Knochenmark

Synonyme

Medulla ossium

Definition

Das Knochenmark füllt das Knocheninnere und ist der Hauptort der Blutbildung beim Menschen.
Viele Erkrankungen entstehen durch ein Ungleichgewicht in der Zellbildung im Knochenmark. So beispielsweise Leukämien und Anämien (Blutarmut), die im Rahmen vieler Grunderkrankungen auftreten können.

Abbildung Knochenaufbau mit Knochenmark

a - Epiphyse
(Knochenende)
b - Metaphyse
(wachstumaktive Zone)
c - Diaphyse
(Knochenschaft)

  1. Schwammartig gebauter
    Knochen mit rotem
    Knochenmark -
    Substantia spongiosa
    +
    Medulla ossium rubra
  2. Epiphysenlinie -
    Linea epiphysialis
  3. Dichter (kompakter) Knochen -
    Substantia compacta
  4. Markhöhle mit gelbem
    Knochenmark -
    Cavitas medullaris
    + Medulla ossium flava
  5. Knochenarterie -
    Arteria nutricia
  6. Knochenhaut -
    Periosteum
  7. Osteon (funktionelle Grundeinheit) -
    Osteonum
  8. Mit knochenmark gefüllte Räume
    zwischen den Knochenbälkchen -
    Medulla ossium
  9. Wachstumsfuge -
    Lamina epiphysialis

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Anatomie

Das Knochenmark liegt im Innersten der menschlichen Knochen und macht etwa 2500 Gramm des Körpergewichtes aus. Es wird unterteilt in gelbes und rotes Knochenmark.
Das rote Knochenmark ist Ort der Blutbildung, das gelbe hingegen nicht, es wird als Fettmark bezeichnet. Beim Neugeborenen macht das rote Knochenmark den Hauptteil aus, im Laufe der Entwicklung wandelt es sich jedoch weitestgehend in gelbes um, sodass bei einem Erwachsenen rotes – blutbildendes – Knochenmark nur noch in bestimmten Knochen gefunden wird.
Hierzu zählen die Knochen des Rumpfes, als unter anderem Rippenknochen, Brustbein, Wirbelkörperknochen, Beckenknochen und Schlüsselbeine, sowie Schädelknochen und die Enden (Epiphysen) der langen Röhrenknochen von Arm und Bein.

Vor der Geburt, spielen neben dem Knochenmark noch weitere Organe eine wichtige Rolle bei der Blutbildung. So sind die Hauptorte der Blutbildung zwischen dem 2. und 7. Monat des Feten vor allem die Leber und die Milz.

Das Knochenmark hat neben der Blutbildung eine weitere wichtige Funktion. Es ist ein Teil des Immunsystems. Hier reift eine Population von weißen Blutkörperchen – die B-Lymphozyten – heran, die für die Immunabwehr essentiell sind.

Physiologie

Die Blutbildung beginnt im Knochenmark ausgehend von sogenannten multipotenten Stammzellen. Das bedeutet, dass diese Zellen, sich zu jeder beliebigen Zelle weiter entwickeln können.
Im Fall der Blutbildung gibt es zwei Möglichkeiten, da es hier zwei große Zellpopulationen gibt.

  1. Die myeloische Zellreihe und die lymphatische Zellreihe. Zur lymphatischen Zellreihe zählen die Zellen der Immunabwehr, die Lymphozyten, welche zu den weißen Blutkörperchen gehören.
  2. Der myeloischen Reihe gehören unter anderem die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), und die Blutplättchen (Thrombozyten) an. Die roten Blutkörperchen dienen dem Sauerstofftransport im Körper, die Blutplättchen sind ein wichtiger Bestandteil der Blutgerinnung. Diese fertigen Blutzellen entwickeln sich im Knochenmark über viele Vorläuferzellen und werden letztendlich – wenn sie reif genug sind – ins Blut abgegeben.

