Schilddrüsenwerte in der Schwangerschaft

Definition

Während der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Schilddrüsenhormonen an. Durch Schwangerschaftshormone wird die Schilddrüse zu einer erhöhten Produktion angeregt. Gerade in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten kommt es daher natürlicherweise zu einem Anstieg der Schilddrüsenhormone im Blut. Zugleich sinkt der Spiegel des Regulationshormons TSH ab. Aufgrund der Anpassungsvorgänge, zu der auch eine Umstellung der Schilddrüsenfunktion während der Schwangerschaft zählt, gelten je nach Schwangerschaftsabschnitt eigene Grenzwerte für die Schilddrüsenhormone. Werden diese über- oder unterschritten, kann sich dies ohne Behandlung negativ auf  die Entwicklung des Kindes auswirken. Besteht der Verdacht, dass eine Störung der Schilddrüsenfunktion während der Schwangerschaft vorliegt, sollten die Schilddrüsenwerte im Blut untersucht werden, um gegebenenfalls rechtzeitig eine Behandlung einzuleiten.

Einstufung der Werte

Die Schilddrüsenwerte in der Schwangerschaft sorgen oft für Verwirrung, da es viele mögliche Konstellationen mit erhöhten und erniedrigten Werten je nach Ursache gibt. Hinzu kommt, dass je nach Abschnitt der Schwangerschaft unterschiedliche Grenzwerte gelten, das heißt der Bereich, indem die Werte als normal einzustufen sind. Daher erfolgt hier eine Zusammenstellung der wichtigsten und häufigsten Konstellationen.

In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft sollte TSH, das Regulationshormon der Schilddrüse zwischen 0,1 und 2,5 liegen. Bei höheren Werten kann eine verborgene Schilddrüsenüberfunktion vorliegen, die sich häufig sonst gar nicht bemerkbar macht. Nur wenn zugleich auch die Schilddrüsenhormone T3 und T4 erniedrigt sind, liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor, die zu Beschwerden führt. Eine Behandlung mit Schilddrüsenhormontabletten sollte jedoch bereits erfolgen, wenn lediglich das TSH erhöht ist.

Bei der Schilddrüsenüberfunktion sind die Laborwerte in der Regel genau entgegen gesetzt verändert. Ein zu niedrigeres TSH, das heißt unter 0,1 in den ersten drei Monaten oder unter 0,2 im zweiten Schwangerschaftsdrittel beziehungsweise unter 0,3 in der letzten Phase deutet auf eine Überfunktion hin, die auch oft gar keine Beschwerden macht. Erst wenn zugleich T3 und T4 erhöht sind, kommt es in der Regel zu Beschwerden. Auch hier sollte bereits ein auffälliges TSH gegebenenfalls zu einer Behandlung mit Tabletten erfolgen, die die Schilddrüsenhormonproduktion vermindern.

Wie verändern sich die Werte in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft muss die Schilddrüse der Mutter das Kind mitversorgen. Die Schilddrüsenhormone sind sehr wichtig für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung des heranwachsenden Babys. Daher führen natürliche Umbauvorgänge im Körper der Frau zu einer Veränderung der Schilddrüsenfunktion, die sich anhand einer Bestimmung der Werte im Blut auch sichtbar machen lässt.

Gerade im ersten Schwangerschaftsdrittel sorgen Schwangerschaftshormone für eine gesteigerte Hormonproduktion der Schilddrüse. Als Folge sinkt das Regulationshormon TSH ab, sodass in dieser Phase untere Werte bis 0,1mU/L als normal angesehen werden können.
Im weiteren Verlauf nimmt dieser Effekt wieder ab und das TSH sollte wieder ansteigen. Ist das nicht der Fall, könnte dies auf Erkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion wie den Morbus Basedow hindeuten.

