den meisten Patienten als angenehmer empfunden und bietet zusätzlich einen beruhigenden Einfluss auf das Allgemeinbefinden. Einer täglichen Anwendung der Wärmetherapie steht nichts im Wege, es sei denn es stellen sich Hautreizungen oder Kreislaufproblematiken (v.a. Blutdruckabfall) ein, was jedoch selten der Fall ist. Die optimale Dauer einer einzelnen Anwendung liegt zwischen etwa 20- 40 Minuten.
Auch Packungen mit Naturmoor oder Fangopackungen sind bei einem chronischem LWS Syndrom ratsam. Fangopackungen werden fast nur noch in speziellen Kureinrichtungen verabreicht, da der zeitliche Aufwand doch recht groß ist. Fango wird mehrfach verwendet, deshalb ist aus hygienischen Gründen ein sehr hohes Erhitzen erforderlich. Naturmoorpackungen sind dagegen Einmalprodukte, die mit auf die Haut aufgelegt werden und mit speziellen Wärmekissen auf die gewünschte Temperatur gebracht werden. Beide Verfahren sind für eine Eigenanwendung beim LWS Syndrom nicht zu gebrauchen, da der apparative Aufwand sehr hoch ist.

Für die Anwendung beim LWS Syndrom zu Hause eignet sich sehr gut auch ein altes Hausmittelrezept und zwar eine Wärmetherapie mit Hilfe von Pellkartoffeln. Diese werden nach dem Kochen zerkleinert und in ein Baumwolltuch gegeben, anschließend legt man dieses auf die schmerzenden Stellen. Die in den Kartoffeln enthalte Stärke, soll dem Körper helfen „Abfallprodukte“ aus der Muskulatur zu entziehen und die körpereigenen Heilungsprozesse zu aktivieren.

Informieren Sie sich hier rund über das Thema: Wärmetherapie

2. Massagetechniken

Anders als zum Beispiel bei einem akuten Bandscheibenvorfall, ist bei den degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen die Massagetherapie absolut angebracht. Neben der klassischen Massage eignet sich besonders die Unterwassermassage, die allerdings in vielen krankengymnastischen Praxen nicht mehr angeboten wird, da die Kosten und der materielle Aufwand zu groß sind und von den Krankenkassen nicht im nötigen Rahmen bezahlt werden. Einige Massagepraxen und Kliniken mit eigener Abteilung für physikalische Therapie haben jedoch noch die notwendigen Geräte für die Unterwassermassage.

Bei der Unterwassermassage bei dem LWS Syndrom (UWM) liegt der Patient in einer großen Wanne, der Druck der Massage wird von dem behandelndem Therapeuten mit Hilfe eines Wasserschlauches verabreicht. Mit kreisenden Bewegungen wird die Rückenmuskulatur systematisch massiert.
Als Eigentherapie eignet sich die Igelballmassage, hierbei rollt man mit einem genoppten Ball über die schmerzende Muskulatur. Idealerweise übernimmt dies natürlich eine zweite Person, da gerade im Bereich des Rückens viele Stellen für einen selbst nur sehr schwer bzw. gar nicht erreichbar sind.
Die Intensität dieser Anwendung ist wie jede Massagetherapie sehr individuell und richtet sich in erster Linie nach dem eigenen Wohlgefühl.

3. Stromanwendungen

Gleichstrom steigert die Reaktions- und Funktionsfähigkeit motorischer Nerven.
Bei der Iontophorese wird galvanischer Gleichstrom zum Einbringen von Medikamenten über die Haut genutzt. Je nach eingebrachtem Medikament ist die Wirkung schmerzlindernd, entzündungshemmend und/ oder durchblutungsfördernd.
Diadynamische Reizströme mit Gleichstrom- und Impulsstromanteilen wirken durchblutungsfördernd und gut schmerzlindernd.

Niederfrequenter Ultrareizstrom wirkt stark schmerzlindernd und durchblutungssteigernd. Die Schmerzlinderung tritt meist schon während der Behandlung des LWS Syndrom ein. Besonders empfehlenswert ist die Interferenzstromtherapie. Dabei werden zwei mittelfrequente Ströme über die Haut in den Körper geleitet. In der Tiefe der Muskulatur und im Bereich der Bandscheibe entstehen niederfrequente Ströme, die zu einer guten schmerzlindernden Wirkung führen.
Die Wirkung der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) beruht auf dem Therapieprinzip, dass durch niederfrequente Impuls- und Gleichströme zum einen schmerzempfindende Zellen blockiert werden und zum anderen eine schmerzdämpfende Wirkung über Nervenzellen des Rückenmarkes erfolgt. Insgesamt variiert die TENS Wirkung von Patient zu Patient beträchtlich. Ein Vorteil des TENS-Gerätes ist aber, dass es auf Rezept zur Selbstbehandlung zu Hause erhältlich ist. Die Anwendung erfolgt mehrmals täglich für eine bis mehrere Stunden.

