Jodmangel

Einleitung

Jod ist ein Spurenelement, das der Mensch nur über die Nahrung zu sich nehmen kann.
Der tägliche Jodbedarf eines Menschen liegt zwischen 150 und 200 Mikrogramm.
In Deutschland befindet sich verhältnismäßig wenig Jod im Grundwasser und im Boden, deshalb herrscht hier ein natürlicher Jodmangel.
99% des aufgenommenen Jods werden vom Körper zur Herstellung der Schilddrüsenhormone verwendet.
Ein Jodmangel wirkt sich also vor allen Dingen auf die Funktion der Schilddrüse aus.

Allerdings wird in Deutschland ein Großteil des Speisesalzes jodiert, auch Backwaren und Fertigprodukte werden mit Jod versetzt.
Dadurch hat sich die Versorgung mit Jod in der deutschen Bevölkerung sehr verbessert, man geht von etwa 70% der Bevölkerung aus, die mit ausreichend Jod versorgt ist. Jod wird mit dem Urin ausgeschieden.

Jodmangel wird definiert als eine Jodausscheidung im Urin von weniger als 100 Mikrogramm Jod pro Gramm Kreatinin im Urin.
Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt, das ebenfalls im Urin ausgeschieden wird und einen Anhaltspunkt für die Nierenfunktion gibt.
Jod ist für die Herstellung der Schilddrüsenhormone essentiell wichtig, ein Jodmangel kann deshalb Störungen der Schilddrüsenfunktion verursachen.

Schilddrüse

Jod ist für die Produktion der Schilddrüsenhormone T4 (Thyroxin) und T3 (Trijodthyronin) notwendig.
Die Schilddrüse nimmt Jod mittels eines Jodid-Natrium-Transporters aus dem Blut auf.
In der Schilddrüse wird das Jodid zum Jod oxidiert und anschließend zur Produktion von T3 und T4 verwendet. Fertiges T3 und T4 wird bis zur Freisetzung in der Schilddrüse gespeichert.

Lesen Sie mehr zum Thema: Schilddrüsenhormone

Eine gesunde Schilddrüse kann genug Jod speichern, um den Körper für 3 Monate ausreichend mit Schilddrüsenhormonen zu versorgen.
Leidet der Körper unter Jodmangel, steuert die Schilddrüse dagegen und stellt die Hormonproduktion zugunsten des T3 um.
T3 enthält nämlich nur 3 Jodatome, T4 dagegen vier Jodatome. Durch diese Umstellung kann Jod gespart werden.

Bei stark ausgeprägtem Jodmangel kann die Schilddrüse die Hormonproduktion über diesen Mechanismus nicht mehr ausreichend aufrechterhalten, der Spiegel von T3 und T4 im Blut sinkt.

Der niedrige Hormonspiegel im Blut führt in der Hirnanhangsdrüse zur Bildung von TSH (Schilddrüsen-stimulierendes Hormon). TSH bewirkt eine verstärkte Jodaufnahme aus dem Darm, entleert die Speicher für T3 und T4 in der Schilddrüse und regt die Hormonproduktion der Schilddrüse an.
TSH wirkt wachstumsfördernd auf die Schilddrüsenzellen, wodurch eine Schwellung der Schilddrüse, auch Struma (Kropf) genannt, entsteht.

In der Folge eines lang andauernden Jodmangels entwickelt sich eine Unterfunktion der Schilddrüse.
Die Symptome betreffen den Stoffwechsel des Bindegewebes und des Energiehaushaltes.
Folgen sind Müdigkeit, Antriebsstörungen, Konzentrationsprobleme, Gewichtszunahme, Verstopfung, brüchige Nägel, trockene Haare.

Hier finden Sie mehr zu Symptomen bei Schilddrüsenunterfunktion

Eine Unterfunktion der Schilddrüse durch Jodmangel kann medikamentös gut behandelt werden.

Ursachen

Da Jod nicht vom Körper selbst produziert werden kann, muss es mit der Nahrung aufgenommen werden.
Ein Jodmangel ist also die Folge davon, dass man weniger Jod mit der Nahrung aufgenommen hat, als der Körper eigentlich braucht.

In Deutschland befindet sich verhältnismäßig wenig Jod im Grundwasser und im Boden, deshalb herrscht hier ein natürlicher Jodmangel.
Vor allem in Gebirgsregionen gibt es sehr wenig Jod im Grundwasser und im Boden und damit enthalten die Lebensmittel dort auch wenig Jod. In diesen Regionen leiden deshalb sehr viele Menschen unter Jodmangel, weil sie zu wenig Jod mit der Nahrung aufnehmen.

