Die Bewegungskoordination

Synonyme im weitesten Sinne

Motorisches Lernen, Koordinationsprozesse, Regelkreisebenen

englisch: movement coordination

Einleitung

Mit diesem Artikel wird versucht, die menschliche Bewegung in ihrer Erscheinungsweise zu beschreiben, und mögliche motorische Lernvorgänge anhand Koordinationsprozesse im menschlichen Gehirn darzustellen.

Definition

Die Analyse der Bewegungskoordination ist Teilgebiet der Bewegungswissenschaft und wird anhand von Regelkreisebenen erläutert. Unter dem Begriff Koordination wird das Zusammenspiel mehrerer Teilprozesse verstanden. Auf dem Sport übertragen versteht man die Bewegungskoordination als Zusammenspiel zwischen Muskulatur und Nervensystem. Die Bewegungskoordination ist Teil einer Bewegungshandlung und spielt im Ausführungsteil neben kognitiven und emotionalen Prozessen die bedeutendste Rolle. Weitere Informationen zum Thema Koordination finden Sie unter koordinative Fähigkeiten.

Prozess der Bewegungskoordination

Die Koordination menschlicher Bewegungen wird anhand von kybernetischen Regelkreisebenen erklärt. Mittels Steuerungs- und Regelungsprozessen können die Prozesse der sportlichen Bewegung näher erläutet werden, und es wird ersichtlich, warum die einzelnen Übungen von Geübten besser absolviert werden als von Anfängern. Der Mensch wird als System verstanden, der Reize aus der Umwelt aufnimmt, verarbeitet und in diese in die jeweilige Bewegung umsetzt. Vergleichen können wir dies mit dem Prinzip eines Heizkörpers, der den realen IST- Wert mit einem SOLL- Wert vergleicht und gegebenenfalls Änderungen vornimmt. Der menschliche Organismus kann durch Muskelinnervation (Efferenz) und Rückmeldung (Afferenz) eine Bewegung steuern. Weitere Informationen zum Thema nervale Prozesse erhalten Sie unter Nervensystem.

Die Steuerung von Bewegungen ist in Anlehnung an das motorische Lernen in 3 Regelkreisebenen eingeteilt.

1. Regelkreisebene

Phase der Grobkoordination

In der ersten Regelkreisebene erfolgt die Bewegungskoordination als bewusste Steuerung, ohne gezielte Einschaltung der untergeordneten Bereiche wie Kleinhirn oder Basalganglien. Die Bewegungsausführung ist noch sehr grobmotorisch und Korrekturen während der Bewegung sind kaum bis gar nicht möglich. Rückmeldungen über den Bewegungsvollzug erhält der Sportler lediglich über optische und akustische Reize aus der Umwelt. Der kinästehtische Analysator (Reafferenzen), der für die Feinabstimmung der Bewegung verantwortlich ist, spielt in der ersten Regelkreisebene eine nur sehr untergeordnete Rolle. Beispiel: Der Handlungsplan zum Aufschlag im Tennis liegt vor. Der Sportler hat eine Grobe Vorstellung wie die Bewegung aussehen soll, beim Ausführen der Bewegung kann er jedoch mögliche Fehlhaltungen selbst nicht wahrnehmen, da die interne Rückmeldung ihm dies noch nicht ermöglicht. Auftretende Fehler können nur durch den Trainer oder Übungsleiter korrigiert werden.

Mehr zum Thema finden Sie in unserem Artikel: Motorisches Lernen

2. Regelkreisebene

Steuerung über Subkortikale Zentren

Wird die Bewegung oftmals ausgeführt, scheint sie zunehmend sicherer. Im Kleinhirn bilden sich so genannte Bewegungsprogramme, und eine Steuerung während der Bewegungsausführung ist aufgrund von Rückmeldungen über den kinästhetischen Analysator möglich. Diese unbewusste Steuerung übernehmen subkortikale und Supraspinale Zentren. Das Bewusstsein kann in dieser Phase der Bewegungsausführung auf andere relevante Aufmerksamkeitspunkte gerichtet sein. Rückmeldungen des Trainers oder des Lehrers haben zwar noch eine Bedeutung, rücken aber bei zunehmender Sicherheit in der Ausführung der Bewegung in den Hintergrund.

Am Beispiel Aufschlag im Tennis wird das Ziel des Aufschlags erreicht. Der Ball wird mit Sicherheit ausgeführt, und alle Aspekte der Technik werden beachtet. Das dynamische an der Bewegung ist jedoch noch nicht erkennbar.

3. Regelkreisebene

Steuerung über spinale und supraspinale Zentren

In dieser Phase der Bewegungskoordination liegt das Bewegungsprogramm optimal ausgeprägt vor. In Anlehnung an das motorische Lernen nach MEINEL/ SCHNABEL befindet sich der Sportler in der Phase der Feinstkoordination. Durch spinale und supraspinale Zentren im Hirnstamm und Motorkortex kann die Bewegung hinsichtlich der Bewegungsausführung auch bei auftretenden Störgrößen sicher ausgeführt werden.

