Schmerzen im Bindegewebe

Ursachen

Für die Entstehung von chronischen Schmerzen sind in vielen Fällen Umbauprozesse des Bindegewebes verantwortlich. Das Bindegewebe stellt ein großes Netzwerk unseres Körpers dar. Es umhüllt neben dem gesamten Muskelapparat auch die Knochen, Nervenbündel und Organe in unserem Körper und verkörpert dadurch eine alles umschließende, zusammenhängende Verbindung. Das Bindegewebe ermöglicht die hohe Beweglichkeit des menschlichen Körpers. Es sorgt dafür, dass alle Organe an ihrem vorgesehen Platz bleiben und in der Lage sind, sich reibungslos zu bewegen. Trotzdem sorgt es dafür, dass sich die Organe bei Bedarf verschieben können. So kann sich die Lunge beim Einatmen entfalten, ohne andere Organe zu bedrängen.

Ebenso wie die Muskulatur ist das Bindegewebe in der Lage sich zusammen zu ziehen und zu verkrampfen. Es gibt viele verschiedene Ursachen, die das Zusammenziehen und Verkrampfen des Bindegewebes begünstigen.

Durch Mangel an Bewegung, enorme körperliche Anstrengung, Operationen, Traumata, Überdehnungen oder auch Stress kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit kommen. Das Bindegewebe verkürzt sich, verklebt, wird steif und hart. Das liegt daran, dass aufgrund des Bewegungsmangels im Verlauf dem Bindegewebe Wasser entzogen wird, es dadurch austrocknet und das umliegende Gewebe einschnürt.

Es beginnen Umbauprozesse, die dazu führen, dass die frei beweglichen, elastischen Fasern gegen starre, wenig dehnbare kollagenhaltige Fasern ausgetauscht werden. In Folge dessen entsteht eine erhöhte Grundspannung des Gewebes, was zu einer Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Gelenke führen kann und Schmerzen verursacht. Der Schmerz hat oftmals einen brennenden Charakter und ist nicht punktuell zu lokalisieren, sondern verbreitet sich eher auf eine Fläche. Der Schmerz tritt nicht nur bei Bewegung auf, sondern kommt in vielen Fällen vorwiegend auch in Ruhephasen vor.

Da sich das Bindegewebe wie ein Netz im gesamten Körper ausbreitet, können Verspannungen in alle Areale unseres Körpers weitergeleitet werden. Eine erworbene Fehlstellung des Armes oder der Schulter können dadurch zu chronischen Schmerzen im Nackenbereich führen. Im Laufe der Zeit können sich die Verspannungen auch auf die inneren Organe ausbreiten und übertragen. Verhärtet das Bindegewebe, welches eine Hülle für die Organe darstellt, sind die Organe nicht mehr in der Lage wichtige Nährstoffe aufzunehmen und die anfallenden Schadstoffe in ausreichendem Maße abzugeben.

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Schmerzen im Rücken

Schmerzen im Rücken entstehen nicht nur als Folge von Unfällen oder degenerativen Veränderungen. In den meisten Fällen liegt die Ursache in einem ausgeprägten Bewegungsmangel und der damit einhergehenden Versteifung und Verspannung. Die einzelnen Kompartimente der Rückenmuskulatur sind von sogenannten Faszien umhüllt. Faszien sind Bündel aus Bindegewebe, die die Muskeln umhüllen, durch diese hindurchziehen und eine wichtige Rolle für die Dehnbarkeit und Beweglichkeit spielen. Außerdem sind diese Bindegewebsbündel miteinander verbunden und stellen für die Rückenmuskulatur eine wichtige Stütze dar.

