Bewegungswissenschaft

Definition

Die Bewegungswissenschaft ist neben der Trainingswissenschaft ein Teilgebiet der Sportwissenschaft und entstand aus dem Zusammenschluss der allgemeinen und speziellen Bewegungslehre.
Sie widmet sich der wissenschaftlichen Betrachtung und Erforschung von Bewegungen.

Einteilung der Bewegungswissenschaft

Die Bewegungswissenschaft wird nach RÖTHIG in 3 Klassen differenziert.

  • Pädagogisch- normative Konzeption
  • Kybernetisch- systemtheoretische Konzeption
  • Integrativ- funktionale Konzeption

Die Bewegungswissenschaft unter dem Gesichtspunkt der Pädagogik

Kernfrage ist bei dieser Konzeption, zu welchem Zeitpunkt der Proband empfänglich bzw. unempfänglich für gewisse motorische Lernziele ist. Die Ontogenese ist dementsprechend fester Bestandteil bei der Untersuchung von Bewegung im pädagogischen Rahmen.

Eckpfeiler sind:

  • Charakteristik des motorischen Lernens
  • Die historische Entwicklung sportlicher Techniken
  • Schulung des Bewegungssehens
  • Anwendung der Erkenntnisse in der Unterrichtsstunde

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Die Bewegungswissenschaft unter dem Gesichtspunkt der Kybernetik

Die Kybernetik beschäftigt sich mit dem sporttreibenden Menschen als informationsverarbeitendes System. Informationsaufnahme und Verarbeitung als inneren Prozess stehen bei dieser Betrachtungsweise im Vordergrund.

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Bewegungswissenschaftliche Betrachtungsweisen

Aus bewegungswissenschaftlicher Sicht muss der vielfältige Begriff der Bewegung mit unterschiedlichen Betrachtungsweisen dargestellt werden. Bewegung ist in ihrem äußerlichen Erscheinungsbild nicht voraussetzungslos, sondern bedarf körperinterner Steuerungs- und Regelungsprozesse (Innenaspekt der Bewegung) deren Untersuchung neben der Analyse des Außenaspekts zu den Hauptaufgaben der Bewegungswissenschaft zählt.

Unterschiedliche Betrachtungen des Begriffs der Bewegung im Kanon der bewegungswissenschaftlichen Untersuchung.

  • Morphologische Betrachtungsweise
  • Biomechanische Betrachtungsweise
  • Funktionale Betrachtungsweise
  • Empirisch- analytische Betrachtungsweise

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Morphologische Betrachtungsweise

Diese vorwissenschaftliche Methode dient der Vermittlung von Bewegungen.
Die Bewegung wird auf das reine Erscheinungsbild reduziert, und das Wissen über das Zustandekommen der Bewegung wird vernachlässigt. Ziel der Morphologie ist es, Informationen zur Anleitung und Korrektur zu liefern. Die Bewegungsbeschreibung ist sehr differenziert, jedoch nur im Hinblick der äußerlich sichtbaren Bewegung. Bewegungstempo, Bewegungsstärke, Bewegungsumfang, Bewegungskonstanz, Bewegungspräzision, Bewegungsfluss und Bewegungskopplung sind Termini zur morphologischen Beschreibung.

Funktionale Betrachtungsweise

Menschliche Handlungen können nicht richtig verstanden werden, wenn man sie ausschließlich vom mechanischen, physischen und psychischen Standpunkt aus betrachtet.
Neurophysiologische Aspekte sind für das Zustandekommen von menschlichen Bewegungen von Bedeutung, will man die sportliche Bewegung jedoch vollständig analysieren, müssen den Bewegungen überhaupt erst einmal einen Sinn eingelegt werden. Den funktionalen Aspekt einer Bewegung darf man somit nicht außer Acht lassen.

Charakteristik der Bewegungswissenschaft

  • Empirische Wissenschaft: Die Bewegungswissenschaft ist eine empirische Wissenschaft, da sie das Wissen in der Realität sucht und auch findet. Als Beispiel sind hier die Technikverbesserungen in den einzelnen Disziplinen.
  • Querschnittswissenschaft: Die Bewegungswissenschaft zählt zu den Querschnittswissenschaften, weil sie auf Erkenntnisse aus anderen Teilbereichen der Sportwissenschaft (Physiologie, Sensomotorik, Psychologie etc.) zurückgreift.
  • Angewandte Wissenschaft: Die Bewegungswissenschaft als angewandte Wissenschaft, weil sie bestrebt ist, das erlangte Wissen in der Realität umzusetzen. Nur diese Anwendung ermöglicht die Prüfung der Gültigkeit einzelner Methoden.
  • Integrative Wissenschaft: Sie prüft und hinterfragt Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften.

