Nebenwirkungen von Novalgin®

Einleitung

Novalgin® ist ein Handelsname, also lediglich der vom Hersteller gewählte Name, hinter dem der sich der Wirkstoff Metamizol verbirgt. Metamizol wird alternativ auch unter dem Namen Novaminsulfon®, Sintetica® und Minalgin® vertrieben.

Anwendung

Novalgin® bzw. Metamizol gehört zur Klasse der Schmerzmittel (Analgetika). Diese Gruppe lässt sich nach ihrer Wirkungsweise und Wirkung grob gliedern in Wirkstoffe mit (typisch) und ohne (atypisch) zusätzliche entzündungshemmende Wirkung. Novalgin zählt zu den atypischen Schmerzmedikamenten, die lediglich das Schmerzempfinden verbessern ohne dabei entzündliche Prozesse einzudämmen, wie es beispielsweise die Arzneimittel Acetylsalicylsäure (Aspirin®) oder Diclofenac (Voltaren®) nebenher tun.

Novalgin® hat eine sehr gute schmerzlindernde Wirkung und wird in der Regel beim Auftreten von mittleren bis starken Schmerzen eingesetzt. Es wirkt zudem fiebersenkend (antipyretisch) und krampflösend (spasmolytisch). Letztere Eigenschaft sichert dem Präparat den Vorrang in der Behandlung , wenn starke Schmerzen in Gallen- und Harnwegen, z.B. bei Verschluss durch einen „Stein“, behandelt werden sollen.

Generell ist Novalgin® für krampfartige Schmerzen, die häufig von inneren Organen des Bauchraums ausgehen, geeignet.

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Nebenwirkungen

Novalgin® ist in der Regel gut verträglich und es treten gelegentlich bis selten unerwünschte Nebenwirkungen. Insgesamt scheint Novalgin® eine bessere Verträglichkeit mit weniger häufig auftretenden Begleiterscheinungen aufzuweisen als vergleichbare Schmerzmittel wie Aspirin® oder Ibuprofen®.

Aufgrund des noch nicht vollständig aufgeklärten Wirkmechanismus von Metamizol, der sich offensichtlich von vergleichbaren Medikamenten unterscheidet, bleiben typische Nebenwirkungen dauerhafter Schmerztherapie wie Blutverdünnung (Gerinnungshemmung) oder Magengeschwüre aus.

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Dennoch ist Novalgin® seit 1987 wieder rezeptpflichtig, da in der Vergangenheit vereinzelte, aber schwerwiegende Fälle von Blutbildungsstörungen durch den Gebrauch aufgefallen sind.

Eine solch gefürchtete Blutbildungsstörung nennt sich Agranulozytose. Dabei kommt es zu einer Unverträglichkeitsreaktion durch den Arzneistoff, die das Absterben spezieller weißer Blutkörperchen zur Folge hat. Der Körper bildet Abwehrzellen (Antikörper) gegen körpereigene Blutzellen, die eine Verbindung mit dem Novalginwirkstoff im Blut eingegangen sind. Da die betroffenen Blutzellen selbst zum natürlichen Abwehrsystem gehören, äußert sich diese Erkrankung konkret als schweres Krankheitsgefühl, das sich in bakteriellen Infektionen mit Fieber, Schüttelfrost und Herzrasen und/oder als Absterben der Schleimhaut im Rachen oder Genital- und Analbereich äußern kann. Die genannten Symptome können jedoch bei gleichzeitiger Antibiotikaeinnahme abgeschwächt auftreten.

Das Risiko für eine Agranulozytose steigt, wenn Novalgin® länger als eine Woche verwendet wird. Eine unerwartete Verschlechterung Ihres Allgemeinzustands und nicht abklingendes oder wiederkehrendes Fieber kann ein Hinweis auf eine Agranulozytose sein. Entscheidend für den weiteren Verlauf bzw. den Heilungsprozess ist die zeitnahe Abklärung beim Arzt und sofortiges Absetzen des Medikaments.

Das tatsächliche Vorkommen einer Agranulozytose ist insgesamt sehr unwahrscheinlich und sollte die Gabe nicht unnötig einschränken.

Lesen Sie mehr zum Thema unter: Agranulozytose - das sind die Ursachen?

