Ursachen einer Thrombozytopenie

Eine Thrombozytopenie beschreibt ein Krankheitsbild, bei welchem die Anzahl der Thrombozyten (Blutplättchen) im Blut vermindert ist. Die Ursachen können grob gesagt in zwei Kategorien unterteilt werden. Entweder liegt eine Störung im Knochenmark vor, sodass die Bildung der Thrombozyten vermindert ist oder es findet ein vermehrter Abbau statt, welcher mit einer verkürzte Lebensdauer der Thrombozyten verbunden ist. Die Thrombozyten spielen für die Blutgerinnung eine wichtige Rolle. Daraus folgt, dass bei einem Mangel als erstes Symptom kleine spontane Einblutungen der Haut und der Schleimhaut auftreten.

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Ursachen für eine Thrombozytopenie

Bildungsstörungen:

  • Fanconi-Anämie

  • Toxisch durch Medikamente, Strahlung oder Chemikalien

  • Infektionen

  • Krebserkrankungen – insbesondere akuter weißer Blutkrebs (akute Leukämie), Lymphdrüsenkrebs und Knochenmetastasen

  • Osteomyelosklerose

  • Folsäure- oder Vitamin B12-Mangel

 Verkürzte Lebensdauer der Thrombozyten:

  • Antikörper gegen Thrombozyten aufgrund von

    • Idiopathisch immunthrombozytopenische Purpura (ITP)

    • Tumore, Autoimmunerkrankungen, HELLP-Syndrom

    • Medikamente, Blutprodukten

  • Erhöhter Verbrauch aufgrund von

    • mechanischen Schädigungen

    • Hämolytisch-urämisches Syndrom

    • gesteigerte Aktivität der Gerinnung

    • Vergrößerung der Milz

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Angeborene Bildungsstörungen

Die einzige angeborene Bildungsstörung der Thrombozyten-Produktion ist die Fanconi-Anämie. Sie wird autosomal rezessiv vererbt und führt zu einer Schwäche des gesamten Knochenmarkes. Dies bedeutet, dass nicht nur die Thrombozyten vermindert sind, sondern auch alle andere Blutzellen, die vom Knochenmark gebildet werden. Es handelt sich um ein seltenes Krankheitsbild, dass weiterhin mit Veränderungen am Skelett und an den Organen einhergeht. Häufig sind die Patienten eher klein und haben einen kleinen Kopfumfang.

Ungefähr die Hälfte aller Patienten mit einer Fanconi-Anämie entwickeln im Laufe ihres Lebens bösartige Erkrankungen des Blutsystems wie zum Beispiel einen weißen Blutkrebs (Leukämie). Kinder mit einer Fanconi-Anämie fallen schon früh mit Symptomen wie Abgeschlagenheit, Einblutungen an der Haut oder den Schleimhäuten und häufigen Infekten auf. Diese Symptome sind mit der Schädigung des Knochenmarkes zu erklären. Daraus folgt, dass bei diesen Patienten besonders schwere Infektionen und Gehirnblutungen sehr gefürchtet sind. Die Therapie besteht darin, in engmaschigen Abständen das Blutbild zu kontrollieren und wenn nötig die fehlenden Blutbestandteile mit Blutprodukten zu ersetzen.

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Erworbene Bildungsstörungen

Es gibt eine Vielzahl von erworbenen Bildungsstörungen der Thrombozyten. Die Meisten basieren auf einer Schädigung des Knochenmarkes, wodurch die Bildung der Thrombozyten eingeschränkt wird. Medikamente, wie zum Beispiel Chemotherapeutika können diese Schädigung herbeiführen, welche in Kauf genommen werden muss, um die Tumorzellen entsprechend bekämpfen zu können.