4. Rückengerechtes Alltagsverhalten

Da die meisten Wirbelsäulenerkrankungen degenerativer Art sind und eine kausale Therapie (Heilung) meist nicht möglich ist, kommen den prophylaktischen Maßnahmen, zur Vermeidung einer Befundverschlechterung bzw. zur Vermeidung wieder auftretender Beschwerden, eine besondere Bedeutung zu.

Deshalb ist bei Patienten mit einem LWS-Syndrom ein rückengerechtes Alltagsverhalten zu beachten. Es ist aus Untersuchungen bekannt, dass beim Anheben einer Last aus dem Rücken heraus sehr hohe Kräfte auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule wirken. Dies kann bei einem muskelschwachen oder vorgeschädigten Rücken zu einem akuten LWS – Syndrom führen („Hexenschuss“).

Das Erlernen und Verinnerlichen der Regeln der Rückenschule und die konsequente Umsetzung im Alltag ist unerlässlich. Auch uns ist bekannt, dass der Berufsalltag u.U. körperliche Belastungen erfordert, die unumgänglich erscheinen. Aber schon kleine Veränderungen im Verhalten können eine große rückenschonende Wirkung entfalten. So verringert beispielsweise der bewusste Einsatz der Bauchpresse (Bauchmuskulatur) beim schweren Heben die Belastungen der Wirbelsäule um ein gutes Stück.

5. Verbesserung der Umgebung

Viele Rückenbeschwerden, so auch das LWS Syndrom lassen sich bereits durch einige einfache Änderungen im privaten und beruflichen Umfeld lindern. So sollten der Arbeitsplatz und das Bewegungsverhalten auf „Rückenfreundlichkeit“ überprüft werden. Ein ergonomisch geformter, höhenverstellbarer Schreibtischstuhl sollte für einen Rückenschmerzpatient mit vorwiegend sitzender Tätigkeit selbstverständlich sein. Immer häufiger finden auch höhenverstellbare Schreibtische Anwendung. Durch wechselnde Arbeitshöhen und die Möglichkeit auch im Stehen zu arbeiten kann das Arbeiten am Schreibtisch rückenschonender erfolgen. Überhaupt ist ein häufiger Positionswechsel etwas, mit dem man seinen Rücken gut entlasten kann. Das häufig gelehrte gerade Sitzen ist, wenn man diese Position über längere Zeit einnimmt, nicht so gut wie viele glauben. Druckmessungen haben gezeigt, dass durch die gerade Zwangshaltung eine recht große Belastung auf die Bandscheiben der LWS wirkt.

In den Arbeitsalltag lassen sich auch sehr gut gezielte Übungen einbauen, die ohne Geräte- und Platzaufwand gut am Arbeitsplatz durchgeführt werden können. Mit einer durchdachten Mischung aus Kräftigungs- und Entspannungsübungen lässt sich in kurzer Zeit, z.B. 10 Minuten der Mittagspause; eine deutliche Besserung der Beschwerden erreichen.

Ein Hilfsmittel, welches im häuslichen Gebrauch unbedingt empfehlenswert ist, ist der große Gymnastikball, auch Sitzball genannt. Diese Bälle sind in mehreren Größen erhältlich. Erwachsene sollten in der Regel einen Ball mit einem Durchmesser von etwa 65 cm wählen. Allein das Sitzen auf diesem Gerät bietet einen guten Trainingseffekt, da der Ball das dynamische Sitzen fördert. Auf diesem Ball ist die Muskulatur ständig aktiviert, um kleinste Veränderungen der Haltung auszugleichen, da auf diesem Gerät ein ruhiges, starres Sitzen nicht möglich ist. Dadurch trainiert bereits das Sitzen auf dem Ball die komplette Rumpfmuskulatur. Weiterhin bietet der Gymnastikball eine Vielzahl von Entspannungs- und Trainingsmöglichkeiten, auf die wir an anderer Stelle näher eingehen werden.

Weiterführende Informationen

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 25.11.2011 - Letzte Änderung: 30.03.2024