Trachom

Synonyme

Griechisch: trachôma, trachus - „rau“, engl.: trachoma
Konjunktivitis trachomatosa, trachomatöse Einschlusskonjunktivitis, ägyptische Augenentzündung, Körnerkrankheit der Bindehaut

Definition Trachom

Das Trachom ist eine durch das Bakterium Chlamydia trachomatis verursachte, chronisch verlaufende Bindehautentzündung (Konjunktivitis), die häufig zu Erblindung führt.

Wie häufig ist ein Trachom?

Das Trachom gibt es in Europa nur noch sehr selten und ist hier meldepflichtig. In Indien, Afrika und den Entwicklungsländern des südlichen Mittelmeers ist es jedoch nach wie vor eine der häufigsten Ursachen der Blindheit, ca. 4% der Bevölkerung sind dort betroffen, und die häufigste infektiöse Erblindungsursache weltweit. Allein in Ägypten, China und Indien gibt es ca. 500 Mio. Erkrankte.

Was sind die Symptome eines Trachoms?

Nach der Erstinfektion mit C. trachomatis, die in Endemiegebieten vor allem Kleinkinder betrifft, entwickelt sich innerhalb von 5-7 Tagen eine unspezifische nässende (seröse) Konjunktivitis mit Fremdkörpergefühl. Bald darauf bilden sich auf der Bindehaut (Konjunktiva) des Oberlids große körnerartige Ansammlungen von Entzündungszellen (Follikel), die gallertig aussehen, sich massiv vergrößern und schließlich aufplatzen. Auf diese Weise entleert sich die in den Follikeln eingeschlossene infektiöse Flüssigkeit (Sekret) nach außen. Nach dem Aufplatzen der Follikel entstehen Narben, was zu einer Schrumpfung der Bindehaut des Oberlides führt, wodurch die obere Wimpernreihe nach innen gezogen wird (Entropium). Durch die genannten Follikel wirkt die Oberfläche der Bindehaut des Oberlides rau, woher die Bezeichnung Trachom stammt.
Die Entzündung betrifft die Lidbindehaut und die Übergangsfalte, aber nicht die Bindehaut über dem Augapfel. Die knotenförmige Erhebung (Karunkel) und die Bindehautfalte im nasenseitigen Augenwinkel sind oft deutlich geschwollen. Vom oberen Hornhautrand aus wächst eine gallertige, mit Follikeln durchsetzte Trübung über die Hornhaut. Diese Trübung wird „Pannus von oben“ oder Pannus am Auge genannt.

Durch das Entropium scheuern die Wimpern auf der Hornhaut und erzeugen ein Hornhautgeschwür (Hornhautulkus).
Das Endstadium eines schweren Trachoms ist eine porzellanartige Hornhautnarbe, die aus entarteten Bindehaut- und Hornhautzellen mit wenigen Blutgefäßen besteht. Sie entsteht durch Austrocknung der Augapfeloberfläche und wiederkehrende Erosionen. Die fortgeschrittenen Stadien sowie das Endstadium der Erkrankung entwickeln sich im Lauf von mehreren Jahren.


Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt basierend auf der Ausprägung der Symptomatik die Einteilung des Trachoms in 5 klinische Stadien vor:

  • follikuläre trachomatöse Entzündung bei 5 oder mehr Follikeln der Bindehaut des Oberlides,
  • starke trachomatöse Entzündung bei ausgeprägter entzündlicher Verdickung der Bindehaut des Oberlides,
  • trachomatöse, konjunktivale Vernarbung bei sichtbaren Narben der Bindehaut des Oberlides,
  • trachomatöse Trichiasis bei Reiben von mindestens einer Wimper auf dem Augapfel,
  • korneale Trübung

Zusätzlich kann es immer auch zu einer Superinfektion durch Bakterien wie Haemophilus, Moraxella, Pneumokokken und Streptokokken kommen, die beim Trachom sowohl primär als auch im chronischen Stadium jederzeit das Krankheitsbild verschlimmern kann.

Wie wird ein Trachom diagnostiziert?