Manche Krankheiten des Magen-Darm-Traktes können zu einem Jodmangel führen, weil das Jod aus der Nahrung nicht richtig in den Körper aufgenommen werden kann.
Die betroffenen Patienten haben meistens auch einen Mangel an anderen Nährstoffen.

Natürlich kann ein Jodmangel auch entstehen, wenn der Körper mehr Jod benötigt als eigentlich üblich.
Gerade bei Kindern und Jugendlichen im Wachstum, bei Schwangeren und bei stillenden Müttern ist der Jodbedarf erhöht. Diese Personengruppen sind deshalb anfällig für einen Jodmangel.

Lesen Sie mehr zum Thema: Jod im menschlichen Körper

Anzeichen

Ein leichter Jodmangel kann von der Schilddrüse recht gut kompensiert werden und fällt meistens nicht auf, weil sich die Schilddrüse nur im geringen Maße vergrößert und damit wieder die Hormonproduktion sicherstellt.

Besteht der Jodmangel über längere Zeit, kann sich die Schilddrüse stärker vergrößern, ein Struma (Kropf) entsteht.
Ein Struma kann sich durch ein Druck- oder Kloßgefühl im Hals bemerkbar machen, auch wenn man es von außen noch nicht sieht. Ein größeres Struma kann die Luftröhre einengen und Luftnot verursachen.

Hier erhalten Sie mehr Informationen zum Thema: Struma

Besteht der Jodmangel sehr lange und ist stark ausgeprägt, kann die Schilddrüse den Mangel nur noch schwer kompensieren und eine Schilddrüsenunterfunktion ist die Folge.

Schilddrüsenhormone sind für die Steuerung vieler Prozesse des Körpers notwendig, zum Beispiel Wachstum, Energiestoffwechsel und Knochenbildung.
Eine Schilddrüsenunterfunktion schlägt sich also in Symptomen in diesen Bereichen nieder.
Patienten klagen über Verstopfung, fühlen sich weniger fit und verspüren weniger Antrieb, Dinge in Angriff zu nehmen. Konzentrationsprobleme können ein weiteres Symptom sein, die Patienten fühlen sich müde und geistig weniger leistungsfähig.
Die Symptome können sich bis zur Depression entwickeln.

Der gestörte Energiestoffwechsel fährt den Grundumsatz des Körpers herunter und lässt die Patienten frieren und an Gewicht zunehmen.
Schilddrüsenhormone sind außerdem am Stoffwechsel des Bindegewebes beteiligt: Trockene Haut, trockene Haare und brüchige Nägel können die Folge sein.

Jodmangel in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft und in der Stillzeit ist der Jodbedarf erhöht, weil der Körper der Mutter ja nicht nur sich selbst, sondern auch das Ungeborene bzw. Neugeborene mit ausreichend Jod versorgen muss.
In Schwangerschaft und Stillzeit ist es wegen des erhöhten Jodbedarfs schwieriger, über die Nahrung genügend Jod aufzunehmen.

Schwangere und stillende Mütter sollten deshalb täglich 150 bis 200 Mikrogramm Jod einnehmen. Schon in der 12. Schwangerschaftswoche beginnt die Schilddrüse des ungeborenen Kindes mit der Hormonproduktion.

Die Schilddrüsenhormone sind für die körperliche und geistige Reifung absolut notwendig.
Ein Jodmangel beim Neugeborenen verursacht Störungen der Schilddrüsenfunktion.
Die Folge kann ein Icterus neonatorum prolongatus sein, das heißt, dass die Gelbsucht des Neugeborenen länger besteht als bei Kindern ohne Jodmangel.

Neugeborene mit Jodmangel sind außerdem trinkfaul, leiden häufiger unter Verstopfung und bewegen sich weniger.
Eventuell sind die Reflexe der Muskeln, z.B. der Patellarsehnenreflex schwächer ausgeprägt. Nabelhernien sind bei gestörter Schilddrüsenfunktion durch Jodmangel häufiger als bei Neugeborenen mit voll funktionsfähiger Schilddrüse.

Der Jodmangel während der Schwangerschaft bewirkt eine Schilddrüsenunterfunktion, im weiteren Verlauf entwickelt sich Schwerhörigkeit, eine Sprachstörung, eine Wachstumsverzögerung und geistige Retardierung.
Die geistige Retardierung ist schon nach drei Wochen so stark ausgeprägt, dass der Abstand zu normal entwickelten Kindern nicht mehr eingeholt werden kann.
Deshalb wird in Deutschland jedes Neugeborene auf eine Unterfunktion der Schilddrüse (z.B. durch Jodmangel) getestet).