Strahlung, welche auch in der Tumorbehandlung einen Stellenwert hat, kann ebenfalls das Knochenmark schädigen. Auch Krebserkrankungen selber, sowie andere bösartige Erkrankungen des Knochenmarkes, wie zum Beispiel die Osteomyelosklerose können zu Bildungsstörungen führen. Gewisse Chemikalien wie zum Beispiel Benzol, welches in Lösungsmitteln eingesetzt wird, gehören ebenfalls zu dieser Gruppe.

Neben den toxischen Ursachen spielen Infektionen, wie zum Beispiel der HI-Virus, als Verursacher eine Rolle. Das Virus befällt vor allem Immunzellen, welche ein bestimmtes Merkmal auf ihrer Oberfläche enthalten. Daraus resultiert die gefürchtete Immunschwäche bei diesen Patienten. Darüberhinaus entwickeln die Patienten aber auch eine Thrombozytopenie.
Autoimmunerkrankungen, also Erkrankungen bei denen körpereigene Strukturen vom Immunsystem angegriffen werden, gehören auch zu den erworbenen Bildungsstörungen. Bei dieser Gruppe an Erkrankungen werden die Vorläuferzellen der Thrombozyten vom Immunsystem bekämpft, sodass sie nicht mehr zu Thrombozyten heranreifen können.  

Verkürzte Lebensdauer: Antikörperreaktionen

Eine Antikörperreaktion gegen die Thrombozyten ohne weitere Grunderkrankung wird durch das Krankheitsbild Idiopathisch Immunthrombozytopenische Purpura (ITP) beschrieben. Bei dieser Erkrankung werden vom Körper spezielle Proteine (Antikörper) gegen die Thrombozyten gebildet, wodurch diese vom Immunsystem erkannt und abgebaut werden. Folglich kommt es zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Thrombozytopenie. Bislang ist noch nicht ausreichend geklärt, wie diese fehlgeleitete Reaktion des Körpers entsteht. Man glaubt, dass sie durch banale virale Atemwegsinfektionen ausgelöst werden kann.

Wichtig ist, dass die ITP die häufigste Ursache für eine Blutungsneigung bei Kindern ist. Wie stark diese Blutungsneigung ausgeprägt ist, hängt von der noch vorhandenen Thrombozytenanzahl ab. So kann es Patienten geben, die keinerlei Symptomatik aufzeigen bis hin zu Patienten, die am gesamten Körper mit kleinen Einblutungen (Petechien) übersäht sind. Eine Vergrößerung der Milz ist eher untypisch. Zur Diagnostik der ITP wird eine Blutuntersuchung durchgeführt. Typisch ist eine isolierte Verminderung der Thrombozyten, ohne dass die anderen Blutzellen Auffälligkeiten zeigen. Im Knochenmark finden sich viele Vorläuferzellen der Thrombozyten, da der Körper den Thrombozytenmangel bemerkt und das Knochenmark zu einer vermehrten Produktion anregt.

Zudem kann man mittels spezieller Methoden die Antikörper gegen die Thrombozyten nachweisen. Wichtig ist hierbei, dass die ITP eine Ausschlussdiagnose ist. Das bedeutet, dass erst alle anderen Möglichkeiten für diese Thrombozytopenie ausgeschlossen werden müssen, bevor die Diagnose gestellt werden darf. Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Thrombozytopenie. Patienten ohne Symptome können überwacht werden ohne weitere Therapie. Symptomatische Patienten werden zunächst mit hochdosierten Glukokortikoiden behandelt. Sollte dies nicht zu Erfolg führen, kann die Gabe von Immunsuppressiva oder Immunglobulinen erwogen werden. Sollte die Milz der Ort sein, in dem der Vermehrte Abbau der Thrombozyten stattfindet, kann eine Entfernung der Milz eine weitere therapeutische Option sein.

Thrombozytopenien durch eine Antikörperreaktion können zudem von einer Grunderkrankung ausgelöst werden. Beispiele für solche Grunderkrankungen sind hierfür sind der Lymphdrüsenkrebs, die chronisch lymphatische Leukämie, Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes oder das während der Schangerschaft auftretende HELLP-Syndrom.

