Harnstoff erniedrigt

Was bedeutet eine Erniedrigung des Harnstoffs im Blut?

Harnstoff ist ein Stoffwechselprodukt, das beim Abbau von Eiweißen (Proteine und Aminosäuren) im Körper anfällt. Diese werden zunächst in das für den Körper giftige Ammoniak umgewandelt und anschließend im sogenannten Harnstoffzyklus zu Harnstoff abgebaut. Dieser kann dann über die Nieren ausgeschieden werden.
Eine Erniedrigung des Harnstoffwertes im Blut ist weit weniger bedeutsam als eine Erhöhung. Dem erniedrigten Wert liegt in den meisten Fällen lediglich eine zu geringe Proteinzufuhr oder ein erhöhter Proteinbedarf zugrunde. Demzufolge ist die Erniedrigung des Harnstoffes im Blut meist harmlos.

Welche Symptome können auf einen erniedrigten Harnstoff hindeuten?

Da erniedrigte Harnstoffwerte verschiedenste Ursachen haben können, ist es schwer, spezifische Symptome für einen solchen Wert festzulegen. Symptome für eine Mangelernährung, welche eine der häufigsten Ursachen darstellt, sind beispielsweise ein allgemeines Schwächegefühl, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, brüchige Nägel und Haare.
Seltenere Ursachen wie beispielsweise ein Leberschaden zeigen sich in zum Teil anderen Symptomen. Hier dominieren ein Völlegefühl oder Druck im Oberbauch, Hautveränderungen, im Extremfall auch Bauchwassersucht (Aszites), aber auch Abgeschlagenheit und Müdigkeit.
Wieder andere Symptome verursacht ein sehr seltenes Krankheitsbild, das ebenfalls zu erniedrigten Harnstoffwerten führen kann: ein Defekt im Harnstoffzyklus, dem Abbauweg des giftigen Ammoniak. Hier liegen bei Manifestation im Erwachsenenalter vor allem psychische Symptome vor, aber auch Erbrechen, Appetitverlust und Verwirrungszustände bis hin zum Koma. Bei Säuglingen äußert sich ein solcher Defekt meist noch gravierender. Sie verhalten sich lethargisch, trinken kaum und entwickeln Krampfanfälle, die sogar zum Tod führen können. Da die Symptomatik so vielfältig und unspezifisch ist, wird ein erniedrigter Harnstoffwert im Blut meist eher zufällig entdeckt.  

Welche Erkrankungen führen zu einem erniedrigten Harnstoffwert?

Wie bereits erwähnt gibt es neben eher harmlosen und häufigen Ursachen auch seltene, dafür aber gravierendere Gründe für einen zu geringen Harnstoffwert im Blut.
Die häufigste Ursache stellt ein Proteinmangel dar, der beispielsweise durch spezielle proteinarme Diätformen oder Mangelernährung entstehen kann. Hier handelt es sich meist um eher harmlose Zustände, die einfach zu beheben sind. Zudem haben Sportler, Schwangere und Kinder einen erhöhten Proteinbedarf, der sich ebenfalls in einem erniedrigten Harnstoffwert zeigt.
Seltenere Ursachen sind ein Leberschaden, wie er beispielsweise durch Alkoholmissbrauch oder eine Virushepatitis entstehen kann. In Spätstadien der Erkrankung kann die Leber das im Proteinabbau anfallende Ammoniak nicht mehr so gut in Harnstoff umwandeln. Ähnliche Auswirkungen hat ein Defekt in einem oder mehreren Enzymen des Harnstoffzyklus, dem Abbauweg des Ammoniaks. Auch hier ist es dem Körper nicht möglich Ammoniak in Harnstoff umzuwandeln. Der Harnstoffwert bleibt also niedrig.