Die Diagnose des Trachoms wird anhand der Symptomatik, also des klinischen Bildes, gestellt.
Zusätzlich kann eine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt werden: Ein direkter mikroskopischer Nachweis ist mittels Immunfluoreszenz möglich. Dabei werden die Chlamydien mit fluoreszenzmarkierten Antikörpern angefärbt und so sichtbar gemacht. Aufwendiger und teurer, dafür sicherer, ist der DNA-Nachweis durch DNA-Vervielfältigung mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Das Untersuchungsmaterial besteht aus Bindehautzellen, deren Gewinnung für den Patienten sehr schmerzhaft ist.

Stadien eines Trachoms

Das Trachom wird nach McCallen in vier verschiedene Stadien eingeteilt. Im ersten Stadium kommt es zu einer Reizung der Bindehaut, die jedoch noch relativ unspezifisch ist. Sie tritt jedoch beidseits auf und oft kommt es zu einer Sekretion von Eiter oder Flüssigkeit. Im zweiten Stadium kommt es zum Auftreten von gelblich-weißer Lymphfollikel an der seitlichen Bindehaut des Oberlids. Stadium drei platzen diese Follikel auf und es entleert sich Flüssigkeit. Das vierte Stadium ist beschrieben durch eine Narbenbildung sowie Ulzerationen an der Hornhaut. Das Endstadium wird definiert durch die verlorene Möglichkeit des Lidschlusses.

Ursachen eines Trachoms

Der Erreger des Trachoms ist das gram-negative Bakterium Chlamydia trachomatis, das zu der Familie der Chlamydien gehört. Es kommt in zwei verschiedenen Formen vor:
Außerhalb einer Wirtszelle existiert es als sehr widerstandsfähiges Elementarkörperchen (EK) mit einem Durchmesser von 0,25-0,3 µm. In dieser Form infiziert das Bakterium die Wirtszelle. Bei der Aufnahme durch die Zelle werden die Elementarkörperchen in Vakuolen eingeschlossen, die sie vor dem zelleigenen Abbau schützen. In diesen Einschlüssen wandeln sich die Elementarkörperchen in Retikularkörperchen (RK) um, die einen eigenen Stoffwechsel besitzen, und fangen an sich durch Teilung zu vermehren. Nach 2-3 Tagen geht die Wirtszelle unter, die mittlerweile wieder zu Elementarkörperchen gereiften Chlamydien werden frei und können anschließend wiederum andere Zellen befallen.

Die Übertragung der Chlamydia trachomatis erfolgt häuptsächlich durch Schmierinfektion, eine direkte Übertragung von Krankheitserregern durch Berührung, innerhalb enger Lebensgemeinschaften zum Beispiel bei gemeinsamer Benutzung von Handtüchern. Auch durch Fliegen und Insekten, die sich in den inneren Lidwinkel setzen, können sie übertragen werden und bei mangelernährten, geschwächten Kindern und Erwachsenen eine Entzündung auslösen. Mangelnde Hygiene spielt eine entscheidende Rolle. In den Bevölkerungsgruppen tropischer Länder, die durch eine ausreichende Wasserversorgung unter guten hygienischen Bedingungen leben, kommt das Trachom praktisch nicht mehr vor. Im Narbenstadium ist die Krankheit kaum noch ansteckend. Eine dauernde Immunität entsteht nicht.

Chlamydia trachomatis (Trachom) ist der Erreger zweier Formen von Konjunktivitis:
In Ländern mit guten hygienischen Bedingungen, wie z.B. Mitteleuropa, rufen die Serotypen D–K die Chlamydienkonjunktivitis des Erwachsenen („Einschlusskörperchenkonjunktivitis“), in Ländern mit schlechten hygienischen Bedingungen rufen die Serotypen A–C das oft im Kindesalter beginnende Trachom hervor.

Erreger Chlamydien

Erreger des Trachoms sind Chlamydia trachomatis. Von diesen Bakterien gibt es unterschiedliche Gruppen. Genauer gesagt wird das Trachom von Chlamdia trachomatis Serovar A-C ausgelöst. Die Übertragung erfolgt direkt über Fliegen von Mensch zu Mensch. Chlamydien sind gramnegative Bakterien, die nur intrazellulär leben. Chlamydien lösen eine Vielzahl von Erkrankungen aus. Andere Gruppen sind beispielsweise ursächlich für urogenitale Infektionen und Lungenerkrankungen.

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Wie wird ein Trachom behandelt?

