Musculus piriformis

Synonyme

Deutsche Bezeichnung: Birnenförmiger Muskel

Definition

Der Musculus piriformis ist ein birnenförmiger Muskel, der zu den tiefen Hüftmuskeln gehört.
Er hilft unter anderem der Außendrehung, der Abspreizung und dem nach Hintenführen des Beines.

Verlauf des Musculus piriformis

Der Musculus piriformis entspringt an der Innenfläche des Os Sacrum (Kreuzbein), genauer von den Foramina sacralia anteriora (Kreuzbeinlöcher) eins bis vier.

Außerdem entspringen einige Faserzüge von:

  • dem oberen Rand der Incisura ischiadica major
  • vom Ligamentum sacrotuberale
    und
  • der Articulatio sacroiliaca

Danach verläuft er durch das Foramen Ischiadicum majus (Sitzbeinloch) und setzt am Oberschenkelknochen, genauer an der Innenseite des Apex des Trochanter Major (Spitze am großen Rollhügel) an.
An diesem Ansatz kommen ebenfalls die Muskeln Musculi gemelli und Musculus obturator internus zusammen.

Abbildung Musculus piriformis

Musculus piriformis

  1. Birnförmiger Muskel -
    Musculus piriformis
  2. Darmbeinschaufel -
    Ala ossis ilii
  3. Hintere Kreuzbeinlöcher -
    Foramina sacralia posteriora
  4. Kreuzbein -
    Os sacrum
  5. Großer Rollhügel -
    Trochanter major
  6. Kleiner Rollhügel -
    Trochanter minor
  7. Oberschenkelschaft -
    Corpus femoris
  8. Sitzbein -
    Os ischii (Ischium)
  9. Fünfter Lendenwirbel -
    Vertebra lumbalis V

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Schmerzen

Der Musculus piriformis verläuft in direkter Nähe zu der Austrittsstelle des Ischiasnerven vom Beckeninneren auf die Rückseite des Gesäßes. Bei manchen Personen zieht der Ischiasnerv sogar durch den Musculus piriformis hindurch, was die Entstehung von Ischiasschmerzen durch diesen Muskel begünstigt. Verkürzt oder verdickt sich der Musculus piriformis beispielsweise durch falsches oder mangelndes Training oder durch eine eingeschränkte Beweglichkeit der Hüfte aufgrund von Gelenksproblemen, wird der Ischiasnerv komprimiert und entweder gegen das knöcherne Becken gedrückt oder in den Muskelfasern eingeklemmt.
Durch diesen Druck auf den Ischiasnerv kommt es zu sogenannten pseudoradikulären Schmerzen, das sind Schmerzen, die den Symptomen eines Bandscheibenvorfalls sehr ähnlich sind, aber nicht durch eine Problematik der Bandscheiben hervorgerufen werden. Schmerzen, die durch den Druck eines verdickten Musculus piriformis auf den Ischiasnerv oder die Einklemmung von Nervenfasern im verdickten Musculus piriformis ausgelöst werden, werden auch als Piriformis-Syndrom bezeichnet.
Auch eine Überlastung oder Haltungsschäden können durch eine entzündliche Reaktion das Piriformis-Syndrom auslösen. Durch die Entzündung des Musculus piriformis kann es zu einer begleitenden Entzündung des umliegenden Gewebes kommen. Da der Ischiasnerv nah am Musculus piriformis liegt, kann er ebenfalls von dieser Entzündungsreaktion betroffen sein und Schmerzimpulse an das Gehirn weiterleiten. Stechende Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und im tiefen Gesäß können genauso Symptome sein wie lang andauernde Schmerzen, die in das Bein der betroffenen Seite ausstrahlen oder ein Kribbeln, das sich über Gesäß und hinterem Oberschenkel ausbreitet. In schweren Fällen kann das Stehen auf den Zehenspitzen und auf den Fersen eingeschränkt sein.
Durch das Piriformis-Syndrom können Schmerzen beim Treppensteigen, Radfahren, Joggen oder Liegen auf der kranken Seite entstehen. Längeres Sitzen kann ebenfalls zu einer Verstärkung der Schmerzen führen, weil in sitzender Position nicht nur der Musculus piriformis den Ischiasnerv reizt, sondern auch das Körpergewicht zu einer zusätzlichen Kompression des Ischiasnerv führt. Das Übereinanderschlagen der Beine im Sitzen verschlechtert die Schmerzen zusätzlich.

