Infliximab

Was ist Infliximab?

Infliximab ist ein monoklonaler Antikörper. Es ist ein sehr potentes Medikament, dass das Immunsystem unterdrückt und antientzündlich wirkt.

Es kommt bei verschiedenen rheumatischen Erkrankungen, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und der Hauterkrankung Psoriasis zum Einsatz. Es kann nur als intravenöse Infusion verabreicht werden, weshalb die Verabreichung von Infliximab in Tageskliniken oder stationär erfolgen muss. Seit 1999 ist Infliximab unter dem Handelsnamen Remicade® in der Europäischen Union zugelassen. Infliximab wird von den Krankenkassen übernommen, wenn die Indikation zur Therapie mit Infliximab gegeben ist.

Was sind eigentlich Biologika?

Biologika sind Medikamente, die körpereigenen, natürlichen Strukturen sehr ähnlich sind. Dadurch können sie sehr effektiv und zielgerichtet in Abläufe des Immunsystems eingreifen und auf diese Weise Erkrankungen bekämpfen.

Aus diesem Grund werden sie auch „biologische Medikamente“ genannt, der Begriff „Biologika“ leitet sich vom Englischen Wort „Biologicals“ ab. Meist sollen Biologika bestimmte Eiweißstrukturen imitieren. Diese werden als Antikörper bezeichnet. Infliximab beispielweise ist ein monoklonaler Antikörper gegen den Tumornekrosefaktor-alpha, einen wichtigen Vermittler im Immunsystem.

Unter welchen Handelsnamen ist Infliximab in Deutschland auf dem Markt?

Das erste Infliximab Präparat wurde unter dem Handelsnamen Remicade® in Deutschland auf dem Markt angeboten.

Lange Jahre war dieses Präparat der Firma MSD das Einzige, das erhältlich war. Erst 2013 wurde ein Biosimilar in Deutschland zugelassen. Biosimilars sind Nachahmerprodukte, die nur dann produziert und verkauft werden können, wenn das Patent des Originalproduktes ausgelaufen ist. So kam Infliximab 2013 unter zwei weiteren Handelsnamen in die Apotheken: als Inflectra® der Firma Hospira und Remsima® der Pharmafirma Celltrion. Sie haben die gleiche Wirkung, wie das ursprüngliche Remicade®. 2016 wurde dann ein weiteres Biosimilar für den deutschen Markt freigegeben. Die Firma Samsung Bioepis verkauft es unter dem Handelsnamen Flixabi®. Es ist wahrscheinlich, dass noch weitere pharmazeutische Firmen Biosimilars von Infliximab entwickeln werden.

Indikationen für Infliximab

Indikationen stellen Gründe für die Anwendung eines Medikamentes dar. Infliximab ist ein Immunsuppressivum, unterdrückt also das Immunsystem. Es kann daher bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen zum Einsatz kommen.

In Deutschland stellen die rheumatoide Arthritis, die Psoriasis-Arthritis und der Morbus Bechterew aus dem rheumatischen Formenkreis eine Indikation dar. Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie dem Morbus Crohn und der Colitis Ulcerosa kommt es zum Einsatz. Zuletzt ist auch die Psoriasis, die Schuppenflechte, eine Indikation für die Therapie mit Infliximab.

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Infliximab bei Morbus Crohn

Das erste Anwendungsgebiet für Infliximab war Morbus Crohn und auch heute noch ist das Medikament als Therapie für diese chronische-entzündliche Darmerkrankung zugelassen.

Jedoch ist das Therapiekonzept bei Morbus Crohn wie eine Leiter aufgebaut. Man fängt also zunächst mit Basistherapeutika an, die verträglicher sind und weniger Nebenwirkungen haben. Dazu zählen zum Beispiel lokal wirkende Glukokortikoide. Wirken diese nicht mehr oder tritt ein akuter Schub auf, wird zur nächsten Stufe der Therapie übergegangen. Erst an letzter Stelle dieser Leiter stehen Immunsuppressiva wie beispielsweise Infliximab. Es kommt außerdem besonders bei jungen Patienten zum Einsatz, die eine solch starke Hemmung des Immunsystems meist noch etwas besser vertragen können als ältere Menschen.

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Infliximab bei Colitis ulcerosa

Auch bei der Colitis ulcerosa kommt Infliximab zum Einsatz. Indikationen für die Anwendung sind mittelschwere bis schwere Schübe bei Erwachsenen, bei Kindern wird es nur sehr selten angewendet.

Es kann auch verabreicht werden, wenn auf kein anderes Medikament angesprochen wird, die Therapie mit Glukokortikoiden oder anderen Immunsuppressiva erfolglos war oder Kontraindikationen für andere Therapiemaßnahmen bestehen. Dazu gehören Allergien oder Nebenwirkungen, die sich ungünstige auf die restliche Gesundheit des Patienten auswirken könnten.

