Bauchspeicheldrüsenunterfunktion

Die menschliche Bauchspeicheldrüse (das Pankreas) besteht aus zwei Anteilen, die als exokrin und endokrin bezeichnet werden.
Der exokrine Teil der Bauchspeicheldrüse produziert Verdauungsenzyme und Bikarbonat und gibt sein Sekret über einen Ausführungsgang in den Dünndarm ab. Die Enzyme dienen der Aufspaltung der Nährstoffe, während das Bikarbonat die im Nahrungsbrei enthaltene Magensäure neutralisiert.
Das endokrine System produziert je nach aktuellem Blutzuckerspiegel entweder Insulin oder dessen Gegenspieler Glukagon. Diese Hormone werden nicht ins Darminnere, sondern ins Blut abgegeben.

Ist einer der beiden oder beide Anteile der Bauchspeicheldrüse in seiner Funktion beeinträchtigt, spricht der Fachmann von einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion oder auch von einer Pankreasinsuffizienz. Häufig weist nur einer der beiden Anteile eine Beeinträchtigung auf, sodass man dann von einer exokrinen bzw. endokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion spricht.
Letzterer Begriff wird jedoch eher selten verwendet, da es sich hierbei schlicht und ergreifend um einen Diabetes Mellitus handelt (eingeschränkte Insulin-Produktion).

Symptome & Diagnose

Symptome einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion

Eine endokrine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion weist je nach Ursache sehr variable Symptome auf.

Liegt der Unterfunktion eine Zerstörung der endokrinen Zellen durch Autoantikörper zugrunde (Diabetes Mellitus Typ 1), so treten die Symptome häufig schlagartig auf und entwickeln sich mitunter innerhalb von Stunden zu einer lebensbedrohlichen Situation.
Betroffene klagen meist über Schweißausbrüche, stark erhöhten Harndrang und derart starken Durst, dass sie teilweise über fünf Liter Flüssigkeit am Tag trinken!

Da eine akut eintretende endokrine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion zu einem diabetischen Koma und schließlich sogar zum Tod führen kann, ist bei derartigen Symptomen umgehend notärztliche Hilfe zu rufen. Ist die endokrine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse hingegen Folge einer altersbedingten Schwächung des Organs, so handelt es sich meist um einen langfristigen Prozess, der sich über Monate und Jahre hinzieht.
Das tückische daran ist, dass die Betroffenen meist keinerlei Symptome verspüren, während der wegen der Unterfunktion erhöhte Blutzuckerspiegel aber schon sein Unheil anrichten kann (z.B. Schädigungen von Blutgefäßwänden oder Nerven).

Da bei einer exokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion nicht mehr ausreichend Verdauungsenzyme produziert werden, werden Teile der über die Nahrung zugeführten Nährstoffe unverdaut wieder ausgeschieden.
Das nicht verdaute Fett etwa wird mit dem Stuhl ausgeschieden und macht diesen ungewohnt hell und übelriechend. Dies wird als Fettstuhl bezeichnet.
Teilweise kommt es auch zu chronischen Durchfällen, Bauchschmerzen und Blähungen. Außerdem löst Fett in der Nahrung häufig Übelkeit und Brechreiz aus.

Da nicht nur Fett, sondern auch die anderen Nährstoffe nicht vollständig verdaut werden können, kommt es schließlich auch zu Gewichtsverlust bzw. bei Kindern zu einer mangelhaften Gewichtszunahme („Gedeihstörung“).
Einige Betroffene entwickeln mit der Zeit eine erhöhte Blutungsneigung, die sich etwa durch häufiges Nasenbluten oder die Neigung zu ungewöhnlich großen blauen Flecken äußert. Sie ist auf die verminderte Aufnahme von Vitamin K zurückzuführen. Da eine exokrine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion häufig durch eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) ausgelöst wird, spüren manche Betroffene auch als erstes die Symptome dieser Entzündung: Als typisch gilt dabei ein gürtelförmiger Oberbauchschmerz, der bis in den Rücken ausstrahlen kann.

Mehr hierzu: Symptome der Bauchdrüseninsuffizienz

Diagnose

Auch bezüglich der Diagnose einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion muss zwischen dem exokrinen und dem endokrinen Anteil des Organs unterschieden werden. Bei beiden Erkrankungen kann der Arzt schon mithilfe von Anamnese (Patientengespräch) und körperlicher Untersuchung abschätzen, wie wahrscheinlich das Vorliegen einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion ist.