Die Bewegung

Um sportliche Bewegungen verstehen und beschreiben zu können muss erst einmal der Begriff der Bewegung näher erläutert werden. Allgemein verstehen wir unter einer Bewegung das reine Erscheinungsbild. Wir betrachten die Bewegung nur von außen und verzichten auf innere Gesetzmäßigkeiten.

Gliederung:

  • Alltagsbewegung: bei Alltagsbewegungen, wie z.B. das Gehen/ joggen handelt es sich um automatisierte Bewegung, die keine Gedankengänge erfordern.
  • Arbeitsbewegungen: wie z.B. Fließbandarbeit sind alltägliche Bewegungen die in einem wiederholenden Prozess der Arbeit dienen.
  • Ziel- Zweckbewegungen beziehen sich auf das Produkt der sportlichen Bewegung (Laufen um Abzunehmen oder für die Gesundheit)
  • Sportliche Bewegungen sind Formen von einfachen, kombinierten oder komplexen Wettkampfbewegungen.
  • Ausdrucksbewegungen in Form von Mimik und Gestik einer Bewegung dienen dem Ausdruck von Stimmungen und der Kommunikation.

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Weitere Differenzierung innerhalb der sportlichen Bewegung

  1. Schnelle und langsame Bewegungen (Salto vs. Walking)
  2. Allgemeine und spezielle Bewegungen (Laufen vs. Handstützüberschlag)
  3. Offene und Geschlossene Bewegungen (Schlagwurf im Handball vs. Hürdenlauf)
  4. Grobmotorische und Feinmotorische Bewegungen (Anfänger vs. Fortgeschrittene)
  5. Großmotorische und Kleinmotorische Bewegungen (Aufschlag im Tennis vs. Dartwurf)
  6. Bewusste und Automatisierte Bewegungen (Torschuss Fußball vs. Gehen)

Der Begriff Motorik

Im biologischen Bereich nennt man die Motorik die Lehre von Bewegungsfaktoren des menschlichen Körpers. Motorik ist alles das, was man an einer Bewegung nicht sieht.
Ein typisches Beispiel, bei dem der Unterschied zwischen Motorik und Bewegung sichtbar wird, ist der Kreuzhang im Turnen. Für die Muskulatur bedeutet der Kreuzhang höchste Beanspruchung, obwohl eine Bewegung von Außen nicht sichtbar ist. Die Motorik beinhaltet neurokybernetische Charakteristika die auch Bewusstseinsinhalte umfassen. Die Bewegung hingegen ist eine objektive Erscheinungsweise der Ortsveränderung von Körpermasse in Raum und Zeit.

Was ist die angewandte Bewegungswissenschaft?

Bei dem Bachelorstudiengang Angewandte Bewegungswissenschaften handelt es sich um einen eigenen Studiengang. Er wird unter anderem an der Universität Regensburg und der Technischen Universität Chemnitz angeboten.
Im Vordergrund steht bei dem Studiengang die Übertragung von Erkenntnissen der Bewegungswissenschaft auf die tatsächliche Anwendung, also zum Beispiel die Entwicklung von Trainings-, Sport- und Bewegungsprogrammen. Die Ausbildung befähigt den Absolventen zur beruflichen Tätigkeit in vielen Institutionen, etwa Kur- und Rehabilitationskliniken, Sportvereinen, Gesundheitszentren oder pädagogischen Einrichtungen.

Was ist ein Bewegungswissenschaftler?

Bewegungswissenschaftler beschäftigen sich auf wissenschaftlicher, sowie praktischer Ebene mit der Funktionsweise der menschlichen Motorik und verschiedensten Aspekten der Bewegung.
Sie entwickeln wissenschaftlich fundierte bewegungstherapeutische Programme im Rahmen von Prävention, Training und Rehabilitation. Bewegungswissenschaftler arbeiten eng mit weiterem Fachpersonal aus den Bereichen Sport, Gesundheit und Ernährung zusammen und entwickeln, evaluieren und optimieren  Bewegungskonzepte verschiedenster Zielgruppen.