Die Kombination von Novalgin® mit anderen Substanzen, die eine Agranulozytose auslösen können, sollte bestenfalls vermieden werden. Zu diesen Medikamenten zählen Clozapine, sogenannte Neuroleptika zur Behandlung von Psychosen und Schizophrenie, außerdem Carbamazepin, für den Einsatz in der Therapie von Epilepsie und Phenylbutazon, was gelegentlich zur sofortigen Schmerztherapie bei Gelenkbeschwerden (z.B. Rheuma) hinzugezogen wird. Es sollte auch von der parallelen Einnahme von sogenannten Thioamid-Thyrostatika abgesehen werden, die bei Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) häufig angesetzt sind.

Weitere vorsorgliche Maßnahmen sind z.B. die Dauer der Einnahme auf eine Woche zu begrenzen und bei vorbestehenden Knochenmarksschädigungen ganz auf Metamizol-Präparate zu verzichten.

Außer der seltenen Agranulozytose können unter dem Gebrauch von Metamizol weitere, größtenteils weniger folgenschwere Nebenwirkungen auftreten. Gelegentlich können sich Hautausschläge aufgrund einer überempfindlichen (allergischen) Reaktion entwickeln. Eine solche Überempfindlichkeitsreaktion kann sich als sogenanntes „Fixes Arzneimittelexanthem“ oder andere Hautausschläge äußern, welche durch violette bis dunkelrote, beidseits gleich verteilte, teils flächig-runde Hautveränderungen auffallen, manchmal mit zusätzlichen Bläschen. In Einzelfällen können schwerwiegende allergische Reaktionen der Haut wie das Stevens-Johnson-Syndrom oder Lyell-Syndrom durch die Einnahme von Novalgin® bedingt sein. Dabei fallen große Flecken und Hautdefekte an verschiedenen Körperstellen auf, häufig begleitet von hohem Fieber und körperlicher Abgeschlagenheit.

Bei einer anderen, sehr seltenen, aber gefährlichen Komplikation kommt es zu einem Blutdruckabfall mit Verengung der Atemwege im Rahmen einer schweren allergischen Schockreaktion (anaphylaktischer Schock). Solche schwerwiegenden Komplikationen sind bekannt im Zusammenhang mit einer zu schnellen Einspritzung (Injektion) in venöse Blutgefäße, weshalb in medizinischen Einrichtungen Novalgin® in Kochsalz- oder isotonischen Lösungen verdünnt per Infusion verabreicht wird . In Ausnahmefällen kann die direkte Einspritzung (Injektion) von Novalgin® unbedingt notwendig sein, wobei auf eine langsame Gabe geachtet werden muss.

Sollten sich einzelne oder mehrere Symptome eines akuten Schocks wie kalter SchweißSchwindelgefühlBenommenheitBlässe, ein Engegefühl in der Brust und Kurzatmigkeit bei Ihnen bemerkbar machen, ist es notwendig umgehend einen Arzt aufzusuchen, da dieser Zustand sehr schnell lebensbedrohlich werden kann. Lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie der allergischer Schock oder die Agranulozytose, können auch auftreten, wenn Sie Metamizol bzw. Novalgin® bisher gut vertragen haben.

Außerdem sei noch zu Erwähnen, dass Novalgin® in seltenen Fällen eine Störung der Nierenfunktion auslösen kann. Insbesondere bei hohen Dosen kann der Urin aufgrund des gebildeten Abbauprodukts von Metamizol („Rubazonsäure“) rot gefärbt werden. Diese Verfärbung verschwindet im Regelfall nach der Behandlung wieder. Desweiteren kann Novalgin® Übelkeit und Erbrechen provozieren, vor allem bei gleichzeitiger Einnahme von Opioiden wie Morphin.

Nebenwirkungen auf die Psyche/Depression

Der Wirkstoff von Novalgin® ist das Novaminsulfon/Metamizol. Es ist ein Schmerzmittel und gehört zu den NSAR (nicht steroidale Antirheumatika). Das besondere an Novalgin®, was den Wirkstoff von anderen Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAR unterscheidet ist, dass Novalgin® neben seiner analgetischen (schmerzlindernden) und fiebersenkenden (antipyretischen) Wirkung zusätzlich krampflösend (spasmolytisch) wirkt. Daher wird es oft bei krampfartigen Schmerzen im Abdomen eingesetzt, zum Beispiel bei einer Nierenkolik. Bei der Einnahme von Novalgin® kann es zu Nebenwirkungen kommen. Diese betreffen jedoch nicht die Psyche. Novalgin® steht nicht im Verdacht, Ursache einer Depression zu sein. 

