Nebenschilddrüse

Synonyme im weiteren Sinne

  • Beischilddrüsen
  • Epithelkörperchen

Medizinisch: Glandula parathyroidea

Englisch: parathyroid glands

Anatomie

Die Nebenschilddrüsen stellen vier linsengroße, ca. 40 mg schwere Drüsen dar. Sie liegen hinten der Schilddrüse an. In der Regel befinden sich zwei von ihnen am oberen Ende (Pol) der Schilddrüsenlappen, während die anderen beiden am unteren Pol zu finden sind (siehe auch: Schilddrüse). Selten sind die unteren Schilddrüsen auch am Thymus oder sogar im mittleren Brustraum zwischen den Lungen (dieser Raum wird auch als Mediastinum bezeichnet) zu finden. Manchmal sind zusätzliche Nebenschilddrüsen zu finden.

Abbildung der Schilddrüse

Schilddrüse

  1. Zungenbein -
    Os hyoideum
  2. Schildknorpel-
    Zungenbein-Membran -
    Membrana thyrohyoidea
  3. Schildknorpel -
    Cartilago thyroidea
  4. Ringknorpel-
    Schildknorpel-Muskel -
    M. cricothyroideus
  5. Obere Nebenschilddrüse -.
    Glandula parathyroidea
    superior
  6. Schilddrüsenenge -
    Isthmus glandulae
    thyroideae
  7. Schilddrüse,
    rechter Lappen -
    Glandula thyroidea,
    Lobus dexter
  8. Untere Nebenschilddrüse -.
    Glandula parathyroidea
    inferior
  9. Luftröhre - Trachea

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Funktion

Im Gegensatz zu vielen anderen Drüsen (z. B. die Bauchspeicheldrüse = Pankreas) besitzen die Nebenschilddrüse (Glandula parathyroidea) keine eigenen Ausführgänge für das von ihnen gebildete Sekret, das Hormon Parathormon (kurz PTH, auch: Parathyrin). Daher wird der Botenstoff direkt ins Blut abgegeben (sezerniert) und gelangt so an Ihren Zielort. Dieser Sekretionsmechanismus wird auch als endokrine Sekretion bezeichnet. Deshalb sind die Nebenschilddrüsen von einem dichten Kapillarnetz durchzogen, dessen Kapillaren einen besonderen Aufbau zeigen.
Kapillaren sind die kleinsten menschlichen Gefäße durch die noch genau ein rotes Blutkörperchen (Erythrozyt) passt.
In der Nebenschilddrüse gibt es besondere, so genannte fenestrierte Kapillaren, deren Zellen kein fest umschlossenes Gefäß bilden, sondern durch kleine Lücken aufweisen (sog. 70 nm große „Fenster“) und so den Durchtritt des Hormons in die Blutbahn erlauben, ohne das Blutbestandteile austreten können. Zielgewebe, also der Wirkungsort, des Parathormons sind Knochen und Niere. Dort greift das Peptidhormon (d.h. es ist aus 10 bis 100 Aminosäuren aufgebaut) regulierend in den Kalziumstoffwechsel ein. Gesteuert wird die Hormonmenge über einen einfachen Rückkopplungsmechanismus: Die abgegebene Menge vom Hormon hängt von der Kalziumkonzentration im Blut ab. Dafür verfügen die Nebenschilddrüsen über einen eigenen „Kalziumsensor“.
Bei Mangel an Calcium / Kalzium wird vermehrt Parathormon ins Blut freigesetzt; ist ausreichend Kalzium im Blut vorhanden, wird die Sekretion (Ausschüttung) gehemmt. Das Hormon fördert die Bereitstellung von Kalzium über zwei Mechanismen: Aus dem Knochen wird Kalzium von abbauenden Zellen, den Osteoklasten, freigesetzt. Selbige werden durch Parathormon stimuliert / aktiviert. In der Niere verhindert das Hormon, dass zu viel Kalzium mit dem Urin ausgeschieden wird: (Es bewirkt, dass Kalzium aus dem gebildeten in der Niere produzierten Primärharn wieder rückresorbiert und dem Organismus zugeführt wird.) Es vermindert die Ausscheidung von Kalzium über den Harn. Verstärkt wird diese Wirkung indirekt über die Förderung der Bildung von Vitamin D, welches ebenfalls die Ausscheidung von Kalzium mit der Niere senkt und des Weiteren die Aufnahme aus der Nahrung im Darm fördert. Beide Hormone wirken so einer Osteoporose (Knochenentkalkung) entgegen.