Besteht der Verdacht auf eine endokrine Unterfunktion, also eine Diabetes-Mellitus-Erkrankung, werden verschiedene Tests zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit gemacht. Sie beruhen allesamt auf der Untersuchung, inwieweit die Bauchspeicheldrüse in der Lage ist, den Blutzuckerspiegel innerhalb des Normbereichs zu halten.
Dazu eignet sich die Messung des Blutzuckerspiegels auf nüchternem Magen am Morgen, die Bestimmung des HbA1c-Werts sowie die Durchführung eines oGTT-Tests (oraler Glukosetoleranztest).
Bei letzterem erhält der Proband eine spezielle zuckerhaltige Trinklösung und ein bzw. zwei Stunden danach wird sein Blutzucker gemessen.

Zur Diagnose einer möglichen exokrinen Pankreasinsuffizienz wird meist die Konzentration des Verdauungsenzyms Elastase-1 und Chymotrypsin im Stuhl gemessen. Ein vermindertes Auftreten dieser Enzyme im Stuhl spricht für eine beeinträchtigte Produktion in der Bauchspeicheldrüse.
Diese Untersuchung ist mit relativ geringem Aufwand verbunden und liefert in der Regel zufriedenstellend zuverlässige Ergebnisse. Vereinzelt kann ein Sekretin-Pankreozymin-Test notwendig werden. Nach der Verabreichung dieser Hormone wird mithilfe einer bis zum Dünndarm vorgeschobenen Sonde die Sekretionsleistung der Bauchspeicheldrüse überprüft.

Was ist überhaupt eine Elastase? Lesen Sie hierfür den Artikel: Elastase

Behandlung

Die Behandlung einer endokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion (Diabetes Mellitus) hat eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels zum Ziel.
Im Falle eines Typ 2 Diabetes ist häufig eine orale Therapie in Form von Tabletten möglich, das am häufigsten eingesetzte Medikament ist das Metformin.
Inzwischen existiert jedoch eine große Bandbreite an oral einsetzbaren Diabetes-Medikamenten, sodass gemeinsam mit einem Internisten (Diabetologen) eine individuelle Entscheidung über die Auswahl des am besten geeigneten Wirkstoffs getroffen werden sollte.

In fortgeschritteneren Fällen sowie beim Diabetes Mellitus Typ 1 ist das Spritzen von Insulin unumgänglich. Dazu existieren verschiedene Schemata, unter denen gemeinsam mit dem Arzt die individuell geeignetste ausgewählt werden sollte. Schemata mit sehr klar definierten Spritz-Zeitpunkten und -Mengen erfordern zwar kein großes Mitdenken des Patienten, schränken diesen dafür aber in Sachen Ernährung und körperliche Ertüchtigung stark ein.
Daher finden derartige Schemata häufig bei Senioren Verwendung. Jüngere Patienten hingegen sind oft mit sogenannten „intensivierten“ Schemata glücklicher, die zwar einen höheren organisatorischen Aufwand erfordern, aber auch größere Flexibilität bieten.

Bei der exokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion kommt zunächst der Beseitigung der Ursache größte Bedeutung zu.
Alkoholkonsum sollte also so weit wie möglich reduziert bzw. am besten eingestellt werden.
Bei Vorliegen eines Gallensteins muss dieser zunächst mit geeigneten Maßnahmen beseitigt werden. Die anschließende Behandlung basiert auf dem Ersatz der unzureichend produzierten Verdauungsenzyme. Dazu steht ein aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen gewonnenes Enzymgemisch namens Pankreatin zur Verfügung. Alternativ existieren auch pflanzliche Präparate.
Zusätzlich zu den Enzymen müssen in schwereren Fällen auch fettlöslichen Vitamine A, D, E und K ersetzt werden.

Lesen Sie hierzu auch:

Ernährung bei einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion

Sind Sie von einer endokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion (Diabetes Mellitus) betroffen, so ergeben sich die wesentlichen Ernährungsregeln aus dem Therapieplan, den Sie gemeinsam mit Ihrem Diabetologen erstellen sollten.
Selbstredend kommt der Überwachung der Kohlenhydrataufnahme besonders große Bedeutung zu, da diese den Blutzuckerspiegel besonders schnell und stark erhöhen.

Folglich sollte der Verzehr von zuckerhaltiger Nahrung so weit wie möglich reduziert und im Optimalfall durch Selbstmessungen des Blutzuckerspiegels überwacht werden.
Da Proteine und Fette den Blutzuckerspiegel langsamer und weniger stark erhöhen, sollte ihr Anteil an der gesamten Ernährung im Vergleich zu Gesunden gesteigert werden. Darüber hinaus sind mehrere kleinere Mahlzeiten am Tag eher zu empfehlen als wenige große Mahlzeiten.

Bei einer exokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion erfahren viele Patienten eine Linderung ihrer Symptome, wenn sie den Anteil von Fett in ihrer Nahrung reduzieren. Das nicht verdaute Fett ist nämlich der Hauptgrund für die unangenehmen Krankheitsäußerungen (übelriechender Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen).
Von entscheidender Bedeutung für die Krankheitsentwicklung ist jedoch die konsequente Zufuhr der Ersatzenzyme vor den Mahlzeiten, um einer Mangelernährung und einem Vitaminmangel vorzubeugen.

