Kernikterus

Als Kernikterus wird eine vermehrte Ansammlung von Bilirubin im Gehirn bezeichnet, die bei Neugeborenen auftreten kann. Hierbei spielen verschiedene Ursachen und Entstehungsmechanismen eine Rolle. Ikterus bezeichnet eine Gelbsucht, die bei Neugeborenen, aber auch bei Erwachsenen, durch erhöhte Bilirubinspiegel vor allem an den Augen und der Haut auftreten kann.

Das Bilirubin ist ein Abbauprodukt des Hämoglobins, das durch Störungen der Blutzellen oder durch Stoffwechselprozesse in der Leber vermehrt frei im Blut zirkulieren kann. Kommt es bei Neugeborenen zu einer rapiden Erhöhung des Bilirubins, kann dieses die Blut-Hirn-Schranke überwinden und im Gehirn zu schweren Schädigungen führen. Im schlimmsten Falle kann diese Gehirnerkrankung, die sogenannte „Enzephalopathie“, sogar zum Tode führen.

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Symptome und Diagnose

An welchen Symptomen erkenne ich einen Kernikterus?

Die neurologische Symptomatik bei einem Neugeborenen ist nicht so eindeutig wie bei einem Erwachsenen, weshalb auf bestimmte Anzeichen im Verhalten des Kindes geachtet werden muss.

In Anfangsstadien des Kernikterus kann das Kind schläfrig wirken und durch Trinkschwäche und Bewegungsarmut auffallen.

Später kann sich die Symptomatik umwandeln in eine gesteigerte Erregbarkeit mit schrillem Schreien und einem stark angespannten Muskeltonus der Wirbelsäule. Zusätzlich sinkt das Bewusstsein des Neugeborenen, sodass im Verlauf ein Koma eintreten kann mit weiterhin gesteigertem Muskeltonus und Krampfanfällen.

Auch langfristig kann ein Kernikterus schwere Symptome verursachen. Hierzu zählt eine spastische Lähmung vieler Muskeln, eine Hörschwäche, eine Lähmung bestimmter Augenmuskeln, sowie gegebenenfalls eine Intelligenzminderung.

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Diagnose eines Kernikterus

Die Diagnose des Kernikterus wird anhand klinischer Auffälligkeiten sowie laborchemischer Untersuchungen gestellt. Fällt beim neugeborenen Kind eine Gelbfärbung der Haut vor dem 3. oder nach dem 10. Lebenstag auf, sollte eine Laboruntersuchung erfolgen. Sind die Bilirubinspiegel im Blut deutlich erhöht, sollten weitere diagnostische Untersuchungen angestrebt werden, um die Ursache der Erhöhung zu ermitteln.

Weitere Blutwerte können Hinweise darauf liefern, ob ein Zellzerfall der roten Blutkörperchen, eine Organstörung der Leber oder etwa eine ernstzunehmende Stoffwechselerkrankung hinter der Gelbsucht steckt. Hinweise auf einen Kernikterus und damit eine Beteiligung des Gehirns ergeben sich durch bestimmte Symptome und neurologische Auffälligkeiten des Kindes.

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Behandlung eines Kernikterus

Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die sogenannte „Phototherapie“. Hierbei wird das Neugeborene mit Blaulicht beleuchtet, wobei das Bilirubin im Körper so umgewandelt wird, dass es über den Darm und die Niere ausgeschieden werden kann. Die Phototherapie ist nur in bestimmten Fällen der Bilirubinerhöhung sinnvoll.

Weiterhin kann sie mit Nebenwirkungen wie Durchfällen, Austrocknungen und im schlimmsten Fall langfristig einer Leukämie einhergehen.

Ab einem bestimmten Bilirubinwert reicht die Phototherapie nicht aus, weshalb gegebenenfalls eine Blutaustauschtransfusion durchgeführt werden muss. Beim Kernikterus liegen häufig bereits derart erhöhte Werte vor, dass diese Therapie in der akuten Phase sofort durchgeführt wird. Dabei wird Spenderblut transfundiert, welches die gleiche Blutgruppe besitzt.

Um einem Kernikterus vorzubeugen, sollte nach der Geburt frühzeitig eine regelmäßige und ausreichende Ernährung des Kindes durchgeführt werden. Vorzuziehen sind Muttermilch, sowie eiweißreiche Ernährung.

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Ursachen und Prophylaxe

Ursachen eines Kernikterus

Ein Ikterus kann zahlreiche Ursachen haben und neben Störungen der Blutzellen auch auf Erkrankungen der Leber oder Gallenwege zurückzuführen sein. Beim Kernikterus besteht jedoch die Besonderheit, dass die Gelbsucht vor allem durch Störungen der Blutzellen entsteht, da nur in diesem Teil des Kreislaufes das Bilirubin chemisch in der Lage ist, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Beim Neugeborenen können diverse Prozesse eine Auflösung und Zerstörung der roten Blutkörperchen verursachen, wodurch vermehrt Bilirubin freigesetzt wird.

Gründe hierfür sind:

Auf der anderen Seite kann auch eine Schädigung der Blut-Hirn-Schranke vorliegen, wodurch bereits normal hohe Bilirubinspiegel den Kernikterus verursachen können.

Dieser Fall kann eintreten bei:

  • Sauerstoffmangel
  • Unterkühlung 
  • Unterzuckerung

Prophylaxe eines Kernikterus

Um einem Kernikterus vorzubeugen, sollte nach der Geburt frühzeitig eine regelmäßige und ausreichende Ernährung des Kindes durchgeführt werden. Vorzuziehen sind Muttermilch, sowie eiweißreiche Ernährung.

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Verlauf und Prognose

Wie lange hält ein Kernikterus an?

Die Dauer des Kernikterus lässt sich schwer pauschal angeben. Hierbei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Für eine kurze Dauer ist entscheidend, dass der Auslöser des Kernikterus behoben ist, dass die Bilirubinspiegel niedrig sind und der Ikterus auf die Therapie schnell anspricht.

Ist die Ursache für die Erhöhung des Bilirubins nicht gefunden, so kann der Kernikterus trotz begonnener Therapie andauern und voranschreiten. Nach Möglichkeit sollten die Werte innerhalb weniger Stunde bis Tage gesenkt werden, um schwere Folgeschäden zu verhindern. Langfristig können jedoch durch den Kernikterus irreversible Schäden bestehen bleiben.

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Wie ansteckend ist ein Kernikterus?

Ein Kernikterus ist kein infektiöses Geschehen und somit auch nicht ansteckend. Bestimmte Gegebenheiten der Mutter können jedoch bei mehreren Kindern hintereinander einen Kernikterus provozieren. Dies kann etwa eine Rhesusinkompatibilität sein, wodurch mütterliche Antikörper das Blut des Kindes zerstören. Auch dabei handelt es sich jedoch um keine Ansteckung im eigentlichen Sinn.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 06.03.2019 - Letzte Änderung: 27.10.2021