Die dritte Gruppe der Antikörperreaktionen bilden solche, die durch die Gabe von Medikamenten oder Blutprodukten ausgelöst werden. Bei der Gabe eines bestimmten Heparins zur Blutverdünnung können sich spezielle Antikörper mit den Thrombozyten und dem Heparin zusammenlagern. Dies führt zu einer Thrombozytopenie und in schweren Verläufen zu Thrombosen. Nach Bluttransfusionen kann es bei Patienten, die schon einmal mit körperfremden Blut in Kontakt gekommen sind, zum Beispiel bei nach einer Schwangerschaft oder vergangenen Bluttransfusionen, zur Antikörperbildung gegen die eigenen Thrombozyten kommen, wodurch diese in Mitleidenschaft gezogen werden.

Gerinnungsaktivierung

Eine überschießende Gerinnungsaktivierung kommt zum Beispiel als Komplikation beim Schock oder bei einer Sepsis (ugs. Blutvergiftung), bei Operationen an bestimmten Organen oder beim Tumorzerfall vor. Die Gerinnung wird übermäßig aktiviert und es kommt zu einer großen Anzahl von kleinen Blutgerinnseln. Diese blockieren dann kleine Gefäße, welches zu einer Blutunterversorgung von verschiedenen Organen mit folgendem Gewebeuntergang führen kann. Dadurch, dass in einer sehr kurzen Zeit die Thrombozyten und die übrigen Faktoren des Gerinnungssystems verbraucht werden, kann es in der darauffolgenden Phase zu vermehrten Blutungen kommen.

In der Blutuntersuchung kann man schon sehr früh einen Mangel an Thrombozyten erkennen. Die Therapie besteht in der Behandlung der Grunderkrankung. In frühen Phasen der Gerinnungsaktivierung kann eine Blutverdünnung die Kaskade unterbrechen. In späten Phasen darf keine Blutverdünnung stattfinden, da hier schon eine erhöhte Blutungsgefahr besteht, die man nur verschlechtern würde. In diesen Phasen können Frischplasma und bestimmte Faktoren des Gerinnungssystems über die Vene ersetzt werden. Prophylaktisch sollte bei Patienten, die ein Risiko für eine Gerinnungsaktivierung haben, schon im Vorfeld eine Blutverdünnung mit Heparin vollzogen werden.

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Mechanische Schädigung

Thrombozyten können geschädigt werden, wenn sie mit nicht körpereigenen Oberflächen in Kontakt kommen. Ein Beispiel hierfür sind mechanische Herzklappen. Sie bestehen in aller Regel aus einem Metall und werden als Ersatz für die erkrankte Herzklappe eingesetzt. Da die mechanischen Klappen in ihrer Bewegung nicht den normalen Herzklappen entsprechen, können die Thrombozyten Schaden nehmen. Auch durch die künstliche Oberfläche kann eine mechanische Schädigung der Thrombozyten stattfinden.
Ein anderes Beispiel bei dem das Blut mit körperfremden Materialien in Kontakt kommt, ist bei der Dialyse. Bei dem Verfahren wird das Blut von Patienten mit schwerer Nierenerkrankung durch eine spezielle Maschine gepumpt und mithilfe einer Membran gefiltert. Im gesunden Menschen übernimmt diese Funktion die Niere. Hier kommen die Thrombozyten also in Kontakt mit einer körperfremden Oberfläche und können in diesem Prozess Schaden nehmen.

