Schilddrüsenkrebs Arten

Einleitung

Unter allem Tumorformen gehört der Schilddrüsenkrebs wohl zu den Seltensten. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass ungefähr einer von 30.000 Menschen pro Jahr an Schilddrüsenkrebs erkrankt. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Betroffenen um Frauen im mittleren Lebensalter. Die Ursachen für die Entstehung von Schilddrüsentumoren sind bislang weitestgehend unklar.
Über einen langen Zeitraum ging man davon aus, dass vor allem ein ausgeprägter Jodmangel eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Krebserkrankungen der Schilddrüse spielt. Diese Annahme konnte jedoch mittlerweile widerlegt werden.

Obwohl Krebserkrankungen der Schilddrüse vergleichsweise selten sind, kann diese Erkrankung besonders tückisch sein. Grund dafür ist die Tatsache, dass es bei den verschiedenen Arten des Schilddrüsenkrebses erst in einem fortgeschrittenen Stadium zu erkennbaren Symptomen kommt. Aus diesem Grund werden die typischen Arten des Schilddrüsenkrebses in der Regel zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung diagnostiziert.

Symptome treten unabhängig von der Art des Tumors erst dann auf, wenn sich die Krebszellen auf das umliegende Gewebe ausbreiten. Zu den typischen Schilddrüsenkrebssymptomen gehören anhaltende Heiserkeit, die durch eine Lähmung der Stimmbänder hervorgerufen wird, Atembeschwerden und Schluckbeschwerden. Darüber hinaus kann bei Patienten, die eine der vier Schilddrüsenkrebsarten aufweisen, häufig das sogenannte Horner-Syndrom beobachtet werden. Dieses Syndrom entsteht in der Regel durch eine Schädigung kleinster Nervenbahnen.
Betroffene Personen weisen eine deutliche Verengung der Pupille eines Auges (Miosis) auf. Darüber hinaus tritt der betroffene Augapfel deutlich in die Augenhöhle hinein (Enopthalmus) und das Oberlid beginnt schlaff herunter zu hängen (Ptosis).

Lesen Sie mehr zum Thema unter:

1. Schilddrüsenkrebs Anzeichen

2. Ptosis

In Abhängigkeit von der Zellart, aus der der Schilddrüsenkrebs hervorgeht, müssen vier Arten unterschieden werden. Die vier Arten des Schilddrüsenkrebses unterscheiden sich vor allem im Bezug auf die am besten geeignete Behandlung. Auch die Prognose hängt bei Schilddrüsenkrebs maßgeblich von der jeweiligen Art des Tumors ab.

Unterteilung

Obwohl es eine Vielzahl von seltenen Schilddrüsenkrebsarten gibt, lassen sich die meisten Tumore der Drüse einer der vier klassischen Arten zuordnen. Diese klassischen Arten des Schilddrüsentumors unterscheiden sich vor allem im Bezug auf die am besten geeignete Behandlungsstrategie. Darüber hinaus spielt die genaue Art des Tumors eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Prognose.

Die vier häufigsten Arten des Schilddrüsenkrebses sind:

  • papilläres Schilddrüsenkarzinom

  • follikuläres Schilddrüsenkarzinom

  • medulläres Schilddrüsenkarzinom

  • anaplastisches (undifferenziertes) Schilddrüsenkarzinom

Papilläres Schilddrüsenkarzinom

Das sogenannte papilläre Schilddrüsenkarzinom stellt mit ungefähr 60 Prozent die Häufigste der vier Arten des Schilddrüsenkrebses dar. Die papilläre Form des Schilddrüsenkrebses tritt wesentlich häufiger bei Frauen auf als bei Männern.
Typisch für diese Art ist die Tatsache, dass sich die Tumorzellen vornehmlich über das Lymphsystem im Körper ausbreiten (lymphogene Metastasierung). Aus diesem Grund kommt es vor allem im Bereich der Halslymphknoten zu einer Ausbreitung der Krebszellen.

Das papilläre Schilddrüsenkarzinom hat im Allgemeinen eine sehr gute Prognose. Obwohl es sich um einen bösartigen Tumor handelt, können bei adäquater Behandlung ungefähr 80 Prozent der betroffenen Patienten geheilt werden. Auf Grund der Tatsache, dass die Symptome bei dieser der vier Schilddrüsenkrebsarten erst sehr spät auftreten, wird der Tumor häufig zufällig diagnostiziert.