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Diagnose

Die Feststellung eines erniedrigten Harnstoffwertes erfolgt meist eher zufällig bei der Blutuntersuchung und hat beim gesunden Erwachsenen erst einmal keine weiteren Untersuchungen zur Folge. Besteht der Verdacht auf eine der gravierenderen Ursachen dieser Erniedrigung, so können weiterführende Untersuchungen durchgeführt werden.
Zum Beispiel wird bei Verdacht auf einen Leberschaden ein Ultraschallbild der Leber gemacht und der Patient genau nach einer möglichen Herkunft des Schadens befragt. Auch ein Test auf Hepatitis (Leberentzündung) kann durchgeführt werden. Besteht der Verdacht auf einen Defekt im Harnstoffzyklus, so ist auch hier die Befragung des Patienten sehr wichtig. Zudem werden weitere Blutwerte (z.B. der Ammoniakwert) erhoben.

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Therapie

Die Therapie eines erniedrigten Harnstoffwertes richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache.
Die häufigste Ursache, eine zu geringe Proteinzufuhr, bedarf meist keiner speziellen Therapie. Hier ist lediglich auf eine proteinreiche Ernährung zu achten. Dazu eignen sich neben Fisch auch Hülsenfrüchte und Nüsse besonders gut. Liegt bereits eine Mangelernährung vor, so ist darauf zu achten, dass neben Proteinen auch andere wichtige Nahrungsbestandteile in ausreichendem Maße vorhanden sind. Dabei sollte vor allem auch auf Vitamine und Spurenelemente, wie Eisen und Magnesium, Rücksicht genommen werden.
Die Therapie von schwerwiegenderen Ursachen eines erniedrigten Harnstoffwertes wird individuell auf das jeweilige Krankheitsbild abgestimmt. Hier wird in erster Linie die Krankheit therapiert und nicht der erniedrigte Wert. Dieser erhöht sich bei erfolgreicher Therapie von selbst wieder.

So ernähre ich mich bei Harnstofferniedrigung richtig

Solange die Ursache der Harnstofferniedrigung eine nicht ausgewogene oder gar Mangelernährung ist, macht es Sinn die Ernährung umzustellen.
Die proteinarme Ernährung stellt den häufigsten Grund für erniedrigte Harnstoffwerte dar. Dementsprechend sollte besonders auf eine ausreichende Proteinzufuhr geachtet werden. Tierische Lebensmittel, die besonders viele Proteine enthalten sind: Hähnchenbrust, mageres Rindfleisch, Fisch, Quark und Käse (z.B. Parmesan). Für Veganer und Vegetarier eignen sich folgende pflanzliche Lebensmittel besonders gut: Kichererbsen, Linsen, Mandeln, Sojabohnen und Haferflocken.

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Was können die langfristigen Folgen sein?

Da die Ursachen eines erniedrigten Harnstoffwertes sehr verschieden sind, kann man keine konkreten Folgen eines über lange Zeit erniedrigten Wertes benennen.
Folgen treten nicht aufgrund des erniedrigten Wertes sondern auf Basis der Grunderkrankung auf. Die häufigste Ursache, die proteinarme Ernährungsweise oder Mangelernährung, kann einen Abbau der Muskulatur zur Folge haben. Es kommt zudem zu einem anhaltenden Schwächegefühl oder ständiger Müdigkeit. Im Extremfall kann der Abbau der Muskulatur auch den Herzmuskel betreffen, was in einer verminderten Herzleistung resultiert.

Was ist der Harnstoff-Kreatinin-Quotient?

Der Harnstoff-Kreatinin-Quotient ist ein Maß für den Proteinstoffwechsel. Dabei werden die Werte von Harnstoff und Kreatinin im Blutserum gemessen und der Wert für Harnstoff durch den für Kreatinin geteilt. Man erhält einen Quotienten.
Ein verminderter Quotient spricht meist für eine mangelnde Proteinzufuhr oder in selteneren Fällen auch für einen Leberschaden. Krankheiten, die mit einem gesteigerten Proteinabbau einhergehen führen zu erhöhten Werten für den Quotienten. Dazu gehören zum Beispiel ein massiver Abbau von roten Blutkörperchen (Hämolyse) oder ein schwerer Unfall. Auch eine Therapie mit Cortison und ähnlichen Medikamenten (Glucokortikoide) kann zu einer Erhöhung führen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 26.07.2018 - Letzte Änderung: 25.07.2023