Zerrung Wade

Einführung

Bei einer Wadenzerrung kommt es zu einer schmerzhaften Schwellung in der Wade, die mit einer Muskelverhärtung verbunden ist. Die Zerrung kommt durch eine Überdehnung des Muskels zustande. Liegt eine Zerrung vor werden die Muskeln über ihr Maß gedehnt. Die einzelnen Muskelfasern bleiben bei einer Muskelzerrung intakt, betroffen sind hingegen die kleinsten Einheiten eines Muskels, die fachsprachlich als Sarkomere bezeichnet werden. Der Defekt wird bei der Muskelzerrung durch die Muskelspindeln verursacht, welche in jedem Muskel vorkommen. Muskelspindeln messen die Länge eines Muskels und können diese in Abstimmung mit dem zentralen Nervensystem regulieren. Kommt es im Rahmen des Sportes zu einem schnellen Belastungswechsel oder einer Überanstrengung, können die Muskelspindeln nicht schnell genug reagieren, um die Muskeldehnung mitzumachen. Sie senden daraufhin Signale an das zentrale Nervensystem, welches dann wiederum ein Signal aussendet, dass dafür sorgt, dass sich der Muskel schnellstmöglich zusammen zieht, um eine Muskelverletzung zu vermeiden.

Der Muskel ist in der Folge schmerzhaft verhärtet. Durch die Zerrung entsteht eine Entzündung, die die begleitenden Schmerzen einer Muskelzerrung bedingt. Die Wadenzerrung muss diagnostisch nochmal von einem Muskelfaserriss oder einem Muskelriss abgegrenzt werden, bei denen der Muskel massiver geschädigt wird. Die Muskelzerrung zählt zusammen mit dem Muselfaserriss und Muskelriss zu den geschlossenen Muskelverletzungen, da die Haut beziehungsweise das Gewebe dabei unverletzt bleibt. Auch findet kein Trauma von außen, wie ein Schlag oder Tritt statt. Häufig ist die Muskelzerrung von außen auch nicht erkennbar.

Symptome

Charakteristischerweise äußert sich eine Wadenzerrung durch ein schmerzhaftes Ziehen in der Wade mit begleitender Verhärtung des Muskels. Die Schmerzen nehmen dabei häufig kontinuierlich zu: Anfangs tritt meist nur ein leichtes Ziehen auf, was sich dann zu starken Schmerzen entwickelt, bis dann irgendwann ein richtiger Muskelkrampf entstehen kann. Die Schmerzen treten unmittelbar nach der Überlastung des Muskels auf, sowohl in Ruhe als auch unter Belastung. Im Vergleich zu einem Muskelfaserriss oder einem Muskelriss, sind die Schmerzen bei einer Zerrung harmloser und es kommt meist nicht zu einem Kraftverlust des Muskels.

Am Anfang ist die Beweglichkeit des Beines noch kaum eingeschränkt, während es dann ebenfalls zu immer stärkeren Einschränkungen kommt, sodass gegebenenfalls irgendwann das Bein kaum noch bewegt werden kann. Durch diesen Verlauf kann man eine Muskelzerrung gut von einem Muskelfaserriss unterscheiden, da bei letzterem die Schmerzen schlagartig nach der verursachenden Bewegung auftreten. Diese Schmerzen werden häufig gleichzeitig noch durch eine Schwellung des betroffenen Bereichs begleitet. Selten tritt bei einer Wadenzerrung ein Bluterguss auf, dies ist häufiger bei einem Muskelfaserriss oder einem Muskelriss der Fall.

Ursachen

Eine Wadenzerrung kommt zum einen häufig durch eine Überbelastung des betroffenen Muskels zustande. Dies geschieht oft bei einem Lauf bergauf oder in unebenem Gelände. Auch unnatürliche Bewegungen können zu einer Muskelzerrung führen. Typische Situationen in denen eine Wadenzerrung auftritt sind: Umknicken auf einem unebenem Weg, Ausrutschen auf der Treppe oder hastige Bewegungen beim Sport. Nicht immer muss folglich eine Überlastung Auslöser für die Wadenzerrung sein, denn auch ruckartige und schnelle Bewegungen können zu einer Überdehnung des Muskels führen. Zum Beispiel beim plötzlichen Beschleunigen oder Abstoppen einer Bewegung, dies ist vor allem bei Ballsportarten der Fall.

