Reflux beim Baby

Reflux setzt sich aus den Begriffen re (lat. wieder/zurück) und flux (von lat. fluere=fließen) zusammen und beschreibt einen Rückfluss von Teilen des Mageninhaltes in die Speiseröhre. Speiseröhre und Magen sind durch einen Schließmuskel (Sphinkter) voneinander getrennt. Dieser ist durchlässig für Nahrung und Getränke, die vom Mund über die Speiseröhre bis in den Magen transportiert werden. Für die andere Richtung ist der Muskel verschlossen und verhindert dadurch, dass Mageninhalt oder Magensäure zurück in die Speiseröhre gelangt.

Fast alle Babys haben gelegentlichen Reflux. Als Erkrankung wird es allerdings erst bezeichnet, wenn das Kind unter den Folgen leidet.

Symptome & Diagnose

Was können Anzeichen dafür sein?

Die Anzeichen für eine Reflux-Erkrankung sind vielfältig: Husten, Erbrechen, Schluckauf, Weinen und Schreien sind nach den Mahlzeiten häufig. Besorgniserregend wird die Erkrankung, wenn mehr als fünf Mal am Tag Milch wieder erbrochen wird, wenn das Baby die Nahrungsaufnahme verweigert und/oder nicht an Gewicht zunimmt.
Auch Schluckbeschwerden und häufiges Husten, sowie sich wiederholende Infekte in der Lunge sollten abgeklärt werden. Befindet sich Blut im Erbrochenen, deutet dies darauf hin, dass die Speiseröhre bereits schwerere Schäden davongetragen hat. In diesem Fall sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Wie kann ich erkennen, dass mein Kind an Reflux leidet?

Kinder, die an Reflux leiden, haben häufig unmittelbar nach den Mahlzeiten Schmerzen im Brustbereich. Meist drücken sie dies durch Weinen und Schreien aus. Die Beschwerden verschlimmern sich vor allem im Liegen. Meist erbrechen die Kinder regelmäßig nach den Mahlzeiten oder müssen vermehrt husten, weil Anteile des zurückgelaufenen Mageninhaltes bis in die Luftröhre gelangen.

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Je nach Ausprägung des Refluxes verweigern die Kinder die Nahrungsaufnahme, da diese ihnen Schmerzen bereitet. Alternativ trinken sie besonders gierig, da sie sehr hungrig sind. Auch Schluckauf ist keine seltene Begleiterscheinung bei Kindern, die an Reflux leiden. Da die Beschwerden besonders im Liegen auftreten, haben die Kinder oftmals Schlafprobleme. Sie schlafen tagsüber wenig, sind aber sehr müde. Auch nachts tun sie sich mit dem Ein- und Durchschlafen schwer.
Kinder, bei denen Teile des Speisebreis in die Luftröhre gelangen, bekommen neben Husten auch Heiserkeit. Der saure Magensaft kann die ungeschützten Stimmbänder angreifen und dort zu kleinen Entzündungen führen. Dadurch werden die Kinder heiser, außerdem können sie Halsschmerzen bekommen.

Im schlimmsten Fall landet Magensäure auch in der Lunge und löst dort eine Lungenentzündung aus.

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Schmerzen nach den Mahlzeiten

Beim Reflux fließt besonders direkt nach den Mahlzeiten Speisebrei aus dem Magen zurück in die Speiseröhre. Die aufgenommene Nahrung wird im Magen mit der Magensäure vermischt. Diese ist vor allem zur Verdauung gedacht, zudem soll sie potenzielle Krankheitserreger abtöten. Gelangt der saure Speisebrei durch Reflux wieder in die Speiseröhre, kann es dort zu kleinen Verletzungen kommen. Die Speiseröhre ist gegen die starke Säure nicht ausreichend geschützt. Diese kleinen Verletzungen können sich entzünden und bluten. Nimmt das Baby erneut Nahrung zu sich, können diese infizierten und offenen Stellen in der Speiseröhre zu Schmerzen führen.

Begleitende Symptome

Begleitende Symptome beim Reflux sind zunächst Schmerzen, sowie Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome ergeben sich unmittelbar aus dem zurückgeflossenen Mageninhalt, der sich seinen Weg die Speiseröhre hinauf bahnt. Auf seinem Weg greift der mit Magensäure vermischte Speisebrei die Schleimhaut der Speiseröhre an und schädigt diese. In der Folge kann es zu Infektionen und Blutungen kommen. Oftmals gelangt das halb verdaute Gemisch nicht nur wieder in den Mund, von wo aus es erbrochen wird. Ein Teil landet häufig auch in der Luftröhre und verursacht dort ähnliche Läsionen wie in der Speiseröhre. Dies drückt sich durch vermehrt auftretende Infektionen der Atemwege (wie beispielsweise einer Bronchitis beim Baby) aus. Auch eine Neigung zu Lungenentzündungen ist nicht selten.