Lesen Sie mehr zum Thema unter Symptome eines Piriformis-Syndroms.

Piriformis-Syndrom-Test

Zum Nachweis eines Piriformis-Syndroms gibt es leider keinen Test, der mit hundertprozentiger Sicherheit beweisen kann, dass die Schmerzen vom Musculus piriformis ausgelöst werden. Jedoch gibt es verschiedene Tests für das Piriformis-Syndrom, deren Kombination mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Beweis oder Ausschluss des Syndroms führen.
Beim sogenannten FAIR-Test liegt der Patient auf der gesunden Seite, das unten liegende Bein wird gerade ausgestreckt und der Oberkörper bestmöglich flach auf die Untersuchungsliege gelegt. Das Bein der schmerzenden Seite wird mit gebeugtem Knie an den Körper gezogen, sodass die Beugung in der Hüfte 60° beträgt. Zusätzlich wird dieses Bein adduziert und innenrotiert, das Knie orientiert sich also in Richtung der Untersuchungsliege. Der Untersucher drückt nun das obenliegende Bein weiter hinunter in Richtung Liege und löst so eine Dehnung des Musculus piriformis aus. Schmerzen im Gesäß während dieser Untersuchung weisen auf ein Piriformis-Syndrom hin. Der FAIR-Test ist außerdem positiv, wenn sich in der Untersuchungsposition erst durch Druck auf das Gesäß über dem Gebiet des Musculus piriformis ein Schmerz im Gesäß auslösen lässt. Der FAIR-Test ist ein sehr sensitiver und spezifischer Test für den Musculus piriformis, kann aber natürlich trotzdem auch bei anderen Erkrankungen des unteren Rückens und des Gesäßes positiv sein.

Lesen Sie für weitere Informationen hierzu auch unser Thema Tests für das Piriformis-Syndrom.

Dehnen

Der Musculus piriformis verläuft vom Kreuzbein zum Trochanter major des Oberschenkelknochens. Eine regelmäßige Dehnung kann Schmerzen, die durch den Musculus piriformis ausgelöst werden, lindern. Durch die Dehnübungen wird der Beckenbereich entspannt und der Druck durch den verspannten Musculus piriformis gelöst. Der Musculus piriformis wirkt bei der Außendrehung des Beines mit, kann aber auch beim Abspreizen des Oberschenkels beteiligt sein oder das Bein nach hinten führen.
Am besten gedehnt wird er, indem man eine Position einnimmt, die durch eine vom Musculus piriformis vermittelte Bewegung erreicht wird. Eine Möglichkeit ist es, sich auf die Knie zu setzen und dann ein Bein nach hinten auszustrecken, sodass dieses mit der Kniescheibe den Boden berührt. Diese Position führt zur Dehnung des Musculus piriformis und sollte etwa eine Minute gehalten werden. Je Seite bieten sich 2-3 Wiederholungen an.
Eine weitere Dehnübung findet in auf dem Rücken liegender Position statt. Die Knie werden gebeugt, sodass die Fußsohlen fest auf dem Boden stehen. Anschließend wird ein Bein zum Oberkörper herangezogen und mit dem Fuß zum Knie geführt. Das zu dehnende Bein kreuzt also das andere Bein. Nun drückt man das Knie des zu dehnenden Beines vom Körper weg und hält die Position für etwa eine Minute. Auch hier sind 2-3 Wiederholungen sinnvoll.

