Frühkindliche Entwicklung

Zur frühkindlichen Entwicklung zählt man unter anderem die Entwicklung der Reflexe, Sprech-, Seh- und Hörfähigkeiten, sowie die Sozialisierung und die motorischen Fähigkeiten des Babys. Zu wichtigen und für Eltern und Babys äußerlich so gut wie unmerklichen Entwicklungsschritten in den ersten Lebensjahren, gehört auch besonders die Entwicklung einer Abwehr gegen schädliche Einflüsse, wie zum Beispiel Krankheitserregern. Dazu bildet das Baby nach und nach ein Immunsystem auf, das durch Impfungen unterstützt werden kann. Dieses Thema wird immer stärker kontrovers diskutiert. Lesen Sie auch hierzu: Sollte ich mein Baby impfen lassen? Vor und Nachteile der Impfung unabhängig beschrieben

Auch Stillen kann nach heutigen Erkenntnissen der Wissenschaft. die Entwicklung des Kindes positiv beeinflussen.
Der folgende Text soll eine Übersicht über die verschiedenen Stadien der frühkindlichen Entwicklung geben.
Dabei ist allerdings immer zu beachten, dass sich jedes Kind individuell entwickelt und gewisse Dinge unterschiedlich schnell lernt bzw. umsetzen kann. 

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Reflexe des Neugeborenen

Die Neugeborenenreflexe, die von Geburt an bestehen und nach einer bestimmten Anzahl von Lebensmonaten verschwinden, werden in den Vorsorgeuntersuchungen von Neugeborenen, der U2- Untersuchung zwischen dem 3. und 10. Lebenstag und der U3 zwischen der 4. und 5. Lebenswoche getestet.
Die Reflexe des Neugeborenen sind angeboren und werden auch als Primitivreflexe bezeichnet. Sie nutzen dem Baby zum Selbstschutz und verlieren sich, sobald das Baby lernt von selbst auf entsprechende Reize zu reagieren. Ein Fehlen dieser Reflexe, ein asymmetrisches Auftreten oder ein langes Fortbestehen über bestimmte Lebensmonate hinaus kann ein Hinweis auf eine neurologische Störung des Babys sein. Die Überprüfung seitens der Kinderärzte ist daher sehr wichtig.

Lesen Sie mehr dazu unter Reflexe eines Babys

  • Zu den Reflexen des Neugeborenen gehört der Moro-Reflex (Umklammerungsreflex). Wird das Kind überraschend in die Rückenlage gebracht, als ob es nach hinten fallen würde, breitet es die Arme aus, spreizt die Finger und öffnet den Mund. Schnell führt es dann wieder die Arme zusammen und ballt die Hände zu Fäusten zusammen. Dieser Reflex verschwindet bis zum 4. Lebensmonat.
  • Ein Reflex, den die Eltern häufig beobachten, ist der Saugreflex. Bei einer Berührung der Lippen fängt das Baby an zu saugen, als ob es an die Brust oder die Flasche angelegt wird. Dieser Reflex hält bis maximal die ersten sechs Monate an.
  • Daneben gibt es noch den Schreitreflex. Das Baby wird unter den Achseln gehalten und mit den Füßen über eine Oberfläche gehalten. Berühren die Füße den Boden, bewegt das Neugeborene automatisch die Beine als wolle es laufen. Dieser Reflex besteht für die ersten drei Monate.
  • Weitere Reflexe sind der palmare und der plantare Greifreflex. Beim Berühren der Hand- bzw. Fußinnenflächen kommt es zu einer Greifbewegung der Finger bzw. einer Zehenbeugung. Ersterer existiert bis zum 4.Lebensmonat und letzterer sogar bis zum 15. Lebensmonat.
  • Beim Babinski-Reflex, der physiologisch bis zum 12.Lebensmonat bestehen darf, wird der Außenrand der Fußsohle bestrichen, was dazu führt, dass die Großzehe nach hinten gezogen wird und die Kleinzehe zur Seite gespreizt wird. Bei Erwachsenen mit einer Schädigung einer bestimmten Nervenleitstraße im Rückenmark, der Pyramidenbahn, ist der Babinski-Reflex als Krankheitszeichen vorhanden.
  • Beim Galant-Reflex wird die Haut neben der Wirbelsäule entlang nach unten mit der Hand nachgefahren, während das Baby mit der anderen Hand auf dem Bauch liegend nach oben gehalten wird oder einfach nur auf dem Bauch liegt. Dabei kommt es bis zum 6. Lebensmonat zu einer Beugung der Wirbelsäule in Richtung des Reizes.
  • Wenn das Baby auf dem Rücken liegt und der Kopf passiv zu einer Seite gedreht wird, werden der Arm und das Bein der gleichen Seite gestreckt, währen die andere Seite gebeugt wird. Dies nennt man den asymmetrisch-tonischen Nackenreflex, der ebenfalls bis zum 6. Lebensmonat besteht. Das Baby sieht dabei aus als würde es sich eine Fechterstellung bringen. Bei einer Beugung des Kopfes kommt es hingegen zu einer Beugung beider Arme und einer Streckung beider Beine bzw. einer Umkehrung der Bewegungen bei Streckung des Kopfes. Der Reflex heißt daher Symmetrisch-tonischer Nackenreflex und hält wiederum bis zum 6. Lebensmonat an.
  • Beim Landau-Reflex wird das Baby in eine Bauchschwebelage gebracht. Dabei streckt es die Beine und hebt den Kopf. Dies kann man vom 4. bis zum 18. Lebensmonat beobachten.
  • Als letzter Reflex beim Neugeborenen, der bis zum 5. Lebensmonat vorhanden ist, ist noch die sogenannte Sprungbereitschaft zu nennen. Wird das Kind nach vorne gekippt streckt es die Arme nach vorne aus.

