Ohrenkerze

Einleitung

Ohrenkerzen sind Kerzen, die wahrscheinlich schon seit langer Zeit von verschiedenen traditionellen Völkern zur Reinigung der Ohren eingesetzt werden. Heutzutage finden sie Anwendung im Wellnessbereich oder in der Naturheilkunde und werden außer zur Ohrenreinigung zum Stressabbau und zur Behandlung vieler anderer Symptome verwendet. Sie werden auch als Hopi-Kerzen bezeichnet, nach einem Indianerstamm, der sie zuerst verwendet haben soll. Auch Körperkerze ist ein gängiger Begriff dafür.

Aufbau einer Ohrenkerze

Ohrenkerzen sind etwa 20cm lange Röhrchen mit einem Durchmesser von etwa 6mm. Da es viele verschiedene Hersteller gibt, unterscheiden sich die Ohrenkerzen in ihrem Aussehen und in den verwendeten Materialien. Manche sind zylinderförmig, andere kegelförmig. Die meisten Ohrenkerzen bestehen aus brennbarem Bienenwachs und aus Baumwolle und Leinen. Zusätzlich sind ätherische Öle und pulverisierte Pflanzenbestandteile Hauptbestandteile einer Ohrenkerze. Die Öle und Duftstoffe werden je nach Behandlungsabsicht ausgewählt.

Anwendung von Ohrenkerzen

Der Patient liegt bei der Behandlung mit einer Ohrenkerze auf der Seite. Der Kopf kann durch ein flaches Kissen gestützt sein. Der Behandelnde sitzt neben dem Patienten. Ein Ende der Ohrenkerze (bei einer zylinderförmigen Kerze das kleinere Ende) wird senkrecht in den äußeren Gehörgang eingeführt. Das Ohr und das umliegende Gewebe werden durch ein Tuch abgedeckt, damit das herabtropfende Wachs dort nicht zu Verbrennungen führen kann. Dann wird die Ohrenkerze am oberen Ende angezündet. Wichtig dabei ist, dass die Ohrenkerze abgedichtet am Ohr sitzt, damit der gewünschte Unterdruck entstehen kann.

Wenn beim Anzünden der Kerze weißer Dampf entsteht, so deutet dies darauf hin, dass sie nicht dicht sitzt, sie kann aber durch leichten Druck und Drehung abgedichtet werden. Sie wird so lange brennen gelassen, bis sie eine Markierung am unteren Ende erreicht hat, dann wird die Kerze in ein Gefäß mit Wasser gegeben, um sie zu löschen. Die Rückstände, die eventuell an den Ohrhärchen zurückgeblieben sind, werden entfernt. Danach sollte der Patient noch etwa 10 Minuten liegen bleiben, eventuell in einem Ruheraum, in dem leise Hintergrundmusik läuft, die die Entspannung unterstützt, bis das andere Ohr behandelt wird.

Dauer der Behandlung mit Ohrenkerzen

Nach dem Anzünden der Ohrenkerze beträgt ihre Brenndauer etwa 7 bis 15 Minuten. Hinzu kommt die Vorbereitung der Behandlung, in der der Behandelte gelagert wird und die Ohrenkerze eingeführt wird. Auch eine Ruhezeit von etwa 10 Minuten nach der Behandlung jedes Ohrs sollte eingehalten werden. Da meistens beide Ohren behandelt werden, muss mit einer doppelt so langen Zeit für die gesamte Behandlung gerechnet werden, sodass in der Regel etwa eine Stunde benötigt wird.

Wirkung von Ohrenkerzen

Eine medizinische Wirkung bei der Verwendung von Ohrenkerzen ist nicht durch Studien bewiesen.

