Erworbene Schilddrüsenunterfunktion

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Eine Schilddrüsenunterfunktion liegt vor, wenn die Schilddrüse nur unzureichende Mengen an Schilddrüsenhormonen (T3 und T4) bildet. Die Folge ist, dass die Hormonwirkung an den Zielorganen ausbleibt.

Insgesamt bewirken die Schilddrüsenhormone eine Steigerung des Gesamtstoffwechsels und eine Förderung der Entwicklung und des Wachstums.

Zudem spielen die Schilddrüsenhormone eine wichtige Rolle in der Steuerung des Calcium- und Phosphathaushalts. Darüber hinaus regen sie die Eiweißproduktion (=Proteinbiosynthese) und die Bildung des Zuckerspeicherstoffes Glykogen an.

Hinweis: Wirkung der Schilddrüsenhormone

Die Wirkung und der Regelkreis der Schilddrüsenhormone wird Ihnen in der Einleitung zum Thema: Angeborene Schilddrüsenunterfunktion erklärt.

Symptome und Diagnose

Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion

Die Betroffenen bemerken einen körperlichen und geistigen Leistungsabfall, sie sind antriebsarm und verlangsamt in ihren Bewegungen und in Denkprozessen.

Oftmals sind die Patienten am Umweltgeschehen desinteressiert, was sich auch in ihrem Gesichtsausdruck widerspiegelt.

Die Kälteempfindlichkeit der Patienten ist gesteigert (=Kälteintoleranz) und ihre Haut blass, kühl, schuppend und trocken, ebenso ist das Haar der Patienten trocken und brüchig.

Die Herzfrequenz der Patienten ist verlangsamt (=Bradykardie), da das Herz weniger empfindlich für Katecholamine (=Hormone, zu denen z.B. Adrenalin zählt), die eine Herzaktivitätssteigerung hervorrufen, (Siehe Herzrhythmusstörung) ist.

Der Reflex der Achillessehne ist zwar auslösbar, doch er tritt verlangsamt auf.

Die Patienten leiden vermehrt an Verstopfung (=Obstipation) und weisen eine raue, heisere Stimme auf.
Da die Cholesterinwerte der Patienten erhöht sind, ist ein früheres Eintreten der Arterienverkalkung (=Arteriosklerose) möglich.

Bei betroffenen Mädchen und Frauen können Menstruationsstörungen und Infertilität beobachtet werden.

Psychische Symptome können auftreten und sich in Form von Depression, Antriebsarmut und Verlangsamung zeigen.

Die Patienten nehmen eventuell auf Grund eines generalisierten Myxödems an Gewicht zu. Dieses Myxödem entsteht durch Glykoproteine (=Eiweiße mit einem Zuckerrest in der chemischen Struktur), die unter die Haut eingelagert werden. Diese Proteine haben eine osmotische Wirkung, d.h. sie ziehen Wasser an, was zu Wassereinlagerungen im Körper führt. Hieraus resultiert die Gewichtszunahme.

Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion

Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) wird an Hand der klinischen Symptome, die der Patient bietet, sowie mithilfe von Laboruntersuchungen festgestellt.

Liegt die primäre Form der Schilddrüsenunterfunktion vor, ist die Konzentration des Schilddrüsenhormons T4 im Blut reduziert, während die des TSHs und des TRHs erhöht sind.

Bei der sekundären Form hingegen sind die Schilddrüsen-Hormonkonzentration und der TSH-Wert erniedrigt, TRH ist erhöht.

Bei der tertiären Schilddrüsenunterfunktion sind alle Hormone des Regelkreises nur in stark verringerter Konzentration vorhanden.

Liegt beim Patienten eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse vor, kann in 95% der Fälle ein Nachweis von Autoantikörpern gegen ein Enzym (=biologischer Katalysator) der Schilddrüsenzellen erfolgen. Mittels Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse und einer eventuellen Gewebeprobeentnahme kann ein Autoimmunprozess diagnostiziert werden.

Eine weitere Diagnoseoption ist die Szintigrafie:

Hierbei macht man sich die Eigenschaft der Schilddrüse, Jod zu speichern und dieses in die Schilddrüsenhormone einzubauen, zu Nutze.
Mittels Verabreichung einer radioaktiven Substanz über die Vene, welche an Jod gekoppelt ist, kann die Funktion der Schilddrüse überprüft werden:
Eine stark verminderte oder fehlende Speicherung des radioaktiv markierten Jods im Schilddrüsengewebe deutet auf eine Unterfunktion des Organs hin:

Wenige Schilddrüsenzellen sind aktiv, weshalb wenig Jod für die Bildung von Schilddrüsenhormonen benötigt und daher nicht ins Organ aufgenommen wird.

