Nebenhoden

Einleitung

Der Nebenhoden (Epididymis) dient der Samenzellreifung und Speicherung der reifen Samenzellen. Zudem ist er Teil der ausführenden Samenwege.
Er wird in drei Anteile gegliedert und liegt auf dem Hoden.

Entwicklung der Nebenhoden

Die Entwicklung des Nebenhodens geht direkt mit der Entwicklung von Hoden und Nieren einher. Er entwickelt sich in der Embryonalzeit aus dem Wolff- Gang, nachdem die genetische Determination des Geschlechts erfolgt ist.

Funktion der Nebenhoden

Der Nebenhoden ist Ort der Samenzellreifung und dient als Speicher der reifen Samenzellen.
Zudem ist der Nebenhoden auch Teil der ausführenden Samenwege, da die Spermien aus dem Hoden über Teile des Nebenhodens und den Nebenhodengang transportiert werden.

Aufbau der Nebenhoden

Der Nebenhoden liegt über dem Hoden und ist etwas nach hinten verschoben (kraniodorsal).
Er ist über ein oberes und ein unteres Band (Ligamentum epididymis superior und inferior) mit dem Hoden verbunden.
Hoden und Nebenhoden werden durch verschiedene Muskelfaszien überzogen.
Zwischen beiden Strukturen befindet sich ein kleiner Spaltraum, der als Sinus epididymidis bezeichnet wird.
Der Nebenhoden wird durch viele kleine ausführende Gänge (Ductuli efferentes) und den Nebenhodengang (Ductus epididymidis) aufgebaut. Diese sind sehr stark zusammengeknäult, im ausgestreckten Zustand ist der Nebenhodengang ca. 5m, ein kleiner Ductus efferens ca. 20cm lang.

Der Nebenhoden wird in drei Anteile gegliedert:

  • Der Nebenhodenkopf (Caput epididymidis) liegt oben auf dem Hoden und enthält 10-20 kleine Gänge (Ductuli efferentes) sowie den Beginn des Nebenhodengangs.
  • Der Nebenhodenkörper (Corpus epididymidis) liegt dem Hoden vor allem von hinten (dorsal) auf. In diesem Teil findet die Samenzellspeicherung statt.
  • Der Nebenhodenschwanz (Cauda epididymidis) ist ebenfalls Ort der Samenzellspeicherung.

Durch Kontraktionen der Muskulatur des Nebenhodenganges werden die Samenzellen dann in den daran anschließenden Samenleiter (Ductus deferens) abgegeben.


Durchmesser und Lumen des Nebenhodenganges nehmen nach unten hin (kaudal) ab.
Die Schleimhaut des Nebenhodenganges besteht aus einem zweireihigen Epithel und verzweigten Sertolizellen, zudem enthält die Wand kleinere Myofibroblasten, welche der Kontraktion des Ganges dienen.
Die kleineren Ductuli efferentes zeigen mikroskopisch ein unregelmäßiges wellenförmiges Lumen. Auch diese werden durch eine Hülle aus kontraktionsfähigen Myofibroblasten umgeben.

Abbildung der Hoden und Nebenhoden

Hoden und Nebenhoden

  1. Hoden - Testis
  2. Nebenhoden - Epididymis
  3. Hodensack - Scrotum
  4. Nebenhodenschwanz - 
    Cauda epididymidis 
  5. Nebenhodenkörper -
    Corpus epididymidis
  6. Samenleiter -
    Ductus deferens
  7. Harnblase -
    Vesica urinaria
  8. Rankenvenengeflecht -
    Plexus pampiniformis
  9. Hodenarterie -
    Arteria testicularis
  10. Nebenhodenkopf -
    Caput epididymidis
  11. Bindegewebehülle -
    Tunica albuginea
  12. Hodenzwischenwände -
    Septula testis
  13. Hodenläppchen -
    Lobuli testis
     

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Leitungsbahnen

Die arterielle Versorgung des Nebenhodens erfolgt durch die Arteria testicularis, der venöse Blutabfluss erfolgt über den Plexus pampiniformis. Dies ist ein Venengeflecht, welches durch die kleinen Venae testicularis gebildet wird.
Von dort fließt das Blut weiter über die Hodenvenen (V. testicularis dexter und sinister) in die untere große Hohlvene (Vena cava inferior).