Bei nicht ausreichender körperlicher Bewegung oder Belastung der Muskulatur im Bereich des Rückens, verlieren die Fasern des Bindegewebes ihre Dehnungsfähigkeit und werden starr und fest. Das Bindegewebe verklebt miteinander und kann dadurch ein reibungsfreies und schmerzloses Gleiten der Muskulatur im Bewegungsablauf nicht mehr gewährleisten. Außerdem können die Nervenstränge, die im Bereich der Rückenmuskulatur verlaufen stark eingeengt werden und dadurch Schmerzen verursachen. Die Schmerzen treten meist flächig auf und sind schwer zu lokalisieren. Vor allem bei Rückenschmerzen, für die auf einem Röntgenbild keine Ursachen zu finden sind, sollte man immer an Beschwerden denken, die von den Bindegewebsbündeln (Faszien) ausgehen. Die Versteifung und Unbeweglichkeit der Bindegewebsfasern kann mit der Zeit zu einer chronischen Verkürzung der unteren Rückenmuskulatur führen, die mit dauerhaften Kreuzschmerzen einhergehen kann.

Schmerzen im Oberschenkel

Im Bereich der Oberschenkel treten häufig ziehende Schmerzen auf, die sich je nach Bewegung und Beanspruchung verstärken können. Häufig bleiben sie auch nicht auf den Oberschenkel beschränkt, sondern strahlen bis in die Hüfte oder das Kniegelenk aus und führen dort zu Einschränkungen der Gelenkbeweglichkeit. In den meisten Fällen treten die Schmerzen entweder nach zu starker Beanspruchung in Form eines Muskelkaters auf, oder nach einem langen Zeitraum der Ruhigstellung oder des Bewegungsmangels. Ursache der Schmerzen sind häufig verspannte Muskeln, verspannte Faszien um den Muskeln herum, oder das verspannte Bindegewebe der Haut auf den Muskeln.
Diese Verspannungen lassen sich nicht so einfach lösen und können, wenn sie über längere Zeit anhalten zu einer Verkürzung und Versteifung der Oberschenkelmuskulatur führen. Der betroffene Oberschenkel fühlt sich von außen oftmals stark gespannt und hart an. Die Schmerzen können in jedem Bereich des Oberschenkels auftreten. Je nachdem, wo sie zu lokalisieren sind, sind andere Bereiche des Bindegewebes betroffen und als Ursache für die Schmerzen zu sehen. Oftmals kann auch ein Gefühl des Kribbelns entstehen.

Schmerzen an der Bauchdecke

Vorgänge im Bereich des Bindegewebes können auch im Bauch zu unangenehmen und langwierigen Schmerzen führen. Die inneren Organe sind ebenso wie die Muskeln unseres Körpers von Bindegewebshüllen (Faszien) umgeben. Zu den Faszien im Bereich des Bauches gehört das sogenannte Bauchfell. Wenn dieses Bindegewebe allerdings verklebt und dadurch unbeweglich und starr wird, wird die Verschieblichkeit und Gleitfähigkeit der Organe im Bauchraum stark beeinträchtigt und kann Schmerzen verursachen. Patienten, die über langanhaltende, immer wiederkehrende Beschwerden im Bereich der Bauchhöhle klagen und bei denen anhand von spezieller Diagnostik wie Ultraschall oder Bauchspiegelungen keine Ursache gefunden werden kann, liegt die Ursache manchmal in Faszien.

In den meisten Fällen handelt es sich dabei um ein eine Störung im Faszienbereich eines bestimmten Bauchmuskels. Der Musculus rectus ist der lange, vertikal verlaufende Bauchmuskel, der vor allem bei der Ausbildung eines Waschbrettbauches in Erscheinung tritt. Bei Infekten oder zu starker körperlicher Anstrengung kann es dazu kommen, dass der untere Teil der Bindegewebshülle, die den langen Bauchmuskel umgibt, verklebt.
Die Schmerzen, die aufgrund dieser Verklebungen innerhalb des Bindegewebes entstehen, können einen ziehenden und brennenden Charakter haben und sind oftmals schwer zu lokalisieren. Außerdem können sie mit Missempfindungen im Bereich der Bauchdecke oder auch kolikartigen Schmerzen im Unterbauch einhergehen. Auffallend ist außerdem, dass sich diese Schmerzen in den meisten Fällen nicht durch übliche krampflösende Medikamente lindern lassen.