Struma

Ein Struma oder Kropf beschreibt eine Vergrößerung der Schilddrüse und ist die häufigste endokrine Erkrankung. In Jodmangelgebieten haben bis zu 30% der Erwachsenen ein Jodmangelstruma.
Ein Kropf kann bei verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen entstehen, der Jodmangel ist eine davon.

Jodmangel aktiviert Wachstumsfaktoren in der Schilddrüse, die Zellen der Schilddrüse teilen sich, es entstehen mehr Zellen und es kommt zu einer Schwellung der Schilddrüse.
In der Folge des Jodmangels werden weniger Schilddrüsenhormone produziert, ein Mangel an Schilddrüsenhormonen führt durch die Ausschüttung von TSH (Schilddrüsen-stimulierendes Hormon, s.o.) zu einem verstärkten Wachstum der Schilddrüsenzellen, die einzelne Zelle wird also größer.

Beide Mechanismen tragen zur Bildung des Kropfes bei.
Ein Kropf kann ein Druck- oder Kloßgefühl im Hals auslösen. Ein kleiner Kropf macht in der Regel keine Probleme, ein großer Kropf dagegen kann die Luftröhre verdrängen und die Atmung behindern. Möglich ist auch, dass der Knorpel der Luftröhre Schaden nimmt und abgebaut wird (Tracheomalazie).

Die vergrößerte Schilddrüse wird im Laufe der Zeit knotig umgebaut, wodurch eine Autonomie der Schilddrüse entstehen kann. Ein autonomer Knoten produziert Schilddrüsenhormone ohne sich dem normalen Regelkreis des Körpers zu unterwerfen.

Ein großes und knotiges Struma sollte operiert werden, genauso ein Struma, das die anderen Organe im Hals behindert oder ein Struma, das nach einer Operation erneut auftritt.
Ein Kropf, der durch Jodmangel entstanden ist, ist in vielen Fällen symmetrisch und weich.

Die Schilddrüse kann durch die Strumabildung eine gute Stoffwechsellage aufrechterhalten.
Eine vergrößerte Schilddrüse, die aber eine normale Menge an Hormonen produziert, wird euthyreotes Struma genannt.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema: Struma

Haarausfall durch Jodmangel

Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 sind für viele verschiedene Stoffwechselprozesse des Körpers wichtig.
Unter anderem steuern sie den Stoffwechsel des Bindegewebes, also auch der Haare.
Eine Unterfunktion der Schilddrüse wegen Jodmangel kann zu trockenen und brüchigen Haaren und verstärktem Haarausfall führen.

Die Haare wirken matt und stumpf, die Haardichte und oder der Haardurchmesser können abnehmen. Neben den Kopfhaaren können auch die Augenbrauen oder andere Körperhaare betroffen sein.

Lesen Sie mehr zum Thema: Haarausfall bei Schilddrüsenerkrankungen

Therapie

Jodmangel wird durch die Einnahme von Jod behandelt.
Erwachsene mit Jodmangel sollte täglich 150 bis 200 Mikrogramm Jod zu sich nehmen, Kinder nur 100 Mikrogramm.
Durch die Einnahme von Jod kann die jodmangelbedingte Vergrößerung der Schilddrüse um 10% gesenkt werden, weil Jod die Teilungsrate der Schilddrüsenzellen verlangsamt.

Patienten, deren Jodmangelstruma schon autonome Bereiche ausgebildet hat, sollten kein Jod einnehmen, weil dadurch eine unkontrollierte Überfunktion der Schilddrüse entstehen kann.

Leidet ein Patient nicht nur an Jodmangel, sondern auch an einer durch den Mangel bedingten Schilddrüsenunterfunktion, sollte die Einnahme von Jod mit der Einnahme von Schilddrüsenhormonen (z.B. L- Thyroxin) kombiniert werden.
Dadurch kann die Größe der Schilddrüse um 20% gesenkt werden.

Schwangere und stillende Mütter sollten ebenfalls 150 bis 200 Mikrogramm Jod täglich einnehmen, um einem Jodmangel bei Mutter und Kind vorzubeugen.

Eine Maßnahme zur Verbesserung der Jodversorgung einer Bevölkerung ist die Jodierung von Speisesalz, Backwaren und Konserven.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.07.2016 - Letzte Änderung: 19.07.2023