Lesen Sie mehr dazu unter Morbus Basedow

Die Schilddrüsenhormone, insbesondere das T4 (Thyroxin) ist in den ersten Monaten der Schwangerschaft meistens erhöht und sinkt im Verlauf wieder ab. Sollten die Schilddrüsenwerte außerhalb des für die jeweilige Schwangerschaftsphase angemessenen Normalbereichs liegen, sollte unbedingt eine genauere Diagnostik (zum Beispiel mittels weiterer Blutwertbestimmungen) durchgeführt und gegebenenfalls zeitnah eine Therapie begonnen werden.

Wie sollten die Schilddrüsenwerte bei Schwangerschaftswunsch sein?

Besteht ein Schwangerschaftswunsch, sind optimale Schilddrüsenwerte der Mutter sehr wichtig. Im Gegenzug ist eine Schilddrüsenfunktionsstörung eine häufige Ursache von einem ausbleibenden Kinderwunsch, die häufig unbemerkt bleibt. Deswegen sollten bei einem unerfüllten Kinderwunsch vor weitergehenden Maßnahmen auch die Schilddrüsenwerte bestimmte werden.

Der wichtigste Marker ist dabei das TSH. Es sollte im besten Fall um 1mU/L liegen. Auch wenn Werte bis 2,5 für die Mutter unbedenklich sind, haben Frauen mit niedrigeren Werten eine höhere Chance schwanger zu werden. Allerdings können auch zu niedrige Werte, die kleiner als 0,5mU/L sind, dafür verantwortlich sein, dass eine Schwangerschaft nicht eintritt. Die übrigen Schilddrüsenwerte müssen bei einem TSH im Normalbereich in der Regel nicht bestimmt werden. Nur bei Abweichungen dienen sie der genaueren Einschätzung. Eine Überfunktion mit erhöhten und eine Unterfunktion mit erniedrigten Werten für die Schilddrüsenwerte T3 und T4 sollte vor Eintritt einer Schwangerschaft behandelt werden.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema unter Schilddrüsenwerte

Was mache ich, wenn meine Schilddrüsenwerte in der Schwangerschaft zu hoch sind?

Zunächst ist die Frage, welche Schilddrüsenwerte zu hoch sind.
Bei einer Erhöhung des Steuerhormons TSH liegt meistens eine Unterfunktion und bei erhöhten Schilddrüsenhormonen (T3 und T4 bzw. Thyroxin) eine Überfunktion vor. Je nach Funktionszustand gibt es verschiedene Möglichkeiten für eine Behandlung, falls diese vom Arzt als notwendig eingestuft wird.

Bei einer Unterfunktion, wenn also das TSH zu hoch ist, erfolgt eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen, die als Tabletten täglich eingenommen wird. So können Entwicklungsstörungen des Kindes verhindert werden. Dagegen kommt eine Erhöhung der Schilddrüsenhormone (T3 und T4) natürlicherweise bei vielen Schwangeren in den ersten Monaten vor. Es besteht ein erhöhter Bedarf und die Schilddrüse wird daher zur vermehrten Produktion der Hormone angeregt. In den meisten Fällen ist keine Behandlung notwendig und die Werte normalisieren sich meist noch in der Schwangerschaft von selbst.

Gelegentlich tritt aber auch die Erkrankung Morbus Basedow während der Schwangerschaft auf. Neben einer Erhöhung der Schilddrüsenhormone und den Symptomen einer Überfunktion wie Zittern, Unruhe und vermehrtem Schwitzen, kann es zu einem Hervortreten der Augen kommen. Wenn ein Morbus Basedow durch spezielle Blutuntersuchungen festgestellt wird, muss auch in der Schwangerschaft umgehend eine Behandlung erfolgen. Dazu kommen spezielle Medikamente zum Einsatz, die die Schilddrüsenfunktion hemmen. Dabei handelt es sich meist entweder um Propylthiouracil oder um Thiamazol. Die Dosierung wird so gering wie möglich gewählt, um negative Auswirkungen auf das Kind zu vermindern. Diese sind nicht auszuschließen aber der Nutzen einer Behandlung überwiegt.