Visuelle Wahrnehmungsfähigkeit

Direkt nach der Geburt: hier sind die Augen des Säuglings meist noch verklebt. Das Baby kann jedoch schon zwischen hell und dunkel unterscheiden. Sogar nahe Umrisse und Bewegungen können erkannt werden. Das Sehen ist insgesamt noch unscharf. Auch wenn es mit dem Sehen noch nicht so recht klappt, nimmt das Kind als Ausgleich frühzeitig verschiedene Gerüche war. So findet es in der Anfangszeit vor allem die mütterliche Brust. Neugeborene sind in der Lage Licht oder Gesichter zu fixieren.

1. Lebensmonat: Langsam können auch Gegenstände fixiert werden. In den ersten beiden Lebensmonaten kommt es häufig vor, dass die Säuglinge schielen. Das sollte zu keiner Verunsicherung führen, sondern ist ganz normal, da das Baby die Augenbewegungen noch nicht richtig steuern kann.

2. Lebensmonat: Jetzt beginnt es, Gesichter voneinander unterscheiden zu können und Gegenständen mit den Augen zu folgen.

4. Lebensmonat: Mit Ende diesen Monats können Babys Gegenstände und Gesichter in weiter Entfernung fixieren und lernen außerdem Entfernungen abschätzen zu können. Die Augenbewegungen sind mittlerweile kontrollierter und das Schielen verschwindet allmählich.

5. Lebensmonat: Von nun an sieht ein Baby etwa genauso gut wie ein Erwachsener. Zum Entdecken der Umgebung nutzt es jedoch weiterhin vor allem den Mund.

6. Lebensmonat: Ab jetzt bekommt das Baby einen dreidimensionalen Eindruck der Welt. Das Verständnis und die Koordination sind nun soweit, dass der Säugling gezielt nach Gegenständen greifen kann.

Akustische Wahrnehmungsfähigkeit

Das Ungeborene nimmt bereits im Mutterleib Stimmen, Geräusche oder Musik wahr und reagiert darauf. Nach der Geburt ist ihm die Stimme der Mutter vertraut.
Zwischen dem dritten und 10. Lebenstag wird im Rahmen der Kindervorsorgeuntersuchung U2 ein Hörscreening durchgeführt. Falls dieses auffällig sein sollte und eine Schwerhörigkeit beim Kind festgestellt wird, erfolgt wenn möglich eine frühzeitige Versorgung mit Hörgeräten, da das Hören essentiell zum Erlernen der Sprache nötig ist.
Im zweiten Lebensmonat ist das Gehör noch nicht voll ausgereift. Es nimmt trotzdem Geräusche wahr und kann sich diesen zu wenden oder gibt selbst Laute von sich.
Im vierten Monat kann es die Richtungen aus denen die Geräusche kommen schon besser voneinander abgrenzen.
Am Ende des 5. Lebensmonates hört das Baby letztlich genauso gut wie Erwachsene.

