Wann braucht man eine OP bei einem Bandscheibenvorfall?

Einleitung

Bei bis zu neunzig Prozent aller Patienten mit Bandscheibenvorfall reicht eine rein konservative Behandlung aus. Bei einigen Patienten verschwinden die Beschwerden nach einigen Wochen vollständig.
Es gibt verschiedene Befundkonstellationen, unter welchen eine Operation infrage kommt. Versagt die konservative Behandlung, kommt eine OP in Betracht. Bei Vorliegen von Lähmungsauftreten und Schmerzen, die nicht durch Medikamente behandelt werden können, muss ein Chirurg hinzugezogen werden. Daneben gibt es Befundkonstellationen, bei denen eine Bandscheibenloperation durchgeführt werden kann aber nicht zwingend notwendig ist. 

Bei einem Bandscheibenvorfall hängt die Wahl der  Behandlung maßgeblich von der Schwere der Beschwerden, Warnzeichen von Nervenschäden und dem Patientenwunsch ab.

Wann muss man einen Bandscheibenvorfall immer operieren?

Grundsätzlich muss bei einem Bandscheibenvorfall immer operiert werden, wenn dem Patienten schwerwiegende Nervenschäden drohen. Wenn die Bandscheibe aufgrund des Prolapses auf eine Nervenwurzel drückt, strahlen die Schmerzen typischerweise aus

 Bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) kommt es charakteristischerweise zu einer Schmerzausstrahlung in Arm und Schulter. Außerdem sind ein Taubheitsgefühl und Kribbeln in Händen und Armen möglich. Eine Schwäche der Armmuskulatur kann vorkommen.
Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) kann mit einer Schmerzausstrahlung in Beine und/oder Gesäß, einem Kribbeln und/oder Lähmungen der Beinmuskulatur einhergehen. Wichtige Warnzeichen für Nervenschäden sind Lähmungserscheinungen. Dazu gehören Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen mit gestörter Fein- und Grobmotorik, die sich als Fallenlassen von Gegenständen oder als Gangunsicherheit darstellen kann.

Darüber hinaus muss unbedingt operiert werden, wenn die Betroffenen unter einem unwillkürlichen Harn- und/oder Stuhlabgang leiden. Das spricht für Lähmungen von Harnblase und Mastdarm.
Ein Bandscheibenvorfall der LWS kann eine plötzliche Impotenz auslösen. Die genannten Warnzeichen von Nervenschäden, insbesondere Lähmungen, stellen eine absolute Notfall-Op-Indikation dar. Ein großer Bandscheibenvorfall kann gegen das Rückenmark drücken und ein (komplettes) Querschnittssyndrom verursachen. Ein Querschnittssyndrom äußert sich durch Lähmungserscheinungen und Sensibilitätsstörungen.

Drückt die Bandscheibe gegen das Nervenfaserbündel im Bereich der unteren LWS, die sogenannte Kauda equina, entstehen Lähmungen von Oberschenkelmuskulatur, Mastdarm und Harnblase sowie Sensibilitätsverluste im Anal- und Genitalbereich und im Oberschenkelbereich („Reithosenbereich“). Ein Kauda-Syndrom ist ebenfalls ein absoluter Operationsnotfall. Ohne Operation kommt es zu einem Wurzeltod mit bleibenden Schäden.
Eine weitere Indikation zu einer Operation sind Schmerzen bei dem Betroffenen, die nicht wirksam behandelt werden können und von dem Patienten als intolerabel empfunden werden.

Lesen Sie hier mehr zum Thema: Operation eines Bandscheibenvorfalls. 

Wann kann man einen Bandscheibenvorfall operieren?

Eine „kann man, muss man aber nicht operieren“ Situation liegt bei Patienten mit Bandscheibenvorfall in der Regel dann vor, wenn keine neurologischen Ausfälle vorliegen. Damit sind Patienten gemeint, die keine Lähmung von Körperteilen oder Organen wie Blase oder Mastdarm haben.
Leiden die Betroffenen unter Taubheit an bestimmten Körperstellen, an starken Schmerzen oder einer Muskelschwäche ohne Lähmung der Körperteile, kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Gleiches gilt, wenn ein Patient seine Beschwerden als enorm hohen Leidensdruck empfindet.

Nichtsdestotrotz führt eine Operation bei einem Bandscheibenvorfall nicht immer zu dem gewünschten Erfolg. Eine Operation hilft häufig die Beschwerden zu lindern, garantiert aber keine Beschwerdefreiheit. In solchen „kann man, muss man aber nicht operieren“ Situationen wird gelegentlich ein Zeitraum von mehreren Monaten festgelegt, in denen der Betroffene zunächst konservativ behandelt wird. Kommt es zum Ende der Frist zu keiner Besserung, kann eine Operation erneut erwogen werden.

Informieren Sie sich hier rund um das Thema: Behandlung eines Bandscheibenvorfalls

Wann braucht man bei einem Bandscheibenvorfall nicht operieren?

Ein Bandscheibenvorfall kann unterschiedlich schwerwiegende Symptome hervorrufen. Leiden die Betroffenen unter Kribbeln oder Ameisenlaufen auf Armen oder Beinen mit beschwerdefreien Abschnitten, muss man in der Regel nicht operieren. Gleiches gilt, wenn der Bandscheibenvorfall lediglich Schmerzen oder eine leichte Muskelschwäche verursacht, ohne schwerwiegende Lähmungserscheinungen. In den genannten Fällen ist eine konservative Behandlung indiziert.

Bei bis zu neunzig Prozent aller Patienten mit Bandscheibenvorfall führt eine konservative Therapie zu einer Linderung der Beschwerden. Schmerzlindernde Medikamente, Physiotherapie, Wärme und gezielte, schonende Lagerungsmaßnahmen sind die Säulen einer konservativen Bandscheibenprolapsbehandlung.

Eine weitere mögliche Fallkonstellation, in der man nicht operieren sollte, liegt vor, wenn bei dem Betroffenen ein konservativer Therapieversuch zu einer Besserung der Beschwerden geführt hat. Dann ist es sinnvoll, die bisherige konservative Behandlung über einen längeren Zeitraum fortzuführen.

Mehr Informationen über das Thema Medikamente bei einem Bandscheibenvorfall finden Sie hier. 

Weiterführende Information

Mehr Informationen zum Thema Op bei einem Bandscheibenvorfall finden Sie hier:

  • Behandlung eines Banscheibenvorfalls
  • Operation eines Bandscheibenvorfalls
  • Krankgengymnastik bei einem Bandscheibenvorfall
  • Medikamente bei einem Bandscheibenvorfall

Eine Übersicht aller orthopädischen Themen finden Sie unter: Orthopädie A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.11.2018 - Letzte Änderung: 21.07.2023