Follikuläres Schilddrüsenkarzinom

Mit ungefähr 30 Prozent stellt das sogenannte follikuläre Schilddrüsenkarzinom die zweithäufigste der vier Schilddrüsenkrebsarten dar. Auch bei dieser Form lässt sich beobachten, dass vorwiegend Frauen betroffen sind. Sowohl papilläre als auch follikuläre Schilddrüsentumore treten beim männlichen Geschlecht äußerst selten auf.

Im Gegensatz zum papillären Schilddrüsenkrebs breiten sich die Tumorzellen bei der follikulären Form vorwiegend über das Blut aus (sogenannte hämatogene Metastasierung). Aus diesem Grund finden sich Tochtergeschwüre (Metastasen) besonders häufig in der Lunge oder dem Gehirn.
Auch bei adäquater Behandlung ist die Prognose dieser Schilddrüsenkrebsart etwas schlechter. Die sogenannte Zehn-Jahres-Überlebensrate (Wie viele der Erkrankten leben nach zehn Jahren noch?) liegt beim follikulären Schilddrüsenkarzinom bei ungefähr 60 bis 70 Prozent. Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Lebenserwartung beim Schilddrüsenkrebs.

Lesen Sie hierzu auch: Metastasen bei Schilddrüsenkrebs

Sowohl beim follikulären als auch beim papillären Schilddrüsenkarzinom geht man davon aus, dass ionisierende Strahlen (beispielsweise Röntgenstrahlen) bei der Entstehung eine entscheidende Rolle spielen. Aus diesem Grund lassen sich besonders viele Fälle in der Nähe von Gebieten mit vorangegangenen Kernreaktorunfällen (beispielsweise in Weißrussland, der Ukraine und Russland) beobachten. Darüber hinaus stellt die Strahlentherapie bei anderen Krebsarten einen wichtigen Risikofaktor für die Entstehung dieser der vier Schilddrüsenkrebsarten dar.

Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Das sogenannte medulläre Schilddrüsenkarzinom (Synonym: C-Zell-Karzinom) bildet sich nicht aus den eigentlichen Schilddrüsenzellen. Vielmehr besteht diese der vier Schilddrüsenkrebs-Arten aus veränderten C-Zellen.
Im gesunden Gewebe sind die C-Zellverbände für die Produktion eines wichtigen Hormons, dem Calcitonin, verantwortlich. Calcitonin spielt neben weiteren Botenstoffen eine entscheidende Rolle in der Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts. Es ist der natürliche Gegenspieler (Antagonist) des in den Nebenschilddrüsen synthetisierten Parathormons.
Während das Parathormon an der Steigerung des Kalziumspiegels beteiligt ist, besteht die Hauptfunktion des Calcitonins in der Hemmung der Freisetzung gebundenen Kalziums.

Typisch für das medulläre Schilddrüsenkarzinom ist eine, durch die Veränderung der C-Zellen induzierte, Überproduktion von Calcitonin. In Folge dessen werden knochenabbauende Zellen, sogenannte Osteoklasten gehemmt, weniger Kalzium freigesetzt und der Kalziumspiegel im Blut gesenkt. Betroffene Patienten leiden aus diesem Grund häufig unter ausgeprägten Gefühlsstörungen.
Darüber hinaus treten bei dieser der vier Schilddrüsenkrebsarten häufig starke Durchfälle auf. Diese Durchfälle werden jedoch weniger durch den sinkenden Kalziumspiegel, als vielmehr durch verschiedene vom Tumor produzierte Substanzen hervorgerufen.

Im Gegensatz zu den deutlich häufigeren Schilddrüsenkrebs-Arten (follikulärer und papillärer Schilddrüsenkrebs) sind bei dieser Form Männer und Frauen gleichermaßen betroffen. Die Überlebensrate liegt beim medullären Schilddrüsenkrebs bei ungefähr 50 bis 70 Prozent.

Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom

Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom stellt die Seltenste der vier Schilddrüsenkrebsarten dar. Im Gegensatz zu den übrigen Tumorvarianten, die in der Drüse auftreten können, zeichnet sich das anaplastische Schilddrüsenkarzinom durch ein enorm schnelles Wachstum aus. Aus diesem Grund gilt die Prognose bei dieser der vier Schilddrüsenkrebsarten als besonders schlecht.
Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass die betroffenen Patienten nach der Diagnosestellung nur noch ungefähr sechs Monate leben. Frauen und Männer sind von dieser der vier Schilddrüsenkrebs-Arten gleich häufig betroffen. Sowohl die Ursachen, als auch mögliche Risikofaktoren für die Entstehung eines anaplastischen Schilddrüsenkarzinoms sind bislang unbekannt.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 01.12.2015 - Letzte Änderung: 19.07.2023