Spätfolgen eines Oberschenkelhalsbruchs

Einleitung

Der Oberschenkelhalsbruch (Syn.: Schenkelhalsfraktur) zählt zu den häufigen Frakturen des älteren Menschen. Ein banaler Sturz reicht in vielen Fällen als Unfallmechanismus aus. Infolge reduzierter Knochendichte bei Osteoporose steigt das Risiko für derartige Verletzungen.

Der Oberschenkelhals stellt die Verbindung zwischen dem Oberschenkelkopf und Oberschenkelschaft dar. Der raschen Stabilisierung des Bruches und insbesondere der schnellen Mobilisation nach dem Unfall kommt eine wichtige Bedeutung zu. Möglichen Spätfolgen, wie einer Hüftkopfnekrose, einer Hüftarthrose oder einer Beinlängendifferenz, kann mit Hilfe einer adäquaten, frühzeitigen Therapie entgegen gewirkt werden.

Hüftkopfnekrose

Eine Hüftkopfnekrose wird auch als posttraumatische Femurkopfnekrose bezeichnet und kann als Spätfolge eines Oberschenkelhalsbruches auftreten. Durch Minderdurchblutung des Hüftkopfes kommt es zum Absterben von Knochengewebe. Ursächlich für eine Hüftkopfnekrose können Alkoholismus und Stoffwechselstörungen sein. Wird das Knochengewebe über einen längeren Zeitraum unzureichend mit Sauerstoff versorgt, demineralisiert es und stirbt ab. Die Blutversorgung des Oberschenkelkopfes und Oberschenkelhalses wird durch die zirkulär verlaufende Arteria circumflexa gesichert. In etwa einem Fünftel der Fälle versorgt die Arteria capitis femoris zusätzlich den Femurkopf. Die Gefäße bilden zahlreiche Verbindungen, sogenannte Anastomosen, aus und kommunizieren auf diese Weise untereinander.
Sind mehrere der Gefäßverbindungen unterbrochen, ist die sichere Durchblutung des Oberschenkelkopfes nicht mehr gewährleistet. Insbesondere bei hüftkopfnahen Frakturen mit starker Verschiebung der Bruchstücke und bei Verschraubung des Oberschenkelhalsbruches, besteht ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung einer Hüftkopfnekrose.
Bestimmte Faktoren begünstigen zudem das Auftreten einer Hüftkopfnekrose. Hierzu zählen Rauchen, erhöhte Blutfettwerte und vermehrter Alkoholkonsum.

Die Hüftarthrose ist eine häufige Folgeerscheinung, wenn die Nekrose unbehandelt bleibt.
Im Frühstadium der Erkrankung ist die Diagnose schwierig. Meist handelt es sich um einen jahrelangen Prozess. Zu den frühen Symptomen zählen unspezifische Schmerzen in der Leiste und des Hüftgelenks. Außerdem treten Bewegungseinschränkungen bei der Innenrotation und Streckung im Hüftgelenk auf.
Diagnostisch lassen sich nur mit Hilfe einer MRT-Untersuchung erste Hinweise auf verminderten Stoffwechsel erkennen. Zu diesem Zeitpunkt kann eine rechtzeitige Behandlung eingeleitet werden.
Nach Zusammenbrechen des Hüftkopfes treten deutlich stärkere Schmerzen auf. Eine Erhaltung des Hüftkopfes ist häufig nicht mehr möglich.