Wenn der saure Speisebrei sich zudem auf die Stimmbänder legt, kann er dort Heiserkeit und ebenfalls schmerzhafte Entzündungen auslösen. Aufgrund der oft schmerzhaften Erfahrung der Nahrungsaufnahme, wird diese von den Babys nach einiger Zeit häufig abgelehnt. Dadurch nehmen sie langsamer oder gar nicht an Gewicht zu. Ein weiteres begleitendes Symptom ist die auffällige Müdigkeit der Säuglinge. Reflux führt vor allem im Liegen zu Beschwerden, weshalb die Kinder oftmals sehr schlecht und wenig schlafen.

Schlechter Atem

Der schlechte Atem, der häufig bei Babys, die an Reflux leiden, wahrgenommen wird kommt durch die Magensäure zustande. Im Magen wird die aufgenommene Milch mit der Magensäure vermischt und verdaut. Kommt dieses Gemisch aufgrund von Reflux zurück in die Speiseröhre, kann man die säuerliche Komponente des Speisebreis riechen. Eventuell wird der Speisebrei auch erbrochen. In dem Fall riecht auch das Erbrochene sauer.

Atemnot

Atemnot kann Ausdruck einer Infektion im Bereich der Lunge und Atemwege sein. Diese tritt im Zusammenhang mit Reflux auf, wenn saurer Mageninhalt durch die Speiseröhre in den Kehlkopf aufsteigt und dort auch in die Luftröhre gelangt. Die Luftröhre und die kleineren, sich verzweigenden Atemwege sind gegen die Magensäure nicht ausreichend geschützt und können daher leicht kleine Verletzungen davontragen, die sich entzünden können.
Setzt sich Speisebrei im Lungengewebe fest, kann er dort ebenfalls zu einer Infektion führen und so eine gefährliche Lungenentzündung auslösen.

Schlafstörung

Die Schlafstörung bei Babys, die an Reflux leiden, ergibt sich aus der anatomischen Struktur der Speiseröhre und des Magens. In aufrechter Haltung findet die Nahrung der Schwerkraft folgend ihren natürlichen Weg in den Magen und verbleibt dort. Wird das Baby zum Schlafen hingelegt, kann die Nahrung zurückfließen. Dies wird normalerweise durch einen Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen verhindert. Allerdings ist dieser bei vielen Säuglingen noch nicht vollständig funktionsfähig. Daher kommt es im Liegen deutlich häufiger zu Reflux, wobei die Kinder Schmerzen verspüren.
Werden die Kinder unmittelbar vor dem Schlafen gefüttert, befindet sich besonders viel Nahrung im Magen, wodurch die Problematik stärker ausgeprägt ist.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Verdachtsdiagnose eines Refluxes bei Babys wird zunächst aufgrund der Symptome gestellt. Die erste Untersuchung, die sich einer solchen Verdachtsdiagnose anschließt, ist der Ultraschall. Dabei lassen sich eventuell vorliegende anatomische Anomalien feststellen. Gerne verwendet man auch eine 24-Stunden PH-Metrie, bei der über 24 Stunden der Säuregehalt im Bereich der Speiseröhre gemessen wird. Kommt es zum Reflux, fließt saurer Speisebrei in die Speiseröhre. Dieser Vorgang lässt sich mit der Untersuchung messen. Mittels einer 24-Stunden Impedanzmessung können auch Geschwindigkeit und Druck des Refluxes gemessen werden.

Behandlung

Behandlung des Refluxes beim Baby

Lassen sich bei den Babys keine Alarmzeichen (wie beispielsweise Blut im Erbrochenen, Gedeihstörungen, häufige Lungenentzündungen oder Atemwegsinfektionen, etc.) feststellen, ist in der Regel eine konservative Therapie des Refluxes angemessen. Diese besteht aus der Schulung der Eltern zu folgendem Verhalten: Die Nahrung sollte angedickt werden, sodass sie weniger leicht in die Speiseröhre zurückfließt. Eine Bauchlage des Babys sollte vermieden werden. Ebenso sind spätes oder nächtliches Füttern ungünstig.
Währen des Schlafens sollte der Oberkörper des Babys leicht hochgelagert sein, sodass die Schwerkraft den Mageninhalt möglichst im Magen hält.