Differentialdiagnose einer Schilddrüsenunterfunktion

Eine wichtige, von der Schilddrüsenunterfunktion abzugrenzende Diagnose, ist das Low-T3-/Low-T4-Syndrom, bei dem sowohl der Wert für T3 als auch für T4 erniedrigt ist. Dieses Syndrom kann bei schwerkranken Patienten auf der Intensivstation auftreten, man verzichtet hierbei im Gegensatz zur Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) auf eine Hormonsubstitution mit Thyroxin.

Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion

Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion besteht in einer Dauerersatzgabe (=Substitution) des Schilddrüsenhormons T4 (L-Thyroxin) und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Arzt.
Bei einer ausgeprägten Schilddrüsenunterfunktion sollte die Hormondosierung langsam bis zur notwendigen Dosis gesteigert werden, denn bei einer Überdosierung von Schilddrüsenhormonen kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen.
Die optimale Dosis der Hormongabe wird an Hand des klinischen Zustands (Allgemeinbefinden) des Patienten und dem Wert von TSH ermittelt.

Die Therapie ist erfolgreich, wenn der Patient beschwerdefrei ist und der TSH-Wert zwischen 0,5-2,0 mU/l liegt.

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Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion

Man unterscheidet zwischen primärer, sekundärer und tertiärer Form der Schilddrüsenunterfunktion.

Primäre Schilddrüsenunterfunktion

  • Die Unterfunktion der Schilddrüse tritt als folge einer Autoimmunerkrankung, einer Schilddrüsenentzündung (=Hashimoto-Thyreoditis), auf. Hierbei gehen Schilddrüsenzellen unter und die Hormonproduktion findet somit nur eingeschränkt statt.
  • Eine durch ärztliche Maßnahmen bedingte Schilddrüsenunterfunktion zählt ebenfalls zu der primären Form der Erkrankung. Nach der Entfernung der Schilddrüse (=Strumektomie), nach Radiojodtherapie oder auf Grund einer medikamentösen Behandlung mit z.B. Lithium oder Thyreostatika kann die Hormonproduktion der Schilddrüse eingeschränkt sein.

Sekundäre Schilddrüsenunterfunktion

Diese Form ist sehr selten und liegt vor, wenn die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) kein TSH mehr produzieren kann und somit die Schilddrüsenhormonbildung in der Peripherie nicht angeregt wird.

Tertiäre Schilddrüsenunterfunktion
Auch diese Form der Schilddrüsenunterfunktion ist selten. Sie ist durch das Fehlen der TRH-Produktion im zentralen Nervensystem bedingt, so dass der Regelkreislauf der Schilddrüsenhormone nicht mehr funktioniert.

Latente Hypothyreose

Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion verursacht beim Patienten keine Symptome, weshalb man auch von einer subklinischen Form spricht (=ohne feststellbare Krankheitszeichen /Beschwerden beim Patienten).
Sie wird durch die Hormonbestimmung im Blut diagnostiziert: Die Konzentrationen von T3 und T4 sind normal, der Wert für TSH ist hochnormal bis erhöht.

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Komplikationen einer Schilddrüsenunterfunktion

Das generalisierte Myxödem mit Wassereinlagerungen im gesamten Körper, u.a. auch im Herzbeutel (=Perikarderguss), ist eine schwerwiegende Komplikation der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und daher sollte dringend eine intensivmedizinische Überwachung erfolgen.

Es ist wichtig, die Atmung des Patienten sicherzustellen und die Vitalparameter (Herzfrequenz, Blutdruck) stabil zu halten.
Der Patient erhält Infusionen mit Glukokortikoiden, Glukose und Salzen (=Elektrolyte). Die Ersatzgabe des Schilddrüsenhormons T4 erfolgt ebenfalls über eine Infusion (=i.v. Gabe, intravenöse Gabe).
Ist der Patient unterkühlt, sollte er vorsichtig wiedererwärmt werden.

Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 15.09.2007 - Letzte Änderung: 12.01.2023