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Wie wirkt Infliximab?

Infliximab ist ein monoklonaler Antikörper, der biotechnologisch hergestellt wird. Monoklonal bedeutet, dass alle Antikörper, die in dem Präparat enthalten sind exakt gleich sind, da sie von ein und der selben Zelle synthetisiert wurden. Dadurch hat Infliximab eine sehr hohe Affinität zu seiner Zielstruktur, dem humanen, also menschlichen, Tumornekrosefaktor-alpha. Der Tumornekrosefaktor-alpha ist ein entzündungsfördernder Mediator im Immunsystem. Das heißt, dass er verschiedene Prozesse im Körper auslöst und unterstützt, die Entzündungsreaktionen verursachen. Normalerweise hilft er dem Immunsystem den Körper gesund zu halten. Jedoch kann es vorkommen, dass sich der Tumornekrosefaktor-alpha gegen körpereigene Zellen und Bestandteile richtet. Warum genau er dies tut, ist noch nicht vollständig geklärt.

Diesen Prozess, bei dem sich der Körper selbst angreift, nennt man auch Autoimmunerkrankung. Zu solchen Autoimmunerkrankungen zählen die rheumatischen Erkrankungen und auch der Morbus Crohn beispielsweise. Infliximab ist speziell so konstruiert worden, dass es den Tumornekrosefaktor abfangen und somit unschädlich machen kann. Die Folge ist, dass er nicht mehr den eigenen Körper angreifen kann. Wie jedoch erwähnt, hat der Tumornekrosefaktor-alpha aber auch sinnvolle Funktionen, die ebenfalls verloren gehen, wenn er durch Infliximab zerstört wird. Es wird also das gesamte, teils auch nützliche Immunsystem gehemmt, weswegen Infliximab auch als Immunsuppressivum, also Immunsystemunterdrücker, bezeichnet wird.

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Nebenwirkungen von Infliximab

Nebenwirkungen treten neben der eigentlichen gewünschten Wirkung eines Medikaments auf und können gesundheitsschädliche Folgen für den Körper haben. Infliximab ist ein sehr starkes Medikament, das massiv in das Immunsystem eingreift. Es hat daher sehr viele Nebenwirkungen. Sehr häufig können Virusinfektionen, beispielsweise der oberen Atemwege und der Nase, Kopfschmerzen und Schmerzen beim Verabreichen der Infusion auftreten. Der Begriff „sehr häufig“ ist genau definiert und bedeutet, dass bei mehr als einem von zehn Behandelten diese Nebenwirkung aufgetreten ist.

Häufige Nebenwirkungen, von denen mehr als einer von 100 Behandelten berichtet hat, sind bakterielle Infektionen, Veränderungen der Blutzusammensetzung, Allergische Reaktionen der Atemwege, Depressionen, Schlaflosigkeit, Schwindel, Gefühlsausfälle, Herzklopfen, Herzrasen oder Bindehautentzündungen. Gelegentlich treten Pilzinfektionen, systemische allergische Reaktionen, Verwirrtheit, Nervosität, Krampfanfälle, Lidödeme und Herzrhythmusstörungen auf. Definitionsgemäß bei einem von 1000 Patienten.

Selten bis sehr selten (einer von 10 000) sind Hirnhautentzündungen, Anämien, Anaphylaktische Reaktionen, ein vorrübergehender Sehverlust oder Zyanosen beschrieben worden.

Wechselwirkungen von Infliximab

Wechselwirkungen zwischen Infliximab und weiteren gleichzeitig eingenommen Medikamenten sind möglich. Zwar gibt es zu Wechselwirkungen mit Infliximab nicht viele Studien, jedoch wird empfohlen bei der Anwendung einige Aspekte zu beachten.

Infliximab sollte nicht mit ähnlich wirkenden Medikamenten eingenommen werden, da sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung massiv verstärken können und es zu schweren Infektionen kommen kann. Es sollten auch während der Dauer der Therapie keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden, da durch sie das Immunsystem stark beansprucht wird und dieses aufgrund der Immunsuppression bereits geschwächt ist.

Wann darf Infliximab nicht gegeben werden?

Es bestehen eine Vielzahl an Gegenanzeichen, bei denen Infliximab nicht gegeben werden sollte. Generell ist Vorsicht geboten, wenn in der Vergangenheit allergisch auf Infliximab oder ein ähnliches immunsuppressives Medikament reagiert wurde. In diesem Fall besteht eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass eine zweite, stärkere allergische Reaktion auftritt.

