Eckzahn

Der Mensch besitzt ein Gebiss mit 32 Zähnen, die fast alle verschiedene Bezeichnungen haben. Man unterscheidet Schneidezähne (Incisivi), Eckzähne ( Canini), Prämolaren und Molaren( Backenzähne) voneinander. Manchen Menschen fehlt die Anlage zu den Weisheitszähnen, fachsprachlich auch Achter genannt. Diese Menschen haben dann nur 28 Zähne in ihrem Gebiss, fehlende Weisheitszähne bedeuten allerdings keine Funktionseinschränkung

Definition

Der Eckzahn wird in der Fachsprache als Dens caninus , beziehungsweise häufig auch nur als Caninus bezeichnet. ( Dens = lateinisch für Zahn, Caninus= lateinisch für vom Hund stammend).

Bei Raubtieren ist der Eckzahn vergrößert und dient dem Reißen von Beute, hier wird er auch als Fangzahn oder Reißzahn bezeichnet.

Im menschlichen Gebiss steht der Eckzahn im Zahnbogen zwischen den Schneidezähnen und den Prämolaren (Das sind die vorderen zwei Backenzähne).

Seinen Namen hat der Zahn von dem Knick, den der Zahnbogen an seiner Stelle macht. Die Schneidezähne zusammen mit den Eckzähnen bilden einen Halbkreis, die vier Backenzähne (Prämolare und Molare) laufen nach den Eckzähnen in einer geraden Linie nach hinten Richtung Tuber (Die Tuber sind kleine knöcherne Erhebungen hinter den letzten Backenzähnen. Sie sind sehr wichtig für den Halt einer Totalprothese da sie praktisch nie atrophieren. In einem vollbezahnten Gebiss haben die Tuber keine große funktionelle Bedeutung.

In der Literatur werden die Tuber auch als Tuberculum articulare bezeichnet.

Entwicklung

Jeder Mensch hat vier Eckzähne.

Das menschliche Gebiss wird in Quadranten unterteilt. Der erste Quadrant liegt im Oberkiefer und reicht von der Mitte zwischen den vorderen Schneidezähnen bis nach rechts hinten zum letzten Backenzahn. Der zweite Quadrant liegt ebenfalls im Oberkiefer und reicht von der Mitte zwischen den vorderen Schneidezähnen bis zum letzten Backenzahn auf der linken Seite. Analog dazu liegen der dritte und der vierte Quadrant im Unterkiefer. (Die Quadrantenbezeichnung gilt übrigens auch für unbezahnte Kiefer, nur muss dann die Lage der Zähne dazu gedacht werden.)

In jedem Quadranten ist ein Eckzahn zu finden. Der Mensch hat sowohl Milcheckzähne als auch bleibende Eckzähne. Normalerweise erfolgt der Durchbruch der Eckzähne erst im Unterkiefer, dann im Oberkiefer. Im zweiten, dem bleibenden Gebiss, brechen zuerst die vorderen Schneidezähne, dann die seitlichen Schneidezähne durch. Im Unterkiefer kommt es dann zuerst zum Durchbruch der Eckzähne und danach zu dem der Prämolaren und Molaren. Im Oberkiefer dagegen kommt häufig erst der vierte Zahn der Zahnreihe (der vordere Prämolare) und dann erst bricht der Eckzahn durch.

Auf diese Weise herrscht oft ein Platzmangel im Oberkiefer, es muss erst mithilfe einer kieferorthopädischen Behandlung eine Lücke (weiter) geöffnet werden, damit der Eckzahn genügend Platz hat und ungestört in die Mundhöhle wachsen kann. Unterlässt man eine kieferorthopädische Behandlung im Anfangstadium des Zahndurchbruches, so verschiebt der wachsende Eckzahn die ganze Zahnreihe oder wächst komplett außerhalb dieser Zahnreihe. Beide Möglichkeiten erfordern eine nachträgliche kieferorthopädische Behandlung, sowohl aus ästhetischer als auch funktioneller Sicht.

Der Durchbruch der bleibenden Eckzähne erfolgt mit etwa elf Jahren, bei Mädchen in der Regel etwas früher als bei Jungen.