Lesen Sie hierzu auch: Ernährung bei Diabetes

Ursachen & Prophylaxe

Ursachen einer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion

Die Ursachen für eine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion sind äußerst vielseitig. Ist nur der endokrine (Insulin-freisetzende) Anteil betroffen, so steht diese Unterfunktion im Zusammenhang mit einer Diabetes-Mellitus-Erkrankung.
Die Insulin-produzierenden Bauchspeicheldrüsenzellen sind dabei entweder altersbedingt „ausgelaugt“ (Diabetes Typ 2) oder werden von Autoantikörpern angegriffen (Diabetes Typ 1).

Anders verhält es sich bei der exokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion. Tritt sie bereits im Kindesalter auf, ist sie meist Folge einer Mukoviszidose. Bei Erwachsenen ist die mit Abstand häufigste Ursache eine akute oder chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis).

Akute Entzündungen resultieren am häufigsten aus einer Verlegung des gemeinsamen Ausführungsgangs von Gallenblase und Bauchspeicheldrüse durch einen Gallenstein. Dadurch staut sich das Sekret zurück und die darin enthaltenen Enzyme greifen die Bauchspeicheldrüse selbst an.
Chronische Entzündungen entstehen zumeist auf dem Boden chronischen Alkoholkonsums.

Verlauf & Prognose

Krankheitsverlauf

Eine bestehende Bauchspeicheldrüsenunterfunktion ist nicht mehr rückgängig zu machen, egal ob es sich um eine endokrine oder exokrine Beeinträchtigung handelt.
Doch auch wenn sich die Betroffenen folglich ihr Leben lang mit der Erkrankung auseinandergesetzt sehen, können die meisten Krankheitsverläufe mit den heute verfügbaren Mitteln sehr positiv beeinflusst werden.

Gerade im Fall der endokrinen Unterfunktion (Diabetes Mellitus) können die Symptome meist auf ein absolutes Minimum reduziert werden und die eigentliche Belastung des Patienten beschränkt sich auf die immens wichtige Therapiedisziplin.
Nichtsdestotrotz kommt es im Lauf der Zeit zumeist zu einer schleichenden Verschlechterung der Funktionsfähigkeit des Organs. Um diese und ihre möglichen Folgen überwachen zu können, ist ein konsequentes Einhalten der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen dringend zu empfehlen.

Folgen

Das tückische an einer endokrinen Bauchspeicheldrüsenunterfunktion (Diabetes Mellitus) ist der Umstand, dass sie meist über lange Zeit ohne jegliche Symptome bleibt und sie doch mitunter schwerwiegende Folgeschäden auslöst, die mitunter in lebensbedrohlichen Ereignissen münden.
Zu den Folgen einer endokrinen Unterfunktion zählen etwa Gefäßverkalkungen (die später zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen können), Nierenschädigungen (diabetische Nephropathie), Verminderungen der Sehkraft (diabetische Retinopathie) oder Schädigungen von Nervenbahnen (diabetische Neuropathie). Eine weitere Folge der

Erkrankung ist der diabetische Fuß, bei dem es aufgrund der diabetischen Gefäß- und Nervenschädigungen zu einer gestörten Wundheilung kommt.
In schweren Fällen kann diese Folgeerkrankung sogar die Amputation einzelner Zehen oder gar Gliedmaßen notwendig machen.
Eine disziplinierte Befolgung der Therapievorgaben und regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei verschiedenen Fachärzten (v.a. Diabetologen, Augenärzte, Neurologen) können das Fortschreiten dieser Folgeerscheinungen erheblich verlangsamen!

Eine exokrine Bauchspeicheldrüsenunterfunktion führt bei unzureichender Befolgung der Therapievorgaben (z.B. unregelmäßiger Einnahme der Ersatzpräparate vor den Mahlzeiten) mit der Zeit häufig zu einem Gewichtsverlust.
Während die Gewichtsabnahme an sich für einige Betroffene gar nicht so ungelegen kommt, unterschätzen viele die negativen Auswirkungen einer langfristigen Mangelernährung: Da nicht nur weniger Energie vom Körper aufgenommen wird, sondern auch die Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K eingeschränkt ist, wird der Gewichtsverlust begleitet von einem Vitaminmangel.
Dieser kann, entsprechend der Funktionen der einzelnen Vitaminklassen, etwa zu erhöhter Infektanfälligkeit und verringerter Sehschärfe (Vitamin A), brüchigen Knochen (Vitamin D) oder erhöhter Blutungsneigung (Vitamin K) führen.

Dieses Thema könnte Sie ebenfalls interessieren: Vitaminmangel

Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.12.2017 - Letzte Änderung: 19.07.2023