Entwicklung der Grob- und Feinmotorik

Das Neugeborene kann bereits den Kopf drehen. Diese Bewegung geschieht jedoch eher unkontrolliert. Aus dieser unkontrollierten Kopfdrehung wird mit dem 3. Lebensmonat allmählich eine kontrollierte Kopfbewegung. In aufrechter Position kann das Baby den Kopf sogar für kurze Zeit von selbst halten und in Bauchlage ein wenig anheben. Diese Bewegungen sind in dieser Lebensphase noch von einer großen körperlichen Anstrengung begleitet, da die Muskeln noch nicht stark genug sind.
Am Ende des zweiten Lebensmonats kann das Baby die Händchen zunehmend öffnen, da der angeborene Greifreflex verschwindet. Hierdurch wird auch ein bewusstes Zugreifen nach Gegenständen und Festhalten möglich.
Mit dem dritten Lebensmonat lernt das Baby sich langsam in Bauchlage auf die Unterarme zu stützen und umherzuschauen. In Rückenlage versucht es nach allen möglichen Dingen zu greifen, die in sein Blickfeld gelangen. Diese gezielten Greifbewegungen werden im 4. Lebensmonat weiterentwickelt und verbessert, bis sie schließlich im 6.Lebensmonat perfektioniert sind.
Ab dem 4.Lebensmonat zeigt das Baby auch immer mehr die Bestrebung mit Hilfestellung zu stehen. Da die Beinmuskeln noch nicht kräftig genug sind, knickt es dabei immer wieder ein. Im 5. Monat wird das Baby immer gelenkiger und greift gerne nach den eigenen Füßen und kann diese sogar in den Mund stecken. Einige Babys schaukeln in dieser Position hin und her. Manchmal gelingt in dieser Zeit auch eine Drehung vom Bauch auf den Rücken oder andersherum. Der Kopf kann mittlerweile selbstständig und lange gehalten werden.
Lesen Sie hierzu auch: Wann drehen sich Babys?

Mit 6 Monaten versucht das Baby sich an den Eltern oder an Möbelstücken hochzuziehen. Das Drehen vom Bauch auf den Rücken und vom Rücken auf den Bauch ist kein Problem mehr. Vor allem ab dem siebten Monat ist die Muskulatur stark genug, so dass das Baby kurze Zeit ohne Unterstützung sitzen und sogar stehen kann. Vor allem das Hüpfen mit Festhalten an den Armen der Eltern bereitet dem Baby Freude. Auch das Robben ist mit sieben Monaten schon möglich.
Spätestens im 9. Lebensmonat können die meisten Babys sitzen, sowie krabbeln, sich selbstständig zum Stehen hochziehen und mit Unterstützung stehen. In dieser Zeit sind die feinmotorischen Fähigkeiten derart entwickelt, dass ein Pinzettengriff und so präzises Greifen kleiner Gegenstände möglich ist. Auch Werfen von Gegenständen wird geübt. Im weiteren Verlauf folgt das freie Stehen ohne Hilfestellung.

Lesen Sie hierzu auch unser Thema Entwicklung beim BabyAb wann krabbelt ein Baby? - das sollten Sie dazu wissen!

Im 12. Monat folgen das Gehen von einigen Schritten und das Erklimmen von Treppenstufen. Mit 15 Monaten ist freies Gehen kein Problem mehr. Mit zwei Jahren ist das Gehen zunehmend sicherer.
Im dritten Lebensjahr kommen Fähigkeiten wie Dreiradfahren und Klötzchen bauen hinzu. Mit dem vierten Lebensjahr werden Treppen ohne Gefahr gemeistert und mit dem 5. Jahr kann das Kind schon auf einem Bein hüpfen. Hier würden Probleme beim Gehen, wie zum Beispiel ein Zehenspitzengang beim Kind, der bei ca. 5% aller Kinder im Vorschulalter beobachtet wird, deutlich auffallen.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Ab wann beginnt mein Kind zu laufen?

Spracherwerb

1. Lebensmonat: Hier kann das Baby nur seufzende Laute von sich geben.

2. Lebensmonat: In diesem Monat fängt das Baby an spontan Vokale zu äußern wie „uhhh“ oder „ahhh“.

6. Lebensmonat: Ab jetzt nutzt es diese Vokale dazu, auf Reize oder Ansprache zu reagieren.

9. - 13. Lebensmonat: Erst jetzt kommt es dann dazu, dass das Baby versucht, Sprachlaute der Erwachsenen nachzuahmen. Die Kommunikation zwischen Kind und Eltern wird hierdurch immer weiter geschult.