Müdigkeit

Der Wirkmechanismus des Novalgins® ist noch nicht abschließend geklärt. Wahrscheinlich wirkt Novalgin® wie alle anderen NSARs auch über die Hemmung von COX 1- und 2 Enzymen. Eine Wirkung am zentralen Nervensystem steht derzeit zur Diskussion. Dadurch, dass Novalgin® an Rezeptoren im Gehirn wirkt, könnte es zu Müdigkeit kommen. Sicher ist jedoch, dass Novalgin® bei hoher Dosierung und vorbestehendem niedrigem Blutdruck zu einem Blutdruckabfall führt. Dieses kann schon, auch bei einem geringen Abfall, zu einem Mattigkeitsgefühl führen. Hierbei kann es außerdem zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Übelkeit und Kollapsneigung kommen. Tritt eine Hypotension (niedriger Blutdruck) auf, hilft es, sich hinzulegen und Anstrengung zu vermeiden. So kann ein möglicherweise drohender Kollaps vermieden werden. Auch die gefürchtete Nebenwirkung einer Agranulozytose (Blutbildungsstörung) kann mit Müdigkeit und Abgeschlagenheit einhergehen. Diese Nebenwirkung ist zwar selten, aber ernstzunehmen. Bei länger bestehender starker Müdigkeit und Abgeschlagenheit sollte daher während oder nach einer Therapie mit Novalgin® ein Arzt aufgesucht werden.

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Schwitzen als Nebenwirkung

Das Schwitzen kann, genauso wie die Übelkeit durch Novalgin, verschiedene Gründe haben. Der Wirkmechanismus von Novalgin ist noch nicht vollständig geklärt. Diskutiert wird eine zentrale Wirkung an Rezeptoren, die die Wärmeregulation beeinflussen. Das könnte eine Erklärung für das Schwitzen bei Novalgineinnahme sein. Ein anderer Grund des Schwitzens könnte die Hypotension sein. Dadurch, dass der Blutdruck plötzlich abfallt, werden Mechanismen aktiviert, die dem Blutdruckabfall entgegenwirken (sympathisches Nervensystem).So kommt es zu einer Aktivierung der Herzfrequenz und der Atmung. Dadurch können plötzlich einsetzende Hitzewallungen und Schwitzen entstehen.

Nebenwirkungen am Magen

Wie alle Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nicht steroidalen Antirheumatika) kann Novalgin zu einer Gastritis ( Magenschleimhautentzündung) oder einem Magenulkus (Magengeschwür) führen. Diese ist bedingt durch eine erhöhte Produktion von Magensäure durch die Medikamente. Bei längerer Anwendung dieser Medikamente sollte deshalb  zusätzlich ein Protonenpumpeninhibitor ( zum Beispiel Omeprazol oder Pantoprazol) gegeben werden. Bei einer Anwendung von Novalgin über mehrere Wochen kann es zu einem Magenulkus kommen. Dieser ist gekennzeichnet durch einen Schleimhautdefekt im Magen. Die wichtige Komplikation ist hier die akute Perforation des Ulkus, was zu einer Magenblutung mit Bluterbrechen führen kann. Allgemeine Symptome einer Gastritis oder eines Ulkus sind Magenscherzen, vor allem beim Essen/Trinken von sauren Speisen/Getränken wie Wein, Kaffee, Obst etc. Ein schlechter Geschmack im Mund, Mundgeruch, Reflux, Scherzen bei Druck auf den Oberbauch, Blähungen und Durchfall sind weitere Symptome. Definitiv ist eine Gastritis nur durch eine Magenspiegelung von einem Ulkus zu unterscheiden. Da Novalgin aufgrund der Gefahr der Agranulozytose nicht länger als eine Woche eingenommen werden sollte, kommt ein Magenulkus eher selten vor.

Übelkeit

Übelkeit durch Novalgin ist eine bekannte Nebenwirkung und kann verschiedene Ursachen haben. Durch die Einnahme von Novalgintropfen kann es bei manchen Menschen zu Übelkeit kommen. Ein anderer Grund ist eine Übelkeit im Rahmen einer beginnenden Gastritis oder Magenschleimhautreizung mit eventuellem Reflux. Die dritte Möglichkeit, wodurch die Übelkeit entstehen kann, ist die Hypotension. Dabei kommt es durch den niedrigen Blutdruck, den der Betroffene nicht gewohnt ist, zu Übelkeit, Schwindel und Kollapsneigung.