Schmerzen nach dem Joggen

Das Bindegewebe, welches die Muskulatur umschließt, kann nicht nur aufgrund mangelnder Bewegung verkleben und verhärten, sondern auch durch zu starke oder übertriebene körperliche Aktivität geschädigt werden. Durch Fehlhaltungen oder Überdehnungen, die durch zu starke körperliche Belastung beim Joggen auftreten können, kann es zu einer schmerzhaften Schädigung der Bindegewebsfasern kommen.
Eine leichte Überdehnung versucht der Körper dadurch auszugleichen, indem die Muskulatur überbelastet wird. Dabei entstehen Risse im Bindegewebe und es entwickeln sich entzündliche Vorgänge, die dazu führen, dass man nach dem Joggen einen ziehenden Schmerz verspürt und sich ein sogenannter Muskelkater ausbildet. Der Schmerz hat oftmals einen brennenden und ziehenden Charakter und wird durch die Bewegung der betroffenen Muskelgruppen weiterhin verstärkt. Ein Muskelkater heilt innerhalb weniger Tage vollständig aus.
Das geschädigte Bindegewebe benötigt trotzdem einige Zeit um sich wieder zu regenerieren. Die meisten Personen nehmen aufgrund der Schmerzen eine Schonhaltung ein. Oftmals wird der Prozess dadurch jedoch nur weiterhin verschlimmert, da durch die Schonhaltung an einer anderen Stelle des Körpers eine Überbelastung des Bindegewebes entsteht, die dann wiederum neue Schmerzen verursacht.

Schmerzen in der Brust

Schmerzen, die vom Bindegewebe verursacht werden, können sich auch im Brustbereich manifestieren. Durch Verspannungen und Überbelastungen der Brustmuskulatur kann das umliegende Bindegewebe geschädigt werden und es verklebt, wird starr und zieht sich zusammen. Dadurch entstehen nicht nur starke Schmerzen, sondern auch eine enorme Einschränkung der Beweglichkeit der Brust. Dies ist vor allem ein entscheidender und bedeutender Einschnitt im Ablauf des Atmungsvorganges.

Da die Schmerzen von dem Ausmaß der Verspannungen abhängig sind und die Beweglichkeit des Brustkorbes bei der Atmung aufgrund der Verklebungen des Bindegewebes nicht reibungslos gegeben ist, atmen die Patienten oftmals nur in sehr eingeschränktem Maße ein, um den Schmerzen zu entgehen. Die stechenden Schmerzen in der Brust führen außerdem in vielen Fällen zu einem Gefühl der Angst oder Beklemmung, was die Patienten zusätzlich verunsichert und belastet.

Therapie

Zur Therapie von Schmerzen, die durch eine Schädigung und Verklebung des Bindegewebes ausgelöst werden, stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Ist das Bindegewebe schon über einen längeren Zeitraum verklebt und zusammengezogen, reicht oftmals einfache Bewegung oder leichte Übungen zum Lösen der verhärteten Strukturen nicht aus. Das Bindegewebe und die Faszien lassen sich allerdings durch eine gezielte Ausübung von Druck an bestimmten Punkten relativ gut mobilisieren.

Dadurch wird das Bindegewebe geschmeidiger und erlangt mehr Beweglichkeit, mögliche Missempfindungen lassen nach und verschwinden und die Muskulatur, die vom Bindegewebe umhüllt wird, entspannt sich und gewinnt an Bewegungsfreiheit. Dies kann durch eine gezielte physiotherapeutische Behandlung oder auch Massagen erreicht werden. Auch ein spezielles, auf die Beschwerden angepasstes, Faszientraining ist zur Behandlung sinnvoll, da dabei durch leichte und nicht sehr anstrengende Dehnübungen, die Verspannungen und Kontraktionen ebenfalls aufgehoben werden und für mehr Beweglichkeit gesorgt wird. Werden diese Übungen täglich wiederholt, sorgt dies nicht nur für eine bessere Beweglichkeit, sondern lindert die Schmerzen langfristig und beugt Fehlhaltungen und vermehrter Unbeweglichkeit vor. Außerdem sollte man den Patienten daraufhin schulen, dass er selbstständig Fehlhaltungen erkennen und diese sofort ausgleichen kann, bevor sich Umbauprozesse innerhalb des Bindegewebes einstellen.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 08.07.2016 - Letzte Änderung: 22.10.2021