Zudem ist bekannt, dass passives Rauchen den Reflux verstärkt, daher sollte jegliches Rauchen in der Nähe des Kindes unterlassen werden. Des Weiteren kann der Reflux auch medikamentös behandelt werden. Protonenpumpenhemmer und Medikamente, die gegen den H2 Rezeptor im Magen wirken, vermindern die Säureproduktion, wodurch der zurückfließende Mageninhalt die Speiseröhre weniger angreift.

In Ausnahmefällen kann eine Operation nötig sein. Dies trifft allerdings nur zu, wenn anatomische Anomalien bestehen, die von alleine nicht verschwinden werden und dauerhaft Probleme bereiten können.

Welche Medikamente werden eingesetzt?

Die am häufigsten verwendeten Medikamente bei Reflux sind die Protonenpumpenhemmer (kurz PPI für ProtonenPumpenInhibitoren). Die Protonenpumpen sorgen im Magen dafür, dass die Magensäure besonders sauer wird. Setzt man Medikamente gegen diese Pumpen ein, wird dennoch Magensäure produziert, allerdings ist diese weniger sauer und dadurch weniger schädigend für die Speiseröhre. Unter den PPIs ist Omeprazol das am häufigsten für Kinder genutzte Medikament.

Auch H2-Rezeptor Antagonisten (Medikamente, die den H2-Rezeptor hemmen) wirken der Säureproduktion entgegen. Besonders die nächtliche Säureproduktion wird gehemmt. Tagsüber wirken sie weniger stark als PPIs. Die Medikamentengruppe der Prokinetika (pro=für, Kinetik=Bewegung) beruht auf einer anderen Wirkungsweise. Diese Medikamente werden vor allem gegen Übelkeit und Erbrechen eingesetzt. Sie stärken die Eigenbewegung des Magens, die dieser zur Verdauung benötigt. Dadurch kann die Nahrung besser verdaut werden, sodass sie den Magen schneller in Richtung Darm verlässt. Damit die Medikamente richtig wirken, müssen sie in säurefester Form verabreicht werden. Daher dürfen die Tabletten nicht zerstampft oder anderweitig zerkleinert werden.

Kann Osteopathie helfen?

Osteopathie ist eine manuelle Therapieform. Sie beruht also darauf, dass mit den Händen durch Berührung und Druck an verschiedenen Punkten ein therapeutischer Effekt entsteht. Die Osteopathie ist vor allem darauf ausgelegt die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren.

Bei Reflux Beschwerden steht besonders die Schädelbasis der Säuglinge im Fokus. An dieser Stelle treten viele Hirnnerven aus, die das Schlucken und das Saugen bei den Babys steuern. Es wird bei der Behandlung vor allem darauf geachtet, Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit der Knochen zu verbessern, damit eine mögliche Irritation der Nerven beseitigt wird. Ein weiterer Ansatzpunkt ist das Zwerchfell (der große Atemmuskel). Die Speiseröhre tritt, unmittelbar bevor sie im Magen mündet, durch ein Loch im Zwerchfell hindurch. Daher können auch Verspannungen im Zwerchfell vermehrte Schluckbeschwerden und Reflux auslösen. Durch geübte Handgriffe soll dieser Atemmuskel entspannt werden und dadurch weniger Reflux hervorrufen.

Nach wie vor ist die konkrete Wirkweise der osteopathischen Therapie wissenschaftlich nicht erklärt. Studien bestätigen allerdings einen positiven Einfluss der Osteopathie auf Kinder mit Reflux Beschwerden.

Homöopathie

Mithilfe homöopathisch wirksamer Globuli lassen sich Reflux Symptome bei Babys lindern. Je nach Verhalten des Kindes, eignen sich dafür unterschiedliche Präparate: Silicea wird gerne verwendet, wenn das Kind starke Schluckbeschwerden hat und unmittelbar nach dem Trinken erbricht. Sind dem Baby insbesondere Bauchschmerzen anzumerken, die mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen können, empfiehlt sich die Anwendung von Magnesium phosphoricum.

Aethusa cynapium ist bei schwallartigem Erbrechen empfohlen. Geht das Erbrechen zusätzlich mit einer Überempfindlichkeit des Babys einher, ist Nux vomica das Mittel der Wahl. Cuprum metallicum ist am besten geeignet, wenn der Säugling besonders hastig trinkt.

Ursachen & Prophylaxe

Was sind die Ursachen für einen Reflux beim Baby?