I - Oberkiefer rechts -
1. Quadrant (11-18)
II - Oberkiefer links -
2. Quadrant (21-28)
III - Unterkiefer links -
3. Quadrant (31-38)
IV - Unterkiefer rechts -
4. Quadrant (41-48)

  1. 1.Schneidezahn -
    Dens incisivus I
  2. 2.Schneidezahn -
    Dens incisivus II
  3. Eckzahn -
    Dens caninus
  4. 1.vorderer Backenzahn
    Vormahlzahn (Prämolar) -
    Dens premoralis I
  5. 2.vorderer Backenzahn
    Vormahlzahn (Prämolar) -
    Dens premoralis II
  6. 1. Mahlzahn (Molar) -
    Dens molaris I
  7. 2. Mahlzahn (Molar) -
    Dens molaris II
  8. Weisheitszahn (=3. Mahlzahn) -
    Dens molaris tertius
    (Dens serotinus)


    1. - 3. sind Frontzähne
    (3 je Quadrant)
    4. - 8. sind Backenzähne
    (5 je Quadrant)

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Aussehen

Die Zahnkrone des Eckzahnes hat keine Kaufläche sondern eine Höckerspitze mit zwei Schneidekanten.

Betrachtet man den Eckzahn von vestibulär ( von außen, beziehungsweise von der Lippen- oder Wangeninnseite her), so sieht man das die Fläche des Eckzahnes zweigeteilt ist. Beide Facetten bilden einen sehr flachen Winkel zueinander. Diese mittlere Kante ist auch der Knick, an dem der Zahnbogen entlang abknickt und nach hinten läuft.

Auf der palatinalen Seite im Oberkiefer (die Seite die dem Gaumen zugewandt ist) und der lingualen Seite des Unterkiefers (die Seite, die zur Zunge hin zeigt) sieht man zwei kräftige Randleisten jeweils mesial und distal, die sich in der Mitte zusammen mit der Mittelleiste zu einem kräftigen Tuberculum vereinen. Mesial bedeutet immer, zur Mitte des Zahnbogens hin, distal liegt demzufolge die von der Mitte des Zahnbogens abgewandte Fläche.

Die distale Schneidekante des Eckzahnes ist etwas länger als die mesiale, und bildet auch einen etwas flacheren Winkel.

Die Approximalflächen sind bei den Eckzähnen dreieckig. Approximalflächen sind die Flächen, an denen sich zwei nebeneinander liegende Zähne berühren.

Im Laufe des Lebens werden die Approximalflächen flächiger und breiter, die Spitze des Eckzahnes flacht sich ab und ist nicht mehr ganz so spitz. Beides sind ganz normale Abnutzungserscheinungen die normalerweise keiner Behandlung bedürfen.

Eckzahnspitzen sind auch die ersten, die bei Patienten mit Bruxismus verschwinden. Sie werden einfach abgeknirscht. (Bruxismus ist der fachsprachliche Ausdruck für Knirschen)

Die Wurzel des Eckzahnes im Oberkiefer ist die längste im gesamten Kiefer. Im Oberkiefer kann sie sogar bis fast an die Nasennebenhöhlen reichen. Eckzähne haben in fast allen Fällen nur einen Wurzelkanal. Die Wurzel selber ist oval und nach distal geneigt. Die Wurzeln des Unterkiefereckzahnes sind kürzer als die der Eckzähne im Oberkiefer.

Funktionen

Die Eckzähne spielen eine sehr wichtige Rolle beim Kauen.