Die Konzentration des BlutKalziums wird so bei 2,5 mmol pro Liter in engen Grenzen konstant gehalten. Des Weiteren fördert PTH (Parathormon) die Ausscheidung von Phosphat über die Niere.

Erkrankungen der Nebenschilddrüse

Die Nebenschilddrüse ist überlebenswichtig; ein vollständiges Fehlen (Agenesie) ist mit dem Leben nicht vereinbar. Eine versehentliche Entfernung oder Beschädigung von Epithelkörperchen im Rahmen von Schilddrüsenoperationen oder eine Unterfunktion (Hypoparathyreoidismus) können schwerwiegende Folgen haben: Das Absinken des Blutcalciumspiegels führt zur Hypocalzämie, die sich durch Krampfanfälle und generelle Übererregbarkeit der Muskulatur bemerkbar macht.

Nicht minder gefährlich sind jedoch auch Überfunktionen der Nebenschilddrüsen: Anfangs äußert sie sich durch rasche Ermüdbarkeit, Muskelschwäche, Depressionen und Ängstlichkeit. Häufig treten auch Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) und Geschwüre des Magens (Ulcus) auf. In schwerwiegenden Fällen droht eine lebensbedrohliche hyperkalzämische Krise mit Verkalkungen von Lunge, Niere und Magen. Daher auch der Name „Stein-, Bein-, Magenpein.“

Ursachen einer Überfunktion werden als primärer Hyperparathyreoidismus bezeichnet, wenn sie durch eine Erkrankung der Nebenschilddrüsen selbst bedingt sind. Am häufigsten liegt ein gutartiger Tumor (ein sog. Adenom) zugrunde. Erblich bedingt ist der Hyperparathyreoidismus beim Krankheitsbild der Multiplen Endokrinen Neoplasie (kurz MEN), die durch eine Vergrößerung (Hyperplasie) der Nebenschilddrüsen sowie Tumoren in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), der Bauchspeicheldrüse, des Dünndarms sowie verschiedenen anderen Organen gekennzeichnet ist. Im Unterschied dazu spricht man von einem sekundären Hyperparathreoidismus, wenn für den gestörten Kalziumhaushalt nicht die Nebenschilddrüsen selbst, sondern andere Erkrankungen verantwortlich sind. Meistens steht dann eine Erkrankung der Niere im Vordergrund, die zu so hohem Calciumverlust führt, dass eine erhöhte Sekretion von Parathormon erforderlich wird, um die nötigen Calciummengen bereitzustellen. In der Folge kommt es zu überschießendem Wachstum (Hyperplasie) mit folgender Überfunktion der Epithelkörperchen. Die Symptome entsprechend weitgehend jenen des primären Hyperparathyreoidismus. Häufig sind Schädigungen des Skelettsystems durch die erhöhte Freisetzung von Kalzium aus dem Knochen, mit Folge der Knochenentkalkung (Osteoporose). Wird die Krankheit nicht ausreichend früh anhand von Laborwerten (erhöhtes Calcium im Blut) erkannt, bewirkt der Abbau von Knochengewebe eine Neigung zu Spontanbrüchen. Nach ihrem Erstbeschreiber, dem in Königsberg wirkenden Anatomieprofessor v. Recklinghausen, ist das Vollbild der Erkrankung bereits seit 1891 als Osteodystrophia generalisata (generalisierte Zerstörung des Knochens) bekannt.

Weitere Informationen zum Thema Nebenschilddrüse

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 20.05.2007 - Letzte Änderung: 25.07.2023