Die nervale Innervation erfolgt wie beim Hoden über den Plexus coeliacus, dessen Fasern gemeinsam mit den arteriellen Gefäßen laufen. Diese Fasern bilden ein Nervengeflecht in der Nähe der Niere und treten von dort an Hoden und Nebenhoden heran.
Die parasympathischen Fasern ziehen als vegetative Fasern zum Nebenhoden. Dort bilden alle Nervenfasern gemeinsam den Plexus testicularis und innervieren Hoden und Nebenhoden.

Erkrankungen des Nebenhodens

Entzündung des Nebenhodens

Bei der Nebenhodenentzündung, auch Epididymitis genannt, kommt es aufgrund von verschiedenen möglichen Ursachen zu einem entzündlichen Prozess innerhalb des Nebenhodens. Bevorzugt tritt diese Erkrankung bei Männern über 30 Jahren auf und stellt bei Kindern nur in circa 2% der Fälle die Ursache für ein sogenanntes "Akutes Skrotum“ dar. Ursache der Erkrankung sind beim Erwachsenen meist aufsteigende Keime aus der Prostata oder der Harnröhre, welche vor allem durch Harnwegsinfekte oder beim Geschlechtsverkehr in die Harnröhre eintreten. Neben aufsteigenden Ursachen kann die Entzündung auch über das Blut, die Lymphe, über Nebenhodenkanälchen, posttraumatisch, immunologisch oder viral (v. a. Mumps) entstehen. Bei Kindern sind meist Anomalien des Urogenitalsystems, wie beispielsweise Harnröhrenklappen, Fehlmündungen oder eine „neurogene Blase“, Grund der Erkrankung.

Eine Nebenhodenentzündung ist ein akutes Geschehen, welches sich meist bereits innerhalb eines einzigen Tages deutlich verschlechtert und dadurch symptomatisch wird. Dabei werden vor allem zunehmende Schmerzen im Hodensack (Skrotum) beschrieben, die in Leiste, Bauch und Flanke ausstrahlen können. Es kommt dabei meist auch zu einer Rötung und Schwellung des Skrotums (Hodensacks). Häufig lässt sich dabei ein sogenanntes positives „Prehn’sches Zeichen“ feststellen. Dies bedeutet, dass der Schmerz abnimmt, wenn der betroffene Hoden angehoben wird. Häufig sind auch Fieber und Abgeschlagenheit möglich. Bei akuten Schmerzen in der Skrotalregion sollte in jedem Falle zügig ein Urologe aufgesucht werden, um eine „Hodendrehung“ auszuschließen. Therapiert wird eine Nebenhodenentzündung vor allem durch Hochlagern, Kühlen, strikte Bettruhe und Auftragen einer Salbe. Zusätzlich kann eine Gabe von Antibiotika erfolgen und/oder eine Injektion von lokalen Schmerzmitteln.

Lesen Sie mehr zum Thema unterNebenhodenentzündung

Ursachen eines angeschwollenen Nebenhodens

Da der Nebenhoden dem Hoden unmittelbar aufliegt und mit diesem in Verbindung steht, ist es wichtig abzugrenzen, ob bei Schmerzen oder Schwellungen der Hoden, der Nebenhoden oder beide betroffen sind. Dies kann häufig schwierig zu beurteilen sein und sollte durch einen Arzt abgeklärt werden. Der häufigste Grund für eine Schwellung im Bereich des Nebenhodens ist die bereits oben beschriebene Nebenhodenentzündung. Diese kann auch in Verbindung mit einer Hodenentzündung auftreten und wird dann als „Epididymoorchitis“ bezeichnet. Weitere mögliche Ursachen neben einer Entzündung sind Zysten (Spermatozele), Abszesse, Krampfaderbruch (Varikozele), Wasserbruch (Hydrozelen), Thrombosen, Tumore, Hernien, eine Hodendrehung oder Spermagranulome. Ein Spermagranulom ist eine Veränderung in harter, knotenförmiger Form im Samenstrang, die durch das Austreten von Spermatozoen in das umliegende Gewebe entsteht. 