Zur Therapie des Trachoms werden systemische oder lokale, intrazellulär wirksame Antibiotika angewandt. Die WHO empfiehlt eine lokale Therapie mit Tetrazyklinen. Möglich ist auch eine Therapie mit Azithromycin, die jedoch teurer ist.

Im Narbenstadium sollte ein chirurgischer Eingriff erfolgen, um das Entropium und die Trichiasis zu beseitigen. Eine operative Wiederherstellung der Hornhaut (Keratoplastik) hat im Endstadium eines schweren Trachoms kaum noch Erfolgsaussichten.
Meist sind aber die Therapiemöglichkeiten des Trachoms aufgrund des sozioökonomischen Standards in den betroffenen Ländern sehr eingeschränkt.

Wie kann man einem Trachom vorbeugen?

Die Übertragung durch Schmierinfektion kann durch entsprechende Hygienemaßnahmen, z. B. hygienische Händedesinfektion mit 70%igem Alkohol, weitgehend unterbunden werden. Kontaktlinsenträger müssen über die möglichen Gefahren durch die Kontaktlinsen (Hornhautverletzungen mit Superinfektion) aufgeklärt und in sachgemäße Reinigung und Lagerung eingewiesen werden.

Fehlende Hygienemöglichkeiten in unterentwickelten Landern begünstigen das Auftreten des Trachoms. Nur durch Verbesserung der Infrastruktur, eine ausreichende Wasserversorgung und verbesserte hygienische Bedingungen (z.B. einmal täglich das Gesicht waschen) kann die Häufigkeit des Trachoms verringert werden.

Wie ansteckend ist das?

Ein Trachom ist ähnlich wie viele bakterielle Infektionen hoch ansteckend. Es ist noch nicht geklärt, ob Patienten schon während der Inkubationszeit von 5-10 Tagen infektiös sind oder erst beim Auftreten erster Symptome. Die Übertragung erfolgt jedoch von Mensch zu Mensch über Fliegen, die die Bakterien tragen oder über Schmierinfektion. Eine geringe Hygiene oder das gemeinsame Nutzen eines Handtuchs kann beispielsweise ein Übertragungsweg sein.

Was ist die Prognose mit einem Trachom?

Die Prognose des Trachoms hängt von dem Krankheitsstadium ab. Die Prognose ist gut, wenn in einem frühen Stadium mit der Behandlung begonnen wird. Eine Erblindung tritt erst dann auf, wenn die Erkrankung jahrelang nicht behandelt wird und es häufig zu erneuter Infektion kommt.

Was ist die Geschichte des Trachom?

Der Begriff Chlamydien leitet sich von chlamys (gr. der Mantel) ab.
Eine Beschreibung einer trachomähnlichen Erkrankung des menschlichen Auges findet sich bereits in Überlieferungen aus dem Altertum. 1907 erfolgte die Erstbeschreibung von Chlamydia trachomatis durch Ludwig Halberstadter (*1876 in Beuthen, Oberschlesien, † 1949 in New York City) und Stanislaus von Prowazek (*1875 Tschechische Republik, † 1915 in Cottbus). Sie konnten zeigen, dass das Krankheitsbild des Trachoms vom Menschen auf Menschenaffen experimentell übertragbar ist: Mittels einer bestimmten Färbetechnik, der Giemsa-Färbung, identifizierten sie in Zellen aus Abstrichen der Bindehaut (Konjunktiva) Vakuolen, die sie als Ursache des Trachoms interpretierten. In den Folgejahren wurden ähnliche Einschlusskörper in Konjunktivalabstrichen von Neugeborenen mit Konjunktivitis, in Gebärmutterhalsabstrichen ihrer Mütter sowie in Harnröhrenabstrichen von Männern gefunden. Aufgrund ihrer mangelnden Kultivierbarkeit auf künstlichen Nährböden, ihrer geringen Größe und ihrer rein intrazellulären Vermehrung wurden die Erreger damals fälschlicherweise als Viren eingestuft. Dank der Zellkulturtechniken und Elektromikroskopie wurde Mitte der 1960er Jahre klar, dass Chlamydien keine Viren, sondern Bakterien sind. So wurden sie 1966 als eigene Ordnung Chlamydiales der Bakterien erkannt.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Trachom finden Sie unter:

Eine Übersicht aller Themen aus dem Bereich der Augenheilkunde finden Sie unter: Augenheilkunde A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 17.02.2011 - Letzte Änderung: 25.07.2023