Durch das Anzünden der Ohrenkerze und die Abdichtung des äußeren Gehörgangs wird durch den Luftdruck zunächst ein Überdruck erzeugt, der später in einen Unterdruck übergeht, wenn die erwärmte Luft aufsteigt (wie ein Kamineffekt). Dadurch werden Reize auf das Trommelfell übertragen, die als Trommelfellmassage wahrgenommen werden können. Es entstehen Schwingungen, die auch auf das dahinter liegende Innenohr, das das Hörsystem und das Gleichgewichtsorgan beinhaltet, übertragen werden, das dadurch besser durchblutet wird. Durch die bestehenden Verbindungen von Ohr, Nase, Nasennebenhöhlen und Rachen soll die Verwendung von Ohrenkerzen auch hier positive Auswirkungen haben. Außerdem werden durch die Wärme und die wechselnden Druckverhältnisse der Blut- und der Lymphfluss angeregt.

Die vermeintliche Wirkungen bei Hörproblemen, Ohrenschmerzen, Tinnitus und Erkältungen sind umstritten und Ohrenärzte raten von der Verwendung von Ohrenkerzen ab.

Auch die reinigende Wirkung von Ohrenkerzen ist eher als unwahrscheinlich zu betrachten, da der erzeugte Unterdruck nicht ausreicht, um den Ohrenschmalz anzusaugen.

Allerdings kann es zu einer Wirkung auf die Psyche des Patienten kommen, da die Behandlung mit einer Ohrenkerze oft als entspannend empfunden wird und in Verbindung mit den Duftstoffen, die verwendet werden, den Stressabbau fördert. Auch der Druckausgleich wirkt stressabbauend und entspannend, weshalb Ohrenkerzen bei Nervosität, Schlafstörungen und Hyperaktivität wirksam sein können.

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Eine Ohrenkerze selbst bauen

Ohrenkerzen werden aus reinem Bienenwachs hergestellt. Es wird jedoch davon abgeraten, Ohrenkerzen selbst herzustellen, da garantiert sein muss, dass diese Kerzen tropffrei sind. Dies ist ziemlich schwierig zu erreichen und kann im schlimmsten Fall zu Verbrennungen im äußeren Gehörgang und zu dessen Verstopfung durch Wachs führen.

Risiken bei der Verwendung einer Ohrenkerze

Die Behandlung mit einer Ohrenkerze birgt einige Risiken, weshalb Ohrenärzte von deren Verwendung abraten. Dies liegt auch daran, dass eine medizinische Wirkung nicht belegt werden konnte. Allerdings können bei der Behandlung mit Ohrenkerzen Verletzungen am Ohr und an den umliegenden Regionen, wie dem Gesicht, ausgelöst werden. Hierzu kann es durch das tropfende Wachs der Kerze kommen, wenn das Gesicht nicht ausreichend abgedeckt wird. Außerdem kann hierdurch der äußere Gehörgang verstopft werden, wenn dort Wachsreste hineingelangen. Auch Verbrennungen können bei nicht ordnungsgemäßer Anwendung hervorgerufen werden.

Während der Behandlung kann es zu einem starken Jucken im Gehörgang kommen, welches eventuell als unangenehm empfunden wird. Der Behandelnde sollte in diesem Fall sofort darauf hingewiesen werden, um die Behandlung gegebenenfalls zu unterbrechen oder abzubrechen.

Es können allergische Reaktionen auf verschiedene Inhaltsstoffe der Ohrenkerze auftreten. Auch leichte Hautreaktionen können auftreten. Diese sollten jedoch kurz nach der Behandlung wieder abklingen.

Gegenanzeigen zur Verwendung von Ohrenkerzen

Wenn eine akute Ohrenentzündung vorliegt, so sollte auf keinen Fall eine Behandlung mit einer Ohrenkerze durchgeführt werden. Ebenso gilt dies für Verletzungen des Trommelfells, zum Beispiel, wenn dieses perforiert ist. Auch eine Pilzinfektion des Ohres stellt eine Gegenanzeige für die Behandlung dar.

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Autor: Dr. Nicolas Gumpert Veröffentlicht: 14.10.2015 - Letzte Änderung: 22.10.2021