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Um diese verschiedenen Ursachen voneinander abzugrenzen, bieten sich mehrere Kriterien an. Treten neben einer Schwellung zusätzlich Schmerzen auf, so handelt es sich am ehesten um einen entzündlichen Prozess, einen Abszess, eine Thrombose, einen Tumor oder um ein Gangrän (Gewebsnekrose). Zusätzlich ist eine weitere Differenzierung möglich durch genaues Tasten der Schwellung, Dabei ist vor allem wichtig, wo die Schwellung lokalisiert ist, wie weit sie reicht beziehungsweise ob sie den ganzen Hoden umfasst oder nur einen Teil und welche Konsistenz die Schwellung hat. Zur genauen Diagnostik ist jedoch nur ein Urologe in der Lage und sollte bei jeder festgestellten Veränderung zu Rate gezogen werden.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Nebenhoden sind geschwollen - was steckt dahinter?

Nebenhodenzyste

Eine Nebenhodenzyste oder auch Spermatozele oder „Retentionszyste“ genannt, entsteht durch eine Abflussbehinderung innerhalb des Nebenhodens. Da dieser der Weiterleitung und Reifung der Spermien beim Übergang von Hoden zu Samenleiter dient, kommt es dabei also zu einer Anreicherung von eiweißhaltigem Sperma. Eine solche Abflussbehinderung entsteht meist durch anders oder ungewöhnlich verlaufende Nebenhodenkanälchen, kann aber auch in Folge von chirurgischen Eingriffen oder durch eine vergangene Nebenhodenentzündung ausgelöst werden. Eine solche Abflussbehinderung und Stauung von Sperma ist sehr häufig und lässt sich bei circa 80% der Männer finden. Da sie jedoch in der Mehrheit der Fälle nur sehr klein ist, macht sie meist keine Probleme und wird daher höchstens zufällig entdeckt. Bei einem geringen Anteil (5%) kommt es jedoch zu einer starken Größenzunahme, bei welcher die Zyste auch Durchmesser von über 10cm erreichen kann. Mit Zunahme der Größe kommt es auch zu Symptomen, wie Schmerzen und Druckgefühl im Nebenhoden. Wird eine Nebenhodenzyste per Zufall entdeckt und äußert sich symptomfrei, so ist keine weitere Therapie notwendig. Fällt eine Spermatozele jedoch durch Schmerzen oder Druckgefühl auf, ist eine chirurgische Entfernung indiziert.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Nebenhodenzyste

Schmerzen in den Nebenhoden

Nebenhodenschmerzen ist ein sehr häufiges Symptom, welches oft akut, jedoch auch chronisch auftreten kann. Wie auch bei der Schwellung des Nebenhodens ist es auch hier manchmal schwer in Hoden und Nebenhoden zu unterscheiden, weshalb auch eine Erkrankung des jeweilig anderen Organs eine Ursache sein kann. Häufigste Ursache eines schmerzhaften Nebenhodens beim Erwachsenen ist die oben bereits erwähnte Nebenhodenentzündung. Bei Kindern ist der häufigste Grund für ein schmerzendes, akutes Skrotum eine Hodendrehung (Hodentorsion), welche einen Notfall darstellt und möglichst schnell behandelt werden muss. Weitere mögliche Ursachen sind Abszesse, Tumore, Thrombosen, Verletzungen von außen oder eine Gewebsnekrose. Eine einigermaßen gute Möglichkeit zwischen einer Entzündung und einer Hodendrehung zu unterscheiden ist der sogenannte Test nach „Prehn“. Dabei kommt es bei entzündlichen Prozessen beim Anheben des betroffenen Hodens in der Regel zu einer Schmerzlinderung (positives Prehn-Zeichen). Neben Schmerzen im Nebenhoden kommt es oft auch zu weiteren Begleitsymptomen, wie beispielsweise Schwellung, Rötung, Ausschlag, Druck- oder Schweregefühl, sowie Fieber und Schwäche. Besonders bei sich rasch verstärkenden und/oder plötzlich auftretenden Schmerzen sollte möglichst schnell ein Urologe aufgesucht werden, um einen urologischen Notfall auszuschließen oder rechtzeitig zu behandeln.