Bei Patienten, die in der Vergangenheit eine Tuberkulose hatten oder aktuell haben, sollte Infliximab nicht gegeben werden. Ebenso nicht bei anderen schweren stattgehabten oder akuten Infektionen. Ein weiteres Gegenanzeichen ist das Vorliegen einer mittelschweren bis schweren Herzinsuffizienz.

Wie wird Infliximab dosiert?

Pauschal können keine genauen Angaben zur Dosierung gegeben werden. Sie hängt sehr stark von der zugrundeliegenden Erkrankung, dem Ausmaß der Krankheit und dem Alter des Patienten ab. Bei Kindern wird die Dosis streng nach dem Körpergewicht berechnet. Infliximab wird in Intervallen verabreicht. Das heißt es wird nicht täglich verabreicht. Meist wird es zu Beginn der Therapie in einem geringen Zeitraum zwei Mal verabreicht, danach wird das Intervall zwischen den Gaben auf vier bis sechs Wochen gestreckt. Dies ist möglich, da Infliximab eine sehr lange Wirkdauer hat.

Warum sind die Kosten so hoch für Infliximab?

Die Kosten für Infliximab sind so hoch, da die Entwicklung des Medikamentes sehr viele Ressourcen verbraucht und sehr lange gedauert hat. Zudem handelte es sich dabei wie auch heutzutage noch um einen ausgesprochen aufwendigen Herstellungsprozess. Da Infliximab ein hochspezifisches und sehr effektives Medikament ist, kann viel Schaden angerichtet werden, wenn es nicht äußerst korrekt hergestellt, gelagert und verarbeitet wird. All dies sind Faktoren, die die Kosten hochtreiben. Vor Markteinführung der Biosimilars, der Nachahmerprodukte, war das Medikament sogar noch teurer, da es patentgeschützt war und von keiner anderen Firma produziert werden konnte. Dadurch bestand keine Konkurrenz, die die Kosten für die Entwicklung hätte reduzieren können.

Welche Alternativen gibt es zu Infliximab?

Neben Infliximab gibt es noch weitere Tumornekrosefaktor-alpha-Hemmer, die je nach Grunderkrankung und aktueller gesundheitlicher Situation zur Anwendung kommen können.

Eine Alternative ist der Antikörper Adalimumab, der unter dem Handelsnamen Humira® auf dem Markt ist. Außerdem gibt es die Medikamente Certolizumab (Cimzia®), Etanercept (Enbrel®) und Golilumab (Simponi®). Sie alle sind monoklonale Antikörper, die das Immunsystem unterdrücken. Sie unterscheiden sich jedoch teilweise in ihrer Darreichungsform, der Art, wie sie verabreicht werden, der Dosierung und in ihren genauen chemischen Eigenschaften. So verbleiben manche beispielsweise etwas länger im Blut als andere. Da sie jedoch dieselbe Wirkung haben, haben sie auch ähnliche Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Indikationen.

Inliximab und Alkohol - verträgt sich das?

Es bestehen keine expliziten Empfehlungen dazu, ob auf Alkohol während einer Therapie mit Infliximab verzichtet werden sollte. Generell wird jedoch immer bei der Einnahme von Medikamenten empfohlen, so wenig Alkohol wie möglich zu trinken. Alkohol schwächt den menschlichen Körper, beansprucht die Leber und führt zu Veränderungen des Denkens und der Wahrnehmung. Infliximab kann bereits selber als Nebenwirkung solche Symptome verursachen. Daher sollten diese beiden Stoffe nur mit Vorsicht gemeinsam eingenommen werden.

Ist die Einnahme während der Schwangerschaft und der Stillzeit möglich?

Eine Einnahme von Infliximab ist in der Schwangerschaft und während der Stillzeit nicht möglich. Zwar gibt es keine eindeutigen Studien, die belegen würden, dass Infliximab Schwangeren selbst oder ihren Babys schaden würde. Jedoch gibt es einige Hinweise und allgemeine biologische Vorgänge, die nahelegen, dass der Wirkstoff in den kindlichen Kreislauf geraten und dort Schaden anrichten kann. So konnte noch sechs Monate nach Einnahme des Medikamentes durch die Mutter Infliximab im kindlichen Blut nachgewiesen werden. Welche gesundheitlichen Folgen dies aber für das Kind haben könnte, ist noch unklar.

Kann ich gleichzeitig Infliximab und die Pille einnehmen?

Infliximab und die Pille können gemeinsam eingenommen werden. Normalerweise wirkt die Pille auch trotz des starken Immunsuppressivums. Wurden allerdings vor der Therapie mit Infliximab schon andere Glukokortikoide oder Immunsuppressiva angewendet, muss genau überprüft werden, ob eine Verhütung allein mit der Pille noch möglich ist. Dazu empfiehlt es sich den behandelnden Arzt oder einen Frauenarzt aufzusuchen.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.12.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021