Erkrankungen des Knochenmarks

Eine wichtige Erkrankung des Knochenmarks ist die Leukämie.
Es gibt verschiedene Formen der Leukämie, je nachdem ob sie sich schnell oder langsam entwickelt und welche Zellreihen betroffen sind. Häufig ist ihnen jedoch eines gemeinsam:

  • Im Knochenmark werden massenhaft weiße Blutzellen (Lymphozyten) produziert. Dadurch wird die Produktion der anderen Zellen verdrängt. Es kommt also zu einem Mangel an Erythrozyten und Thrombozyten. Dies führt zur Blutarmut (Anämie) und zu Blutgerinnungsstörungen. Es werden zwar sehr viele Lymphozyten produziert, diese sind jedoch „Mutanten“ und somit nicht fähig ihre normalen Aufgaben – nämlich die Immunabwehr – zu erfüllen.
    Deshalb führen Leukämien in der Regel außerdem auch zu einer ausgeprägten Infektanfälligkeit.

Ein Patient mit einer Leukämie kann also auffallen durch Blässe (Anämie), vermehrte blaue Flecke und Hautblutungen die schon bei geringen Traumata auftreten (Mangel an Thrombozyten) und häufige Infekte (Mangel an funktionsfähigen Lymphozyten).

Eine weitere Erkrankung des Knochenmarks ist die Osteomyelitis, eine Entzündung die meist durch Bakterien bedingt ist.

Das Knochenmark in der Diagnostik

Eine sogenannte Knochenmarkpunktion, also eine Probeentnahme aus dem Knochenmark, kann bei verschiedenen Erkrankungen ein wichtiger Schritt zur Diagnose sein.
Unter anderem bei Verdacht auf einige Leukämiearten sowie teilweise bei Morbus Hodgkin und Non-Hodkin-Lymphomen und andere Erkrankungen des blutbildenden Systems (multiples Myelom, myelodysplastisches Syndrom).

Auch bei der Suche nach Metastasen (also Absiedelung von Tumorzellen) unter anderem bei Brustkrebs (Mamma-Carcinom) und Lungenkrebs (Bronchial-Carcinom) kann eine Knochenmarkpunktion vonnöten sein.
Auch wenn eine der Zellreihen des Blutes stark vermehrt oder vermindert ist (wie z.B. häufig bei der Leukämie), kann dies eine Indikation zur Knochenmarkpunktion sein.
Die Punktion erfolgt meist am Beckenkamm nach vorheriger Betäubung. Man unterscheidet bei der Art der Knochenmarksentnahme eine Aspiration und eine Biopsie.

  • Bei der Aspiration wird eine kleine Probe angesaugt, diese Methode wird verwendet, wenn eine Untersuchung einzelner Zellen ausreichend ist.
  • Eine Biopsie, also das ausstanzen eines kleinen Gewebsabschnittes, wird dann vorgenommen, wenn das Knochenmark als Ganzes betrachtet werden muss.

Das Knochenmark in der Therapie

Es kann therapeutisch sehr wertvoll sein, bestimmte Blutzellen zu transplantieren, also einem Menschen zuzuführen.
Diese Blutzellen sind Stammzellen, die die Fähigkeit haben, sich zu zahlreichen verschiedenen Blutzellen zu entwickeln. Man kann eine solche Transplantation mit Zellen aus dem peripheren Blut, also ähnlich wie bei einer Blutspende, durchführen (periphere Stammzelltransplantation) oder aber mittels Zellen aus dem Knochenmark.

Erstere setzt sich gegenüber der Knochenmarkspende immer weiter durch. Außerdem unterscheidet man, ob einem Patienten seine eigenen Zellen entnommen und wieder verabreicht werden (autologe Stammzelltransplantation) oder ob einem kompatiblen Spender Zellen entnommen und dann dem Empfänger verabreicht werden (allogene Stammzelltransplantation).
Essentiell bei einer solchen Prozedur ist die Passfähigkeit (Kompatibilität) von Spender und Empfänger in Bezug auf bestimmte Gewebemerkmale, die sogenannten HLA-Moleküle.

Nur bei einer möglichst genauen Passfähigkeit besteht eine gute Chance, dass der Körper des Empfängers die Zellen des Spenders nicht abstößt.
Die größte Wahrscheinlichkeit der Kompatibilität besteht bei Geschwistern, heutzutage gibt es darüber hinaus umfassende Datenbanken in denen die HLA-Merkmale zahlreicher freiwilliger Spender gespeichert sind.

Eine Stammzelltransplantation kann therapeutisch genutzt werden bei einigen Leukämieformen, Hodgkin-Lymphomen und Non-Hodgkin-Lymphomen, Immundefekten, hämatologischen Erkrankungen wie Thalassämie und anderen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 23.04.2013 - Letzte Änderung: 25.07.2023