Was passiert, wenn man den Nebenhoden entfernt?

Eine operative Entfernung kann im Falle einer chronischen und immer wiederkehrenden Nebenhodenentzündung oder bei einem Wasserbruch (Hydrozele) notwendig sein. Weitere Gründe für eine chirurgische Resektion sind Tumore, wiederkehrende Entzündungen und weitere eher seltene Ursachen, welche individuell vom jeweiligen Urologen eingeschätzt werden. Bei der Nebenhodenentfernung (Epididymektomie) wird häufig auch ein Teil des Samenleiters mit entfernt, um die postoperative Komplikationswahrscheinlichkeit zu verringern (Epididymovasektomie). Bei der Operation wird der Nebenhoden mit Hilfe eines kleinen Hautschnitts im Hodensack entfernt. Da meist nur eine Seite von der Entzündung oder dem Wasserbruch betroffen ist, kommt es zu einer Kompensation durch die gesunde Seite, weshalb Fertilität und Erektion nicht eingeschränkt werden. Jedoch kommt es bei diesem Eingriff immer wieder zu postoperativen Komplikationen, wie Wundheilungsstörungen oder Infektionen. Dabei besteht auch die Gefahr einer „absteigenden“ Entzündung, welche dazu führen kann, dass im Nachhinein eine zusätzliche Entfernung des Hodens notwendig sein kann.

Nebenhodentumor

Nebenhodenkrebs ist eine im Vergleich zu Hodenkrebs (circa 10mal häufiger) sehr selten auftretende  Erkrankung. Es kommt dabei zu einer knotenartigen Veränderung/ Schwellung innerhalb des Skrotums, welche meist von den Patienten selbst bemerkt werden. Es handelt sich bei Nebenhodentumoren um eher langsam wachsende, meist schmerzlose Tumore, weshalb sie lange unbemerkt bleiben können. Um den Verdacht zu bestätigen wird zunächst ein Ultraschall gemacht. Wird dabei eine Raumforderung festgestellt, so wird der Hoden samt Nebenhoden freigelegt und eine mikroskopische Gewebsuntersuchung unternommen, um eine exakte Diagnose und die Unterscheidung in gut- und bösartig möglich zu machen.

Knoten im Nebenhoden

Eine tastbare knotige Veränderung im Nebenhoden kann viele Ursachen haben. Meist handelt es sich dabei um eine Zyste, einen Abszess oder eine Entzündung. Selten kann es sich dabei auch um einen Tumor oder um eine Thrombose handeln. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die vorhandene Schmerzhaftigkeit, welche eher auf entzündliche oder thrombotische Prozesse hinweist. Eine prallelastische, schmerzlose Schwellung spricht jedoch am ehesten für eine Zyste (Spermatozele). In jedem Fall sollte ein Urologe zu Rat gezogen werden.

Zusammenfassung

Der Nebenhoden (Epididymis) ist Teil der ableitenden Samenwege und dient der Reifung und Speicherung der Samenzellen.
Er liegt dem Hoden oben auf und wird gemeinsam mit dem Hoden von verschiedenen Muskelfaszien begrenzt.
Durch zwei Bänder ist er mit dem Hoden verbunden. Der Nebenhoden besteht aus zahlreichen kleinen Gängen (Ductuli efferentes) und einem größeren Ausführungsgang (Nebenhodengang, Ductus epididymis).
Er dient der Samenzellreifung und –speicherung und gibt diese durch Kontraktion des Nebenhodenganges an den Sameleiter weiter.
Die Gefäßversorgung und nervale Innervation erfolgt gemeinsam mit dem Hoden.

Weitere Informationen zum Thema Nebenhoden

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 27.09.2012 - Letzte Änderung: 25.07.2023