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Verteilungsstörungen

Eine Verteilungsstörung kann durch eine vergrößerte Milz (Splenomegalie) ausgelöst werden. In der Milz werden die Thrombozyten gepoolt, was bedeutet, dass sie sich im Milzgewebe sammeln und somit nicht für den restlichen Körperkreislauf und die Blutgerinnung zur Verfügung stehen. Bei einer Blutentnahme würde man eine Thrombozytopenie feststellen, da die Thrombozyten, die sich in der Milz befinden, nicht gemessen werden können. In der Milz erfolgt dann der Abbau der Thrombozyten. Dieser Abbau kann eine hohe Rate annehmen aufgrund der hohen Anzahl der Thrombozyten, die sich im Milzgewebe befinden. Eine weitere Ursache für eine Verteilungsstörung der Thrombozyten ist das Durchführen einer Narkose bei der es zu Unterkühlungen (Hypothermie) kommt.

Laborartefakt/ Pseudothrombozytopenie

Wird im Labor eine Thrombozytopenie festgestellt, ohne dass entsprechende Symptome vorher aufgefallen sind, kann eine Pseudothrombozytopenie vorliegen. Diese kann drei ursächliche Gründe haben. Zunächst können sich die Thrombozyten im Blutröhrchen zusammengelagert haben, was bewirkt, dass sie von den Messgeräten im Labor nicht detektiert werden können. Diese Zusammenlagerung kann durch eine falsche Technik bei der Blutentnahme verursacht werden.
Eine andere Möglichkeit ist das Vorhandensein von bestimmten Proteinen (EDTA-abhängige Agglutinine) im Blutröhrchen, die sich an die Thrombozyten binden und so zu einer Verklumpung führen. Im zweiten Falle findet eine Zusammenlagerung von weißen Blutkörperchen und den Thrombozyten statt. Es findet also auch eine Verklumpung statt und die Folge ist wieder ein geringerer messbarer Gehalt an Thrombozyten im Blut.
Der dritte Grund für eine Pseudothrombozytopenie ist das Vorhandensein von sogenannten Riesenplättchen. Das Vorhandensein von Riesenplättchen kann entweder angeboren sein oder auf Boden von verschiedenen, das Blutbildende System betreffende Erkrankungen, sein. Anstatt von Thrombozyten werden die funktionslosen Riesenplättchen gebildet, weshalb die Anzahl der Thrombozyten im Labor erniedrigt ist. Durch den Gebrauch von anders beschichteten Röhrchen (Zitrat-Röhrchen) oder durch die Bestimmung der Blutungszeit kann die Pseudothrombozytopenie aufgedeckt werden.

Alkohol

Starker Alkoholkonsum kann zu einer verringerten Produktion von Thrombozyten im Knochenmark führen. Dabei wird nicht nur die Produktion der Thrombozyten gestört, sondern die des gesamten Knochenmarkes. Daraus resultiert, dass alle Blutzellen vermindert sein können. Der Patient fällt dann mit Symptomen wie Abgeschlagenheit, kleinen Einblutungen und Anfälligkeit für Infektionen auf. Der Mechanismus ist hierbei wahrscheinlich ähnlich dem der medikamenteninduzierten Thrombozytopenie. Allerdings wird noch daran geforscht, welche genauen Mechanismen durch den Alkohol gestört werden, sodass es zu einer Schädigung des Knochenmarkes kommen kann.

Spätfolgen eines starken Alkoholismus können weißer Blutkrebs oder eine andere Erkrankung des Knochenmarkes sein. Ein zweiter Mechanismus bei dem ein erhöhter Alkoholkonsum zu einer Thrombozytopenie führen kann, ist über die Entstehung einer Leberzirrhose. Eine Leberzirrhose entsteht durch eine langanhaltende Schädigung der Leber durch toxische Substanzen, wie zum Beispiel Alkohol. Da die Leberzirrhose eine Schädigung der Leberzellen darstellt, wird auch die Produktionsfähigkeit von verschiedenen Stoffen herabgesetzt. Dies führt dazu, dass die Leber einen wichtigen Wachstumsfaktor der Thrombozyten nur noch in geringeren Maßen produzieren kann, womit es zu einer gesenkten Thrombozytenproduktion im Knochenmark kommt.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 24.04.2019 - Letzte Änderung: 19.07.2023