Bei geschlossenen Zahnreihen berühren sich die Backenzähne von Unterkiefer und Oberkiefer. Wird jetzt der Unterkiefer nach links geschoben, wie es beim Kauen zwangsläufig geschieht, so verschwindet der Kontakt zwischen den Molaren. Der Eckzahn gleitet mit seiner Spitze auf seinem Gegenstück im anderen Kiefer entlang und so entsteht eine kleine Lücke zwischen den Molaren von Oberkiefer und Unterkiefer. Die Eckzähne sorgen dafür, dass Oberkiefer und Unterkiefer nicht mit den Backenzähnen aufeinander gepresst bleiben können wenn der Unterkiefer nach rechts oder links bewegt wird. Damit wird verhindert dass zu starke Kräfte beim Kauen auf die Backenzähne wirken können. Die Folge von andauernder zu starker Krafteinwirkung auf die Zähne sind nämlich Zahnlockerungen und das ist mehr als unerwünscht. Das ganze Aushebeln der Kiefer durch die Eckzähne nennt man Front-Eckzahn-Führung. Diese Führung ist sehr wichtig und sollte, wenn möglich, immer erhalten bleiben. Die Spitzen der Eckzähne werden im Laufe des Lebens flacher, dies ist jedoch normal und nicht behandlungsbedürftig. Unter bestimmten Bedingungen kann auch im Rahmen einer Kieferorthopädischen Behandlung die Eckzahnspitze gekappt werden, wenn der Zahn aus ästhetischen Gründen einen fehlenden Frontzahn ersetzen soll. Funktionell sollte in diesem Fall versucht werden, mit einem Prämolaren durch Einschleifen des Zahnes die oben erwähnte Front-Eckzahn-Führung zumindest in Teilen wieder herzustellen.

Beim Anfertigen von Kronen oder Brücken, die auch den Eckzahn einschließen sollte der Zahntechniker bei der Herstellung unbedingt darauf achten dass die Front-Eckzahn-Führung erhalten bleibt, beziehungsweise wiederhergestellt wird.

Bei Totalprothesen sind sich die Fachleute noch nicht einig, ob eine Front-Eckzahn-Führung angestrebt werden soll oder lieber nicht.

Der Eckzahn ist sehr wichtig für die Ästhetik und für die Funktion, deshalb sollte im Falle einer Extraktion während einer kieferorthopädischen Behandlung bevorzugt ein Prämolar entfernt werden um Platz zu schaffen. Prämolare können optisch nicht sehr gut zum Eckzahn umgewandelt werden, wohingegen Eckzähne nach Abschleifen der Spitze gut als Frontzähne gelten können.

Erkrankungen

Retinierte Eckzähne im Oberkiefer sind relativ häufig. Durch den späten Durchbruch hat der Eckzahn kaum Platz und kommt dann völlig außerhalb des Zahnbogens zum Vorschein, von wo aus er mithilfe von Brackets und einer festsitzenden Zahnspange wieder in den Bogen eingeordnet werden muss. Das Bracket wird auf die Zahnkrone geklebt und mittels Bändern wird der Zahn in die geschaffene Lücke gezogen.

Manchmal liegt der Zahn auch so quer im Kiefer dass er nur operativ entfernt werden kann. Manchmal wird der Versuch einer Zahntransplantation gestartet und der Zahn im Rahmen der Operation auch gleich dorthin verpflanz wo er hingehört, dies ist jedoch nur in den seltensten Fällen möglich.

Eine Nichtanlage der Eckzähne ist nicht sehr häufig und kommt fast nie vor. Ein Milcheckzahn der auch im Teenageralter oder Erwachsenenalter nicht ausfallen will, ist deshalb ein guter Hinweis auf verlagerte Zähne. Milchzähne werden an den Wurzel von den bleibenden Zähnen resorbiert und fallen dann irgendwann wegen des fehlenden Halts aus. Fehlt der nachfolgende Zahn so kommt es auch zu keiner Resorption und der Milchzahn bleibt erhalten. Milchzähne sind kleiner und von der Farbe her bläulicher als bleibende Zähne.

Die Eckzähne des Oberkiefers werden auch als „Augenzahn“ bezeichnet. Der Name kommt von der Tatsache dass er mit seiner Wurzel fast bis an die knöcherne Orbita (die knöcherne Augenhöhle) reicht. Entzündungen an der Wurzelspitze manifestieren sich deshalb nicht selten mit Schwellungen und Rötungen unterhalb des Auges. Eiterige Abszesse die sich im Rahmen der unbehandelten Wurzelentzündung bilden, können deshalb in die Augenhöhle aufbrechen beziehungsweise die Sicht massiv behindern da das Auge zuschwillt.

Der Zahnarzt eröffnet den Abszess vorsichtig und lässt den Eiter abfließen. Die Schwellung des Auges sollte dann sofort zurückgehen.

Weitere Informationen zum Thema Eckzahn

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.02.2015 - Letzte Änderung: 25.07.2023