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Hüftarthrose

Die Hüftarthrose bezeichnet eine Erkrankung des Hüftgelenks, die durch den Verschleiß gelenknaher Strukturen verursacht wird. Die sekundäre Hüftarthrose kann den nachfolgenden Einbau einer Hüftprothese zur Folge haben.
Eine unbehandelte Hüftkopfnekrose kann die Ausbildung einer sekundären Hüftarthrose bedingen. Weitere Ursachen einer Hüftarthrose als Spätfolge des Oberschenkelhalsbruches sind die Mitbeteiligung von Weichteilen und Gelenkstrukturen. Hierzu zählen Sehnen-, Bänder- und Knorpelschäden, deren sturzbedingte Abnutzung eine zusätzliche Abnutzung des Hüftgelenks begünstigt.
Zunehmende Schmerzen bei Bewegung im Hüftgelenk sowie Bewegungseinschränkungen sind starke Indikatoren einer Hüftarthrose. Im Frühstadium der Erkrankung klagen Betroffene häufig über Schmerzen beim Anlaufen. Manifestiert sich die Gelenkabnutzung, treten Beschwerden bei jeglicher Form der Belastung auf. Zudem kann eine Entzündungsreaktion auftreten, die den Krankheitsverlauf beschleunigt und selbst in Ruhe Schmerzen verursacht.
Im Frühstadium lässt sich der Krankheitsverlauf beeinflussen und verlangsamen. In fortgeschrittenen Stadien ist der Schaden irreversibel. Das Gelenk versteift zunehmend.

Diagnostische Mittel einer Hüftarthrose sind neben der Anamnese und klinischen Untersuchung, das Röntgen, die Sonographie und das MRT der Hüfte.
Die adäquate Therapie beteiligter Gelenkstrukturen bei einem Oberschenkelhhalsbruch kann eine Chronifizierung und die Ausbildung einer Hüftarthrose verhindern. Werden entsprechende Maßnahmen versäumt, treten Schmerzereignisse in steigender Frequenz auf und manifestieren sich anschließend dauerhaft.
In frühen Stadien wird die Hüftarthrose konservativ behandelt. Krankengymnastik, physikalische Anwendungen und Entlastung durch Gehstützen verlangsamen den weiteren Verlauf. Weiterhin können Medikamente zur Schmerz- und Entzündungslinderung sowie zum Knorpelaufbau eingesetzt werden.
In fortgeschrittenen Stadien stehen die Arthroskopie des Hüftgelenks und ein teilweiser oder vollständiger Ersatz des Gelenks durch eine Hüftprothese zur Auswahl.

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Hüftprothese

Wenn alle therapeutischen Maßnahmen nicht mehr greifen oder die Hüftarthrose zu weit fortgeschritten ist, kann eine Spätfolge des Oberschenkelhalsbruchs eine Hüftprothese sein. Eine Hüftprothese ist der künstliche Ersatz des Hüftgelenks. Wenn eine Hüftprothese implantiert wird, ersetzt man die Gelenkpfanne des Beckens durch eine Pfannenprothese (= „künstliche Pfanne“). Der Hüftkopf und der Schenkelhals selbst werden durch den Prothesenschaft mit aufsitzenden Kunstkopf ersetzt.

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Beinlängendifferenz

Eine funktionelle Beinlängendifferenz kann als Spätfolge nach operativer Behandlung eines Oberschenkelhalsbruches auftreten. Infolge gestörter Frakturheilung oder Lockerung von Implantaten, ist die Ausbildung einer asymmetrischen Beinachse möglich.
Die Diagnose einer Beinlängendifferenz erfolgt meist klinisch.
Im zeitlichen Verlauf entwickeln sich in Folge des Beckenschiefstandes schmerzhafte Fehlhaltungen im Rücken.
Geringe Beinlängendifferenzen müssen nicht zwingend behandelt werden. Ist der Längenunterschied allerdings größer als ein Zentimeter, sollte ein Ausgleich erwogen werden. Bis zu einer Differenz von 12 Zentimetern, werden spezielle Schuheinlagen und maßgefertigte Schuhe aus der Orthopädietechnik eingesetzt. Weiterhin spielt die Ursachenabklärung eine bedeutsame Rolle. Gegebenenfalls muss ein weiterer operativer Eingriff zum Ausgleich der Beinlängendifferenz erfolgen.

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Weitere Informationen

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 21.03.2016 - Letzte Änderung: 30.03.2024