Häufig wurde die Muskulatur zu wenig aufgewärmt oder der Muskel ist bereits ermüdet, sodass leichter eine Muskelzerrung entstehen kann. Gerade bei kalten Temperaturen sollte auf ein ausreichendes Aufwärmprogramm geachtet werden. Im Sommer bei sehr warmen besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko einer Zerrung, weil dem Körper mehr Flüssigkeit und Elektrolyte entzogen werden. Deswegen sollte besonders im Sommer darauf geachtet werden, dass ausreichend getrunken wird.

Allgemein gilt, je untrainierter der Muskel ist, desto anfälliger ist er gegenüber Überdehnungen. Wenn bei einer starken oder schnellen Bewegung ein Ziehen in der Unter- oder Oberschenkelmuskulatur wahrgenommen wird, sollte das Training beendet werden. Die Wadenzerrung zählt zusammen mit den Oberschenkelzerrungen zu den häufigsten Arten der Muskelzerrungen.

Diagnose

Die Diagnose wird vom Arzt relativ schnell nach einem Gespräch und einer körperlichen Untersuchung gestellt. Um den Verdacht zu erhärten wird der Arzt bei der Untersuchung den betroffenen Muskel auf Druckschmerz und Muskelhärte abtasten. Selten wird das Ganze noch durch eine Ultraschalluntersuchung oder einer Magnetresonanztomographie ergänzt. Dies ist nur der Fall wenn ein Muskelfaserriss oder Ähnliches ausgeschlossen werden muss, was eigentlich schon anhand der Symptomatik geschehen kann. Mit einer Bildgebung kann nur einen Muskelfaserriss oder einen Muskelriss erkennen, nicht aber eine Muskelzerrung, da es bei der Muskelzerrung nicht zu einer Schädigung der Muskelfasern kommt.

Behandlung

Ziel der Behandlung ist es, den betroffenen Muskel wieder zu entspannen. Die Therapie sollte so schnell wie möglich nach Eintritt der Schädigung begonnen werden. Wichtig ist, dass eine Wadenzerrung möglichst wieder ausgeheilt ist, bevor wieder erneut Sport betrieben wird. Ansonsten besteht das Risiko, dass es zu einem Muskelfaserriss oder einem Muskelriss kommt. Sollte eine Komplikation auftreten oder nicht einordbare Symptome auftreten, sollte ein Arzt zur Behandlung aufgesucht werden. Zur Behandlung eignen sich vor allem kühlende Maßnahmen, wie das Verwenden von Eisbeuteln oder Kühlpacks. Die Kälte dient der Schmerzreduktion und dämmt die entstehende Schwellung ein. Das Eis sollte allerdings nicht direkt auf die Haut aufgebracht werden, sondern zum Beispiel mit einem Küchenhandtuch umwickelt werden, um Erfrierungen der Haut zu vermeiden.

Neben Eisbeuteln können auch kühlende Schmerzgels oder Schmerzcremes wie Arnica-Creme auf die Stelle aufgetragen werden. Auch entzündungshemmende Medikamente kommen bei einer Wadenzerrung zum Einsatz. Sind die Schmerzen zu stark, können auch schmerzstillende Medikamente wie Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt werden. Ibuprofen und Diclofenac besitzen gleichzeitig noch einen nützlichen entzündungshemmden Effekt. Neben dem Kühlen der Stelle, sollte zusätzlich eine Bandage um die Wade angelegt werden. Die Bandage sollte circa zehn Zentimeter breit sein und so straff gebunden werden, dass der Schmerz damit unterbunden wird, aber nicht so stark, dass die Durchblutung im Bein dadurch unterbunden wird. Die Bandage dient dazu eine Schwellung der betroffenen Stelle zu verhindern. Der Verband sollte mindestens für zwei bis drei Tage am Bein verbleiben. Sollte trotz der Wadenzerrung weiterhin Sport betrieben werden, muss die Bandage auf jeden Fall auch während des Sports getragen werden. Zur Vermeidung einer Schwellung dient ebenfalls die Hochlagerung des betroffenen Beines.