Zu beachten ist, dass diese Phase der Bewegungskoordination erst nach mehreren Jahren erreicht werden kann. Die Rückmeldungen über den Lehrer spielen nur bei gezielten Technikelementen eine Rolle. Beim Aufschlag im Tennis bedeutet dies, dass die Bewegung in räumlichen, zeitlichen und dynamischen Verlauf optimal aufeinander abgestimmt ist. Bei auftretender Sonne, Wind oder falschem Ballwurf kann der Aufschlag noch mit Sicherheit ausgeführt werden.

Welche Rolle spielt das Kleinhirn?

Das Kleinhirn spielt bei der Bewegungskoordination eine herausragende Rolle. Ohne es könnten wir fein abgestimmte koordinierte Bewegungen gar nicht erst durchführen. Es überwacht die koordinativen Bewegungsabläufe des Körpers und führt dabei immer wieder Feinkorrekturen aus. Auch beim Gleichgewicht spielt es eine wichtige Rolle und koordiniert bei jeder Bewegung die man durchführt, die Muskelaktivität so neu, dass der Körper sich stets im Gleichgewicht befindet.

Weitere Informationen finden Sie hier: Funktion des Kleinhirns

Soll- und Ist-Wert Vergleich

Ein Bewegungsvergleich ist nur möglich, wenn dem menschlichen Organismus eine Möglichkeit vorliegt, den IST- Wert mit einem SOLL- Wert zu vergleichen. Dies funktioniert folgendermaßen:

Durch höhere Zentren im Gehirn gehen Impulse an tiefere Zentren des Zentral-Nerven-System. Dort wird die Bewegung in Form von einer Efferenzkopie gespeichert. Von dort wird der Impuls an das Erfolgsorgan weitergeleitet und die Bewegung wird ausgeführt. Nach Beendigung der Bewegung erfolgt eine Rückmeldung zu den tieferen Zentren im ZNS. Die ausgeführte Bewegung wird mit der Efferenzkopie verglichen. In der Phase der Grobkoordination (1. Regelkreisebene) geschieht diese extrinsische Rückmeldung über den Trainer. Bei zunehmende Sicherheit gewinnt der kinästhetische Analysator an Bedeutung und dieser SOLL-IST-Wert Vergleich erfolgt während der Bewegung, womit dem Sportler eine Korrektur während der Bewegungsausführung ermöglicht wird.

Wie kann man Bewegungskoordination schulen?

Bewegungskoordination kann auf die unterschiedlichsten Arten geschult und trainiert werden. Diese motorische Fähigkeit ist für alle Disziplinen und Sportarten mehr oder weniger wichtig. Am Beispiel des Laufens werden vier Bewegungskoordinations-Übungen vorgestellt. Die Strecke ist bei jeder dieser Übungen 25 Meter lang. Zuerst sollen die Sportler/innen technisch sauber Laufen und dabei die Arme hoch gestreckt halten. Der Oberkörper soll dabei möglichst ruhig sein. Bei der zweiten Übung werden die Arme nun seitlich beim technisch sauberen Laufen ausgestreckt. In einer dritten Übung solle die Teilnehmer/innen technisch sauber über Balkenhindernisse gehen. Auch hierbei soll der Oberkörper möglichst stabil und ruhig sein. Die letzte Variante ist der Kniehub während des Laufens. Diese Übungsbeispiele bilden nur einen Ausschnitt der gesamten, vielfältigen Palette.

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Welche Übungen gibt es?

Bei den Koordinationsübungen ist vor allem die große Vielfalt interessant. Neben dem einbeinigen Hüpfen, Schlusssprüngen mit rechts und links sind vor allem auch Koordinationsläufe mit Reifen auf dem Boden, Hopserlauf, Hampelamannsprünge und andere Sprungübungen gern angewandt. Eine Anspruchsvolle Übung ist das Seilspringen. Es erfordert eine hohe Konzentration bei der Ausführung und regelmäßiges Training, um erfolgreiche Seilsprünge zu absolvieren. Läufe auf akustische oder optische Signale sind ebenfalls effektive Übungen die Bewegungskoordination zu schulen.

Welche Tests zur Bewegungskoordination gibt es?

Ein Test ist das „Stabfassen“, ein Reaktionstest, bei dem der Proband einen fallenden Stab mit der Hand greifen muss. Die zurückgelegte Strecke des, bis zum Zugriff der Hand gefallenen, Stabes gibt den Hinweis, wie gut die Reaktion bei diesem Koordinationstest ist. Ein anderer Test ist der Hampelmann. Es sollen fünf Hampelmannsprünge durchgeführt werden. Dabei sollen die Hände über dem Kopf und bei der Landung seitlich an den Oberschenkeln klatschen. Dieser Test untersucht die Arm-Beinkoordination und die Rhythmusfähigkeit. Der Wurf eines Balles mit ganzer Drehung ist ein Koordinationstest der die Orientierungsfähigkeit und die Differenzierungsfähigkeit untersucht. Dabei soll ein Ball hochgeworfen, und während der Flugphase des Balles eine Körperdrehung durchgeführt werden. Diese Übung wird fünf Mal wiederholt und der Ball sollte immer wieder gefangen werden.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Thema Bewegungswissenschaft erhalten sie hier:

Alle Themen, die zum Bereich Sportmedizin veröffentlicht wurden, finden Sie unter: Sportmedizin A-Z

Autor: Tobias Kasprak Veröffentlicht: 26.10.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021