15. Lebensmonat: Ungefähr ab diesem Zeitpunkt gibt das Baby dann das erste, lang ersehnte Wort von sich. Meist handelt es sich um Worte wie „Mama“, „Papa“ oder „Wauwau“. Es reagiert dabei auch schon auf ganz einfache Aufforderungen, wie „Komm“, „Gib“ oder „Nimm“. Ebenso versteht es die Bedeutung von „Ja“ und „Nein“. Einige Gegenstände und deren Bezeichnung können zudem zugeordnet werden, wie zum Beispiel „Flasche“ oder „Auto“. Das Baby beginnt von dieser Zeit an, nach und nach mehr zu sprechen.

2. Lebensjahr: Der Wortschatz erstreckt sich hier über mindestens 20 Worte und auch Kombinationen von 2 Wörtern können gebildet werden.

3. - 5. Lebensjahr: Ab jetzt kann das Kind seinen eigenen Vor- und Zunamen wiedergeben. Die Verwendung von Einzahl und Mehrzahl verschiedener Worte wird in dieser Zeit ebenfalls erlernt. Mit 4 Jahren kann das Kind dann schon von Erlebnissen erzählen und hat seinen Wortschatz stark erweitert. Im 5. Lebensjahr sprechen die Kinder nahezu fehlerfrei.

Lesen Sie für detailliertere Informationen auch den Artikel: Entwicklung beim Kleinkind​​​​​​​

Sozialisierung

Die Interaktion zwischen Mutter und Kind bzw. der Umwelt und dem Kind entwickelt sich genauso wie die anderen Ebenen der kindlichen Frühentwicklung, nach und nach.
Im ersten Monat besteht die Kontaktaufnahme des Babys mit der Umgebung darin zurückzulächeln. In den ersten vier bis sechs Lebenswochen entsteht hierüber das soziale Lächeln. Das Baby reagiert dann darauf, wenn es freundlich angeschaut oder angesprochen wird. Als Antwort lächelt das Baby zurück. Der Freude wird dann meist zusammen mit dem Strampeln der Beine Ausdruck verliehen.
Im 3. Lebensmonat lächelt das Baby nicht nur als Reaktion auf andere, sondern auch ganz spontan. Es wird immer interessierter an allem was um es herumgeschieht. Dies zeigt sich durch neugieriges Herumschauen und der Zuwendung zu Geräuschen. Die Kommunikation mit der Umwelt wird immer mehr durch Laute erreicht.
Spätestens im vierten Monat wird klar, dass das Baby jetzt seine Freude oder Abneigung durch Veränderungen der Mimik zum Ausdruck bringt. Es erkennt in diesem Lebensalter auch schon seine Bezugspersonen und streckt nach denjenigen die Arme aus. Diese Bindung zu den Eltern wird im 5. Lebensmonat immer stärker. Wenn es sich allein fühlt, fängt es an zu weinen und sucht die Nähe zu den Bezugspersonen. Die Zurückhaltung gegenüber Fremden wird auf der anderen Seite auch immer konkreter.

Lesen Sie mehr zum Thema: Fremdeln beim Baby
Mit einem halben Jahr ist es Babys möglich Gefühle von anderen Personen zu interpretieren und nachzufühlen. Die emotionale Entwicklung des Kindes läuft hierbei auf Hochtouren. Im siebten Lebensmonat versteht das Baby den Zusammenhang zwischen einer ausgeführten Handlung und dem darauffolgendem Ergebnis. Wird zum Beispiel eine Rassel geschüttelt, entsteht hierdurch ein Geräusch. Im neunten Lebensmonat beginnen die meisten Babys gegenüber Fremden zu fremdeln. Sie verstecken sich dann gerne im Arm ihrer Eltern. Auch die Vorlieben und Abneigungen kann das Baby immer besser zum Ausdruck bringen.
Mit dem 15. Lebensmonat gelingt es dem Kind einen Löffel zu benutzen und immer mehr am täglichen Essen teilzunehmen. Mit zwei Jahren können Kinder sich selbstständig die Hände waschen. Mit drei Jahren beginnt das Spielen mit anderen Kindern. Im 4. Lebensjahr folgen die beliebten „Warum?" - Fragen, mit denen die Kinder ihre Welt besser verstehen möchten. Spätestens mit dem 5. Lebensjahr wollen und können die Kinder sich eigenständig anziehen. Viele Kinder wollen sich in dieser Zeit auch schon selbst ihre Kleidungsstücke heraussuchen. Darin sollten sie nicht gebremst werden. All diese Dinge gehören zum Prozess der Eigenständigkeitsentwicklung.

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Weiterführende Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.06.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021