Dadurch wird das Bein weniger mit Blut versorgt, sodass die Flüssigkeit die durch die Muskelverletzung ins Gewebe gelangt ist, besser abtransportiert werden kann. Sollte eine schwere Form der Wadenzerrung vorliegen, sollte das Training für einige Wochen unterbrochen werden. Für die Therapie beziehungsweise die Erstmaßnahmen bei einer vorliegen Muskelzerrung gibt es einen einfachen Merksatz. Die Rede ist von der sogenannte PECH-Regel: Pause, Eis, Compression (Druck) und Hochlagerung. Diese Maßnahmen sollten auf jeden Fall bei einer Wadenzerrung durchgeführt werden. Häufig wird zusätzlich zu diesen Basismaßnahmen versucht die Verspannung bzw. Verhärtung des Muskels wegzumassieren oder durch ein Ausschütteln des Beines zu lösen, dies ist bei einer Muskelzerrung im Gegensatz zum Beispiel zu einem Wadenkrampf meist erfolglos. Förderlich ist es allerdings mehrmals täglich, etwa fünf- bis zehnmal pro Tag, Dehnübungen durchzuführen.

Während der Phase der Wadenzerrung sollten Schuhe mit einer guten Sohle getragen werden. Dafür eignen sich am besten Laufschuhe, sowie Einlagen (am besten Korkeinlagen) unterhalb der Ferse, sodass durch die Erhöhung des Schuhs die Wadenmuskulatur entlastet wird. Barfuß gehen sollte möglichst vermieden werden, weil dadurch die Wadenmuskulatur besonders belastet wird. Zur Nachbehandlung eignet sich hingegen gut Wärme in Form von Wärmekompressen oder auch Massageanwendungen. Bevor man wieder richtig mit dem Sport einsteigt, sollte man zur Sicherheit einen Arzt aufsuchen, der einschätzen kann ob dies sinnvoll ist. Bei einer leichten Wadenzerrung kann aber in der Regel nach wenigen Tagen wieder mit dem Training begonnen werden, jedoch sollte man es am Anfang nicht übertreiben.

Vorbeugung

Hat man häufig mit Wadenproblemen zu kämpfen, kann dem vor allem durch die Wahl des Schuhwerks vorgebeugt werden. Die Schuhe sollten vor allem im Bereich der Ferse höher und stabil gebaut sein und möglichst eine feste Fersenkappe besitzen. Neben einem angemessenem Schuhwerk sollten Sie sich vor jeder sportlichen Betätigung gründlich dehnen und so die Muskulatur aufwärmen, wobei die Dehnübungen vor allem auf die Wade ausgerichtet werden sollten. Denn eine nicht aufgewärmte Muskulatur ist empfindlicher gegenüber hohen oder schnellen Beanspruchungen. Die Aufwärmübungen sollten dabei kontrolliert und nicht zu schnell sein. Desweiteren sollte Sport in einem gesunden Ausmaß betrieben werden und eine Überanstrengung vermieden werden. Zur Vorbeugung bei Menschen, die schon häufig unter einer Wadenzerrung gelitten haben, kann auch eine Krankengymnastik sinnvoll sein. Es gilt allerdings, dass man einer Wadenzerrung nicht sicher vorbeugen kann, sondern nur das Risiko dieser senken kann.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen finden Sie hier:

Eine Übersicht über bisher veröffentlichte Themen der Sportmedizin finden Sie unter Sportmedizin A-Z.

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 04.11.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021