Bewegungswissenschaftler können sowohl wissenschaftlich arbeiten und die Forschung und Entwicklung von Programmen vorantreiben, aber auch in der Praxis tätig sein, zum Beispiel in Kurkliniken, Rehabilitationszentren, in Sportvereinen, Senioren- oder Pflegeheimen, oder selbstständig als Trainer und Berater arbeiten. Die Ausbildung zum Bewegungswissenschaftler umfasst in der Regel einen Bacherlorstudiengang mit anschließendem Master.

Studium zum Bewegungswissenschaftler

Der Studiengang Bewegungswissenschaften wird mit dem Erreichen des Bachelor of Arts oder Bachelor of Science abgeschlossen.
Obwohl sich beide Studiengänge inhaltlich sehr ähnlich sind, gibt es feine Unterschiede in der Gewichtung von zum Beispiel künstlerischen und naturwissenschaftlichen Aspekten. Daneben gibt es zahlreiche weitere Studiengänge, die Inhalte der Bewegungswissenschaft thematisieren, etwa der Studiengang Sportwissenschaften. Für Details sollte man sich ausführlich mit den Angeboten der verschiedenen Fachhochschulen und Universitäten auseinandersetzen.

Generell beträgt die Regelstudienzeit im Studiengang Bewegungswissenschaften sechs Semester. Die Anforderungen an die Bewerber legen die Universitäten fest, in den meisten Fällen ist eine Sporteignungsprüfung und/oder ein kognitiver Test Voraussetzung für die Zulassung. Das Studium sieht eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen der Bewegungswissenschaft vor, darunter Biomechanik, Trainingswissenschaft, Sportmedizin, Sportphysiologie, Psychologie, Pädagogik und weitere.
Der Bachelor befähigt die Absolventen bereits zur Ausführung eines Berufes im Bereich Bewegungswissenschaften, außerdem ermöglicht er die Fortsetzung der wissenschaftlichen Ausbildung im Rahmen eines Masterstudienganges.

Was ist die Bewegungslehre?

Die Bewegungslehre ist die Lehre von Bewegungsapparat, dem Ablauf von Bewegungen und der Grundlage menschlicher Bewegung. Besonders im Fokus steht dabei die Bewegung im Sport.
In der Bewegungslehre werden die Eigenschaften des Bewegungsapparats, bestehend aus physiologischen und anatomischen Elementen, studiert. Bewegungsabläufe werden analysiert und mit dem Ziel Bewegung effizienter und verletzungsfrei zu gestalten, optimiert. Dazu werden Bewegungen beschrieben und anhand verschiedener Qualitätsmerkmale beurteilt.
Inhalte der Bewegungslehre sind Bestandteil von Erziehung, Sportunterricht und verschiedenen Studienfächer im Bereich der Sportwissenschaften. Wissenschaftliche Erkenntnisse der Bewegungslehre und der Bewegungswissenschaft bilden die Grundlage für Rehabilitationsprogramme, Sportprogramme und Prävention.

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Allgemeine Bewegungslehre

Bei der allgemeinen Bewegungslehre wird nach sportartenübergreifenden Methoden gesucht.
Sie fasst alle Daten zusammen und systematisiert, was allen Bewegungslehren gemein ist. Beispiel: Die Anwendung des Intervalltrainings diente vorerst der Verbesserung der Ausdauer in den leichtathletischen Disziplinen, und wurde daraufhin auch in zahlreichen anderen Sportarten (Schwimmen, Handball etc.) als Trainingsmethode angewandt. Die allgemeine Bewegungslehre sucht somit nach Gemeinsamkeiten in den einzelnen Sportarten.

Spezielle Bewegungslehre

Die spezielle Bewegungslehre entwickelte sich aus der Praxis der einzelnen Disziplinen.
Als Paradebeispiel gilt der Fosbury-Flop aus dem Hochsprung. Labortests erbrachten, dass die Flop-Technik vorwärts die optimale Technik zur Überquerung der Latte wäre, diese Technik in der Praxis jedoch nicht umsetzbar ist. Die Praxis der Sportart ist hierbei führend.

Autor: Tobias Kasprak, Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 28.10.2007 - Letzte Änderung: 22.10.2021