Muskulus piriformis trainieren

Der Musculus piriformis vermittelt durch seine Kontraktion eine Außenrotation, Abduktion (Abspreizung) und Extension (Streckung) im Hüftgelenk. Alle seine Funktionen werden auch von den großen und kleinen Gesäßmuskeln ausgeübt, weshalb ein spezielles Training nur für den Piriformis-Muskel schwierig ist. Empfehlenswert sind Kräftigungsübungen, die die gesamte Gesäßmuskulatur stärken und somit auch einer Funktionseinschränkung des Musculus piriformis vorbeugen. Empfehlenswert sind außerdem Übungen für die Abduktorengruppe des Oberschenkels sowie Übungen für die Hüftmuskulatur, da diese Muskelgrupppen das Becken stabilisieren und Fehlhaltungen korrigieren, die auch eine Ursache für das Piriformis-Syndrom sein können.

Funktion

Wie schon oben kurz erwähnt hat der kleine Musculus piriformis viele Funktionen.
Er:

Innervation

Nervlich versorgt wird der Musculus piriformis vom Plexus sacralis.
Der Plexus sacralis ist ein Nervengeflecht des Kreuzbeins und wird aus den Nerven L5 und S1 gebildet.

Krankheiten

Der große Nervus ischiadicus verläuft zwischen dem Musculus piriformis und dem Beckenknochen im Foramen infrapiriforme.
Bei Unfällen kann es zu einer Kompression des N. Ischiadicus durch den M. piriformis und somit zum Piriformis-Syndrom kommen.
Ein selten bekanntes Phänomen ist es, das bei einem Bandscheibenvorfall L5/S1 zu einem Trendelenburg Zeichen kommen kann.
Bei einer durch einen L5/S1 vorkommenden Bandscheibenvorfall denken die meisten Mediziner direkt an Probleme an den Unterschenkeln, also den Fußhebern (M. tibialis anterior = vordere Schienbeinmuskel, M. extensor hallucis longus) und Fußsenkern (M. gastrocenmius = Wadenmuskel / Zwillingsmuskel).
Das Trendelenburg Zeichen ensteht durch die Lähmung des M. piriformis und der dadurch entstehenden Unfähigkeit auf einem Bein zu stehen, da das Becken nicht mehr ausreichend abduziert werden kann. Die Folge dieser Lähmung ist ein Watschelgang.

Piriformis Syndrom

Muskeln müssen von Nerven innerviert werden, also gesteuert werden. Im Falle des M. piriformis passiert dies über direkte Nerven aus dem Plexus sacralis. Der Plexus sacralis ist ein großes Nervengeflecht, das am Kreuzbein liegt.

Das Piriformis-Syndrom beschreibt eine Einengung des Nervus ischiadicus, der durch das Foramen infrapiriforme verläuft. Der Ischiadicus stammt aus dem Plexus sacralis und versorgt Hüft-, Oberschenkel-, Unterschenkel- und Fußmuskeln. Ursache der Einengung können ruckartige, kräftige Bewegungen der Hüfte, eine falsche Körperhaltung, eine Verletzung oder auch langes Sitzen sein.

Lesen Sie mehr zu dem Thema: Piriformis-Syndrom

Es kommt infolge dessen zu starken Schmerzen im unteren Rücken, im Gesäß und im Oberschenkel. In manchen Fällen zieht er sogar bis in die Leistenregionen, auf die Vorderseite des Körpers. Auch Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit sind möglich. Häufig treten die Symptome bei Drehbewegungen der Hüfte auf, also wenn man den Oberkörper zur Seite oder sich im Bett umdreht.

Lesen Sie mehr zu dem Thema: Was sind die typischen Symptome bei einem Piriformis-Syndrom?

Die Behandlung besteht meist in einer Bewegungstherapie, Dehnübungen und Übungen zum Kraftaufbau der Muskulatur der Gesäß-und Oberschenkelregion. Zusätzlich können Massagen und in Extremfällen entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen helfen. Man kann die Schmerzen also relativ einfach, effektiv und günstig therapieren und somit abbauen. Trotzdem sollte die Therapie ernstgenommen werden, da es sonst zu schweren Folgen wie Schwierigkeiten beim Gehen kommen kann.

Lesen Sie mehr zu dem Thema: Dehnübungen bei einem Piriformis Syndrom

Weitere Informationen zum Thema Musculus piriformis

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 07.05.2013 - Letzte Änderung: 25.07.2023