Lesen Sie mehr dazu unter Therapie bei einer Schilddrüsenüberfunktion

Was mache ich, wenn meine Schilddrüsenwerte in der Schwangerschaft zu niedrig sind?

Bei zu niedrigen Schilddrüsenwerten in der Schwangerschaft sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Störungen möglich, je nachdem welche Werte erniedrigt sind. Ein zu niedriges TSH deutet auf eine Überfunktion hin. Es gilt aber unbedingt zu beachten, dass gerade in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft es natürlicherweise zu einer erhöhten Hormonproduktion und damit auch zu einem Absinken TSH kommt. Daher können je nach Phase der Schwangerschaft auch sehr niedrige Werte bis 0,1 und 0,3 normal sein, obwohl dies unter anderen Umständen für eine auffällige Überfunktion sprechen würde.

Trotzdem sollte dann eine weitere Kontrolle der Werte im Verlauf der Schwangerschaft erfolgen. Liegt das TSH noch geringer, sollte jedoch eine weitergehende Diagnostik erfolgen. Dazu werden noch weitere, spezielle Schilddrüsenwerte (Antikörper) bestimmt, da eine mögliche Ursache die Erkrankung Morbus Basedow sein kann. In der Regel werden bei zu niedrigen TSH-Werten aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion Tabletten verschrieben, die die Hormonproduktion der Schilddrüse verringern. Auch wenn diese sich potentiell auch auf das Baby negativ auswirken können, sollten sie eingenommen werden, da eine ausbleibende Behandlung für die Entwicklung des Kindes viel gefährlicher wäre. Der Arzt wird zudem eine Dosierung wählen, die so gering wie nötig ist.

Sind bei auffälligen Schilddrüsenwerten hingegen die Schilddrüsenhormone T3 und T4 zu niedrig, liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor, die eine andere Diagnostik und Therapie erfordert. Häufig liegt auch hier eine spezielle Schilddrüsenerkrankung namens Hashimoto vor. Diese lässt sich ebenfalls durch die Bestimmung von für die Erkrankung typischen Antikörpern nachweisen oder ausschließen.

Lesen Sie hierzu auch Hashimoto Thyreoditis

Die Unterfunktion in der Schwangerschaft sollte unbedingt durch eine Schilddrüsenhormongabe durch Tabletten behandelt werden. Ansonsten drohen schwerwiegende Folgen für das Kind, wie geistige oder körperliche Entwicklungsstörungen. Auch das Risiko für eine Fehlgeburt ist bei einer unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion erhöht.

Lesen Sie hierzu mehr unter: Schilddrüsenunterfunktion in der Schwangerschaft

Welchen Einfluss haben die Schwangerschaftswerte für die Entwicklung von meinem Baby?

Die Schilddrüsenhormone haben eine zentrale Rolle bei der Steuerung der körperlichen und geistigen Entwicklung des Babys. Da dieses zunächst nicht in der Lage ist, die Hormone selbst zu produzieren, ist es von der Produktion der mütterlichen Schilddrüse abhängig. Über das Blut und die Plazenta gelangen die Hormone zum Kind.

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann daher fatale Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben und muss unbedingt erkannt und behandelt werden, da ansonsten sogar eine Fehlgeburt die Folge sein kann. Eine Überfunktion der Schilddrüse der Mutter kann für das heranwachsende Baby jedoch ebenfalls sehr schädlich sein. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die Schilddrüsenwerte möglichst im Normbereich des jeweiligen Schwangerschaftsabschnitts liegen. Besteht der Verdacht, dass eine Schilddrüsenfunktionsstörung bei der Mutter vorliegt, sollten bei ihr daher unbedingt die Schilddrüsenwerte im Blut bestimmt werden.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu Erkrankungen der Schilddrüse finden Sie unter:

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 22.08.2017 - Letzte Änderung: 22.10.2021