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Kopfschmerzen/Migräne als Nebenwirkung

Kopfschmerzen oder Migräne gehören nicht zu den typischen Nebenwirkungen von Novalgin®. Jedoch kann es bei zu häufigem Einsatz von Schmerzmitteln zu einem sogenannten Schmerzmittel-induziertem Kopfschmerz kommen. Bei Verdacht auf diese Erkrankung sollte auf die Einnahme von Schmerzmitteln wie Novalgin® weitgehen verzichtet werden, auch wenn Schmerzen vorliegen.

Nebenwirkungen am Herz

Bei Novalgin® besteht eine kardiovaskuläre Toxizität. Das bedeutet, die Einnahme von Novalgin® führt zu einem erhöhten Risiko an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) einem Herzinfarkt oder einer arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) zu erkranken. Bei Bestehen einer dieser Erkrankungen vor der Einnahme des Novalgins®, sollte die Einnahme nach Möglichkeit vermieden werden.

Nebenwirkungen an der Haut

Durch die Einnahme von Novalgin® kann es zu einem sogenannten Medikamentenexanthem kommen. Dieses äußert sich in einem Hautausschlag, der den ganzen Körper betreffen kann. Eine Sonderform ist das Steven-Johnson-Syndrom. Zusätzlich kann der Ausschlag auf der Haut mit hohem Fieber einhergehen. Die gravierendste Form des Arzneimittelexanthems stellt das Lyell-Syndrom dar. Bei dem medikamentösen Lyell Syndrom kommt es zur Ablösung der oberen Hautschichten (Epidermis) mit Blasenbildung. Das Lyell-Syndrom ist bedingt durch eine allergische Reaktion gegen das Novalgin®.

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Nebenwirkungen auf die Blutbildung/ Agranulozytose

Eine Agranulozytose bezeichnet ein komplettes Fehlen der Granulozyten im Blut. Grund dafür ist, dass aufgrund einer allergischen Reaktion auf das Novalgin® keine Granulozyten mehr vom Knochenmark gebildet werden. Die fehlendem Granulozyten führen dazu, dass der Körper nicht mehr in der Lage ist, adäquat auf Krankheitserreger zu reagieren, die Immunabwehr ist also geschwächt. Bei Verdacht auf eine Agranulozytose sollte das Novalgin® umgehend abgesetzt werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier: Agranulozytose

Allergie gegen Novalgin

Der Hautausschlag und die Agranulozytose gehören zu den Folgen einer allergischen Reaktion auf Novalgin®. Daneben kann es auch zu einer allergischen Reaktion mit Histaminausschüttung kommen. Dabei kommt es zu Hautrötungen, Juckreiz und Atembeschwerden. Im schlimmsten Fall führt die allergische Reaktion zu einem anaphylaktischen Schock mit Blutdruckabfall, schnellem Herzschlag bis zum Herz-Kreislauf-Stillstand.

Weitere Informationen finden Sie hier: Allergie

Novalgin® bei Asthma

Das Asthma Bronchiale ist gekennzeichnet durch eine Verengung der Bronchien ( Bronchospasmus). Das führt dazu, dass keine Luft mehr aus den Lungenbläschen (Alveolen) entweichen kann. Gegen einen akuten Astmaanfall stehen Betasymphatomimetika zur Verfügung (z.B. Salbutamol), die im akuten Astmaanfall verabreicht werden können. Andere Betasymthatomimetika können auch zur Dauertherapie verwendet werden. Bei einem Bronchospasmus, wie auch bei einem bestehenden Asthma Bronchiale ist Novalgin® kontraindiziert. Es sollte daher nicht gegeben werden.

Zusammenfassung

Novalgin® ist in der Regel ein sehr gut verträgliches und überaus wirksames Medikament, welches gerne und häufig verschrieben wird. Im Krankenhaus wird es als Standard zur Behandlung von mittelschweren bis starken Schmerzen verwendet.

Die Wechselwirkungen und Nebenwirkungen sind im Vergleich zu anderen Schmerzmittelgruppen deutlich seltener und die meisten genannten möglichen Nebenwirkungen treten selten (1-10 von 10.000 Behandelten) bis sehr selten (weniger als 1 von 10.000 Behandelten) auf.

Sollten Nebenwirkungen auftreten, die in diesem Artikel nicht aufgeführt sind und mit der Einnahme von Novalgin® zusammenhängen könnten, informieren Sie bitte einen Arzt oder Apotheker.

Weitere Informationen zum Thema Novalgin®

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 02.07.2014 - Letzte Änderung: 22.10.2021