Gerade bei Neugeborenen und vor allem bei frühgeborenen Kindern ist der Reflux ein relativ normales Vorkommnis. Beim obligatorischen Bäuerchen nach einer Mahlzeit wird vor allem Luft aufgestoßen, es kann aber auch ein wenig Mageninhalt dabei sein. Zwischen Speiseröhre und Magen gibt es einen Schließmuskel, der den Rückfluss des Mageninhalts in die Speiseröhre verhindern soll.

Dieser Muskel kann besonders in den ersten Wochen und Monaten noch nicht immer vollständig kontrolliert angesteuert werden. Manchmal entspannt er sich nach einer Mahlzeit kurzzeitig oder er schließt nicht vollständig. Dadurch kann Mageninhalt zurückfließen. Zudem ist bei sehr jungen Babys der Winkel, in dem die Speiseröhre in den Magen eintritt, sehr gering. Auch dadurch wird ein Reflux begünstigt. Dies wächst sich normalerweise innerhalb der ersten Monate aus.

Das Trinkverhalten der Babys kann den Reflux ebenfalls beeinflussen: trinkt das Kind sehr schnell und hastig, werden häufig zu große Mengen verschluckt, die sich anschließend ihren Weg wieder nach oben bahnen. Krankhafte Ursachen können eine fehlerhafte Verschaltung oder eine Schädigung der Nerven sein. Auch Ursachen im Bereich der Lunge sind denkbar, da sie die Druckverhältnisse im Brustkorb des Babys verändern und so eventuell einen Reflux begünstigen.

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Welchen Einfluss hat das Stillen und die Babynahrung?

Das Stillen und die Babynahrung haben beide einen Einfluss auf den Reflux des Babys. Allgemein lässt sich sagen, dass sich weder durch die eine noch durch die andere Variante die Symptome komplett vermeiden lassen. Tendenziell leiden Kinder, die Babynahrung zu sich nehmen häufiger an Reflux. Vermutlich ist die Babynahrung etwas weniger gut verträglich als die natürliche Muttermilch. Zudem wird über die Flasche meist in etwas größeren Mengen gefüttert. Dadurch verbleibt die Nahrung länger im Magen und verstärkt somit die Reflux Symptomatik.

Umgekehrt kann ein starker Milchspendereflex der Mutter dazu führen, dass die Kinder besonders hastig trinken. Dies hat zur Folge, dass sie versehentlich besonders viel Luft verschlucken und diese nach der Mahlzeit wieder aufstoßen müssen. Das Aufstoßen wiederum begünstigt den Reflux, da dafür der Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen geöffnet werden muss.

Hat die Ernährung der Mutter beim Stillen Einfluss auf den Reflux beim Baby?

Die Ernährung der Mutter beim Stillen hat dann einen Einfluss auf den Reflux beim Baby, wenn das Baby eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hat. Alles, was die Mutter zu sich nimmt, kann auch in die Muttermilch gelangen und so an das Baby gefüttert werden. Säuglinge leiden beispielsweise häufig an einer Kuhmilch-Unverträglichkeit. Trinkt die Mutter während der Stillzeit besonders viel Kuhmilch, bekommen auch die Babys viel davon und reagieren eventuell mit einem gereizten Magen darauf. Ähnliche Zusammenhänge lassen sich auch bei anderen Unverträglichkeiten feststellen.

Auch Alkoholkonsum und Rauchen der Mutter wirken sich negativ auf Refluxbeschwerden aus. Das Kind nimmt die Inhaltsstoffe über die Muttermilch auf und hat dadurch eine höhere Wahrscheinlichkeit an Reflux zu leiden.

Verlauf & Prognose

Wie lange hält der Reflux an?

Leichter Reflux ist bei Babys in den ersten Lebensmonaten zwar nicht vollkommen normal, allerdings zunächst auch kein Grund zu großer Besorgnis. In der Regel legt sich das Problem nach einigen Wochen bis Monaten, da gewisse anatomische Strukturen reifen und auch das Zusammenspiel der verschiedenen Nerven und Organe koordinierter wird. Grund zur Sorge besteht vor allem, wenn zusätzliche Symptome wie Atembeschwerden, Bluterbrechen und Gedeihstörungen auftreten.

Bessert sich die Symptomatik nach etwa einem halben Jahr nicht, sollte erneut ein Arzt aufgesucht werden. Anders ist es bei Kindern, die eine anatomische Anomalie aufweisen. Diese muss eventuell operativ behandelt werden. Danach ist es allerdings oftmals möglich, dass die Beschwerden verschwinden. In den ersten Lebensmonaten lassen sich die Symptome meist konservativ, in schwereren Fällen auch medikamentös einstellen, sodass sich die Babys ungestört entwickeln können.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.10.2017 - Letzte Änderung: 28.10.2021